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Energie & Management > Photovoltaik - Jahresbilanz bei Deutschlands größter Floating-PV-Anlage
Quelle: Shutterstock / kittipong sirirattatanon
Photovoltaik

Jahresbilanz bei Deutschlands größter Floating-PV-Anlage

Das westfälische Haltern verfügt seit einem Jahr über Deutschlands größte schwimmende Solaranlage. Warum das nicht nur Anlass zur Freude gibt, zeigte sich nun beim Ortstermin.
Ministerpräsidenten-Wetter. Wie vor ein paar Monaten, als Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) am Halterner Silbersee vorfuhr, macht die Sonne auch diesmal blau. Grau in Grau ist Westfalens Himmel getüncht, kein besonders malerisches Ambiente für einen Geburtstag. Doch das Geburtstagskind, Deutschlands größte schwimmende Solaranlage, tut unbekümmert. Sie dümpelt auf 1,8 Hektar Wasserfläche wie immer und produziert dank neuester Technik verlässlich einen Batzen Strom.

Der landet werktags direkt im Produktionsprozess seiner Besitzerin, der Quarzwerke. Nach fast genau einem Jahr in Betrieb, im Mai ist es so weit, hat die 3,1-MW-Anlage mit ihren 5.744 Modulen gehalten, was sie versprochen hat. Halterns Quarzwerke-Betriebsleiter Daniel Duric kann von keiner technischen Störung durch Wind oder Wasser berichten. Auch liege die Stromproduktion im Soll. 2,7 Millionen kWh seien es geworden, sagt er.
Damit hat es sich aber auch schon mit den genaueren Angaben. Der Rest ist Betriebsgeheimnis beim Familienunternehmen, das seinen Stammsitz im rheinischen Frechen hat. Wochenends ruht der Abbau von Quarzsand aus den Baggerseen zumeist, dann speist die Floating-PV-Anlage ins öffentliche Netz ein. Wie viel der 2,7 Millionen kWh, das bleibt im Ungenauen. Immerhin 225 Standardhaushalte profitierten bilanziell vom Überschussstrom, so Duric.

Wie hoch der Grad der Eigenversorgung in Haltern ist, bleibt auch nach mehrfachem Nachhaken von unserer Redaktion im Dunkeln. Das Quarzwerk sei „noch nicht zu 100 Prozent autark“, sagt Daniel Duric. So viel ist klar, es bleibt noch viel erneuerbare Luft nach oben. Denn das Unternehmen möchte die Anlage entweder erweitern oder an anderer Stelle eine weitere zu Wasser lassen. Bis 2024 oder 2025 sei damit zu rechnen, so Duric.

Verbände beklagen hohe Auflagen für schwimmende PV-Anlagen

Auch eine Windkraftanlage vermutlich auf dem Firmengelände spielt in den Planungen der Quarzwerke eine Rolle. Alles in allem ist also eine Vervielfachung der derzeitigen Stromausbeute denkbar. Allerdings müsste der Gesetzgeber dabei mitspielen. Doch darüber ziehen die Beteiligten, darunter der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) und die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS NRW), die Stirn kraus.
 
Daniel Duric ist Betriebsleiter der Quarzwerke in Haltern und würde die 3,1-MW-Anlage auf dem Silbersee III gerne bald vergrößern
Quelle: Volker Stephan

„Ausgebremst“ fühlten sich die Befürworter und Entwickler der Floating-PV, sagt Ralf Köpke, Sprecher des LEE NRW und anstelle seines Geschäftsführers Christian Mildenberger nach Haltern gereist. Grund: Ins Osterpaket 2022 habe das Bundesumweltministerium dem Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) ein faules Ei gelegt. Auflagen aus dem Wasserhaushaltsgesetz hätten die Förderung von Wassersolaranlagen verschlimmbessert.

Aus Sicht des Lobbyverbands könne es nicht angehen, dass nur 15 Prozent einer Wasserfläche mit Solarmodulen belegt sein dürfen. Auch sei unverständlich, dass 40 Meter Abstand zum Seeufer einzuhalten sind. Unterstützung kommt von Peter Asmuth, dem NRW-Landesvorsitzenden der DGS: Es handele sich wie in Haltern doch um „bislang ungenutzte Seeflächen, die gezielt für die Solarenergie zu nutzen“ seien. Natur- und Badeseen seien dagegen natürlich tabu.

Insofern ist es weniger ein Grund zur Freude, dass das Halterner Solarkraftwerk auf dem Silbersee auch ein Jahr nach Inbetriebnahme immer noch die Nummer eins in Deutschland ist. Immerhin sind weitaus größere in Planung oder Bau: Auf dem Cottbusser Ostsee etwa ist eine 21-MW-Anlage in Vorbereitung.

„Hier bleibt aber viel Potenzial ungenutzt“, sagt Ralf Köpke vom LEE NRW. Studien zeigten, dass auf Deutschlands Gewässern 44.000 MW Leistung möglich wären. Eine stattliche Menge im Vergleich zu der aktuell vorhandenen Gesamtkapazität von etwa 70.000 MW Solarkraft. Aber wegen der vom Bund festgelegten Maximalgröße und dem vorgeschriebenen Abstand zum Ufer würden viele Interessierte von Floating-PV absehen. „Sie ist dann kaum wirtschaftlich zu betreiben“, so der Verbandssprecher. Die Konstruktionen auf Wasser zu bauen sei schließlich 15 bis 40 Prozent teurer als herkömmliche Anlagen „an Land“.

Die Quarzwerke haben etwas weniger als 5 Millionen Euro in ihr Halterner Projekt gesteckt. Es rechnet sich offenbar, da die kWh Strom in der Eigenversorgung bei etwa der Hälfte der Kosten für fremdbezogenen Industriestrom (20 Cent) liege, sagt Peter Asmuth. Das Unternehmen betreibt Solaranlagen auch an den weiteren Standorten in Bayern, Österreich und Bulgarien. In Frechen ist eine 6,5-MW-Anlage auf einer Freifläche in der Umsetzung.
Insofern mag es nicht nur Geheimniskrämerei sein, wenn die Erweiterung der Halterner Solarkraftwerks auf dem Silbersee noch nicht genau terminiert ist. Vielleicht wollen die Quarzwerke erst abwarten, ob der LEE NRW mit seinen politischen Forderungen Erfolg hat.

Der Verband verlangt nicht nur die Abschaffung der begrenzenden Bestimmungen durch das Wasserhaushaltsgesetz. Auch sei Floating-PV aus dem klassischen Freiflächen-Ausschreibungsverfahren herauszunehmen − und solle dafür einen eigenen Auktionstopf bekommen. Diese Forderungen richtet der Verband an die NRW-Landesregierung. Sie solle eine Bundesratsinitiative anstrengen, um Druck auf die Ampelkoalition in Berlin auszuüben. 

Donnerstag, 20.04.2023, 17:00 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Photovoltaik - Jahresbilanz bei Deutschlands größter Floating-PV-Anlage
Quelle: Shutterstock / kittipong sirirattatanon
Photovoltaik
Jahresbilanz bei Deutschlands größter Floating-PV-Anlage
Das westfälische Haltern verfügt seit einem Jahr über Deutschlands größte schwimmende Solaranlage. Warum das nicht nur Anlass zur Freude gibt, zeigte sich nun beim Ortstermin.
Ministerpräsidenten-Wetter. Wie vor ein paar Monaten, als Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU) am Halterner Silbersee vorfuhr, macht die Sonne auch diesmal blau. Grau in Grau ist Westfalens Himmel getüncht, kein besonders malerisches Ambiente für einen Geburtstag. Doch das Geburtstagskind, Deutschlands größte schwimmende Solaranlage, tut unbekümmert. Sie dümpelt auf 1,8 Hektar Wasserfläche wie immer und produziert dank neuester Technik verlässlich einen Batzen Strom.

Der landet werktags direkt im Produktionsprozess seiner Besitzerin, der Quarzwerke. Nach fast genau einem Jahr in Betrieb, im Mai ist es so weit, hat die 3,1-MW-Anlage mit ihren 5.744 Modulen gehalten, was sie versprochen hat. Halterns Quarzwerke-Betriebsleiter Daniel Duric kann von keiner technischen Störung durch Wind oder Wasser berichten. Auch liege die Stromproduktion im Soll. 2,7 Millionen kWh seien es geworden, sagt er.
Damit hat es sich aber auch schon mit den genaueren Angaben. Der Rest ist Betriebsgeheimnis beim Familienunternehmen, das seinen Stammsitz im rheinischen Frechen hat. Wochenends ruht der Abbau von Quarzsand aus den Baggerseen zumeist, dann speist die Floating-PV-Anlage ins öffentliche Netz ein. Wie viel der 2,7 Millionen kWh, das bleibt im Ungenauen. Immerhin 225 Standardhaushalte profitierten bilanziell vom Überschussstrom, so Duric.

Wie hoch der Grad der Eigenversorgung in Haltern ist, bleibt auch nach mehrfachem Nachhaken von unserer Redaktion im Dunkeln. Das Quarzwerk sei „noch nicht zu 100 Prozent autark“, sagt Daniel Duric. So viel ist klar, es bleibt noch viel erneuerbare Luft nach oben. Denn das Unternehmen möchte die Anlage entweder erweitern oder an anderer Stelle eine weitere zu Wasser lassen. Bis 2024 oder 2025 sei damit zu rechnen, so Duric.

Verbände beklagen hohe Auflagen für schwimmende PV-Anlagen

Auch eine Windkraftanlage vermutlich auf dem Firmengelände spielt in den Planungen der Quarzwerke eine Rolle. Alles in allem ist also eine Vervielfachung der derzeitigen Stromausbeute denkbar. Allerdings müsste der Gesetzgeber dabei mitspielen. Doch darüber ziehen die Beteiligten, darunter der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) und die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS NRW), die Stirn kraus.
 
Daniel Duric ist Betriebsleiter der Quarzwerke in Haltern und würde die 3,1-MW-Anlage auf dem Silbersee III gerne bald vergrößern
Quelle: Volker Stephan

„Ausgebremst“ fühlten sich die Befürworter und Entwickler der Floating-PV, sagt Ralf Köpke, Sprecher des LEE NRW und anstelle seines Geschäftsführers Christian Mildenberger nach Haltern gereist. Grund: Ins Osterpaket 2022 habe das Bundesumweltministerium dem Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) ein faules Ei gelegt. Auflagen aus dem Wasserhaushaltsgesetz hätten die Förderung von Wassersolaranlagen verschlimmbessert.

Aus Sicht des Lobbyverbands könne es nicht angehen, dass nur 15 Prozent einer Wasserfläche mit Solarmodulen belegt sein dürfen. Auch sei unverständlich, dass 40 Meter Abstand zum Seeufer einzuhalten sind. Unterstützung kommt von Peter Asmuth, dem NRW-Landesvorsitzenden der DGS: Es handele sich wie in Haltern doch um „bislang ungenutzte Seeflächen, die gezielt für die Solarenergie zu nutzen“ seien. Natur- und Badeseen seien dagegen natürlich tabu.

Insofern ist es weniger ein Grund zur Freude, dass das Halterner Solarkraftwerk auf dem Silbersee auch ein Jahr nach Inbetriebnahme immer noch die Nummer eins in Deutschland ist. Immerhin sind weitaus größere in Planung oder Bau: Auf dem Cottbusser Ostsee etwa ist eine 21-MW-Anlage in Vorbereitung.

„Hier bleibt aber viel Potenzial ungenutzt“, sagt Ralf Köpke vom LEE NRW. Studien zeigten, dass auf Deutschlands Gewässern 44.000 MW Leistung möglich wären. Eine stattliche Menge im Vergleich zu der aktuell vorhandenen Gesamtkapazität von etwa 70.000 MW Solarkraft. Aber wegen der vom Bund festgelegten Maximalgröße und dem vorgeschriebenen Abstand zum Ufer würden viele Interessierte von Floating-PV absehen. „Sie ist dann kaum wirtschaftlich zu betreiben“, so der Verbandssprecher. Die Konstruktionen auf Wasser zu bauen sei schließlich 15 bis 40 Prozent teurer als herkömmliche Anlagen „an Land“.

Die Quarzwerke haben etwas weniger als 5 Millionen Euro in ihr Halterner Projekt gesteckt. Es rechnet sich offenbar, da die kWh Strom in der Eigenversorgung bei etwa der Hälfte der Kosten für fremdbezogenen Industriestrom (20 Cent) liege, sagt Peter Asmuth. Das Unternehmen betreibt Solaranlagen auch an den weiteren Standorten in Bayern, Österreich und Bulgarien. In Frechen ist eine 6,5-MW-Anlage auf einer Freifläche in der Umsetzung.
Insofern mag es nicht nur Geheimniskrämerei sein, wenn die Erweiterung der Halterner Solarkraftwerks auf dem Silbersee noch nicht genau terminiert ist. Vielleicht wollen die Quarzwerke erst abwarten, ob der LEE NRW mit seinen politischen Forderungen Erfolg hat.

Der Verband verlangt nicht nur die Abschaffung der begrenzenden Bestimmungen durch das Wasserhaushaltsgesetz. Auch sei Floating-PV aus dem klassischen Freiflächen-Ausschreibungsverfahren herauszunehmen − und solle dafür einen eigenen Auktionstopf bekommen. Diese Forderungen richtet der Verband an die NRW-Landesregierung. Sie solle eine Bundesratsinitiative anstrengen, um Druck auf die Ampelkoalition in Berlin auszuüben. 

Donnerstag, 20.04.2023, 17:00 Uhr
Volker Stephan

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