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Aus Der Aktuellen Zeitung

"Wir planen 400 Megawatt Elektrolyse in Deutschland"

Mit Investitionen will Statkraft sein Windkraft- und Solarportfolio ausbauen. Im Gespräch mit E&M erläutert Stefan-Jörg Göbel, Kraftwerkschef für Deutschland, die Vorhaben bis 2030. 

Stefan-Jörg Göbel

Stefan-Jörg Göbel leitet seit Ende November 2022 das deutsche Kraftwerks- und Entwicklungsgeschäft bei Statkraft. Es umfasst um die 2.000 MW Betriebskapazität und eine Pipeline von mehr als 1.000 MW in Wind- und Solarprojekten. Zuvor war Göbel für den Hochlauf des erneuerbaren Geschäfts des Unternehmens in mehreren europäischen Märkten verantwortlich.
 

E&M: Herr Göbel, Statkraft hat ja große Pläne für die Errichtung von Windkraft- und Solaranlagen. Wie kommen Sie an die Flächen dafür?

Göbel: Wir haben unterschiedliche Wege. Es gibt sogenannte Inbound-Geschäfte, wo uns wirklich Leute anrufen und eine Fläche zur Pacht anbieten. Wir gehen aber natürlich auch raus und suchen systematisch Deutschland nach Flächen ab. Und dann gibt es immer Änderungen in Flächennutzungsplänen oder in Regularien, die eine erneute Suche auslösen, wie aktuell Windkraft im Forst. Wir nehmen auch an Ausschreibungen teil und versuchen, in den Wettbewerb reinzugehen.

E&M: Wie erfolgreich waren Sie da bisher?

Göbel: Aktuell haben wir Land gesichert, um eine Pipeline von 400 Megawatt Wind zu entwickeln. Wir waren erst skeptisch, was Deutschland anbelangt, weil natürlich der Wettbewerb hier besonders stark ist. Aber nach fünf Jahren sehen wir, dass wir wettbewerbsfähig sind. Wir haben Projekte in verschiedenen Stadien des Genehmigungsprozesses. PV geht logischerweise schneller als Wind. In ein, zwei Jahren sollten wir aber die ersten Bauentscheidungen sehen. Ehe wir überhaupt eine Kilowattstunde grünen Strom erzeugen, werden wir bei der Pipelinegröße einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag investieren. Wir haben auch Bestandswindparks gekauft mit einer Leistung von 311 Megawatt, die in ganz Deutschland verteilt sind.

E&M: Planen Sie in den Bestandsparks auch Repowering?

Göbel: Klar, das ist natürlich das große Ding. Die Windparks waren im Schnitt 15 Jahre alt, wir haben die also noch fünf bis zehn Jahre vielleicht im Betrieb. Das heißt, wir müssen jetzt mit dem Repowering eigentlich anfangen. Das ist das strategische Element gewesen an der Akquisition. Einige Standorte fallen weg, aber auf der anderen Seite haben wir eben Windparks mit zehn Anlagen, da könnte man wieder zehn Anlagen hinstellen, aber mit einer fünffachen Leistung.

E&M: Hilft Ihnen die Gesetzeslage, dass die Länder jetzt Flächen ausweisen müssen und ihre Behörden anweisen, diese schneller zu genehmigen?

Göbel: Was vom Bund gekommen ist, die Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche, das ist natürlich ein starker Anschub. Er muss jetzt aber ausgerollt werden auf die Länder und dann in den Behörden umgesetzt werden. Es geht uns ehrlich gesagt nicht schnell genug. Es geht darum, dass wir möglichst schnell vom CO2 wegkommen, da müsste man eigentlich noch mal ein bisschen Deutschland-Geschwindigkeit reinbringen.

E&M: Für wie realistisch halten Sie die Vorhaben der Bundesregierung, was den Zubau an Windkraft und Solarenergie bis 2030 angeht?

Göbel: Es ist auf jeden Fall nicht unmöglich. Das strukturelle Problem sind die Flächen und die Genehmigungsprozesse. Es braucht auch die Landesregierung und die Gemeinden. Wir arbeiten ja vor allen Dingen in der Kommune und am Projekt, das heißt auch mit der Nachbarschaft.

E&M: Und wie läuft das?

Göbel: Mal so, mal so. Wenn Sie eine Gemeinde mit 5.000 Einwohnern haben, haben Sie natürlich in Bürgerveranstaltungen immer die 50, die es nicht wollen. Die schweigende Mehrheit meldet sich nicht. Ich würde mich wirklich freuen, wenn Fridays for Future und andere Gruppen kämen und auch mal das Wort für die grünen Projekte ergreifen. Wir können ja neuerdings zwei Euro pro Megawattstunde zahlen an die Gemeinden als Ausgleich, das hilft total. Wir sprechen da von paar 100.000 Euro pro Jahr, das macht für sie einen gigantischen Unterschied. Das Geld geht in Kindergärten, kann in Grünflächen gehen, kann in Umweltprojekte gehen und es ist sauber verwaltet von den demokratisch gewählten Gemeinderäten.

E&M: Setzen Sie auch auf direkte Beteiligungen vor Ort?

Göbel: Wir haben natürlich den Wunsch, lokale Investoren zu beteiligen, also Bürgerbeteiligung zu machen. Das ist aber schon schwieriger. Wir können Nachrangdarlehen anbieten, aber wenn es darum geht, eine Genossenschaft zu gründen, müssen wir lokal auch Leute haben, die sich richtig engagieren. Eine Windturbine mit fünf Megawatt kostet fünf Millionen Euro und mehr, das finden Sie nicht so schnell einfach mal in einer durchschnittlichen deutschen Gemeinde.
Ich würde mir wünschen, dass auch die Arbeitgeber vor Ort sagen, wir brauchen das, wir wollen eine sichere Energieversorgung in Deutschland. Wenn ich heute eine energieintensive Produktion irgendwo ansiedeln möchte, dann mache ich das bestimmt nicht in Bayern. Das ist also ein knallhartes Arbeitsplatzargument. Und deshalb erwarten wir schon, dass die lokale Wirtschaft oder Großunternehmen sich engagieren und sagen, wir brauchen die Projekte und kaufen auch gerne den Strom aus diesen Projekten.

E&M: Was planen Sie, um den Strom, den Sie ohnehin erzeugen, besser in den Markt zu bringen?

Göbel: Wir gucken, was bei Batterien passieren wird. Da gibt es ja die Innovationsausschreibung, dass man den Solarstrom entweder direkt in den Markt bringt oder zwischenspeichert. Besser wäre es natürlich, wenn man zusätzlich auch noch Netzstrom nehmen könnte, ihn einspeichern und dann wieder ausspeichern könnte, je nach Stromangebot und -nachfrage. Das hängt vom regulatorischen Rahmen ab, aber besser wäre es eigentlich, man könnte Speicher in allen Marktsegmenten einsetzen.

E&M: Überlegen Sie, eventuell selbst Elektrolyse zu betreiben? Sie haben ja den erneuerbaren Strom.

Göbel: Ja klar, wir haben für ganz Europa die Zielsetzung, 2.000 Megawatt Elektrolyseleistung ans Netz zu bringen bis 2030. Wir wollen da schon kommerziell rein, keine Pilotprojekte. Wenn man das auf Deutschland herunterbricht, sind es ungefähr 400 Megawatt, die bis 2030 realistisch, wenn auch herausfordernd sind.

E&M: Und werden Sie die Elektrolyseure in der Nähe Ihrer Stromerzeugung bauen oder gleich an den Kraftwerken, die den Wasserstoff verbrennen sollen?

Göbel: Wenn ich die aktuelle Gesamtplanung sehe, ist Dekarbonisierung der Industrie der primäre Anwendungsfall für Wasserstoff. Da kommt es auf die Infrastruktur an. Also wenn ich jetzt einen Windpark baue mit einem Elektrolyseur an einer Düngemittelherstellung, ist das superoptimal. Wir brauchen über ganz Europa Netze und zentrale Speicher. Dazu muss ein Zertifizierungssystem belegen, dass es grüner Wasserstoff ist. Das aktuelle Zertifizierungssystem der EU finde ich immer noch relativ beschränkend, aber zumindest erfordert es keine 1:1-Kopplung von Anlagen. Aber dass die Anlagen für den Wasserstoffstrom unbedingt zusätzlich sein müssen und so weiter, das ist eine Einschränkung. Je weniger Auslastung man dadurch für eine Elektrolyse hat, umso teurer wird der Wasserstoff, weil die Kapitalkosten so ins Kontor schlagen.

E&M: Nun hat ja Statkraft auch noch ein paar fossile Gaskraftwerke in Deutschland. Wie gehen Sie mit denen um?

Göbel: Erst mal haben wir natürlich Sorge gehabt, ob wir das Gas physisch bekommen, das hat aber geklappt. Ökonomisch gesehen war das ein gutes Jahr. Es ist natürlich auch für die Psychologie der Kolleginnen und Kollegen sehr wichtig, dass man sagt, diese Kraftwerke mit 1.700 Megawatt Leistung werden wirklich gebraucht. Dann ist die Frage: Wie können wir sie dekarbonisieren? Wir haben in Knapsack 1 die Gasturbinen getauscht, sie sind jetzt für 15 Prozent Wasserstoffbeimischung ausgelegt. Darauf stellen wir uns perspektivisch ein. Bei Wasserstoff haben wir ja mittlerweile sehr realistische Szenarien, die uns zeigen, dass es von den Mengen her zwar herausfordernd wird, aber real machbar ist. Und auch kostenmäßig ist es jetzt nicht so prohibitiv. Natürlich ist Wasserstoff teurer als Erdgas, aber wir sprechen von Mehrkosten, die, glaube ich, gesellschaftlich tragbar sind. So sagen das ja auch alle Szenarien.

E&M: Was brauchen Sie außer Flächen und Genehmigungen noch für Ihre Ausbaupläne?

Göbel: Wir brauchen nach wie vor hohe Investitionssicherheit am Standort. Das macht nämlich die Finanzierungskosten für Deutschland viel günstiger als in vielen anderen europäischen Ländern. Es ist wirklich ein knallharter Wettbewerbsvorteil, wenn man für sein Kapital saubere Investitionssicherheit hat. Deutschland hat derzeit mit die niedrigsten Finanzierungskosten in Europa. Das einzige Land, das in einer ähnlichen Klasse spielt, ist eigentlich Frankreich. Dafür sind plötzliche Änderungen wie die Erlösabschöpfung natürlich Gift, aber die soll zum Glück zum Sommer wieder wegfallen. 
 
Stefan-Jörg Göbel
Quelle: Statkraft
 

Über Statkraft

Der staatliche norwegische Energiekonzern mit Hauptsitz in Oslo ist nach eigenen Aussagen bereits jetzt größter Erzeuger erneuerbarer Energie in Europa. Er will neben seiner Basis Wasserkraft im Bereich Wind und Solar einer der Top-10-Entwickler werden. In Deutschland entwickelt Statkraft seit drei Jahren eine Produktpipeline. Ab 2027 plant das Unternehmen, hier jährlich über 100 MW installierte Leistung von Windkraft an Land ans Netz zu bringen. Bis Ende des Jahrzehnts werde eine Entwicklungspipeline von rund 500 MW Onshore-Wind angestrebt.
 

Donnerstag, 27.04.2023, 10:15 Uhr
Susanne Harmsen
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Quelle: E&M
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Mit Investitionen will Statkraft sein Windkraft- und Solarportfolio ausbauen. Im Gespräch mit E&M erläutert Stefan-Jörg Göbel, Kraftwerkschef für Deutschland, die Vorhaben bis 2030. 

Stefan-Jörg Göbel

Stefan-Jörg Göbel leitet seit Ende November 2022 das deutsche Kraftwerks- und Entwicklungsgeschäft bei Statkraft. Es umfasst um die 2.000 MW Betriebskapazität und eine Pipeline von mehr als 1.000 MW in Wind- und Solarprojekten. Zuvor war Göbel für den Hochlauf des erneuerbaren Geschäfts des Unternehmens in mehreren europäischen Märkten verantwortlich.
 

E&M: Herr Göbel, Statkraft hat ja große Pläne für die Errichtung von Windkraft- und Solaranlagen. Wie kommen Sie an die Flächen dafür?

Göbel: Wir haben unterschiedliche Wege. Es gibt sogenannte Inbound-Geschäfte, wo uns wirklich Leute anrufen und eine Fläche zur Pacht anbieten. Wir gehen aber natürlich auch raus und suchen systematisch Deutschland nach Flächen ab. Und dann gibt es immer Änderungen in Flächennutzungsplänen oder in Regularien, die eine erneute Suche auslösen, wie aktuell Windkraft im Forst. Wir nehmen auch an Ausschreibungen teil und versuchen, in den Wettbewerb reinzugehen.

E&M: Wie erfolgreich waren Sie da bisher?

Göbel: Aktuell haben wir Land gesichert, um eine Pipeline von 400 Megawatt Wind zu entwickeln. Wir waren erst skeptisch, was Deutschland anbelangt, weil natürlich der Wettbewerb hier besonders stark ist. Aber nach fünf Jahren sehen wir, dass wir wettbewerbsfähig sind. Wir haben Projekte in verschiedenen Stadien des Genehmigungsprozesses. PV geht logischerweise schneller als Wind. In ein, zwei Jahren sollten wir aber die ersten Bauentscheidungen sehen. Ehe wir überhaupt eine Kilowattstunde grünen Strom erzeugen, werden wir bei der Pipelinegröße einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag investieren. Wir haben auch Bestandswindparks gekauft mit einer Leistung von 311 Megawatt, die in ganz Deutschland verteilt sind.

E&M: Planen Sie in den Bestandsparks auch Repowering?

Göbel: Klar, das ist natürlich das große Ding. Die Windparks waren im Schnitt 15 Jahre alt, wir haben die also noch fünf bis zehn Jahre vielleicht im Betrieb. Das heißt, wir müssen jetzt mit dem Repowering eigentlich anfangen. Das ist das strategische Element gewesen an der Akquisition. Einige Standorte fallen weg, aber auf der anderen Seite haben wir eben Windparks mit zehn Anlagen, da könnte man wieder zehn Anlagen hinstellen, aber mit einer fünffachen Leistung.

E&M: Hilft Ihnen die Gesetzeslage, dass die Länder jetzt Flächen ausweisen müssen und ihre Behörden anweisen, diese schneller zu genehmigen?

Göbel: Was vom Bund gekommen ist, die Ausweisung von zwei Prozent der Landesfläche, das ist natürlich ein starker Anschub. Er muss jetzt aber ausgerollt werden auf die Länder und dann in den Behörden umgesetzt werden. Es geht uns ehrlich gesagt nicht schnell genug. Es geht darum, dass wir möglichst schnell vom CO2 wegkommen, da müsste man eigentlich noch mal ein bisschen Deutschland-Geschwindigkeit reinbringen.

E&M: Für wie realistisch halten Sie die Vorhaben der Bundesregierung, was den Zubau an Windkraft und Solarenergie bis 2030 angeht?

Göbel: Es ist auf jeden Fall nicht unmöglich. Das strukturelle Problem sind die Flächen und die Genehmigungsprozesse. Es braucht auch die Landesregierung und die Gemeinden. Wir arbeiten ja vor allen Dingen in der Kommune und am Projekt, das heißt auch mit der Nachbarschaft.

E&M: Und wie läuft das?

Göbel: Mal so, mal so. Wenn Sie eine Gemeinde mit 5.000 Einwohnern haben, haben Sie natürlich in Bürgerveranstaltungen immer die 50, die es nicht wollen. Die schweigende Mehrheit meldet sich nicht. Ich würde mich wirklich freuen, wenn Fridays for Future und andere Gruppen kämen und auch mal das Wort für die grünen Projekte ergreifen. Wir können ja neuerdings zwei Euro pro Megawattstunde zahlen an die Gemeinden als Ausgleich, das hilft total. Wir sprechen da von paar 100.000 Euro pro Jahr, das macht für sie einen gigantischen Unterschied. Das Geld geht in Kindergärten, kann in Grünflächen gehen, kann in Umweltprojekte gehen und es ist sauber verwaltet von den demokratisch gewählten Gemeinderäten.

E&M: Setzen Sie auch auf direkte Beteiligungen vor Ort?

Göbel: Wir haben natürlich den Wunsch, lokale Investoren zu beteiligen, also Bürgerbeteiligung zu machen. Das ist aber schon schwieriger. Wir können Nachrangdarlehen anbieten, aber wenn es darum geht, eine Genossenschaft zu gründen, müssen wir lokal auch Leute haben, die sich richtig engagieren. Eine Windturbine mit fünf Megawatt kostet fünf Millionen Euro und mehr, das finden Sie nicht so schnell einfach mal in einer durchschnittlichen deutschen Gemeinde.
Ich würde mir wünschen, dass auch die Arbeitgeber vor Ort sagen, wir brauchen das, wir wollen eine sichere Energieversorgung in Deutschland. Wenn ich heute eine energieintensive Produktion irgendwo ansiedeln möchte, dann mache ich das bestimmt nicht in Bayern. Das ist also ein knallhartes Arbeitsplatzargument. Und deshalb erwarten wir schon, dass die lokale Wirtschaft oder Großunternehmen sich engagieren und sagen, wir brauchen die Projekte und kaufen auch gerne den Strom aus diesen Projekten.

E&M: Was planen Sie, um den Strom, den Sie ohnehin erzeugen, besser in den Markt zu bringen?

Göbel: Wir gucken, was bei Batterien passieren wird. Da gibt es ja die Innovationsausschreibung, dass man den Solarstrom entweder direkt in den Markt bringt oder zwischenspeichert. Besser wäre es natürlich, wenn man zusätzlich auch noch Netzstrom nehmen könnte, ihn einspeichern und dann wieder ausspeichern könnte, je nach Stromangebot und -nachfrage. Das hängt vom regulatorischen Rahmen ab, aber besser wäre es eigentlich, man könnte Speicher in allen Marktsegmenten einsetzen.

E&M: Überlegen Sie, eventuell selbst Elektrolyse zu betreiben? Sie haben ja den erneuerbaren Strom.

Göbel: Ja klar, wir haben für ganz Europa die Zielsetzung, 2.000 Megawatt Elektrolyseleistung ans Netz zu bringen bis 2030. Wir wollen da schon kommerziell rein, keine Pilotprojekte. Wenn man das auf Deutschland herunterbricht, sind es ungefähr 400 Megawatt, die bis 2030 realistisch, wenn auch herausfordernd sind.

E&M: Und werden Sie die Elektrolyseure in der Nähe Ihrer Stromerzeugung bauen oder gleich an den Kraftwerken, die den Wasserstoff verbrennen sollen?

Göbel: Wenn ich die aktuelle Gesamtplanung sehe, ist Dekarbonisierung der Industrie der primäre Anwendungsfall für Wasserstoff. Da kommt es auf die Infrastruktur an. Also wenn ich jetzt einen Windpark baue mit einem Elektrolyseur an einer Düngemittelherstellung, ist das superoptimal. Wir brauchen über ganz Europa Netze und zentrale Speicher. Dazu muss ein Zertifizierungssystem belegen, dass es grüner Wasserstoff ist. Das aktuelle Zertifizierungssystem der EU finde ich immer noch relativ beschränkend, aber zumindest erfordert es keine 1:1-Kopplung von Anlagen. Aber dass die Anlagen für den Wasserstoffstrom unbedingt zusätzlich sein müssen und so weiter, das ist eine Einschränkung. Je weniger Auslastung man dadurch für eine Elektrolyse hat, umso teurer wird der Wasserstoff, weil die Kapitalkosten so ins Kontor schlagen.

E&M: Nun hat ja Statkraft auch noch ein paar fossile Gaskraftwerke in Deutschland. Wie gehen Sie mit denen um?

Göbel: Erst mal haben wir natürlich Sorge gehabt, ob wir das Gas physisch bekommen, das hat aber geklappt. Ökonomisch gesehen war das ein gutes Jahr. Es ist natürlich auch für die Psychologie der Kolleginnen und Kollegen sehr wichtig, dass man sagt, diese Kraftwerke mit 1.700 Megawatt Leistung werden wirklich gebraucht. Dann ist die Frage: Wie können wir sie dekarbonisieren? Wir haben in Knapsack 1 die Gasturbinen getauscht, sie sind jetzt für 15 Prozent Wasserstoffbeimischung ausgelegt. Darauf stellen wir uns perspektivisch ein. Bei Wasserstoff haben wir ja mittlerweile sehr realistische Szenarien, die uns zeigen, dass es von den Mengen her zwar herausfordernd wird, aber real machbar ist. Und auch kostenmäßig ist es jetzt nicht so prohibitiv. Natürlich ist Wasserstoff teurer als Erdgas, aber wir sprechen von Mehrkosten, die, glaube ich, gesellschaftlich tragbar sind. So sagen das ja auch alle Szenarien.

E&M: Was brauchen Sie außer Flächen und Genehmigungen noch für Ihre Ausbaupläne?

Göbel: Wir brauchen nach wie vor hohe Investitionssicherheit am Standort. Das macht nämlich die Finanzierungskosten für Deutschland viel günstiger als in vielen anderen europäischen Ländern. Es ist wirklich ein knallharter Wettbewerbsvorteil, wenn man für sein Kapital saubere Investitionssicherheit hat. Deutschland hat derzeit mit die niedrigsten Finanzierungskosten in Europa. Das einzige Land, das in einer ähnlichen Klasse spielt, ist eigentlich Frankreich. Dafür sind plötzliche Änderungen wie die Erlösabschöpfung natürlich Gift, aber die soll zum Glück zum Sommer wieder wegfallen. 
 
Stefan-Jörg Göbel
Quelle: Statkraft
 

Über Statkraft

Der staatliche norwegische Energiekonzern mit Hauptsitz in Oslo ist nach eigenen Aussagen bereits jetzt größter Erzeuger erneuerbarer Energie in Europa. Er will neben seiner Basis Wasserkraft im Bereich Wind und Solar einer der Top-10-Entwickler werden. In Deutschland entwickelt Statkraft seit drei Jahren eine Produktpipeline. Ab 2027 plant das Unternehmen, hier jährlich über 100 MW installierte Leistung von Windkraft an Land ans Netz zu bringen. Bis Ende des Jahrzehnts werde eine Entwicklungspipeline von rund 500 MW Onshore-Wind angestrebt.
 

Donnerstag, 27.04.2023, 10:15 Uhr
Susanne Harmsen

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