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Energie & Management > Österreich - Energiewirtschaft präsentiert Modell gegen Preisausschläge
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Energiewirtschaft präsentiert Modell gegen Preisausschläge

Statt angebliche "Übergewinne" abzuschöpfen und damit nur Symptome zu kurieren, sollte die Politik bei den Großhandelspreisen ansetzen, empfiehlt Oesterreichs Energie.
Ein Modell zur Begrenzung der extremen Preisausschläge im europäischen Stromgroßhandel präsentierte der Präsident des österreichischen Elektrizitätswirtschaftsverbandes Oesterreichs Energie, Michael Strugl, am 19. September in Wien.

Dem Modell zufolge sollen sämtliche Marktteilnehmer in einem ersten Schritt wie bislang ihre Angebote an einer bestimmten Strombörse legen. Wie gewohnt, wird die Merit-Order-Liste erstellt, aufgrund derer die Preisbildung erfolgt. In einem zweiten Schritt wird der so ermittelte Preis durch einen behördlich festgelegten Höchstpreis ersetzt. Diesen Preis erhalten alle Erzeuger von Ökostrom. Betreibern thermischer Kraftwerke, deren Stromgestehungskosten über diesem Preis liegen, wird die Differenz zwischen dem Preis und ihren Kosten von der öffentlichen Hand refundiert. Gelten sollte das Modell für einen noch festzulegenden Zeitraum.

Laut Strugl hat dieses Konzept mehrere Vorteile: Die angebotenen Strommengen bleiben unverändert. Damit ist die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet. Ferner können keine Preisspitzen infolge von Entwicklungen im Gasgroßhandel entstehen. Auch entfallen die sogenannten "Übergewinne" der Stromerzeuger, die mit mehr oder weniger komplexen Mechanismen "abgeschöpft" und in der Folge umverteilt werden müssen. Bekanntlich hatte die EU-Kommission kürzlich ein "Notfallinstrument" vorgestellt, das auf einem solchen Abschöpfungs- und Umverteilungskonzept basiert und am 30. September im Energieministerrat beschlossen werden soll. Strugl zufolge handelt es sich dabei allerdings um eine "Symptomkur", die das Problem der hohen Preise und der Preisspitzen nicht löst. Das alternative Modell von Oesterreichs Energie setze dem gegenüber bei den Großhandelspreisen an, "also da, wo das Problem wirklich liegt."

Mit dem österreichischen Energieministerium (BMK) und der Regulierungsbehörde E-Control sei dieses besprochen worden. Auf europäischer Ebene werde versucht, es über Schwesterverbände in anderen EU-Mitgliedsstaaten in die energiepolitische Debatte einzubringen: "Wir sehen das als Diskussionsbeitrag." Es gehe um eine kurzfristige Maßnahme, betonte Strugl. Auf längere Sicht führe kein Weg an einer umfassenden Reform des europäischen Strommarktes vorbei. Die diesbezüglichen Vorschläge der EU-Kommission sind laut Strugl aber noch "zu unbestimmt, als dass ich sie kommentieren könnte."

Ökostrom-Ausbau beschleunigen

Beitragen möchte die Energiewirtschaft aber auch zum Erreichen der energie- und klimapolitischen Ziele Österreichs, bekräftigte die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt. Seitens der Bundesregierung ist bekanntlich vorgesehen, die Stromversorgung ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu bewerkstelligen und Österreich bis 2040 "klimaneutral" zu machen. Die Energiewirtschaft erarbeitete diesbezüglich eine "Stromstrategie 2040", die sie bei ihrem Kongress am 21. und 22. September in Wien der Öffentlichkeit vorstellen und diskutieren will.

Einige wesentliche Punkte nannte Schmidt bereits am 19. September. Der Strategie zufolge dürfte sich der jährliche Strombedarf bis 2040 verglichen mit 2020 um etwa 90 % auf 140 Mrd. kWh erhöhen. Zu den wichtigsten Treibern gehören der Einsatz von Elektrizität in den Bereichen Raumwärme und Verkehr, aber auch die Erzeugung von grünem Wasserstoff für die Industrie. Dementsprechend gilt es, auch die Ökostromerzeugung um etwa 90 % zu steigern. Dabei bleibt die Wasserkraft führend, gefolgt von der Windkraft und der Photovoltaik. Noch stärker als die Erzeugung ist die Leistung der Anlagen zu erweitern, nämlich um 180 % auf etwa 70.000 MW, berichtete Schmidt: "Das ist eine riesige Herausforderung. Und natürlich muss auch die Netzinfrastruktur entsprechend verstärkt werden." Laut Schmidt empfiehlt sich daher eine umfassende "Energieraumplanung", die alle diese Aspekte berücksichtigt. Dringend notwendig sei ferner, die Genehmigungsverfahren für Kraftwerke, Netze und Speicher zu straffen: "Es braucht Tempo, Elan und den Willen, die Energiewende zu realisieren."

Strugl ergänzte, die Energiewirtschaft habe Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 28 Mrd. Euro in Umsetzung und Planung. Sie fordere seit Jahren rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen, um diese rascher umsetzen zu können. Österreichs Energie- und Klimaziele zu erreichen, werde "kein Spaziergang. Da braucht es enorme Anstrengungen." Ein Schritt in die richtige Richtung ist laut Strugl die in Begutachtung befindliche Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz). Neben der Beschleunigung der Verfahren benötige die Branche aber auch Flächen zur Realisierung ihrer Vorhaben: "Notwendig ist ein massiver Paradigmenwechsel in der Raumordnung. Wenn es so weitergeht wie bisher, werden wir die Ziele nicht erreichen."

Montag, 19.09.2022, 14:05 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Energiewirtschaft präsentiert Modell gegen Preisausschläge
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Österreich
Energiewirtschaft präsentiert Modell gegen Preisausschläge
Statt angebliche "Übergewinne" abzuschöpfen und damit nur Symptome zu kurieren, sollte die Politik bei den Großhandelspreisen ansetzen, empfiehlt Oesterreichs Energie.
Ein Modell zur Begrenzung der extremen Preisausschläge im europäischen Stromgroßhandel präsentierte der Präsident des österreichischen Elektrizitätswirtschaftsverbandes Oesterreichs Energie, Michael Strugl, am 19. September in Wien.

Dem Modell zufolge sollen sämtliche Marktteilnehmer in einem ersten Schritt wie bislang ihre Angebote an einer bestimmten Strombörse legen. Wie gewohnt, wird die Merit-Order-Liste erstellt, aufgrund derer die Preisbildung erfolgt. In einem zweiten Schritt wird der so ermittelte Preis durch einen behördlich festgelegten Höchstpreis ersetzt. Diesen Preis erhalten alle Erzeuger von Ökostrom. Betreibern thermischer Kraftwerke, deren Stromgestehungskosten über diesem Preis liegen, wird die Differenz zwischen dem Preis und ihren Kosten von der öffentlichen Hand refundiert. Gelten sollte das Modell für einen noch festzulegenden Zeitraum.

Laut Strugl hat dieses Konzept mehrere Vorteile: Die angebotenen Strommengen bleiben unverändert. Damit ist die Versorgungssicherheit weiter gewährleistet. Ferner können keine Preisspitzen infolge von Entwicklungen im Gasgroßhandel entstehen. Auch entfallen die sogenannten "Übergewinne" der Stromerzeuger, die mit mehr oder weniger komplexen Mechanismen "abgeschöpft" und in der Folge umverteilt werden müssen. Bekanntlich hatte die EU-Kommission kürzlich ein "Notfallinstrument" vorgestellt, das auf einem solchen Abschöpfungs- und Umverteilungskonzept basiert und am 30. September im Energieministerrat beschlossen werden soll. Strugl zufolge handelt es sich dabei allerdings um eine "Symptomkur", die das Problem der hohen Preise und der Preisspitzen nicht löst. Das alternative Modell von Oesterreichs Energie setze dem gegenüber bei den Großhandelspreisen an, "also da, wo das Problem wirklich liegt."

Mit dem österreichischen Energieministerium (BMK) und der Regulierungsbehörde E-Control sei dieses besprochen worden. Auf europäischer Ebene werde versucht, es über Schwesterverbände in anderen EU-Mitgliedsstaaten in die energiepolitische Debatte einzubringen: "Wir sehen das als Diskussionsbeitrag." Es gehe um eine kurzfristige Maßnahme, betonte Strugl. Auf längere Sicht führe kein Weg an einer umfassenden Reform des europäischen Strommarktes vorbei. Die diesbezüglichen Vorschläge der EU-Kommission sind laut Strugl aber noch "zu unbestimmt, als dass ich sie kommentieren könnte."

Ökostrom-Ausbau beschleunigen

Beitragen möchte die Energiewirtschaft aber auch zum Erreichen der energie- und klimapolitischen Ziele Österreichs, bekräftigte die Generalsekretärin von Oesterreichs Energie, Barbara Schmidt. Seitens der Bundesregierung ist bekanntlich vorgesehen, die Stromversorgung ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu bewerkstelligen und Österreich bis 2040 "klimaneutral" zu machen. Die Energiewirtschaft erarbeitete diesbezüglich eine "Stromstrategie 2040", die sie bei ihrem Kongress am 21. und 22. September in Wien der Öffentlichkeit vorstellen und diskutieren will.

Einige wesentliche Punkte nannte Schmidt bereits am 19. September. Der Strategie zufolge dürfte sich der jährliche Strombedarf bis 2040 verglichen mit 2020 um etwa 90 % auf 140 Mrd. kWh erhöhen. Zu den wichtigsten Treibern gehören der Einsatz von Elektrizität in den Bereichen Raumwärme und Verkehr, aber auch die Erzeugung von grünem Wasserstoff für die Industrie. Dementsprechend gilt es, auch die Ökostromerzeugung um etwa 90 % zu steigern. Dabei bleibt die Wasserkraft führend, gefolgt von der Windkraft und der Photovoltaik. Noch stärker als die Erzeugung ist die Leistung der Anlagen zu erweitern, nämlich um 180 % auf etwa 70.000 MW, berichtete Schmidt: "Das ist eine riesige Herausforderung. Und natürlich muss auch die Netzinfrastruktur entsprechend verstärkt werden." Laut Schmidt empfiehlt sich daher eine umfassende "Energieraumplanung", die alle diese Aspekte berücksichtigt. Dringend notwendig sei ferner, die Genehmigungsverfahren für Kraftwerke, Netze und Speicher zu straffen: "Es braucht Tempo, Elan und den Willen, die Energiewende zu realisieren."

Strugl ergänzte, die Energiewirtschaft habe Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 28 Mrd. Euro in Umsetzung und Planung. Sie fordere seit Jahren rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen, um diese rascher umsetzen zu können. Österreichs Energie- und Klimaziele zu erreichen, werde "kein Spaziergang. Da braucht es enorme Anstrengungen." Ein Schritt in die richtige Richtung ist laut Strugl die in Begutachtung befindliche Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz). Neben der Beschleunigung der Verfahren benötige die Branche aber auch Flächen zur Realisierung ihrer Vorhaben: "Notwendig ist ein massiver Paradigmenwechsel in der Raumordnung. Wenn es so weitergeht wie bisher, werden wir die Ziele nicht erreichen."

Montag, 19.09.2022, 14:05 Uhr
Klaus Fischer

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