E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Energieeffizienzgesetz - Den einen zu wenig konkret, den anderen zu bürokratisch
Quelle: Fotolia / Andrei Merkulov
Energieeffizienzgesetz

Den einen zu wenig konkret, den anderen zu bürokratisch

Bei einer Anhörung im Bundestag zu den geplanten Energieeffizienzanforderungen gab es teils massive Kritik von Industrieverbänden. Die Umsetzungspläne erzeugten "unnötige Bürokratie".
Die Meinungen von Fachleuten zum Energieeffizienzgesetz (EnEfG) liegen weit auseinander. Das hat sich bei einer Anhörung im Bundestag gezeigt, die am 12. Juni stattfand. Industrieverbände stehen dem Gesetzentwurf zur „Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes“ eher ablehnend gegenüber. Zuspruch erfuhr die Regelung indes von Umweltverbänden, wobei teils das Fehlen verbindlicher Vorgaben kritisiert wurde.

Das neue Energieeffizienzgesetzes soll helfen, Energieverbräuche und damit auch die Energieimportabhängigkeit zu senken. Zudem soll mit dem Gesetz die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) umgesetzt werden. Für Unternehmen mit einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 15 Gigawattstunden soll künftig die Pflicht gelten, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen und ihre Energieeffizienzmaßnahmen in konkreten Plänen zu erfassen und zu veröffentlichen. Zudem müssen Unternehmen zukünftig vermeiden, dass bei Produktionsprozessen Abwärme entsteht.

Der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht in den Vorgaben für Energie- und Umweltmanagementsysteme sowie in der Pflicht, Umsetzungspläne zu erstellen und zu veröffentlichen, eine „unnötige Bürokratie“. Der DIHK plädiert dafür, die EU-Energieeffizienzrichtlinie 1:1 umzusetzen. Aus den Vorgaben ergebe sich keine Verpflichtung, dass sich Deutschland ein verbindliches Endenergieeinsparziel setzt.

Gesetz sollte verbindlichen Maßnahmen enthalten

Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) muss „Qualität vor Tempo gehen“. Ein „Augen zu und durch, egal wie“ zum Abschluss des Gesetzes in ein oder zwei Wochen dürfe es nicht geben, sagte BDI-Vertreter Eberhard von Rottenburg. Das Gesetz gehe an verschiedenen Stellen teils sehr deutlich über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus. „Bei sehr vielen Unternehmen stößt dies gerade zum jetzigen Zeitpunkt auf blankes Unverständnis“, sagte Rottenburg. Die deutsche Industrie sei schon jetzt hocheffizient und dafür auch international bekannt. Durch die Energiepreise werde sie zu weiteren Effizienzanstrengungen angereizt, „ganz ohne staatliches Handeln“.

Die Deutsche Unternehmensinitiative für Energieeffizienz (Deneff) sieht hingegen die Wirtschaft und den Standort durch höhere Energieproduktivität gestärkt. Das sei auch notwendig, „denn Deutschland ist kein Vorreiter der Energieeffizienz und wird gegenüber vielen Ländern mit günstigeren Standortbedingungen absehbar höhere Energiepreise haben“, sagte Tatjana Ruhl von der Deneff bei der Anhörung. Nur eine höhere Energieeffizienz führe dann zu wettbewerbsfähigen Energiekosten.

Leonard Burtscher vom Umweltinstitut München bemängelte, dass der Entwurf keine verbindlichen Maßnahmen zur Erreichung der Effizienzziele enthalte. So werde es nicht gelingen, die vorhandenen Potenziale zu heben, sagte er. Dabei sei aus allen erdenklichen Politikbereichen bekannt, „dass freundliche Einladungen und freiwillige Selbstverpflichtungen nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt haben“. Selbst hochwirtschaftliche Effizienzmaßnahmen würden bisher nicht umgesetzt.

Noch zu wenig Effizienzmaßnahmen werden umgesetzt

Marius Madsen, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Niederrhein und Koautoren der „Kurzstudie Energieeffizienzmaßnahmen in der Industrie“ sagte, die deutsche Industrie sei in der Lage, rund 44 Prozent ihres Endenergiebedarfs des Jahres 2021, also 410 von 940 TWh pro Jahr, durch verfügbare Energieeffizienz-Technologien zu erschließen. Dies könne ohne Produktionsbeschränkungen erfolgen, betonte er. Allerdings würden derzeit 60 Prozent dieser Energieeffizienzpotenziale nicht erschlossen. Obwohl sie wirtschaftlich attraktiv seien, erfüllten sie nicht die Kriterien der „Marktnähe“, weil sie zwar eine sehr attraktive Rendite hätten, „sich aber nicht innerhalb von drei Jahren amortisieren“.

Für die Einführung eines zertifizierten Energiemanagements sprach sich bei der Anhörung Gregor Hillebrand-Kandzia von der "Sächsischen Energieagentur SAENA GmbH" aus. Die Projektergebnisse der SAENA mit Kommunen hätten nachgewiesen, dass als Folge der Einführung eines zertifizierten Energiemanagements durchschnittlich 15 Prozent der Wärme- und Stromverbräuche in kommunalen Gebäuden „durch rein organisatorische Maßnahmen und ohne größere Investitionen eingespart werden konnten“. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor stelle dabei die Energieverbrauchsdatenerfassung dar.

Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung, befürchtet, dass als Folge der Regelung Investitionen in Rechenzentren in Deutschland nicht mehr realisiert werden. Hohe Energiekosten und ausufernde Bürokratie würden auch in dieser Branche zur Abwanderung führen, sagte er. Die Verlagerung von Datenverarbeitung ins Ausland sei aber für die weitere Digitalisierung kontraproduktiv und der Datensicherheit abträglich.
 
Der Entwurf des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) vom 17. Mai 2023.
Zur Vollansicht auf das PDF klicken
Quelle: Bundestag

 

Dienstag, 13.06.2023, 10:17 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Energieeffizienzgesetz - Den einen zu wenig konkret, den anderen zu bürokratisch
Quelle: Fotolia / Andrei Merkulov
Energieeffizienzgesetz
Den einen zu wenig konkret, den anderen zu bürokratisch
Bei einer Anhörung im Bundestag zu den geplanten Energieeffizienzanforderungen gab es teils massive Kritik von Industrieverbänden. Die Umsetzungspläne erzeugten "unnötige Bürokratie".
Die Meinungen von Fachleuten zum Energieeffizienzgesetz (EnEfG) liegen weit auseinander. Das hat sich bei einer Anhörung im Bundestag gezeigt, die am 12. Juni stattfand. Industrieverbände stehen dem Gesetzentwurf zur „Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes“ eher ablehnend gegenüber. Zuspruch erfuhr die Regelung indes von Umweltverbänden, wobei teils das Fehlen verbindlicher Vorgaben kritisiert wurde.

Das neue Energieeffizienzgesetzes soll helfen, Energieverbräuche und damit auch die Energieimportabhängigkeit zu senken. Zudem soll mit dem Gesetz die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) umgesetzt werden. Für Unternehmen mit einem Jahresenergieverbrauch von mehr als 15 Gigawattstunden soll künftig die Pflicht gelten, Energie- oder Umweltmanagementsysteme einzuführen und ihre Energieeffizienzmaßnahmen in konkreten Plänen zu erfassen und zu veröffentlichen. Zudem müssen Unternehmen zukünftig vermeiden, dass bei Produktionsprozessen Abwärme entsteht.

Der Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sieht in den Vorgaben für Energie- und Umweltmanagementsysteme sowie in der Pflicht, Umsetzungspläne zu erstellen und zu veröffentlichen, eine „unnötige Bürokratie“. Der DIHK plädiert dafür, die EU-Energieeffizienzrichtlinie 1:1 umzusetzen. Aus den Vorgaben ergebe sich keine Verpflichtung, dass sich Deutschland ein verbindliches Endenergieeinsparziel setzt.

Gesetz sollte verbindlichen Maßnahmen enthalten

Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) muss „Qualität vor Tempo gehen“. Ein „Augen zu und durch, egal wie“ zum Abschluss des Gesetzes in ein oder zwei Wochen dürfe es nicht geben, sagte BDI-Vertreter Eberhard von Rottenburg. Das Gesetz gehe an verschiedenen Stellen teils sehr deutlich über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinaus. „Bei sehr vielen Unternehmen stößt dies gerade zum jetzigen Zeitpunkt auf blankes Unverständnis“, sagte Rottenburg. Die deutsche Industrie sei schon jetzt hocheffizient und dafür auch international bekannt. Durch die Energiepreise werde sie zu weiteren Effizienzanstrengungen angereizt, „ganz ohne staatliches Handeln“.

Die Deutsche Unternehmensinitiative für Energieeffizienz (Deneff) sieht hingegen die Wirtschaft und den Standort durch höhere Energieproduktivität gestärkt. Das sei auch notwendig, „denn Deutschland ist kein Vorreiter der Energieeffizienz und wird gegenüber vielen Ländern mit günstigeren Standortbedingungen absehbar höhere Energiepreise haben“, sagte Tatjana Ruhl von der Deneff bei der Anhörung. Nur eine höhere Energieeffizienz führe dann zu wettbewerbsfähigen Energiekosten.

Leonard Burtscher vom Umweltinstitut München bemängelte, dass der Entwurf keine verbindlichen Maßnahmen zur Erreichung der Effizienzziele enthalte. So werde es nicht gelingen, die vorhandenen Potenziale zu heben, sagte er. Dabei sei aus allen erdenklichen Politikbereichen bekannt, „dass freundliche Einladungen und freiwillige Selbstverpflichtungen nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt haben“. Selbst hochwirtschaftliche Effizienzmaßnahmen würden bisher nicht umgesetzt.

Noch zu wenig Effizienzmaßnahmen werden umgesetzt

Marius Madsen, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Niederrhein und Koautoren der „Kurzstudie Energieeffizienzmaßnahmen in der Industrie“ sagte, die deutsche Industrie sei in der Lage, rund 44 Prozent ihres Endenergiebedarfs des Jahres 2021, also 410 von 940 TWh pro Jahr, durch verfügbare Energieeffizienz-Technologien zu erschließen. Dies könne ohne Produktionsbeschränkungen erfolgen, betonte er. Allerdings würden derzeit 60 Prozent dieser Energieeffizienzpotenziale nicht erschlossen. Obwohl sie wirtschaftlich attraktiv seien, erfüllten sie nicht die Kriterien der „Marktnähe“, weil sie zwar eine sehr attraktive Rendite hätten, „sich aber nicht innerhalb von drei Jahren amortisieren“.

Für die Einführung eines zertifizierten Energiemanagements sprach sich bei der Anhörung Gregor Hillebrand-Kandzia von der "Sächsischen Energieagentur SAENA GmbH" aus. Die Projektergebnisse der SAENA mit Kommunen hätten nachgewiesen, dass als Folge der Einführung eines zertifizierten Energiemanagements durchschnittlich 15 Prozent der Wärme- und Stromverbräuche in kommunalen Gebäuden „durch rein organisatorische Maßnahmen und ohne größere Investitionen eingespart werden konnten“. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor stelle dabei die Energieverbrauchsdatenerfassung dar.

Frank Hennig, Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung, befürchtet, dass als Folge der Regelung Investitionen in Rechenzentren in Deutschland nicht mehr realisiert werden. Hohe Energiekosten und ausufernde Bürokratie würden auch in dieser Branche zur Abwanderung führen, sagte er. Die Verlagerung von Datenverarbeitung ins Ausland sei aber für die weitere Digitalisierung kontraproduktiv und der Datensicherheit abträglich.
 
Der Entwurf des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) vom 17. Mai 2023.
Zur Vollansicht auf das PDF klicken
Quelle: Bundestag

 

Dienstag, 13.06.2023, 10:17 Uhr
Heidi Roider

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.