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Energie & Management > Klimaschutz - IPCC-Klimabericht: Es ist vier vor zwölf
Quelle: Fotolia / bluedesign
Klimaschutz

IPCC-Klimabericht: Es ist vier vor zwölf

Die Erdatmosphäre erwärmt sich nach dem jüngsten Bericht des Weltklimarates (IPCC) schneller als erwartet. Die Klimaziele des Pariser Abkommens sind kaum noch einzuhalten.
 
600 Wissenschaftler aus der ganzen Welt und Regierungsvertreter saßen in der vergangene Woche zusammen, um sich darüber zu verständigen, was die Wissenschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt über den Klimawandel sagen kann und welche Konsequenzen die Politik daraus ziehen sollte? Der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoseung Lee, wollte auf der anschließenden Pressekonferenz am 20. März nicht jede Zuversicht fahren lassen: „Wenn wir jetzt handeln, dann kann es für alle noch eine lebenswerte Zukunft geben.“

Allerdings ist die Erderwärmung bereits weit fortgeschritten. Gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter (heißt vor 1850) habe sich die Erdatmosphäre bereits um 1,1 Grad Celsius erwärmt, heißt es im „6. Sachstandsbericht“ des IPCC. Ohne substantielle, zusätzliche Anstrengungen werde die anvisierte, maximale Erwärmung von 1,5 Grad bereits „in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehntes“ überschritten, sagte einer der Experten auf der Pressekonferenz in Interlaken/Schweiz.

Der IPCC geht selbst in seinen optimistischeren Szenarien nicht davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden kann. Bislang gebe es keine Anzeichen für ein rasches und konsequentes Umsteuern: „Öffentliche und private Finanzströme für fossile Brennstoffe sind immer noch größer als für die Klimaanpassung und den Klimaschutz.“

Die Emissionen steigen anstatt zu sinken

Um das Ziel zumindest nicht dauerhaft zu verfehlen, müssten die Treibhausgase bis 2035 global um 65 Prozent (gegenüber 2019) reduziert werden. Nach einem geringfügigen Rückgang während der Corona-Krise steigen die Emissionen aber inzwischen wieder an. Die bisher ergriffenen Maßnahmen hätten sich als unzureichend erwiesen, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, heißt es im Sachstandsbericht. Das gelte auch für das, was die Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens in den nächsten Jahren planten.

Nach dem Bericht schreitet der Klimawandel schneller voran und seine Folgen sind gravierender als bisher angenommen wurde. In diesem Zusammenhang verweisen die Autoren auf Naturkatastrophen der vergangenen Jahre wie die Überschwemmungen in Pakistan oder ausbleibende Niederschläge in bestimmten Teilen Afrikas.

Gleichzeitig machen sie deutlich, dass es viele Möglichkeiten gibt, mit den gleichen Maßnahmen etwas gegen den Ausstoß von Treibhausgasen zu unternehmen und sich gegen die inzwischen unabweisbaren Folgen des Klimawandels zu schützen. Das sei deswegen wichtig, weil die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen noch immer weit hinter dem Bedarf in den Entwicklungsländern zurückbleibe. Noch immer hätten die Industrieländer ihr Versprechen, 100 Milliarden Dollar jährlich für den Klimaschutz in der Dritten Welt bereitzustellen, nicht vollständig umgesetzt.

Der 6. Sachstandsbericht mache deutlich, dass die Anpassung an die Klimakrise ihre Grenzen habe, sagte Bundesumweltministerin, Steffi Lemke (Grüne). Um die Klimaziele zu erreichen, „braucht es eine grundlegende Transformation unserer Lebens- und Wirtschaftsweise“.

"Wir müssen mehr gegen den Klimawandel tun"

Nach Ansicht des Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, muss der Bericht die Grundlage für anspruchsvollere Klimaziele werden. Auf der nächsten Klimakonferenz COP 28 werde sich die Kommission dafür einsetzen, die nationalen Klimaziele (NDC) zu verbessern, den Einsatz von fossilen Brennstoffen (ohne CCS) zu beenden und die globalen Emissionen nach 2025 zu senken.

Die Welt habe nur noch wenig Zeit, sagte der Chef des Klimasekretariates in Bonn, Simon Stiell, aber viele Handlungsoptionen: „Der Bericht bringt mehr Klarheit für eine einfache Wahrheit: Wir müssen mehr gegen den Klimawandel tun – und zwar jetzt.“ Die Wissenschaftler zeigten auf, wie weit die Welt von ihrem Zielpfad entfernt sei.

Die Umweltorganisation Greenpeace Deutschland forderte die Regierung auf, „ihr lähmendes Hickhack“ um die Klimapolitik zu beenden: „Die deutsche Regierung muss jetzt dringend einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien umsetzen, einen Kohleausstieg bis spätestens 2020 auch in Ostdeutschland durchsetzen und keine weiteren Gasfelder erschließen.“

Montag, 20.03.2023, 17:18 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Klimaschutz - IPCC-Klimabericht: Es ist vier vor zwölf
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IPCC-Klimabericht: Es ist vier vor zwölf
Die Erdatmosphäre erwärmt sich nach dem jüngsten Bericht des Weltklimarates (IPCC) schneller als erwartet. Die Klimaziele des Pariser Abkommens sind kaum noch einzuhalten.
 
600 Wissenschaftler aus der ganzen Welt und Regierungsvertreter saßen in der vergangene Woche zusammen, um sich darüber zu verständigen, was die Wissenschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt über den Klimawandel sagen kann und welche Konsequenzen die Politik daraus ziehen sollte? Der Vorsitzende des Weltklimarates, Hoseung Lee, wollte auf der anschließenden Pressekonferenz am 20. März nicht jede Zuversicht fahren lassen: „Wenn wir jetzt handeln, dann kann es für alle noch eine lebenswerte Zukunft geben.“

Allerdings ist die Erderwärmung bereits weit fortgeschritten. Gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter (heißt vor 1850) habe sich die Erdatmosphäre bereits um 1,1 Grad Celsius erwärmt, heißt es im „6. Sachstandsbericht“ des IPCC. Ohne substantielle, zusätzliche Anstrengungen werde die anvisierte, maximale Erwärmung von 1,5 Grad bereits „in der ersten Hälfte des nächsten Jahrzehntes“ überschritten, sagte einer der Experten auf der Pressekonferenz in Interlaken/Schweiz.

Der IPCC geht selbst in seinen optimistischeren Szenarien nicht davon aus, dass das 1,5-Grad-Ziel noch erreicht werden kann. Bislang gebe es keine Anzeichen für ein rasches und konsequentes Umsteuern: „Öffentliche und private Finanzströme für fossile Brennstoffe sind immer noch größer als für die Klimaanpassung und den Klimaschutz.“

Die Emissionen steigen anstatt zu sinken

Um das Ziel zumindest nicht dauerhaft zu verfehlen, müssten die Treibhausgase bis 2035 global um 65 Prozent (gegenüber 2019) reduziert werden. Nach einem geringfügigen Rückgang während der Corona-Krise steigen die Emissionen aber inzwischen wieder an. Die bisher ergriffenen Maßnahmen hätten sich als unzureichend erwiesen, um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, heißt es im Sachstandsbericht. Das gelte auch für das, was die Unterzeichnerstaaten des Pariser Abkommens in den nächsten Jahren planten.

Nach dem Bericht schreitet der Klimawandel schneller voran und seine Folgen sind gravierender als bisher angenommen wurde. In diesem Zusammenhang verweisen die Autoren auf Naturkatastrophen der vergangenen Jahre wie die Überschwemmungen in Pakistan oder ausbleibende Niederschläge in bestimmten Teilen Afrikas.

Gleichzeitig machen sie deutlich, dass es viele Möglichkeiten gibt, mit den gleichen Maßnahmen etwas gegen den Ausstoß von Treibhausgasen zu unternehmen und sich gegen die inzwischen unabweisbaren Folgen des Klimawandels zu schützen. Das sei deswegen wichtig, weil die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen noch immer weit hinter dem Bedarf in den Entwicklungsländern zurückbleibe. Noch immer hätten die Industrieländer ihr Versprechen, 100 Milliarden Dollar jährlich für den Klimaschutz in der Dritten Welt bereitzustellen, nicht vollständig umgesetzt.

Der 6. Sachstandsbericht mache deutlich, dass die Anpassung an die Klimakrise ihre Grenzen habe, sagte Bundesumweltministerin, Steffi Lemke (Grüne). Um die Klimaziele zu erreichen, „braucht es eine grundlegende Transformation unserer Lebens- und Wirtschaftsweise“.

"Wir müssen mehr gegen den Klimawandel tun"

Nach Ansicht des Vizepräsidenten der EU-Kommission, Frans Timmermans, muss der Bericht die Grundlage für anspruchsvollere Klimaziele werden. Auf der nächsten Klimakonferenz COP 28 werde sich die Kommission dafür einsetzen, die nationalen Klimaziele (NDC) zu verbessern, den Einsatz von fossilen Brennstoffen (ohne CCS) zu beenden und die globalen Emissionen nach 2025 zu senken.

Die Welt habe nur noch wenig Zeit, sagte der Chef des Klimasekretariates in Bonn, Simon Stiell, aber viele Handlungsoptionen: „Der Bericht bringt mehr Klarheit für eine einfache Wahrheit: Wir müssen mehr gegen den Klimawandel tun – und zwar jetzt.“ Die Wissenschaftler zeigten auf, wie weit die Welt von ihrem Zielpfad entfernt sei.

Die Umweltorganisation Greenpeace Deutschland forderte die Regierung auf, „ihr lähmendes Hickhack“ um die Klimapolitik zu beenden: „Die deutsche Regierung muss jetzt dringend einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien umsetzen, einen Kohleausstieg bis spätestens 2020 auch in Ostdeutschland durchsetzen und keine weiteren Gasfelder erschließen.“

Montag, 20.03.2023, 17:18 Uhr
Tom Weingärtner

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