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Energie & Management > Politik - Details zur möglichen neuen Wasserstoff-Strategie
Quelle: Pixabay / Jörn Heller
Politik

Details zur möglichen neuen Wasserstoff-Strategie

Das Bundeskabinett hat einen Entwurf für die mit Spannung erwartete Fortschreibung der Nationalen Wasserstoff-Strategie (NWS) vorgelegt. Das Papier liegt der Redaktion vor. 
Bei der "Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie" (NWS) handelt es sich um eine ressortabgestimmte Entwurfsversion vom 10. Juli. Die Koalitionsparteien haben sie "noch nicht kabinettgebilligt" dem Nationalen Wasserstoffrat (NWR) zur Stellungnahme überreicht. Unsere Redaktion konnte nun einen Blick in das Papier werfen.

Im Vergleich zu der ersten im Juni 2020 veröffentlichen Fassung der NWS justiert der jetzt vorgelegte Entwurf die Bedeutung von Wasserstoff in den Sektoren neu und korrigiert unter anderem Elektrolysekapazität und Bedarfszahlen. Ein paar Auszüge aus den Inhalten des Entwurfs:
  • Priorisierte Einsatzfelder für Wasserstoff: Der 28-seitige Entwurf sieht bis 2030 den Einsatz von Wasserstoff und seinen Derivaten besonders bei Anwendungen in der Industrie, aber auch im Verkehrssektor − bei schweren Nutzfahrzeugen sowie zunehmend im Luft- und Schiffsverkehr. "Im Verkehrssektor sind die Elektrifizierung mit Batterie und Brennstoffzelle sowie der Einsatz strombasierter erneuerbarer Kraftstoffe neben Verkehrsreduzierung und -verlagerung die zentralen Hebel für das Erreichen der Klimaschutzziele", ist dort zu lesen. Der Verkehrssektor könne als Treiber zur Skalierung einer Wasserstoffwirtschaft beitragen.
  • Rolle im Wärmesektor: Der Wasserstoff-Einsatz wird in der dezentralen Wärmeerzeugung "nach derzeitigem Erkenntnisstand eine eher nachgeordnete Rolle spielen". Die Verfasser des Papiers gehen davon aus, dass in Industrie und Verkehr die Nachfrage nach Wasserstoff vermutlich auch bei relativ hohen oder steigenden Preisen konstant bleiben werde. Bei vielen Gebäuden und Quartieren bestünden dagegen Ausweichmöglichkeiten.
    Den direkten Einsatz von Wasserstoff in der Raumwärme sehe man - außer in Pilotprojekten - nach dem Jahr 2030. Die Nutzung von Wasserstoff-Kesseln oder Wasserstoff-KWK-Anlagen könne in Gebäuden, an denen kein Wärmenetz anliegt und in denen sich Wärmepumpen nicht effizient betreiben lassen, aber eine "notwendige Technologieoption darstellen. Und zwar dann, wenn in der Nachbarschaft ohnehin Wasserstoff-Großabnehmer sitzen und ein ausreichendes Wasserstoff-Angebot zu niedrigen Preisen zur Verfügung steht.
  • Bedeutung von Wasserstoff-Kraftwerken wird hervorgehoben: In Zeiten hoher Stromnachfrage und geringen Stromangebots aus erneuerbaren Energien könnten diese Kraftwerke sowohl eine kurzfristige als auch saisonale Ausgleichsfunktion übernehmen, wenn sich diese nicht durch andere effizientere Flexibilitätsoptionen oder Speicher erbringen lässt. Der jährliche Wasserstoffbedarf im Umwandlungssektor (Strom und Wärmenetze) steigt laut dem Papier von derzeit Null auf bis zu rund 80 bis 100 Milliarden kWh im Jahr 2045. Bei Neuinvestitionen in Gaskraftwerke solle bereits heute gewährleistet werden, dass die Kraftwerke auf Wasserstoff oder seine Derivate umrüstbar sind.
  • Elektrolysekapazität verdoppelt sich: Angesichts des enormen Bedarfs an Wasserstoff soll der Ausbau der inländischen Elektrolysekapazitäten im industriellen Maßstab angekurbelt werden. Das Elektrolyseziel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff verdopple sich von 5.000 auf mindestens 10.000 MW im Jahr 2030.
  • Der Gesamt-Wasserstoff-Bedarf korrigiert sich nach oben: Für das Jahr 2030 geht der Entwurf von einem Wasserstoff-Bedarf von insgesamt 95 bis 130 Milliarden kWh aus. Dazu gehört der prognostizierte Bedarf an Wasserstoff-Derivaten wie Ammoniak, Methanol oder synthetischen Kraftstoffen. Der Bedarf decke sich, wie es weiter heißt, mit verschiedenen Energieszenarien, die für das Jahr 2030 einen neu entstehenden Wasserstoff-Bedarf in Deutschland zwischen 40 und 75 Milliarden kWh sehen, der nach 2030 stark ansteigt. Hinzu komme der derzeit bestehende, aktuell noch durch grauen Wasserstoff gedeckte Bedarf in Deutschland von rund 55 Milliarden kWh. Durch Umstellungen der Produktion werde letzterer im Zuge der Transformation bis 2030 nach Einschätzung der Verfasser sinken. 
  • Die Wasserstoff-Farben: Um einen schnellen Aufbau und Wasserstoffhochlauf anzureizen und die erwarteten Bedarfe zu decken, sollen auch andere Farben von Wasserstoff zum Einsatz kommen − zumindest so lange, bis ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht. Der Entwurf nennt insbesondere kohlenstoffarmen Wasserstoff aus Abfällen oder Erdgas in Verbindung mit Kohlenstoffabscheidung und -Speicherung (CCS). So soll die Nutzung von grünem und kohlenstoffarmem orangem, blauen und türkisen Wasserstoff auf der Anwendungsseite in begrenztem Umfang gefördert werden. Dies erfolge unter Berücksichtigung von ambitionierten Treibhausgas-Grenzwerten, einschließlich der Emissionen der Vorkette.
Wie mittlerweile bekannt wurde, soll sich das Bundeskabinett noch in diesem Juli mit der Fortschreibung der NWS befassen. Mit einer endgültigen Veröffentlichung der NWS dürfte jedoch erst nach der parlamentarischen Sommerpause von September an zu rechnen sein.

Montag, 17.07.2023, 17:13 Uhr
Davina Spohn
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Quelle: Pixabay / Jörn Heller
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Details zur möglichen neuen Wasserstoff-Strategie
Das Bundeskabinett hat einen Entwurf für die mit Spannung erwartete Fortschreibung der Nationalen Wasserstoff-Strategie (NWS) vorgelegt. Das Papier liegt der Redaktion vor. 
Bei der "Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie" (NWS) handelt es sich um eine ressortabgestimmte Entwurfsversion vom 10. Juli. Die Koalitionsparteien haben sie "noch nicht kabinettgebilligt" dem Nationalen Wasserstoffrat (NWR) zur Stellungnahme überreicht. Unsere Redaktion konnte nun einen Blick in das Papier werfen.

Im Vergleich zu der ersten im Juni 2020 veröffentlichen Fassung der NWS justiert der jetzt vorgelegte Entwurf die Bedeutung von Wasserstoff in den Sektoren neu und korrigiert unter anderem Elektrolysekapazität und Bedarfszahlen. Ein paar Auszüge aus den Inhalten des Entwurfs:
  • Priorisierte Einsatzfelder für Wasserstoff: Der 28-seitige Entwurf sieht bis 2030 den Einsatz von Wasserstoff und seinen Derivaten besonders bei Anwendungen in der Industrie, aber auch im Verkehrssektor − bei schweren Nutzfahrzeugen sowie zunehmend im Luft- und Schiffsverkehr. "Im Verkehrssektor sind die Elektrifizierung mit Batterie und Brennstoffzelle sowie der Einsatz strombasierter erneuerbarer Kraftstoffe neben Verkehrsreduzierung und -verlagerung die zentralen Hebel für das Erreichen der Klimaschutzziele", ist dort zu lesen. Der Verkehrssektor könne als Treiber zur Skalierung einer Wasserstoffwirtschaft beitragen.
  • Rolle im Wärmesektor: Der Wasserstoff-Einsatz wird in der dezentralen Wärmeerzeugung "nach derzeitigem Erkenntnisstand eine eher nachgeordnete Rolle spielen". Die Verfasser des Papiers gehen davon aus, dass in Industrie und Verkehr die Nachfrage nach Wasserstoff vermutlich auch bei relativ hohen oder steigenden Preisen konstant bleiben werde. Bei vielen Gebäuden und Quartieren bestünden dagegen Ausweichmöglichkeiten.
    Den direkten Einsatz von Wasserstoff in der Raumwärme sehe man - außer in Pilotprojekten - nach dem Jahr 2030. Die Nutzung von Wasserstoff-Kesseln oder Wasserstoff-KWK-Anlagen könne in Gebäuden, an denen kein Wärmenetz anliegt und in denen sich Wärmepumpen nicht effizient betreiben lassen, aber eine "notwendige Technologieoption darstellen. Und zwar dann, wenn in der Nachbarschaft ohnehin Wasserstoff-Großabnehmer sitzen und ein ausreichendes Wasserstoff-Angebot zu niedrigen Preisen zur Verfügung steht.
  • Bedeutung von Wasserstoff-Kraftwerken wird hervorgehoben: In Zeiten hoher Stromnachfrage und geringen Stromangebots aus erneuerbaren Energien könnten diese Kraftwerke sowohl eine kurzfristige als auch saisonale Ausgleichsfunktion übernehmen, wenn sich diese nicht durch andere effizientere Flexibilitätsoptionen oder Speicher erbringen lässt. Der jährliche Wasserstoffbedarf im Umwandlungssektor (Strom und Wärmenetze) steigt laut dem Papier von derzeit Null auf bis zu rund 80 bis 100 Milliarden kWh im Jahr 2045. Bei Neuinvestitionen in Gaskraftwerke solle bereits heute gewährleistet werden, dass die Kraftwerke auf Wasserstoff oder seine Derivate umrüstbar sind.
  • Elektrolysekapazität verdoppelt sich: Angesichts des enormen Bedarfs an Wasserstoff soll der Ausbau der inländischen Elektrolysekapazitäten im industriellen Maßstab angekurbelt werden. Das Elektrolyseziel zur Erzeugung von grünem Wasserstoff verdopple sich von 5.000 auf mindestens 10.000 MW im Jahr 2030.
  • Der Gesamt-Wasserstoff-Bedarf korrigiert sich nach oben: Für das Jahr 2030 geht der Entwurf von einem Wasserstoff-Bedarf von insgesamt 95 bis 130 Milliarden kWh aus. Dazu gehört der prognostizierte Bedarf an Wasserstoff-Derivaten wie Ammoniak, Methanol oder synthetischen Kraftstoffen. Der Bedarf decke sich, wie es weiter heißt, mit verschiedenen Energieszenarien, die für das Jahr 2030 einen neu entstehenden Wasserstoff-Bedarf in Deutschland zwischen 40 und 75 Milliarden kWh sehen, der nach 2030 stark ansteigt. Hinzu komme der derzeit bestehende, aktuell noch durch grauen Wasserstoff gedeckte Bedarf in Deutschland von rund 55 Milliarden kWh. Durch Umstellungen der Produktion werde letzterer im Zuge der Transformation bis 2030 nach Einschätzung der Verfasser sinken. 
  • Die Wasserstoff-Farben: Um einen schnellen Aufbau und Wasserstoffhochlauf anzureizen und die erwarteten Bedarfe zu decken, sollen auch andere Farben von Wasserstoff zum Einsatz kommen − zumindest so lange, bis ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung steht. Der Entwurf nennt insbesondere kohlenstoffarmen Wasserstoff aus Abfällen oder Erdgas in Verbindung mit Kohlenstoffabscheidung und -Speicherung (CCS). So soll die Nutzung von grünem und kohlenstoffarmem orangem, blauen und türkisen Wasserstoff auf der Anwendungsseite in begrenztem Umfang gefördert werden. Dies erfolge unter Berücksichtigung von ambitionierten Treibhausgas-Grenzwerten, einschließlich der Emissionen der Vorkette.
Wie mittlerweile bekannt wurde, soll sich das Bundeskabinett noch in diesem Juli mit der Fortschreibung der NWS befassen. Mit einer endgültigen Veröffentlichung der NWS dürfte jedoch erst nach der parlamentarischen Sommerpause von September an zu rechnen sein.

Montag, 17.07.2023, 17:13 Uhr
Davina Spohn

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