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Das Bundeskabinett hat ein Gesetzespaket für den schnelleren Ausbau der Solarenergie beschlossen. Die betroffenen Verbände sind größtenteils zufrieden mit dem Solarpaket.
Das Solarpaket der Bundesregierung werde den Ausbau der Photovoltaik in Deutschland an vielen Stellen erleichtern, schätzt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ein. „Um die Erneuerbaren-Ziele bis 2030 zu erreichen, müssen über 20.000 MW Photovoltaik pro Jahr zugebaut werden“, erinnerte BDEW-Hauptgeschäftsführerin Kerstin Andreae zugleich. 2022 betrug er 7.500 MW.
„Wir begrüßen, dass die Duldungspflicht für die Verlegung einer Netzanschlussleitung für Erneuerbare-Energien-Anlagen jetzt eingeführt wird“, sagte Andreae weiter. Diese Regelung kritisierte allerdings der Deutsche Bauernverband scharf. Der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, warnte deswegen vor einem „Akzeptanzverlust im ländlichen Raum für Erneuerbare Energien, insbesondere für die Photovoltaik“.
Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, mahnte: „Der notwendige Ausbau der Verteilnetze gelingt nur, wenn die Landwirte mit an Bord sind.“ Es gehe um die umfassende Wahrung des Eigentumsrechts. Ob die im Gesetzentwurf vorgesehene Entschädigung in Höhe von 5 Prozent des Verkehrswertes in Verbindung mit einer Duldungspflicht genügt, bezweifelt der Abgeordnete.
„Wichtig wäre, mit Blick auf landwirtschaftliche Flächen die Regelungen zur Erbschaftssteuer zu ändern“, erinnerte Andreae. PV-Anlagen zählten aktuell nicht zum landwirtschaftlichen Betriebsvermögen. Das erhöhe die im Erbfall zu zahlende Erbschaftsteuer und mache es weniger attraktiv, solche Flächen für die Photovoltaik zu nutzen. Daher fordere der BDEW die Zuordnung der land- und forstwirtschaftlichen Flächen, die für Photovoltaik genutzt werden, zum Betriebsvermögen.
Zugleich mahnte die BDEW-Chefin bessere Bedingungen für die Ertüchtigung der Verteilnetze zur Integration der PV-Anlagen an. „Hierfür sind insbesondere wirksame Maßnahmen zur Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie die Sicherstellung der ausreichenden Finanzierung des Netzaus- und -umbaus unerlässlich“, sagte Andreae.
Verbesserungen für Dach-PV
Für die kommunalen Unternehmen sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing: „Aus Praxissicht sollte das im Solarpaket verankerte neue Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung jedoch auf Bestandsgebäude und kleinere Mehrfamilienhäuser begrenzt werden.“ Positiv werte der Stadtwerkeverband, dass das Mieterstrommodell im Solarpaket erweitert werden soll. So soll es zukünftig möglich sein, auch Anlagen auf gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen zu nutzen. „Wichtig ist auch, dass der Netzbetreiber Kenntnis von allen installierten Anlagen erhält, da er für die Netzsicherheit des Verteilnetzes verantwortlich ist“, sagte Liebing.
Auch die Solarbranche sieht Marktbarrieren beseitigt. Für den Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) sagte Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig: „Von der vorgesehenen Bürokratie-Abrüstung werden private und gewerbliche Photovoltaik-Investor:innen und der Klimaschutz gleichermaßen profitieren.“ Nachbesserungsbedarf im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren sieht der Verband in der Förderung von PV-Anlagen auf Gewerbebauten. Hier wirkten sich stark gestiegene Kapitalkosten bremsend auf die Nachfrage aus, weshalb die Marktprämien erhöht werden müssten.
Greenpeace-Energieexperte Andree Böhling wünscht sich einen umfassenden Solardach-Standard für Neubauten. Im Koalitionsvertrag hatte die Ampel angekündigt, die Solarenergie in Neubauten 'zur Regel zu machen'. „Diese Zusage müssen SPD und Grüne im parlamentarischen Verfahren gegenüber der bremsenden FDP durchsetzen“, forderte der Greenpeace-Vertreter.
Der Immobilienbesitzerverband Haus & Grund Hessen warnte vor der eigenmächtigen Montage von sogenannten Balkonkraftwerken. Die kleinen Solaranlagen wirkten sich auf das Gesamtbild der Immobilie und unter Umständen auch auf die Wohnqualität der Nachbarn aus, teilte der Geschäftsführer des Verbandes, Younes Frank Ehrhardt, mit. Mieter müssten sich unbedingt vor Installation mit ihrem Vermieter abstimmen, Einzeleigentümer mit der Eigentümergemeinschaft, riet Ehrhardt. Derzeit befänden
sich diese Mini-Photovoltaikanlagen noch in einer „rechtlichen Grauzone“.
Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft (BNE), lobte vor allem die neuen Regelungen für extensive Agri-PV-Anlagen. „Jetzt muss auch das Agrarrecht so angepasst werden, dass Photovoltaik endgültig kein Fremdkörper mehr für die Landwirtschaft ist“, forderte Busch. „Mit der neuen Opt-out Regelung werden Flächen von vornherein für die Nutzung als Solarpark freigegeben, wenn dem nicht ausdrücklich widersprochen wird.“ Bei Mieterstrom und gemeinschaftlicher Gebäudeversorgung müssten noch Unklarheiten für dritte Lieferanten und bürokratische Regelungen beseitigt werden.
Mittwoch, 16.08.2023, 14:59 Uhr
Susanne Harmsen
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