E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Wie Habeck über Wasser geht
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Wie Habeck über Wasser geht

Der grüne Vizekanzler besucht gern Unternehmen, die zum Aufbau einer erneuerbaren Wertschöpfungskette beitragen. So wie den Windrad-Turmbauer Max Bögl in Sengenthal. E&M war dabei.
 
Es schwankt auf der Floating-PV-Demoanlage der Max Bögl AG
in Sengenthal. Robert Habeck bleibt daher auf dem Rückweg
für die Fotografen nicht noch mal stehen
Quelle: E&M/Georg Eble

Auch Journalisten können sarkastisch sein: Robert Habeck (Grüne) besucht das Beton- und Technologieunternehmen Max Bögl. Als der grüne Energieminister auf dem Nebengang einer Photovoltaik-Demoanlage, die auf Bögls Baggersee schwimmt, zum Pulk zurückkehrt, nachdem er sich als nachdenklicher, einsamer Anführer fotografieren und filmen ließ, raunzt einer von ihnen: „Jetzt kann er schon über den See gehen.“

Habeck, schwarzer Anzug und gedeckte Krawatte, liefert an jenem windreichen Märztag mit Schneefall reichlich positive Bilder und O-Töne. Ein Vizekanzler mit kanzlerablem Ernst, tatkräftig voranschreitend, zuhörend, fragend, schmunzelnd. Er biedert sich nicht den Journalisten an. ARD und ZDF sind da, DPA, Welt TV, die Lokalzeitung. Und E&M. Am Schluss wird er in seiner Pressekonferenz die ersten ungeordneten Fragen freundlich („wenn Sie gestatten“) abwehren und zuerst in gewohnt freier Rede seine Botschaft loswerden. Er macht dabei seine Nachdenkpausen, spricht aber druckreif und ohne „Ähm“. Seine Moderationsgestik oberhalb der Gürtellinie unterstreicht Aktivität.

Jesus ging für seine Botschaft über den See und ermutigte seine Jünger, es ihm gleichzutun. Wenn Habecks Botschaften wahr werden sollen, braucht er ebenfalls so etwas wie ein Wunder und mehr Anhänger: In sieben Jahren soll der Erneuerbaren-Anteil im Strommix auf 80 Prozent steigen und nach diesem 15. April der Atomkraftanteil dauerhaft auf null sinken. 2045, fünf Jahre vor der EU, soll kein deutscher Sektor mehr per Saldo Treibhausgase ausstoßen. Der grüne Vizekanzler hat die Leistungsziele vervielfacht, Flächenziele für die Windkraft an Land durchgesetzt und erstmals die EEG-Subventionen hochgesetzt, die Projektierer wettbewerblich erzielen können.

Wankelmütige Jünger

Allein, viele wankelmütige Jünger haben Angst, ins Wasser zu fallen − gerade unter den Projektentwicklern: Am 1. Februar kamen erstmals 3.210 MW Windkraft onshore unter den Hammer, das 2,4-Fache der bisherigen Ausschreibungen. Die Zuschlagswerte waren um 25 Prozent erhöht worden. Trotzdem ließen sich mangels Geboten nur 1.441 MW bezuschlagen. Ein Schlag ins Wasser.

Wie soll sich da die Leistung von den 58.000 MW, die in zwei langen Jahrzehnten gewachsen ist, in sieben Jahren auf 115.000 MW fast verdoppeln? Robert Habeck ist also auf ständiger Überzeugungstour. Und er hat gelernt, dass Hersteller, Logistiker und Techniker überhaupt die Kapazitäten haben müssen, um die Ziele zu schaffen.

Hersteller wie Bögl. Über ihn wird Habeck vor den Mikros und Kameras verraten, dass dessen Onshore-Spezialbetontürme hierzulande bereits 50 Prozent Marktanteil haben. Der Politiker besucht systematisch Verbündete im Aufbau einer heimischen Erneuerbaren-Wertschöpfungskette. Er will sich nach eigenem Bekunden nicht nur auf Berichte und Excel-Tabellen verlassen, sondern auch den Menschen und Leuchtturm-Technologien hinter der Energiewende begegnen. Habeck berührt beim Werksrundgang mit der Bögl-Chefetage, Kommunalpolitikern und Journalisten in einer Halle ein noch warmes Turmsegment und klettert unter ein anderes abgekühltes, das aufgeständert ist. Er hört den Erläuterungen mit verbindlichem Ausdruck zu, stellt Fragen.

Habeck ist später in der kurzen Pressekonferenz im Stehen voll des Lobes für diese „Innovation, die ihresgleichen sucht“. Ihn fasziniert, dass die Bögl-Turmsegmente weder miteinander verklebt noch aneinander montiert, sondern einfach gestapelt und durch ihr Eigengewicht sowie festgezurrte Drahtseile im Inneren zusammengehalten werden. Vielleicht erzählen ihm die Bögls auch noch, dass sie daran tüfteln, den CO2-intensiven Zementanteil im Beton schrittweise von 2024 an zu ersetzen und die verkleinerten Segmente keine Schwertransportgenehmigungen mehr brauchen. Bögl plant zudem, bis 2028 eine CO2-freie Eigenversorgung mit Strom und Wärme aufzubauen.

Am Tag vor den großen Ankündigungen

Habeck weiß auf seinem Stopp im bayerischen Sengenthal auf der Fahrt zur Internationalen Handwerksmesse, wo er zu Energiewende-Ausbildungen aufrufen wird: Die eigentlich großen Ankündigungen wird er erst am Folgetag machen. Jetzt macht er also Andeutungen, wirft der Presse Bröckchen hin: Habeck spricht von den „Chancen einer neuen Wertschöpfungskette für Deutschland“, am Folgetag wird er einen „Werkstattbericht“ seines Ministeriums vorlegen, einen Windgipfel mit Wind-an-Land-Strategie (nach Redaktionsschluss) und einen ersten Solargipfel ankündigen. Die dann auf dem Solargipfel unter Beifall der Branche vorgelegte PV-Strategie soll in elf „Handlungsfeldern“ den Zubau erleichtern in Bezug auf verfügbare Flächen und deren Nutzungskonkurrenz (Agri-PV) sowie auf Genehmigungen und technische Standards.

Jetzt geht es im Gegensatz zum Sommerpaket 2022 um Novellen, in denen Habeck andere Ministerien braucht. Er deutet an, dass „wir“ die Vorteile der Erneuerbaren auch für Industriebetriebe „immer stärker“ nutzbar machen, wenn sie − wie Bögl − selbst in ortsnahe Erzeugung investieren. Nach seiner Bayernreise werden Entlastungen für solchen Industriestrom eines der Themen in der nationalen Strommarktdesign-Plattform sein.

Für die Erneuerbaren würde ein Robert Habeck sogar seine Fähigkeit, über Seen zu laufen, eintauschen.
 
Heiterkeit in der fahrenden Magnetschwebebahn TSB (Transport System Bögl): Habeck, umrahmt von Vorstandschef Stefan Bögl (l.) und Gesellschafter Johann Bögl jun.
Quelle: E&M/Georg Eble
 
Unter die Energiewende schauen: Robert Habeck und Bögl-Chef Stefan Bögl unter einem aufgeständerten Hybridturmsegment
Quelle: E&M/Georg Eble

Dienstag, 11.04.2023, 10:02 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Wie Habeck über Wasser geht
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Wie Habeck über Wasser geht
Der grüne Vizekanzler besucht gern Unternehmen, die zum Aufbau einer erneuerbaren Wertschöpfungskette beitragen. So wie den Windrad-Turmbauer Max Bögl in Sengenthal. E&M war dabei.
 
Es schwankt auf der Floating-PV-Demoanlage der Max Bögl AG
in Sengenthal. Robert Habeck bleibt daher auf dem Rückweg
für die Fotografen nicht noch mal stehen
Quelle: E&M/Georg Eble

Auch Journalisten können sarkastisch sein: Robert Habeck (Grüne) besucht das Beton- und Technologieunternehmen Max Bögl. Als der grüne Energieminister auf dem Nebengang einer Photovoltaik-Demoanlage, die auf Bögls Baggersee schwimmt, zum Pulk zurückkehrt, nachdem er sich als nachdenklicher, einsamer Anführer fotografieren und filmen ließ, raunzt einer von ihnen: „Jetzt kann er schon über den See gehen.“

Habeck, schwarzer Anzug und gedeckte Krawatte, liefert an jenem windreichen Märztag mit Schneefall reichlich positive Bilder und O-Töne. Ein Vizekanzler mit kanzlerablem Ernst, tatkräftig voranschreitend, zuhörend, fragend, schmunzelnd. Er biedert sich nicht den Journalisten an. ARD und ZDF sind da, DPA, Welt TV, die Lokalzeitung. Und E&M. Am Schluss wird er in seiner Pressekonferenz die ersten ungeordneten Fragen freundlich („wenn Sie gestatten“) abwehren und zuerst in gewohnt freier Rede seine Botschaft loswerden. Er macht dabei seine Nachdenkpausen, spricht aber druckreif und ohne „Ähm“. Seine Moderationsgestik oberhalb der Gürtellinie unterstreicht Aktivität.

Jesus ging für seine Botschaft über den See und ermutigte seine Jünger, es ihm gleichzutun. Wenn Habecks Botschaften wahr werden sollen, braucht er ebenfalls so etwas wie ein Wunder und mehr Anhänger: In sieben Jahren soll der Erneuerbaren-Anteil im Strommix auf 80 Prozent steigen und nach diesem 15. April der Atomkraftanteil dauerhaft auf null sinken. 2045, fünf Jahre vor der EU, soll kein deutscher Sektor mehr per Saldo Treibhausgase ausstoßen. Der grüne Vizekanzler hat die Leistungsziele vervielfacht, Flächenziele für die Windkraft an Land durchgesetzt und erstmals die EEG-Subventionen hochgesetzt, die Projektierer wettbewerblich erzielen können.

Wankelmütige Jünger

Allein, viele wankelmütige Jünger haben Angst, ins Wasser zu fallen − gerade unter den Projektentwicklern: Am 1. Februar kamen erstmals 3.210 MW Windkraft onshore unter den Hammer, das 2,4-Fache der bisherigen Ausschreibungen. Die Zuschlagswerte waren um 25 Prozent erhöht worden. Trotzdem ließen sich mangels Geboten nur 1.441 MW bezuschlagen. Ein Schlag ins Wasser.

Wie soll sich da die Leistung von den 58.000 MW, die in zwei langen Jahrzehnten gewachsen ist, in sieben Jahren auf 115.000 MW fast verdoppeln? Robert Habeck ist also auf ständiger Überzeugungstour. Und er hat gelernt, dass Hersteller, Logistiker und Techniker überhaupt die Kapazitäten haben müssen, um die Ziele zu schaffen.

Hersteller wie Bögl. Über ihn wird Habeck vor den Mikros und Kameras verraten, dass dessen Onshore-Spezialbetontürme hierzulande bereits 50 Prozent Marktanteil haben. Der Politiker besucht systematisch Verbündete im Aufbau einer heimischen Erneuerbaren-Wertschöpfungskette. Er will sich nach eigenem Bekunden nicht nur auf Berichte und Excel-Tabellen verlassen, sondern auch den Menschen und Leuchtturm-Technologien hinter der Energiewende begegnen. Habeck berührt beim Werksrundgang mit der Bögl-Chefetage, Kommunalpolitikern und Journalisten in einer Halle ein noch warmes Turmsegment und klettert unter ein anderes abgekühltes, das aufgeständert ist. Er hört den Erläuterungen mit verbindlichem Ausdruck zu, stellt Fragen.

Habeck ist später in der kurzen Pressekonferenz im Stehen voll des Lobes für diese „Innovation, die ihresgleichen sucht“. Ihn fasziniert, dass die Bögl-Turmsegmente weder miteinander verklebt noch aneinander montiert, sondern einfach gestapelt und durch ihr Eigengewicht sowie festgezurrte Drahtseile im Inneren zusammengehalten werden. Vielleicht erzählen ihm die Bögls auch noch, dass sie daran tüfteln, den CO2-intensiven Zementanteil im Beton schrittweise von 2024 an zu ersetzen und die verkleinerten Segmente keine Schwertransportgenehmigungen mehr brauchen. Bögl plant zudem, bis 2028 eine CO2-freie Eigenversorgung mit Strom und Wärme aufzubauen.

Am Tag vor den großen Ankündigungen

Habeck weiß auf seinem Stopp im bayerischen Sengenthal auf der Fahrt zur Internationalen Handwerksmesse, wo er zu Energiewende-Ausbildungen aufrufen wird: Die eigentlich großen Ankündigungen wird er erst am Folgetag machen. Jetzt macht er also Andeutungen, wirft der Presse Bröckchen hin: Habeck spricht von den „Chancen einer neuen Wertschöpfungskette für Deutschland“, am Folgetag wird er einen „Werkstattbericht“ seines Ministeriums vorlegen, einen Windgipfel mit Wind-an-Land-Strategie (nach Redaktionsschluss) und einen ersten Solargipfel ankündigen. Die dann auf dem Solargipfel unter Beifall der Branche vorgelegte PV-Strategie soll in elf „Handlungsfeldern“ den Zubau erleichtern in Bezug auf verfügbare Flächen und deren Nutzungskonkurrenz (Agri-PV) sowie auf Genehmigungen und technische Standards.

Jetzt geht es im Gegensatz zum Sommerpaket 2022 um Novellen, in denen Habeck andere Ministerien braucht. Er deutet an, dass „wir“ die Vorteile der Erneuerbaren auch für Industriebetriebe „immer stärker“ nutzbar machen, wenn sie − wie Bögl − selbst in ortsnahe Erzeugung investieren. Nach seiner Bayernreise werden Entlastungen für solchen Industriestrom eines der Themen in der nationalen Strommarktdesign-Plattform sein.

Für die Erneuerbaren würde ein Robert Habeck sogar seine Fähigkeit, über Seen zu laufen, eintauschen.
 
Heiterkeit in der fahrenden Magnetschwebebahn TSB (Transport System Bögl): Habeck, umrahmt von Vorstandschef Stefan Bögl (l.) und Gesellschafter Johann Bögl jun.
Quelle: E&M/Georg Eble
 
Unter die Energiewende schauen: Robert Habeck und Bögl-Chef Stefan Bögl unter einem aufgeständerten Hybridturmsegment
Quelle: E&M/Georg Eble

Dienstag, 11.04.2023, 10:02 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.