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Energie & Management > Österreich - Gemeinden klagen gegen Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Gemeinden klagen gegen Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz

Wegen des Verlustes von Mitentscheidungsrechten will der Gemeindebund „juristische Mittel“ ergreifen. Dabei geht es auch den Entfall von Abschlagszahlungen für die Flächennutzung.
Der Österreichische Gemeindebund wird laut einer Aussendung vom 2. März „juristische Mittel“ gegen die Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-G) ergreifen. Sie war am 1. März vom Nationalrat, der ersten Kammer des österreichischen Bundesparlaments, beschlossen worden.

Vom Gemeindebund kritisiert werden Erleichterungen für die Genehmigung von Windkraftanlagen. Diesbezügliche Umweltverträglichkeitsprüfungen können künftig auch dann eingeleitet werden, wenn das jeweilige Bundesland keine Eignungszonen ausgewiesen hat. Hat ein Bundesland dagegen solche Zonen ausgewiesen, entfallen Mitspracherechte der davon ganz oder teilweise umfassten Gemeinden. Sie haben keine Möglichkeit mehr, über ihre Raumordnungskompetenz die Realisierung von Windparks zu verhindern.

Dies wurde bereits im Begutachtungsverfahren als "verfassungswidrig" kritisiert. Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl (ÖVP), der Bürgermeister der niederösterreichischen Marktgemeinde Grafenwörth etwa 50 Kilometer westlich von Wien, bezeichnete die Novelle nun als „noch nie dagewesenen Eingriff in die Gemeindeautonomie“, der mit allen verfügbaren juristischen Mitteln bekämpft werde. Die konservative ÖVP stellt gemeinsam mit den Grünen die Bundesregierung.

Riedl erläuterte, bislang habe die Mitsprache der Gemeinden die Akzeptanz der Bevölkerung für Windparks gesteigert: „Wenn künftig solche Projekte nicht von der Mehrheit des jeweiligen Gemeinderats mitgetragen und die Menschen vor Ort vor vollendete Tatsachen gestellt werden, wird mit einem vermehrten Widerstand aus der Bevölkerung zu rechnen sein. Und damit werden wir die Klimaziele auch nicht erreichen können.“ Die Gemeinden wollten hinsichtlich der Errichtung von Windkraftanlagen weiterhin mitentscheiden „und sich nicht von Windkraftbetreibern oder gar dem Klimaschutzministerium Windräder diktieren lassen.“

SPÖ-Bürgermeister: „Fehlzündung“

Auch in der Nationalratssitzung am 1. März war Kritik der Kommunen an der Novelle laut geworden. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Trumau in Niederösterreich und Nationalratsabgeordnete Andreas Kollross (SPÖ) warnte vor einer „Fehlzündung“ des prinzipiell begrüßenswerten Gesetzes: „Die Gemeinden werden sich mit Händen und Füßen gegen die Zonenpläne wehren, weil sie dann kein Mitspracherecht mehr haben.“

Kollross machte klar, dass es den Kommunalpolitikern bei ihrem Widerstand nicht zuletzt ums Geld geht: Auf Basis der Novelle hätten die Windkraftunternehmen keinen Grund mehr, den Gemeinden für die Inanspruchnahme von Flächen Abschlagszahlungen zu leisten. Mit dem Antrag, eine Pflicht zur Leistung solcher Zahlungen einzuführen, scheiterte Kollross indessen. Letztlich stimmte die oppositionelle SPÖ der Novelle zu.

Der Konter der Energieministerin

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) konstatierte bei der Sitzung, viele Gemeinden und Bürgermeister arbeiteten seit Jahrzehnten an der Energiewende. Dieses Engagement wolle die Bundesregierung unterstützen: „Die Leute wollen und können bei Windkraft-Projekten mitreden. Aber die Vorreiter der Energiewende haben es sich nicht verdient, dass einzelne Personen Vorhaben blockieren können. Ihnen nehmen wir die Blockadeinstrumente aus der Hand.“

Gewessler bezeichnete die Novelle als „Turbo“ für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Genehmigungsverfahren würden unter anderem durch Fristen für das Vorbringen von Einwänden gestrafft. Weiters könnten Blankobeschwerden den Fortgang von Verfahren nicht mehr automatisch hemmen. Auch würden die Auswirkungen eines Projekts auf das Landschaftsbild nicht mehr doppelt geprüft.
 
 
Russlands Einfluss eindämmen

Ferner beschloss der Nationalrat am 1. März mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit eine Novelle zum Gaswirtschaftsgesetz (GWG). Insbesondere ging es um die Umsetzung von EU-Vorgaben hinsichtlich Unternehmen, die in der Europäischen Union Gasspeicher betreiben. Sie benötigen künftig eine Zertifizierung der zuständigen Behörden und müssen diesen die Aufnahme ihrer Tätigkeit im Voraus ankündigen. Mit dieser Bestimmung will die EU Unternehmen aus Russland daran hindern, Gasspeicher zu betreiben und damit die Energieversorgung zu beeinflussen.

Überdies wird mit der GWG-Novelle der Kreis der „geschützten Kunden“ ausgeweitet. Er umfasst nun auch Personen, die Fernwärme beziehen. Als nötig gilt dies, weil Fernwärme in Österreich überwiegend in Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Anlagen bereitgestellt wird, die Erdgas verfeuern. Allein in der Bundeshauptstadt Wien betrifft dies etwa 400.000 Personen.

Donnerstag, 2.03.2023, 13:59 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Gemeinden klagen gegen Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz
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Österreich
Gemeinden klagen gegen Umweltverträglichkeitsprüfungs-Gesetz
Wegen des Verlustes von Mitentscheidungsrechten will der Gemeindebund „juristische Mittel“ ergreifen. Dabei geht es auch den Entfall von Abschlagszahlungen für die Flächennutzung.
Der Österreichische Gemeindebund wird laut einer Aussendung vom 2. März „juristische Mittel“ gegen die Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-G) ergreifen. Sie war am 1. März vom Nationalrat, der ersten Kammer des österreichischen Bundesparlaments, beschlossen worden.

Vom Gemeindebund kritisiert werden Erleichterungen für die Genehmigung von Windkraftanlagen. Diesbezügliche Umweltverträglichkeitsprüfungen können künftig auch dann eingeleitet werden, wenn das jeweilige Bundesland keine Eignungszonen ausgewiesen hat. Hat ein Bundesland dagegen solche Zonen ausgewiesen, entfallen Mitspracherechte der davon ganz oder teilweise umfassten Gemeinden. Sie haben keine Möglichkeit mehr, über ihre Raumordnungskompetenz die Realisierung von Windparks zu verhindern.

Dies wurde bereits im Begutachtungsverfahren als "verfassungswidrig" kritisiert. Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl (ÖVP), der Bürgermeister der niederösterreichischen Marktgemeinde Grafenwörth etwa 50 Kilometer westlich von Wien, bezeichnete die Novelle nun als „noch nie dagewesenen Eingriff in die Gemeindeautonomie“, der mit allen verfügbaren juristischen Mitteln bekämpft werde. Die konservative ÖVP stellt gemeinsam mit den Grünen die Bundesregierung.

Riedl erläuterte, bislang habe die Mitsprache der Gemeinden die Akzeptanz der Bevölkerung für Windparks gesteigert: „Wenn künftig solche Projekte nicht von der Mehrheit des jeweiligen Gemeinderats mitgetragen und die Menschen vor Ort vor vollendete Tatsachen gestellt werden, wird mit einem vermehrten Widerstand aus der Bevölkerung zu rechnen sein. Und damit werden wir die Klimaziele auch nicht erreichen können.“ Die Gemeinden wollten hinsichtlich der Errichtung von Windkraftanlagen weiterhin mitentscheiden „und sich nicht von Windkraftbetreibern oder gar dem Klimaschutzministerium Windräder diktieren lassen.“

SPÖ-Bürgermeister: „Fehlzündung“

Auch in der Nationalratssitzung am 1. März war Kritik der Kommunen an der Novelle laut geworden. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Trumau in Niederösterreich und Nationalratsabgeordnete Andreas Kollross (SPÖ) warnte vor einer „Fehlzündung“ des prinzipiell begrüßenswerten Gesetzes: „Die Gemeinden werden sich mit Händen und Füßen gegen die Zonenpläne wehren, weil sie dann kein Mitspracherecht mehr haben.“

Kollross machte klar, dass es den Kommunalpolitikern bei ihrem Widerstand nicht zuletzt ums Geld geht: Auf Basis der Novelle hätten die Windkraftunternehmen keinen Grund mehr, den Gemeinden für die Inanspruchnahme von Flächen Abschlagszahlungen zu leisten. Mit dem Antrag, eine Pflicht zur Leistung solcher Zahlungen einzuführen, scheiterte Kollross indessen. Letztlich stimmte die oppositionelle SPÖ der Novelle zu.

Der Konter der Energieministerin

Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) konstatierte bei der Sitzung, viele Gemeinden und Bürgermeister arbeiteten seit Jahrzehnten an der Energiewende. Dieses Engagement wolle die Bundesregierung unterstützen: „Die Leute wollen und können bei Windkraft-Projekten mitreden. Aber die Vorreiter der Energiewende haben es sich nicht verdient, dass einzelne Personen Vorhaben blockieren können. Ihnen nehmen wir die Blockadeinstrumente aus der Hand.“

Gewessler bezeichnete die Novelle als „Turbo“ für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Genehmigungsverfahren würden unter anderem durch Fristen für das Vorbringen von Einwänden gestrafft. Weiters könnten Blankobeschwerden den Fortgang von Verfahren nicht mehr automatisch hemmen. Auch würden die Auswirkungen eines Projekts auf das Landschaftsbild nicht mehr doppelt geprüft.
 
 
Russlands Einfluss eindämmen

Ferner beschloss der Nationalrat am 1. März mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit eine Novelle zum Gaswirtschaftsgesetz (GWG). Insbesondere ging es um die Umsetzung von EU-Vorgaben hinsichtlich Unternehmen, die in der Europäischen Union Gasspeicher betreiben. Sie benötigen künftig eine Zertifizierung der zuständigen Behörden und müssen diesen die Aufnahme ihrer Tätigkeit im Voraus ankündigen. Mit dieser Bestimmung will die EU Unternehmen aus Russland daran hindern, Gasspeicher zu betreiben und damit die Energieversorgung zu beeinflussen.

Überdies wird mit der GWG-Novelle der Kreis der „geschützten Kunden“ ausgeweitet. Er umfasst nun auch Personen, die Fernwärme beziehen. Als nötig gilt dies, weil Fernwärme in Österreich überwiegend in Kraft-Wärme-Kopplungs(KWK)-Anlagen bereitgestellt wird, die Erdgas verfeuern. Allein in der Bundeshauptstadt Wien betrifft dies etwa 400.000 Personen.

Donnerstag, 2.03.2023, 13:59 Uhr
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