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Energie & Management > Österreich - Neue Stromnetz-Regulierungssystematik ab 1. Januar
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Neue Stromnetz-Regulierungssystematik ab 1. Januar

Österreichs Systematik gilt bis Ende 2028 für rund 40 Verteilnetzbetreiber. Eingeführt wurden unter anderem ein Kapitalverzinsungsfaktor für Neuanlagen sowie veränderliche Parameter.
Von 1. Januar 2024 bis Ende 2028 gilt in Österreich die neue Regulierungssystematik für die etwa 40 Betreiber mittlerer sowie größerer Verteilnetze mit einer Abgabemenge von mindestens 50 Millionen kWh pro Jahr. Ausführlich beschrieben ist sie in einem Dokument der Regulierungsbehörde E-Control mit dem Titel „Finale_Regulierungssystematik_5_RP“, wobei „5_RP“ die fünfte Regulierungsperiode bezeichnet.

Ihren rechtlichen Ausdruck findet die Systematik in den Bescheiden der E-Control, die an die betroffenen Netzbetreiber ergingen, sowie in der Systemnutzungsentgelte-Verordnung, die die Höhe der Netztarife in den einzelnen Netzgebieten festlegt. Und der Vorstand der Regulierungsbehörde, Wolfgang Urbantschitsch, spricht von einem „großen Wurf. Es ist gelungen, ein Modell zu schaffen, das sowohl die Netzbetreiber als auch die Vertreter der Kunden, also die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundesarbeitskammer, akzeptieren.“

Zwar gebe es die übliche „Handvoll“ an Beschwerden bezüglich einzelner Kostenthemen. Unter Hinweis auf die Regulierungssystematik als solche habe aber nur ein Netzbetreiber seinen Bescheid angefochten. Dessen Namen zu nennen, ist der E-Control laut Urbantschitsch derzeit nicht möglich. Vertreter der E-Wirtschaft bestätigten der Redaktion indessen, dass es sich um die Kärnten Netz handelt. Sie hatte bereits im Zuge der Verhandlungen der Netzbetreiber und der E-Control erhebliche Bedenken geäußert. Nicht zuletzt ging es dabei um das „Benchmarking“, den Vergleich der Netzbetreiber hinsichtlich ihrer Effizienz. Dieser hat Einfluss auf die Vorgaben zur Steigerung der Produktivität in den Bescheiden der E-Control an die Unternehmen.

Über die Beschwerden hat das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden. Doch selbst wenn der von Urbantschitsch nicht namentlich genannte Netzbetreiber recht bekäme, würde das an der Geltung der Regulierungssystematik für alle anderen nichts ändern, betont der E-Control-Vorstand.

Verzinsung für Neuanlagen

Eine der wichtigsten Änderungen im Zuge der neuen Systematik ist die Einführung eines eigenen Kapitalverzinsungsfaktors (WACC) für Investitionen in Neuanlagen. Während der WACC bezüglich der Altanlagen für die gesamte Regulierungsperiode mit 4,16 Prozent pro Jahr festgesetzt ist, wird der WACC für die Neuanlagen jährlich bestimmt. Für 2024 beläuft er sich auf 6,33 Prozent.

Urbantschitsch zufolge will die E-Control damit der dynamischen Entwicklung der Zinslandschaft Rechnung tragen: „Der WACC für die Altanlagen beruht im Wesentlichen auf einem Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre. Würde man dieses Berechnungsverfahren auf die neuen Investitionen übertragen, könnten die Netzbetreiber Probleme mit der Finanzierung von Ausbauvorhaben bekommen.“ Der Ausbau der Netze aber sei unverzichtbar, weil Österreich bis 2030 die Stromproduktion mittels erneuerbarer Energien, insbesondere der Windkraft und der Photovoltaik, um mindestens 27 Milliarden kWh steigern möchte. Dies mache allein in den Jahren 2024 bis 2028 Investitionen in die Netze in der Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro nötig.

Als weitere wesentliche Änderung nennt Urbantschitsch die „Einführung potenziell veränderlicher Parameter“ in die Regulierungssystematik. Ihm zufolge rechnet die E-Control mit Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Netzbetreiber, die sich im Lauf der nunmehrigen Regulierungsperiode ergeben dürften. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie, die die Vorgaben hinsichtlich der IT-Sicherheit weiter verschärft und damit ihre operativen Kosten erhöht.

Rechtliche Neuerungen und damit verbundene höhere operative Kosten sind auch in Bezug auf die Energiegemeinschaften zu erwarten. Laut Urbantschitsch haben die Netzbetreiber die Viertelstundenwerte hinsichtlich des Strombedarfs der Gemeinschaften sowie seiner Deckung zu erheben und die Erzeugungsmengen den Mitgliedern der Gemeinschaften zuzuordnen: „Das bedeutet für die Unternehmen zusätzlichen Aufwand. Wir werden 2024 darüber sprechen, wie sich dieser abgelten lässt.“

Grundsätzlich ist dem E-Control-Vorstand zufolge davon auszugehen, dass die Netzgebühren für die Stromkunden in den kommenden Jahren tendenziell steigen werden. Ende Dezember 2023 erließ seine Behörde die Systemnutzungsentgelte-Verordnung für 2024. Im österreichischen Durchschnitt ergab sich dabei für Industrie, Gewerbe und Haushalte eine Erhöhung um rund 11,2 Prozent. In manchen Netzgebieten fiel die Steigerung prozentuell mehr als doppelt so hoch aus. In absoluten Zahlen stellt sich die Lage indessen weit weniger dramatisch dar: Die 11,2 Prozent kosten einen durchschnittlichen Haushalt etwa 32 Euro pro Jahr oder 2,70 Euro pro Monat. Österreichweit einheitliche Netztarife einzuführen, wie dies manche Wirtschaftsvertreter fordern, wäre laut Urbantschitsch kein großes Problem: „Aber das muss der Gesetzgeber entscheiden.“

Das Dokument „Finale_Regulierungssystematik_5_RP“ ist auf der Website der E-Control verfügbar.

Freitag, 29.12.2023, 09:03 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Neue Stromnetz-Regulierungssystematik ab 1. Januar
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Österreich
Neue Stromnetz-Regulierungssystematik ab 1. Januar
Österreichs Systematik gilt bis Ende 2028 für rund 40 Verteilnetzbetreiber. Eingeführt wurden unter anderem ein Kapitalverzinsungsfaktor für Neuanlagen sowie veränderliche Parameter.
Von 1. Januar 2024 bis Ende 2028 gilt in Österreich die neue Regulierungssystematik für die etwa 40 Betreiber mittlerer sowie größerer Verteilnetze mit einer Abgabemenge von mindestens 50 Millionen kWh pro Jahr. Ausführlich beschrieben ist sie in einem Dokument der Regulierungsbehörde E-Control mit dem Titel „Finale_Regulierungssystematik_5_RP“, wobei „5_RP“ die fünfte Regulierungsperiode bezeichnet.

Ihren rechtlichen Ausdruck findet die Systematik in den Bescheiden der E-Control, die an die betroffenen Netzbetreiber ergingen, sowie in der Systemnutzungsentgelte-Verordnung, die die Höhe der Netztarife in den einzelnen Netzgebieten festlegt. Und der Vorstand der Regulierungsbehörde, Wolfgang Urbantschitsch, spricht von einem „großen Wurf. Es ist gelungen, ein Modell zu schaffen, das sowohl die Netzbetreiber als auch die Vertreter der Kunden, also die Wirtschaftskammer Österreich und die Bundesarbeitskammer, akzeptieren.“

Zwar gebe es die übliche „Handvoll“ an Beschwerden bezüglich einzelner Kostenthemen. Unter Hinweis auf die Regulierungssystematik als solche habe aber nur ein Netzbetreiber seinen Bescheid angefochten. Dessen Namen zu nennen, ist der E-Control laut Urbantschitsch derzeit nicht möglich. Vertreter der E-Wirtschaft bestätigten der Redaktion indessen, dass es sich um die Kärnten Netz handelt. Sie hatte bereits im Zuge der Verhandlungen der Netzbetreiber und der E-Control erhebliche Bedenken geäußert. Nicht zuletzt ging es dabei um das „Benchmarking“, den Vergleich der Netzbetreiber hinsichtlich ihrer Effizienz. Dieser hat Einfluss auf die Vorgaben zur Steigerung der Produktivität in den Bescheiden der E-Control an die Unternehmen.

Über die Beschwerden hat das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden. Doch selbst wenn der von Urbantschitsch nicht namentlich genannte Netzbetreiber recht bekäme, würde das an der Geltung der Regulierungssystematik für alle anderen nichts ändern, betont der E-Control-Vorstand.

Verzinsung für Neuanlagen

Eine der wichtigsten Änderungen im Zuge der neuen Systematik ist die Einführung eines eigenen Kapitalverzinsungsfaktors (WACC) für Investitionen in Neuanlagen. Während der WACC bezüglich der Altanlagen für die gesamte Regulierungsperiode mit 4,16 Prozent pro Jahr festgesetzt ist, wird der WACC für die Neuanlagen jährlich bestimmt. Für 2024 beläuft er sich auf 6,33 Prozent.

Urbantschitsch zufolge will die E-Control damit der dynamischen Entwicklung der Zinslandschaft Rechnung tragen: „Der WACC für die Altanlagen beruht im Wesentlichen auf einem Rückblick auf die vergangenen fünf Jahre. Würde man dieses Berechnungsverfahren auf die neuen Investitionen übertragen, könnten die Netzbetreiber Probleme mit der Finanzierung von Ausbauvorhaben bekommen.“ Der Ausbau der Netze aber sei unverzichtbar, weil Österreich bis 2030 die Stromproduktion mittels erneuerbarer Energien, insbesondere der Windkraft und der Photovoltaik, um mindestens 27 Milliarden kWh steigern möchte. Dies mache allein in den Jahren 2024 bis 2028 Investitionen in die Netze in der Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro nötig.

Als weitere wesentliche Änderung nennt Urbantschitsch die „Einführung potenziell veränderlicher Parameter“ in die Regulierungssystematik. Ihm zufolge rechnet die E-Control mit Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Netzbetreiber, die sich im Lauf der nunmehrigen Regulierungsperiode ergeben dürften. Dies betrifft insbesondere die Umsetzung der NIS-2-Richtlinie, die die Vorgaben hinsichtlich der IT-Sicherheit weiter verschärft und damit ihre operativen Kosten erhöht.

Rechtliche Neuerungen und damit verbundene höhere operative Kosten sind auch in Bezug auf die Energiegemeinschaften zu erwarten. Laut Urbantschitsch haben die Netzbetreiber die Viertelstundenwerte hinsichtlich des Strombedarfs der Gemeinschaften sowie seiner Deckung zu erheben und die Erzeugungsmengen den Mitgliedern der Gemeinschaften zuzuordnen: „Das bedeutet für die Unternehmen zusätzlichen Aufwand. Wir werden 2024 darüber sprechen, wie sich dieser abgelten lässt.“

Grundsätzlich ist dem E-Control-Vorstand zufolge davon auszugehen, dass die Netzgebühren für die Stromkunden in den kommenden Jahren tendenziell steigen werden. Ende Dezember 2023 erließ seine Behörde die Systemnutzungsentgelte-Verordnung für 2024. Im österreichischen Durchschnitt ergab sich dabei für Industrie, Gewerbe und Haushalte eine Erhöhung um rund 11,2 Prozent. In manchen Netzgebieten fiel die Steigerung prozentuell mehr als doppelt so hoch aus. In absoluten Zahlen stellt sich die Lage indessen weit weniger dramatisch dar: Die 11,2 Prozent kosten einen durchschnittlichen Haushalt etwa 32 Euro pro Jahr oder 2,70 Euro pro Monat. Österreichweit einheitliche Netztarife einzuführen, wie dies manche Wirtschaftsvertreter fordern, wäre laut Urbantschitsch kein großes Problem: „Aber das muss der Gesetzgeber entscheiden.“

Das Dokument „Finale_Regulierungssystematik_5_RP“ ist auf der Website der E-Control verfügbar.

Freitag, 29.12.2023, 09:03 Uhr
Klaus Fischer

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