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Energie & Management > Österreich - Breite Mehrheit für schnellere Genehmigungsverfahren
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Breite Mehrheit für schnellere Genehmigungsverfahren

An der Rettungsaktion für den angeschlagenen Gasversorger VNG wird sich nach Angaben des Landes Baden-Württemberg neben dem Bund auch der Mutterkonzern EnBW beteiligen.
Rund 85,4 % der österreichischen Bevölkerung betrachten eine "zukunftstaugliche" Infrastruktur im Energie- und Verkehrsbereich als entscheidend für das Erreichen der Klimaziele Österreichs. Jedoch sind nur 36,4 % der Ansicht, dass eine entsprechende "Zukunftstauglichkeit" gegeben ist. Das zeigt eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Personen, die das Meinungsforschungsinstitut Marketagent von Mitte bis Ende Juli durchführte. Auftraggeber waren der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG), die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) sowie die staatliche Autobahngesellschaft Asfinag.

Präsentiert wurde die Umfrage am 13. September am Sitz der Industriellenvereinigung (IV) in Wien. IV-Generalsekretär, Christoph Neumayer, erläuterte, die Bevölkerung sei sich der Bedeutung einer funktionierenden Infrastruktur offensichtlich bewusst. So befürworteten etwa 75,9 % und damit mehr als drei Viertel der Befragten raschere Genehmigungsverfahren für einschlägige Projekte. Rund 57,8 % äußerten Unverständnis für die Versuche "kleiner Gruppen", die Umsetzung derartiger Vorhaben zu verhindern oder zu verzögern.

Als positives Beispiel für die Verfahrensabwicklung nannte Neumayer die am 12. September in Betrieb gegangene Weinviertelleitung der APG. Dabei handelt es sich um eine rund 62 Kilometer lange 380-kV-Trasse, die der Einbindung geplanter Windparks mit bis zu 1.700 MW Gesamtleistung im Weinviertel nordöstlich von Wien in das österreichische Stromnetz dient. Die erzeugten Ökostrommengen sind in der vergleichsweise dünn besiedelten Gegend nicht nutzbar und müssen daher großräumig abtransportiert werden. Die Genehmigung des Vorhabens dauerte mit rund zwei Jahren ungewöhnlich kurz. Widerstand seitens der lokalen Bevölkerung und der Politik gab es nicht.

Zum Vergleich: Um die behördliche Zustimmung zum Bau der 128 Kilometer langen Salzburgleitung hatte die APG insgesamt etwa sechseinhalb Jahre lang zu kämpfen. Das Genehmigungsverfahren für die legendäre Kainachtalleitung vom Südburgenland in die Steiermark nahm fast 20 Jahre in Anspruch. Neumayer zufolge "wären weitere Projektumsetzungen nach Art der Weinviertelleitung wünschenswert." Positive Ansätze sieht er in der geplanten Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz). Wie berichtet, ist diese in parlamentarischer Begutachtung und soll noch heuer beschlossen werden.

"Gesamthafte Betrachtung der Energiewende" fehlt noch

Der technische Vorstand der APG, Gerhard Christiner, ergänzte, leider fehle in Teilen der Bevölkerung noch das Verständnis für eine "gesamthafte" Betrachtung der Energiewende: "Es ist nicht ausreichend klar, dass wir gleichzeitig mit den Ökostromkapazitäten die Netze ausbauen und ertüchtigen müssen." Wegen unzureichender Leitungskapazitäten musste die APG seit Jahresbeginn etwa 454 Mio. Euro für das Engpassmanagement aufwenden. Überdies verzeichnet Österreich im Vergleich zu Deutschland Mehrkosten von etwa 25 Euro/MWh, da Ökostromimporte aus der Bundesrepublik seit Oktober 2018 nur mehr eingeschränkt möglich sind. Die jährlichen Mehrkosten für Österreichs Volkswirtschaft bezifferte Christiner mit 1,8 Mrd. Euro. Klar ist ihm zufolge, dass der Netzausbau deutlich schneller vorankommen muss als bisher. Der APG liegen Netzzugangsanträge von Ökostromunternehmen über rund 8.500 MW vor. Laut Christiner beläuft sich die gesamte österreichische Netzkapazität zurzeit auf etwa 11.000 MW.

Neben der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren empfiehlt der APG-Vorstand eine "modernere Regulierung". Ihm zufolge achtet die Regulierungsbehörde E-Control noch immer zu sehr auf die weitere Senkung der Netzkosten. Notwendig wäre jedoch, Anreize für den Einsatz "intelligenter" Technik in den Netzen zu schaffen. Mithilfe entsprechender IT-Systeme könnten die Netzbetreiber ihre Leitungen näher an der thermischen Belastungsgrenze betreiben, ohne deren Sicherheit zu gefährden, was als "Thermal Rating" bezeichnet wird. "Für derartige Ertüchtigungen gibt es bis jetzt leider keine Incentives", bedauerte Christiner.

Zur Frage nach den auf EU-Ebene diskutierten Eingriffen in das Strommarktdesign betonte der APG-Vorstand, oberste Priorität müsse weiterhin die Versorgungssicherheit haben: "Der Markt bestimmt, wie die Kraftwerke gefahren werden. Das heißt: Wer in den Markt eingreift, muss den Einsatz von Kraftwerken zur Netzstabilisierung weiterhin gewährleisten."

Dienstag, 13.09.2022, 15:00 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Breite Mehrheit für schnellere Genehmigungsverfahren
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Österreich
Breite Mehrheit für schnellere Genehmigungsverfahren
An der Rettungsaktion für den angeschlagenen Gasversorger VNG wird sich nach Angaben des Landes Baden-Württemberg neben dem Bund auch der Mutterkonzern EnBW beteiligen.
Rund 85,4 % der österreichischen Bevölkerung betrachten eine "zukunftstaugliche" Infrastruktur im Energie- und Verkehrsbereich als entscheidend für das Erreichen der Klimaziele Österreichs. Jedoch sind nur 36,4 % der Ansicht, dass eine entsprechende "Zukunftstauglichkeit" gegeben ist. Das zeigt eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Personen, die das Meinungsforschungsinstitut Marketagent von Mitte bis Ende Juli durchführte. Auftraggeber waren der Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG), die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) sowie die staatliche Autobahngesellschaft Asfinag.

Präsentiert wurde die Umfrage am 13. September am Sitz der Industriellenvereinigung (IV) in Wien. IV-Generalsekretär, Christoph Neumayer, erläuterte, die Bevölkerung sei sich der Bedeutung einer funktionierenden Infrastruktur offensichtlich bewusst. So befürworteten etwa 75,9 % und damit mehr als drei Viertel der Befragten raschere Genehmigungsverfahren für einschlägige Projekte. Rund 57,8 % äußerten Unverständnis für die Versuche "kleiner Gruppen", die Umsetzung derartiger Vorhaben zu verhindern oder zu verzögern.

Als positives Beispiel für die Verfahrensabwicklung nannte Neumayer die am 12. September in Betrieb gegangene Weinviertelleitung der APG. Dabei handelt es sich um eine rund 62 Kilometer lange 380-kV-Trasse, die der Einbindung geplanter Windparks mit bis zu 1.700 MW Gesamtleistung im Weinviertel nordöstlich von Wien in das österreichische Stromnetz dient. Die erzeugten Ökostrommengen sind in der vergleichsweise dünn besiedelten Gegend nicht nutzbar und müssen daher großräumig abtransportiert werden. Die Genehmigung des Vorhabens dauerte mit rund zwei Jahren ungewöhnlich kurz. Widerstand seitens der lokalen Bevölkerung und der Politik gab es nicht.

Zum Vergleich: Um die behördliche Zustimmung zum Bau der 128 Kilometer langen Salzburgleitung hatte die APG insgesamt etwa sechseinhalb Jahre lang zu kämpfen. Das Genehmigungsverfahren für die legendäre Kainachtalleitung vom Südburgenland in die Steiermark nahm fast 20 Jahre in Anspruch. Neumayer zufolge "wären weitere Projektumsetzungen nach Art der Weinviertelleitung wünschenswert." Positive Ansätze sieht er in der geplanten Novelle zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Gesetz). Wie berichtet, ist diese in parlamentarischer Begutachtung und soll noch heuer beschlossen werden.

"Gesamthafte Betrachtung der Energiewende" fehlt noch

Der technische Vorstand der APG, Gerhard Christiner, ergänzte, leider fehle in Teilen der Bevölkerung noch das Verständnis für eine "gesamthafte" Betrachtung der Energiewende: "Es ist nicht ausreichend klar, dass wir gleichzeitig mit den Ökostromkapazitäten die Netze ausbauen und ertüchtigen müssen." Wegen unzureichender Leitungskapazitäten musste die APG seit Jahresbeginn etwa 454 Mio. Euro für das Engpassmanagement aufwenden. Überdies verzeichnet Österreich im Vergleich zu Deutschland Mehrkosten von etwa 25 Euro/MWh, da Ökostromimporte aus der Bundesrepublik seit Oktober 2018 nur mehr eingeschränkt möglich sind. Die jährlichen Mehrkosten für Österreichs Volkswirtschaft bezifferte Christiner mit 1,8 Mrd. Euro. Klar ist ihm zufolge, dass der Netzausbau deutlich schneller vorankommen muss als bisher. Der APG liegen Netzzugangsanträge von Ökostromunternehmen über rund 8.500 MW vor. Laut Christiner beläuft sich die gesamte österreichische Netzkapazität zurzeit auf etwa 11.000 MW.

Neben der Beschleunigung der Genehmigungsverfahren empfiehlt der APG-Vorstand eine "modernere Regulierung". Ihm zufolge achtet die Regulierungsbehörde E-Control noch immer zu sehr auf die weitere Senkung der Netzkosten. Notwendig wäre jedoch, Anreize für den Einsatz "intelligenter" Technik in den Netzen zu schaffen. Mithilfe entsprechender IT-Systeme könnten die Netzbetreiber ihre Leitungen näher an der thermischen Belastungsgrenze betreiben, ohne deren Sicherheit zu gefährden, was als "Thermal Rating" bezeichnet wird. "Für derartige Ertüchtigungen gibt es bis jetzt leider keine Incentives", bedauerte Christiner.

Zur Frage nach den auf EU-Ebene diskutierten Eingriffen in das Strommarktdesign betonte der APG-Vorstand, oberste Priorität müsse weiterhin die Versorgungssicherheit haben: "Der Markt bestimmt, wie die Kraftwerke gefahren werden. Das heißt: Wer in den Markt eingreift, muss den Einsatz von Kraftwerken zur Netzstabilisierung weiterhin gewährleisten."

Dienstag, 13.09.2022, 15:00 Uhr
Klaus Fischer

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