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Energie & Management > Politik - Agora mahnt Klimaschutz für 2024 an
Quelle: Fotolia / JFL Photography
Politik

Agora mahnt Klimaschutz für 2024 an

Trotz der hohen Treibhausgasreduktion von 46 Prozent gegenüber 1990 im Vorjahr, müsse deutlich in Klimaschutz investiert werden, fordert die Denkfabrik Agora Energiewende für 2024.
2023 war ein klimatisches Extremjahr, mahnte der Deutschland-Direktor der Agora Energiewende am 9. Januar vor Journalisten. Simon Müller erinnerte: „Die globale Durchschnittstemperatur erreichte einen alarmierenden Rekord von 1,4 Grad über dem vorindustriellen Niveau“. Dies unterstreiche die Dringlichkeit des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen. Im Vorjahr sanken zwar die CO2-Emissionen in Deutschland stark, doch seien nur 15 Prozent dieser Reduktion dauerhaft. (Wir berichteten.)

Ursache war laut Agora ein sehr gutes Windjahr, durch das die erneuerbaren Energien 5 Prozent mehr zur Stromproduktion beitrugen und erstmals mehr als die Hälfte des Bedarfs deckten. Außerdem sank aus Kostengründen die Kohleverstromung und die energieintensive Industrie drosselte ihre Produktion um 11 Prozent. Da sich diese beiden Faktoren schnell ändern könnten, müsse die Bundesregierung 2024 eine wirksame Klimapolitik im Stromsektor weiterführen und auf Industrie, Gebäude und Verkehrssektor ausweiten.

Kaum Fortschritte im Gebäudebereich

„Die Elektrifizierung als Kernstrategie hat noch nicht Fahrt aufgenommen“, resümierte Fabian Huneke für den Gebäude- und Verkehrsbereich. Der Mitautor der aktuellen Studie der Agora Energiewende stellte fest, dass der anfängliche Boom beim Verkauf von Wärmepumpen wieder eingebrochen sei. Für den Siegeszug der Wärmepumpen hätten sich Handwerker weitergebildet und die Hersteller Produktionskapazitäten aufgebaut, lobte Studienmitautorin Katharina Hartz.

Die steigenden Stromkosten auch wegen der Netzentgelte und der schlechte energetische Zustand vieler Wohnhäuser bremse aber den Umstieg auf elektrische Heizungen. So stieß der Gebäudebereich weiterhin zu viel CO2 aus durch die Verbrennung von Öl, Erdgas und Kohle zum Heizen. 2023 waren es 8 Millionen Tonnen mehr als die Vorgabe im Klimaschutzgesetz erlaubte.

Verkehr verfehlt weiter Klimagasreduktionen

Der Verkehrsektor verfehlte das dritte Jahr in Folge seine Vorgabe der CO2-Emissionen, um 12 Millionen Tonnen 2023. Mit dem Wegfall der Kaufprämie brach auch der Absatz von Elektroautos wieder ein. Urs Maier von der Agora Verkehrswende regte ein Bonus-Malus-System an. So könne eine höhere Kfz-Steuer für Verbrenner die Kaufprämie für E-Autos finanzieren, ohne den Bundeshaushalt zu belasten. Auch beim Dienstwagenprivileg sei eine kostenneutrale Änderung möglich, die Elektrifizierung und ein geringeres Gewicht für neu angeschaffte Fahrzeuge unterstützt, sagte Maier.

Im Energiebereich müsse jetzt schnell ein Rahmen her, mit dem die neuen Backup-Kraftwerke errichtet werden können, forderte Simon Müller. Sie sollen Erdgas und später klimaneutral erzeugten Wasserstoff nutzen, statt Kernkraft und Kohle, um auch in Zeiten mit zu wenig Wind und Sonne die Stromversorgung zu sichern. Die Agora-Studie erkannte die Beschleunigung beim Ausbau von Photovoltaikanlagen an, die 2023 einen neuen Ausbaurekord erreicht hatten.
 
Deutsche Treibhausgasemissionen seit 1990 mit Zielvorgabe bis 2030 -
Zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken
Quelle: Agora Energiewende

Erneuerbare Energien und Stromnetze ausbauen

Bei der Windkraft an Land seien deutlich mehr Genehmigungen erteilt worden, sodass auch hier der Ausbau Fahrt aufnehmen könne. „Allerdings hauptsächlich in den Windkrafthochburgen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg“, schränkte Müller ein. Auch die anderen Bundesländer müssten bei der Windkraft nachziehen.

Der Stromnetzausbau habe zwar unter der Ampelkoalition mehr Genehmigungen bekommen, werde aber noch Jahre brauchen, um den erneuerbaren Strom aus dem Norden zu den Verbrauchern im Süden zu bringen. Vor diesem Hintergrund warnte Müller davor, den Klimaschutz wegen der schwierigen Haushaltslage des Bundes einzuschränken.

Klimaschutz ist Zukunftsinvestition

Auch zu wenig Investition in Klimaschutz werde teuer, erinnerte Müller. Verfehle Deutschland seine Ziele in der „Effort Sharing Regulation“ der EU, müsse es Emissionsrechte aus anderen EU-Mitgliedstaaten kaufen oder Strafzahlungen leisten. Daher solle ein Weg gefunden werden, sei es über ein Sondervermögen oder eine Änderung bei der Schuldenbremse, um die nötigen Investitionen in Klimaschutz jetzt auszulösen, forderte Müller. Dies seien keine neuen Bürden für künftige Generationen, sondern Investitionen in Deutschlands Zukunftsfähigkeit.
 

Zudem sei genug privates Kapital da, das bei entsprechendem Rahmen in die richtigen Bereiche fließen werde. Für einkommensschwache Haushalte müsse aber ein sozialer Ausgleich erfolgen, der auch ihnen die Energiewende ermöglicht, forderte Müller. Die Industrie, insbesondere energieintensive Zweige wie Stahl, Zement und Chemie müssten unterstützt werden, um klimafreundliche Technologien einzuführen. „Wenn diese Industriezweige ins Ausland abwandern, schwächt das Deutschlands Wirtschaftskraft und hilft dem Klimaschutz kein bisschen“, erinnerte Müller.


Die Studie der Agora zu den Forderungen für 2024 steht im Internet bereit.


Dienstag, 9.01.2024, 15:32 Uhr
Susanne Harmsen
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Quelle: Fotolia / JFL Photography
Politik
Agora mahnt Klimaschutz für 2024 an
Trotz der hohen Treibhausgasreduktion von 46 Prozent gegenüber 1990 im Vorjahr, müsse deutlich in Klimaschutz investiert werden, fordert die Denkfabrik Agora Energiewende für 2024.
2023 war ein klimatisches Extremjahr, mahnte der Deutschland-Direktor der Agora Energiewende am 9. Januar vor Journalisten. Simon Müller erinnerte: „Die globale Durchschnittstemperatur erreichte einen alarmierenden Rekord von 1,4 Grad über dem vorindustriellen Niveau“. Dies unterstreiche die Dringlichkeit des Ausstiegs aus fossilen Brennstoffen. Im Vorjahr sanken zwar die CO2-Emissionen in Deutschland stark, doch seien nur 15 Prozent dieser Reduktion dauerhaft. (Wir berichteten.)

Ursache war laut Agora ein sehr gutes Windjahr, durch das die erneuerbaren Energien 5 Prozent mehr zur Stromproduktion beitrugen und erstmals mehr als die Hälfte des Bedarfs deckten. Außerdem sank aus Kostengründen die Kohleverstromung und die energieintensive Industrie drosselte ihre Produktion um 11 Prozent. Da sich diese beiden Faktoren schnell ändern könnten, müsse die Bundesregierung 2024 eine wirksame Klimapolitik im Stromsektor weiterführen und auf Industrie, Gebäude und Verkehrssektor ausweiten.

Kaum Fortschritte im Gebäudebereich

„Die Elektrifizierung als Kernstrategie hat noch nicht Fahrt aufgenommen“, resümierte Fabian Huneke für den Gebäude- und Verkehrsbereich. Der Mitautor der aktuellen Studie der Agora Energiewende stellte fest, dass der anfängliche Boom beim Verkauf von Wärmepumpen wieder eingebrochen sei. Für den Siegeszug der Wärmepumpen hätten sich Handwerker weitergebildet und die Hersteller Produktionskapazitäten aufgebaut, lobte Studienmitautorin Katharina Hartz.

Die steigenden Stromkosten auch wegen der Netzentgelte und der schlechte energetische Zustand vieler Wohnhäuser bremse aber den Umstieg auf elektrische Heizungen. So stieß der Gebäudebereich weiterhin zu viel CO2 aus durch die Verbrennung von Öl, Erdgas und Kohle zum Heizen. 2023 waren es 8 Millionen Tonnen mehr als die Vorgabe im Klimaschutzgesetz erlaubte.

Verkehr verfehlt weiter Klimagasreduktionen

Der Verkehrsektor verfehlte das dritte Jahr in Folge seine Vorgabe der CO2-Emissionen, um 12 Millionen Tonnen 2023. Mit dem Wegfall der Kaufprämie brach auch der Absatz von Elektroautos wieder ein. Urs Maier von der Agora Verkehrswende regte ein Bonus-Malus-System an. So könne eine höhere Kfz-Steuer für Verbrenner die Kaufprämie für E-Autos finanzieren, ohne den Bundeshaushalt zu belasten. Auch beim Dienstwagenprivileg sei eine kostenneutrale Änderung möglich, die Elektrifizierung und ein geringeres Gewicht für neu angeschaffte Fahrzeuge unterstützt, sagte Maier.

Im Energiebereich müsse jetzt schnell ein Rahmen her, mit dem die neuen Backup-Kraftwerke errichtet werden können, forderte Simon Müller. Sie sollen Erdgas und später klimaneutral erzeugten Wasserstoff nutzen, statt Kernkraft und Kohle, um auch in Zeiten mit zu wenig Wind und Sonne die Stromversorgung zu sichern. Die Agora-Studie erkannte die Beschleunigung beim Ausbau von Photovoltaikanlagen an, die 2023 einen neuen Ausbaurekord erreicht hatten.
 
Deutsche Treibhausgasemissionen seit 1990 mit Zielvorgabe bis 2030 -
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Quelle: Agora Energiewende

Erneuerbare Energien und Stromnetze ausbauen

Bei der Windkraft an Land seien deutlich mehr Genehmigungen erteilt worden, sodass auch hier der Ausbau Fahrt aufnehmen könne. „Allerdings hauptsächlich in den Windkrafthochburgen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg“, schränkte Müller ein. Auch die anderen Bundesländer müssten bei der Windkraft nachziehen.

Der Stromnetzausbau habe zwar unter der Ampelkoalition mehr Genehmigungen bekommen, werde aber noch Jahre brauchen, um den erneuerbaren Strom aus dem Norden zu den Verbrauchern im Süden zu bringen. Vor diesem Hintergrund warnte Müller davor, den Klimaschutz wegen der schwierigen Haushaltslage des Bundes einzuschränken.

Klimaschutz ist Zukunftsinvestition

Auch zu wenig Investition in Klimaschutz werde teuer, erinnerte Müller. Verfehle Deutschland seine Ziele in der „Effort Sharing Regulation“ der EU, müsse es Emissionsrechte aus anderen EU-Mitgliedstaaten kaufen oder Strafzahlungen leisten. Daher solle ein Weg gefunden werden, sei es über ein Sondervermögen oder eine Änderung bei der Schuldenbremse, um die nötigen Investitionen in Klimaschutz jetzt auszulösen, forderte Müller. Dies seien keine neuen Bürden für künftige Generationen, sondern Investitionen in Deutschlands Zukunftsfähigkeit.
 

Zudem sei genug privates Kapital da, das bei entsprechendem Rahmen in die richtigen Bereiche fließen werde. Für einkommensschwache Haushalte müsse aber ein sozialer Ausgleich erfolgen, der auch ihnen die Energiewende ermöglicht, forderte Müller. Die Industrie, insbesondere energieintensive Zweige wie Stahl, Zement und Chemie müssten unterstützt werden, um klimafreundliche Technologien einzuführen. „Wenn diese Industriezweige ins Ausland abwandern, schwächt das Deutschlands Wirtschaftskraft und hilft dem Klimaschutz kein bisschen“, erinnerte Müller.


Die Studie der Agora zu den Forderungen für 2024 steht im Internet bereit.


Dienstag, 9.01.2024, 15:32 Uhr
Susanne Harmsen

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