E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Bilanz - Ausmaß von Siemens Gamesas Qualitätsproblemen tritt zu Tage
Quelle: Fotolia / Eisenhans
Bilanz

Ausmaß von Siemens Gamesas Qualitätsproblemen tritt zu Tage

Der Windturbinen-Hersteller SGRE hat im letzten Quartal 2022 fast so viel Verlust eingefahren wie im gesamten Geschäftsjahr davor. Ein Grund: Komponenten-Ausfälle führen zu Nacharbeit.
Die betriebswirtschaftliche Lage des Windturbinen-Herstellers Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) hat sich im vierten Quartal 2022 massiv verschlechtert. Laut Zahlen, die am 2. Februar schriftlich und in einer Telefonkonferenz veröffentlicht wurden,
  • stieg der Nettoverlust zwischen Oktober und Dezember 2022 auf 884 Millionen Euro. Das ist fast so viel wie die −940 Millionen Euro im gesamten Geschäftsjahr 2021/22, das am 30. September 2022 geendet hatte.
  • Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern kippte auf −38 Prozent des Quartalsumsatzes von 2 Milliarden Euro (Ebit-Marge).
  • Der Auftragseingang sank im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres gegenüber dem vierten Quartal 2021, also auf Jahresbasis, um etwa 35 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.
Das Quartalsergebnis mit am meisten verhagelt haben steigende Ausfälle ungenannter Komponenten in bereits errichteten Windturbinen. Schon im Quartalsbericht der Mutter Siemens Energy waren die Qualitätsprobleme aus der Vergangenheit erwähnt worden (wir berichteten). Jetzt ist die Bewertung der gesamten installierten Flotte offenbar da.

Die Ausfälle führten vor allem zu unerwartet hohen Gewährleistungs- und Instandsetzungskosten im Service von SGRE. In der Mitteilung sprach der Hersteller (OEM) von einem „schwerwiegenden“ Einfluss und von einer „negativen Entwicklung“ im Service.

Auch 13 Jahre alte Windräder betroffen

CEO Eickholt sagte, die Probleme beträfen Windräder aus mehreren Produktions-Plattformen von SGRE, die bis zurück ins Jahr 2010 errichtet wurden und einen ungenannten Zulieferer. Nähere Angaben wollte er nicht machen. Insgesamt sind weltweit an Land und auf See 130.000 MW Siemens- und Gamesa-Turbinen installiert. „Wir haben viel Arbeit vor uns, um unser Geschäft zu stabilisieren und zur Profitabilität zurückzukehren“, erklärte er schriftlich. Er nannte 2022/23 ein „Übergangs-Geschäftsjahr“.

Auch die Inflation schlug bei SGRE wie bei anderen OEM auch negativ zu Buche. Unter anderem steigen die Einkaufspreise und andere Kosten in der Zeit zwischen den Zuschlägen in Ausschreibungen und den Baugenehmigungen.

Positive Entwicklungen aus Sicht von SGRE

Politisch „stärken“ die kürzlich angekündigten industrie- und energiepolitischen Initiativen der USA wie der EU den mittelfristigen „guten Ausblick“, den Siemens Gamesa für sich selbst sieht. Gleichwohl meinte Jochen Eickholt: „Der steile Hochlauf der Windkraft steht immer noch aus.“ Von der Politik forderte er, auf global gleiche Wettbewerbsbedingungen zu achten. Sorgen machen ihm auch unterschiedliche Anforderungen in den EU-Mitgliedsstaaten, lokal produzieren zu müssen (local content). Der SGRE-Chef forderte hier eine Harmonisierung.

Hoffnung macht Eickholt die Produktionsplattform 5.X, aus der Onshore-Turbinen hervorgehen. Sie entwickle sich durch das laufende „Mistral“-Optimierungsprogramm besser als erwartet, sagte er. Auf 5.X entfielen im Quartal drei Viertel der Neuaufträge.​

Zudem greift seit 1. Januar 2023 eine neue Organisationsstruktur, von der sich SGRE Synergien und niedrigere Kosten erhofft. Unter anderem wurde die Entwicklung und Herstellung von On- und Offshore-Turbinen integriert und die technische Abteilung zentralisiert. Parallele Regionalstrukturen wurden vereinheitlicht, Verantwortlichkeiten klarer definiert, Geschäftsprozesse standardisiert und verschlankt. Auch die vor wenigen Tagen beschlossene Vollübernahme durch Siemens Energy und der Weggang von der Börse (wir berichteten) soll Zeit und Kosten sparen.

War es das mit den Entlassungen?

Ein Restrukturierungsprogramm in der Produktion führt in Spanien zu 255 Entlassungen, die mit dortigen Arbeitnehmervertretern vorläufig vereinbart wurden. Jochen Eickholt versprach ausdrücklich nicht, dass dies das Ende der Fahnenstange ist. Die Entwicklung hänge vom weiteren Auftragseingang ab, sagte er. Es gebe aber insoweit nichts Neues zu verkünden.
 
Siemens Gamesa, 4. Quartal 2022 im VergleichQ4/22Q3/22Gj. '21/22
Umsatz (Mrd. Euro)2,03,49,8
Ebit vor PPA, Integration, Restrukturierung
(Mio. Euro)
-760+375-581
Ebit-Marge vor PPA, Integration, Restrukturierung-38 %+11 %-6 %
Ebit (Mio. Euro)-878+280-942
Nettoergebnis (Mio. Euro)-884+286-940
Quelle: Siemens

Donnerstag, 2.02.2023, 15:01 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Bilanz - Ausmaß von Siemens Gamesas Qualitätsproblemen tritt zu Tage
Quelle: Fotolia / Eisenhans
Bilanz
Ausmaß von Siemens Gamesas Qualitätsproblemen tritt zu Tage
Der Windturbinen-Hersteller SGRE hat im letzten Quartal 2022 fast so viel Verlust eingefahren wie im gesamten Geschäftsjahr davor. Ein Grund: Komponenten-Ausfälle führen zu Nacharbeit.
Die betriebswirtschaftliche Lage des Windturbinen-Herstellers Siemens Gamesa Renewable Energy (SGRE) hat sich im vierten Quartal 2022 massiv verschlechtert. Laut Zahlen, die am 2. Februar schriftlich und in einer Telefonkonferenz veröffentlicht wurden,
  • stieg der Nettoverlust zwischen Oktober und Dezember 2022 auf 884 Millionen Euro. Das ist fast so viel wie die −940 Millionen Euro im gesamten Geschäftsjahr 2021/22, das am 30. September 2022 geendet hatte.
  • Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern kippte auf −38 Prozent des Quartalsumsatzes von 2 Milliarden Euro (Ebit-Marge).
  • Der Auftragseingang sank im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres gegenüber dem vierten Quartal 2021, also auf Jahresbasis, um etwa 35 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro.
Das Quartalsergebnis mit am meisten verhagelt haben steigende Ausfälle ungenannter Komponenten in bereits errichteten Windturbinen. Schon im Quartalsbericht der Mutter Siemens Energy waren die Qualitätsprobleme aus der Vergangenheit erwähnt worden (wir berichteten). Jetzt ist die Bewertung der gesamten installierten Flotte offenbar da.

Die Ausfälle führten vor allem zu unerwartet hohen Gewährleistungs- und Instandsetzungskosten im Service von SGRE. In der Mitteilung sprach der Hersteller (OEM) von einem „schwerwiegenden“ Einfluss und von einer „negativen Entwicklung“ im Service.

Auch 13 Jahre alte Windräder betroffen

CEO Eickholt sagte, die Probleme beträfen Windräder aus mehreren Produktions-Plattformen von SGRE, die bis zurück ins Jahr 2010 errichtet wurden und einen ungenannten Zulieferer. Nähere Angaben wollte er nicht machen. Insgesamt sind weltweit an Land und auf See 130.000 MW Siemens- und Gamesa-Turbinen installiert. „Wir haben viel Arbeit vor uns, um unser Geschäft zu stabilisieren und zur Profitabilität zurückzukehren“, erklärte er schriftlich. Er nannte 2022/23 ein „Übergangs-Geschäftsjahr“.

Auch die Inflation schlug bei SGRE wie bei anderen OEM auch negativ zu Buche. Unter anderem steigen die Einkaufspreise und andere Kosten in der Zeit zwischen den Zuschlägen in Ausschreibungen und den Baugenehmigungen.

Positive Entwicklungen aus Sicht von SGRE

Politisch „stärken“ die kürzlich angekündigten industrie- und energiepolitischen Initiativen der USA wie der EU den mittelfristigen „guten Ausblick“, den Siemens Gamesa für sich selbst sieht. Gleichwohl meinte Jochen Eickholt: „Der steile Hochlauf der Windkraft steht immer noch aus.“ Von der Politik forderte er, auf global gleiche Wettbewerbsbedingungen zu achten. Sorgen machen ihm auch unterschiedliche Anforderungen in den EU-Mitgliedsstaaten, lokal produzieren zu müssen (local content). Der SGRE-Chef forderte hier eine Harmonisierung.

Hoffnung macht Eickholt die Produktionsplattform 5.X, aus der Onshore-Turbinen hervorgehen. Sie entwickle sich durch das laufende „Mistral“-Optimierungsprogramm besser als erwartet, sagte er. Auf 5.X entfielen im Quartal drei Viertel der Neuaufträge.​

Zudem greift seit 1. Januar 2023 eine neue Organisationsstruktur, von der sich SGRE Synergien und niedrigere Kosten erhofft. Unter anderem wurde die Entwicklung und Herstellung von On- und Offshore-Turbinen integriert und die technische Abteilung zentralisiert. Parallele Regionalstrukturen wurden vereinheitlicht, Verantwortlichkeiten klarer definiert, Geschäftsprozesse standardisiert und verschlankt. Auch die vor wenigen Tagen beschlossene Vollübernahme durch Siemens Energy und der Weggang von der Börse (wir berichteten) soll Zeit und Kosten sparen.

War es das mit den Entlassungen?

Ein Restrukturierungsprogramm in der Produktion führt in Spanien zu 255 Entlassungen, die mit dortigen Arbeitnehmervertretern vorläufig vereinbart wurden. Jochen Eickholt versprach ausdrücklich nicht, dass dies das Ende der Fahnenstange ist. Die Entwicklung hänge vom weiteren Auftragseingang ab, sagte er. Es gebe aber insoweit nichts Neues zu verkünden.
 
Siemens Gamesa, 4. Quartal 2022 im VergleichQ4/22Q3/22Gj. '21/22
Umsatz (Mrd. Euro)2,03,49,8
Ebit vor PPA, Integration, Restrukturierung
(Mio. Euro)
-760+375-581
Ebit-Marge vor PPA, Integration, Restrukturierung-38 %+11 %-6 %
Ebit (Mio. Euro)-878+280-942
Nettoergebnis (Mio. Euro)-884+286-940
Quelle: Siemens

Donnerstag, 2.02.2023, 15:01 Uhr
Georg Eble

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.