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Energie & Management > Wärme - Verdacht auf Verstoß gegen Preisbremse in 100 Fernwärmenetzen
Quelle: Fotolia / sasel77
Wärme

Verdacht auf Verstoß gegen Preisbremse in 100 Fernwärmenetzen

Mauschelei auch in mehr als 100 Fernwärmenetzen? Das Bundeskartellamt prüft, ob Versorger ungerechtfertigt Entlastungszahlungen nach dem Preisbremsen-Gesetz beantragt haben.
Das Bundeskartellamt geht dem Verdacht nach, dass mehrere Fernwärme-Versorger im ersten Quartal 2023 zu Unrecht Entlastungszahlungen nach dem Preisbremsen-Gesetz beantragt haben. Dies dürfen sie nur, wenn zuvor keine ungerechtfertigten Preiserhöhungen bei den Endkunden erfolgt waren. Dafür gibt es nun offenbar Anhaltspunkte – und zwar in erheblichem Maße.

Laut einer Mitteilung der Wettbewerbsschützer haben sich Verdachtsfälle in „weit über hundert Wärmenetzen unterschiedlichster Größe in verschiedenen Regionen Deutschlands“ ergeben. Entsprechende Prüfverfahren sind eingeleitet und sollen klären, ob die betreffenden Versorger doppelt abkassiert haben – zum einen über zuvor grundlos erhöhte Preise und zum anderen über Vorauszahlungsanträge wegen der durch die Preisbremse gedeckelten Tarife.

Es ist inzwischen die zweite derartige Verfahrenswelle. Denn die Erklärung des Kartellamts erfolgt nur 14 Tage, nachdem bereits erste Prüfverfahren gegen Erdgas-Lieferanten eingeleitet worden waren. Mit entsprechenden Ermittlungen gegen Stromlieferanten sei in Kürze zu rechnen, kündigte die Behörde an.

Großer Prüfaufwand in einem unregulierten Monopolmarkt

Der Deckel führt bei Fernwärme, Gas und Strom dazu, dass 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs sozusagen unter Schutz gestellt sind. Für Fernwärme sind in diesem Rahmen 9,5 Cent je kWh festgesetzt. Übersteigt der Verbrauch den 80-Prozent-Kontingent, wird ab dann je weiterer kWh der mit dem Versorger vereinbarte Arbeitspreis fällig. Bei Erdgas liegt der gedeckelte Preis bei 12 Cent, bei Strom bei 40 Cent je kWh. Die Differenz zwischen Deckel und dem vertraglich fixierten Tarif zahlt der Staat aus Steuermitteln an die Versorger.

Das Bundeskartellamt hat nach eigenen Angaben 1.400 Anträge von Fernwärme-Versorgern auf Entlastungszahlungen erhalten. Das Volumen der Prüfverfahren entspreche etwa 15 Prozent der gesamten Entlastungssumme. Im Prüfverfahren wendet das Kartellamt sich nun mit einem Fragenkatalog an die „als auffällig identifizierten Unternehmen“ und wertet deren Informationen anschließend aus.

Vor dem Kartellamt liegt offenbar keine einfache Aufgabe. Denn der Wärmemarkt ist sehr heterogen. Ins Visier genommen hat die Behörde Stadtwerke, Regionalversorger, industrielle Anbieter, die Eigenversorgung betreiben oder im Umkreis andere Kunden beliefern. Auch Contracting-Verträge, die weitere Dienstleistungen wie Nebenkostenabrechnungen von Mietern beinhalten, sind einzubeziehen. Zudem ist der Prüfaufwand höher, weil der Fernwärmemarkt als einer der „letzten natürlichen Monopolmärkte Deutschlands“, so das Amt, zum Beispiel frei von behördlich geprüften Netzkosten und weitgehend unreguliert sei.

Stellt das Bundeskartellamt fest, dass Ausgleichszahlungen in Kombination mit zuvor ungerechtfertigt festgesetzten Preiserhöhungen erfolgt sind, müssen die Versorger das Geld an den Staat zurückzahlen. Dazu drohen Geldbußen.

Dienstag, 30.05.2023, 12:49 Uhr
Volker Stephan
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Verdacht auf Verstoß gegen Preisbremse in 100 Fernwärmenetzen
Mauschelei auch in mehr als 100 Fernwärmenetzen? Das Bundeskartellamt prüft, ob Versorger ungerechtfertigt Entlastungszahlungen nach dem Preisbremsen-Gesetz beantragt haben.
Das Bundeskartellamt geht dem Verdacht nach, dass mehrere Fernwärme-Versorger im ersten Quartal 2023 zu Unrecht Entlastungszahlungen nach dem Preisbremsen-Gesetz beantragt haben. Dies dürfen sie nur, wenn zuvor keine ungerechtfertigten Preiserhöhungen bei den Endkunden erfolgt waren. Dafür gibt es nun offenbar Anhaltspunkte – und zwar in erheblichem Maße.

Laut einer Mitteilung der Wettbewerbsschützer haben sich Verdachtsfälle in „weit über hundert Wärmenetzen unterschiedlichster Größe in verschiedenen Regionen Deutschlands“ ergeben. Entsprechende Prüfverfahren sind eingeleitet und sollen klären, ob die betreffenden Versorger doppelt abkassiert haben – zum einen über zuvor grundlos erhöhte Preise und zum anderen über Vorauszahlungsanträge wegen der durch die Preisbremse gedeckelten Tarife.

Es ist inzwischen die zweite derartige Verfahrenswelle. Denn die Erklärung des Kartellamts erfolgt nur 14 Tage, nachdem bereits erste Prüfverfahren gegen Erdgas-Lieferanten eingeleitet worden waren. Mit entsprechenden Ermittlungen gegen Stromlieferanten sei in Kürze zu rechnen, kündigte die Behörde an.

Großer Prüfaufwand in einem unregulierten Monopolmarkt

Der Deckel führt bei Fernwärme, Gas und Strom dazu, dass 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs sozusagen unter Schutz gestellt sind. Für Fernwärme sind in diesem Rahmen 9,5 Cent je kWh festgesetzt. Übersteigt der Verbrauch den 80-Prozent-Kontingent, wird ab dann je weiterer kWh der mit dem Versorger vereinbarte Arbeitspreis fällig. Bei Erdgas liegt der gedeckelte Preis bei 12 Cent, bei Strom bei 40 Cent je kWh. Die Differenz zwischen Deckel und dem vertraglich fixierten Tarif zahlt der Staat aus Steuermitteln an die Versorger.

Das Bundeskartellamt hat nach eigenen Angaben 1.400 Anträge von Fernwärme-Versorgern auf Entlastungszahlungen erhalten. Das Volumen der Prüfverfahren entspreche etwa 15 Prozent der gesamten Entlastungssumme. Im Prüfverfahren wendet das Kartellamt sich nun mit einem Fragenkatalog an die „als auffällig identifizierten Unternehmen“ und wertet deren Informationen anschließend aus.

Vor dem Kartellamt liegt offenbar keine einfache Aufgabe. Denn der Wärmemarkt ist sehr heterogen. Ins Visier genommen hat die Behörde Stadtwerke, Regionalversorger, industrielle Anbieter, die Eigenversorgung betreiben oder im Umkreis andere Kunden beliefern. Auch Contracting-Verträge, die weitere Dienstleistungen wie Nebenkostenabrechnungen von Mietern beinhalten, sind einzubeziehen. Zudem ist der Prüfaufwand höher, weil der Fernwärmemarkt als einer der „letzten natürlichen Monopolmärkte Deutschlands“, so das Amt, zum Beispiel frei von behördlich geprüften Netzkosten und weitgehend unreguliert sei.

Stellt das Bundeskartellamt fest, dass Ausgleichszahlungen in Kombination mit zuvor ungerechtfertigt festgesetzten Preiserhöhungen erfolgt sind, müssen die Versorger das Geld an den Staat zurückzahlen. Dazu drohen Geldbußen.

Dienstag, 30.05.2023, 12:49 Uhr
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