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Energie & Management > Regulierung - Energiewende soll schneller gehen
Quelle: Fotolia / Bertold Werkmann
Regulierung

Energiewende soll schneller gehen

Bund und Länder haben sich auf einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ verständigt.
 
Ziel des Paktes ist es, den Ausbau der Infrastruktur schneller voranzubringen. Dafür sollen die bürokratischen und juristischen Verfahren vereinfacht und vereinheitlicht werden. Die Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich am 6. November in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf das Maßnahmenpaket. Es ist Teil des sogenannten Deutschlandpaktes, mit dem die Koalition die Modernisierung der Wirtschaft voranbringen will. Der Kanzler will dabei auch mit der Opposition zusammenarbeiten.

Scholz sprach am Rande einer Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder von etwa einhundert Regelungen, die vereinfacht, ausgesetzt oder abgeschafft werden. In den letzten Jahrzehnten hätten Bund und Länder „mit großer Liebe und Zuneigung“ immer mehr Vorschriften ersonnen, die die Realisierung einzelner Projekte behinderten. Jetzt gehe es darum, dass die Umsetzung tatsächlich schneller werde, sagte Scholz.

Bauministerin Klara Geywitz (SPD) kündigte eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Bauordnung an: „Künftig kann durch einheitliche Vorgaben deutschlandweit schneller geplant und gebaut werden.“ Wenn ein Haus in einem Land genehmigt wurde, sollen für baugleiche Gebäude an anderen Standorten vereinfachte Genehmigungsverfahren gelten. Auch das Repowering von Windrädern soll vereinfacht werden.

Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) unterstrich, dass damit viele Projekte billiger würden: „Wir sind in Deutschland zu kompliziert, deshalb dauert alles zu lange, und das macht es am Ende noch zusätzlich teuer.“ Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) mahnte eine schnelle, legislative Umsetzung des Paktes an.
Betroffen vom Beschleunigungspakt sind neben dem Wohnungsbau (Ausbau von Dachgeschossen) fast alle großen Projekte der Infrastruktur wie Bahnstrecken, Autobahnen, Strom- und Gasleitungen, Wind- und Solaranlagen, Mobilfunknetze oder die Genehmigung von Schwerlasttransporten.Scholz stellte außerdem Vereinfachungen auch in anderen Bereichen wie der Wasserstoffindustrie in Aussicht.

Frühere Einbindung von Bürgern und Verbänden

Bund und Länder wollen in den genannten Bereichen die Bürger und Verbände früher und digitaler einbinden und einzelne Verfahrensschritte bei manchen Projekten ganz weglassen. Zudem sollen bestimmte Prozeduren parallel durchgeführt und Fristen verkürzt werden. In einzelnen Fällen soll die Genehmigung auch ohne den Bescheid der zuständigen Behörde als erteilt gelten, wenn eine bestimmte Frist abgelaufen ist.
Gutachten und Daten für die umweltrechtlichen Genehmigungen sollen künftig in Datenbanken erfasst und in vergleichbaren Fällen genutzt werden. Dabei sollen beim Artenschutz einheitliche Standards für Energie-, Verkehrs- oder Industrieprojekte gelten.

Beim Ausbau der Energieinfrastruktur sollen die Rechte von Grundstückseigentümern eingeschränkt werden, wenn ihr Land für den Anschluss von Wind- oder Solaranlagen an das Stromnetz benötigt wird. Ebenso wie bei der Genehmigung von Bahntrassen dürfen die Behörden in Zukunft davon ausgehen, dass an solchen Projekten ein „überragendes öffentliches Interesse“ besteht.
 
 
Reaktionen aus der Energiewirtschaft

Die Energiewirtschaft begrüßte die Beschlüsse der Regierungschefs. Der Deutschlandpakt komme zur richtigen Zeit und sei ein klares Bekenntnis zur Energiewende, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten effizienter gestaltet und in den Amtsstuben aktiv unterstützt werden. Es werde mehr Mut zu echter Vereinfachung und einer konsequenten Digitalisierung gebraucht.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) wies darauf hin, dass die Dauer der Genehmigungsverfahren kontinuierlich zugenommen habe. Auf die Genehmigung eines Windrades warte man inzwischen im Durchschnitt länger als zwei Jahre, sagte BEE-Präsidentin Simone Peters: „Der Beschleunigungspakt hat das Potenzial, hier Besserung zu bringen.“ Gleichzeitig mahnte sie die Einbeziehung von Batteriespeichern und Elektrolyseuren in den Pakt an: „Alles andere wäre Stückwerk.“

Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßte vor allem die geplante Erleichterung von Schwertransporten (GST). „Wir haben immer wieder erlebt, dass Projekte sich aufgrund ausbleibender Transportgenehmigung um teils unkalkulierbare Zeit verzögern“, sagte BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek. Es komme jetzt darauf an, die Beschlüsse zügig umzusetzen.

Die Umweltverbände fürchten dagegen, dass schnellere Genehmigungsverfahren zulasten des Naturschutzes gehen. „Damit werden viele Errungenschaften des Umweltschutzes der letzten Jahrzehnte aufs Spiel gesetzt“, heißt es in einer Stellungnahme des Naturschutzbundes Deutschland. Und der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, erkennt in dem Maßnahmenpaket von Bund und Ländern „eine Wunschliste der Industrie“, um klimaschädliche Vorhaben zu rechtfertigen: „Die Einschränkung öffentlicher Erörterungstermine, die Reduzierung des inhaltlichen Prüfprogramms und die Beschränkung des Rechtsweges sorgen für weniger Bürgerbeteiligung, Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Müller-Kraenner. Statt die bereits beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, würden etablierte Standards abgebaut.

Grüne: „Die Langsamkeit ist ein Investitionshemmnis“

Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) versicherten in einer gemeinsamen Erklärung: „Wir werden in der nun anstehenden Umsetzung dieser Verabredungen weiterhin darauf achten, dass Transparenz und Rechtsschutz gewahrt sowie Umwelt- und Naturschutzstandards nicht gesenkt werden.“ Rechtliche Grenzen und demokratische Beteiligungsrechte würden weiter respektiert.

Um das Land zu modernisieren und die Transformation zur Klimaneutralität erfolgreich zu gestalten, müsse die Planung, Genehmigung und Umsetzung wichtiger Vorhaben jedoch beschleunigt werden: „Die Langsamkeit ist ein Investitionshemmnis. Nur, wenn Deutschland schneller wird, bleiben wir wettbewerbsfähig.“ Die Beschleunigung werde aber nur mit einer gut funktionierenden Verwaltung gelingen, die technisch und personell angemessen ausgestattet sei.

Dienstag, 7.11.2023, 16:10 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Regulierung - Energiewende soll schneller gehen
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Regulierung
Energiewende soll schneller gehen
Bund und Länder haben sich auf einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ verständigt.
 
Ziel des Paktes ist es, den Ausbau der Infrastruktur schneller voranzubringen. Dafür sollen die bürokratischen und juristischen Verfahren vereinfacht und vereinheitlicht werden. Die Ministerpräsidenten der Länder verständigten sich am 6. November in Berlin mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf das Maßnahmenpaket. Es ist Teil des sogenannten Deutschlandpaktes, mit dem die Koalition die Modernisierung der Wirtschaft voranbringen will. Der Kanzler will dabei auch mit der Opposition zusammenarbeiten.

Scholz sprach am Rande einer Konferenz mit den Ministerpräsidenten der Länder von etwa einhundert Regelungen, die vereinfacht, ausgesetzt oder abgeschafft werden. In den letzten Jahrzehnten hätten Bund und Länder „mit großer Liebe und Zuneigung“ immer mehr Vorschriften ersonnen, die die Realisierung einzelner Projekte behinderten. Jetzt gehe es darum, dass die Umsetzung tatsächlich schneller werde, sagte Scholz.

Bauministerin Klara Geywitz (SPD) kündigte eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Bauordnung an: „Künftig kann durch einheitliche Vorgaben deutschlandweit schneller geplant und gebaut werden.“ Wenn ein Haus in einem Land genehmigt wurde, sollen für baugleiche Gebäude an anderen Standorten vereinfachte Genehmigungsverfahren gelten. Auch das Repowering von Windrädern soll vereinfacht werden.

Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) unterstrich, dass damit viele Projekte billiger würden: „Wir sind in Deutschland zu kompliziert, deshalb dauert alles zu lange, und das macht es am Ende noch zusätzlich teuer.“ Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) mahnte eine schnelle, legislative Umsetzung des Paktes an.
Betroffen vom Beschleunigungspakt sind neben dem Wohnungsbau (Ausbau von Dachgeschossen) fast alle großen Projekte der Infrastruktur wie Bahnstrecken, Autobahnen, Strom- und Gasleitungen, Wind- und Solaranlagen, Mobilfunknetze oder die Genehmigung von Schwerlasttransporten.Scholz stellte außerdem Vereinfachungen auch in anderen Bereichen wie der Wasserstoffindustrie in Aussicht.

Frühere Einbindung von Bürgern und Verbänden

Bund und Länder wollen in den genannten Bereichen die Bürger und Verbände früher und digitaler einbinden und einzelne Verfahrensschritte bei manchen Projekten ganz weglassen. Zudem sollen bestimmte Prozeduren parallel durchgeführt und Fristen verkürzt werden. In einzelnen Fällen soll die Genehmigung auch ohne den Bescheid der zuständigen Behörde als erteilt gelten, wenn eine bestimmte Frist abgelaufen ist.
Gutachten und Daten für die umweltrechtlichen Genehmigungen sollen künftig in Datenbanken erfasst und in vergleichbaren Fällen genutzt werden. Dabei sollen beim Artenschutz einheitliche Standards für Energie-, Verkehrs- oder Industrieprojekte gelten.

Beim Ausbau der Energieinfrastruktur sollen die Rechte von Grundstückseigentümern eingeschränkt werden, wenn ihr Land für den Anschluss von Wind- oder Solaranlagen an das Stromnetz benötigt wird. Ebenso wie bei der Genehmigung von Bahntrassen dürfen die Behörden in Zukunft davon ausgehen, dass an solchen Projekten ein „überragendes öffentliches Interesse“ besteht.
 
 
Reaktionen aus der Energiewirtschaft

Die Energiewirtschaft begrüßte die Beschlüsse der Regierungschefs. Der Deutschlandpakt komme zur richtigen Zeit und sei ein klares Bekenntnis zur Energiewende, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten effizienter gestaltet und in den Amtsstuben aktiv unterstützt werden. Es werde mehr Mut zu echter Vereinfachung und einer konsequenten Digitalisierung gebraucht.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) wies darauf hin, dass die Dauer der Genehmigungsverfahren kontinuierlich zugenommen habe. Auf die Genehmigung eines Windrades warte man inzwischen im Durchschnitt länger als zwei Jahre, sagte BEE-Präsidentin Simone Peters: „Der Beschleunigungspakt hat das Potenzial, hier Besserung zu bringen.“ Gleichzeitig mahnte sie die Einbeziehung von Batteriespeichern und Elektrolyseuren in den Pakt an: „Alles andere wäre Stückwerk.“

Der Bundesverband Windenergie (BWE) begrüßte vor allem die geplante Erleichterung von Schwertransporten (GST). „Wir haben immer wieder erlebt, dass Projekte sich aufgrund ausbleibender Transportgenehmigung um teils unkalkulierbare Zeit verzögern“, sagte BWE-Präsidentin Bärbel Heidebroek. Es komme jetzt darauf an, die Beschlüsse zügig umzusetzen.

Die Umweltverbände fürchten dagegen, dass schnellere Genehmigungsverfahren zulasten des Naturschutzes gehen. „Damit werden viele Errungenschaften des Umweltschutzes der letzten Jahrzehnte aufs Spiel gesetzt“, heißt es in einer Stellungnahme des Naturschutzbundes Deutschland. Und der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, erkennt in dem Maßnahmenpaket von Bund und Ländern „eine Wunschliste der Industrie“, um klimaschädliche Vorhaben zu rechtfertigen: „Die Einschränkung öffentlicher Erörterungstermine, die Reduzierung des inhaltlichen Prüfprogramms und die Beschränkung des Rechtsweges sorgen für weniger Bürgerbeteiligung, Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Müller-Kraenner. Statt die bereits beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen, würden etablierte Standards abgebaut.

Grüne: „Die Langsamkeit ist ein Investitionshemmnis“

Wirtschaftsminister Robert Habeck und Umweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) versicherten in einer gemeinsamen Erklärung: „Wir werden in der nun anstehenden Umsetzung dieser Verabredungen weiterhin darauf achten, dass Transparenz und Rechtsschutz gewahrt sowie Umwelt- und Naturschutzstandards nicht gesenkt werden.“ Rechtliche Grenzen und demokratische Beteiligungsrechte würden weiter respektiert.

Um das Land zu modernisieren und die Transformation zur Klimaneutralität erfolgreich zu gestalten, müsse die Planung, Genehmigung und Umsetzung wichtiger Vorhaben jedoch beschleunigt werden: „Die Langsamkeit ist ein Investitionshemmnis. Nur, wenn Deutschland schneller wird, bleiben wir wettbewerbsfähig.“ Die Beschleunigung werde aber nur mit einer gut funktionierenden Verwaltung gelingen, die technisch und personell angemessen ausgestattet sei.

Dienstag, 7.11.2023, 16:10 Uhr
Tom Weingärtner

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