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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Mit Lichtgeschwindigkeit in alle PV-Segmente
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Mit Lichtgeschwindigkeit in alle PV-Segmente

Mit der finalen PV-Strategie will Robert Habeck den Solarausbau gesetzgeberisch weiter vorantreiben. Der Boom im Eigenheim ist ihm zu wenig. 
Die deutsche PV-Strategie steht seit Mai. Wirtschaftsminister Robert Habeck erläuterte nach seinem zweiten Solargipfel unter anderem mit dem Hauptgeschäftsführer des Fachverbands BSW Solar, Carsten Körnig, worauf es ihm ankommt. Der Grünen-Politiker führte den höchsten PV-Quartalszubau von Januar bis März 2023 darauf zurück, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen von 2022 − unter anderem die um 25 Prozent höheren Höchstwerte bei Ausschreibungen − „erfolgreich“ seien. Es kamen 2,7 GW hinzu, ein Drittel mehr als im ersten Quartal 2022. Schreibe man dies linear aufs Gesamtjahr fort, „werden wir erstmals zweistellig“, prognostizierte Habeck stolz. Die diesjährige Ausschreibungskapazität beläuft sich auf 9 GW. 

Entbürokratisierung und mehr Geldanreize

Dazu kommt der PV-Boom im Eigenheim aus Sorge vor der Energiekrise. Der reicht Habeck und Körnig aber nicht, daher müssen Entbürokratisierung und mehr Geldanreize her. Spätestens 2026 wollen sie jährlich 22 GW dazubekommen, halbe-halbe auf Dächern und in der Fläche, damit die deutsche PV bis 2030 von gut 7 GW (2022) auf die gesetzlichen 215 GW kommt und so ihren vorgesehenen Beitrag zur Beinahe-Verdopplung der Erneuerbaren im Strommix auf 80 Prozent leistet. Der PV-Anteil daran würde sich mit 30 Prozent fast verdreifachen. Für Körnig muss der PV-Boom in allen Segmenten nachziehen, vor allem in Gewerbegebieten: „Wir brauchen überall Lichtgeschwindigkeit.“
 
Auch Agri-PV bekommt Erleichterungen. Zudem soll es eine neue Klasse „Biodiversitäts-PV“ geben
Quelle: Forschungszentrum Jülich

Für Habeck ist mit dem 45-seitigen Papier die Solarstrategie abgeschlossen. Jetzt werde die Gesetzgebung „immer kleinteiliger, das heißt, jetzt geht es um Normierung, Regulierung, Zulassungsverfahren“. Elf „Handlungsfelder“ sind jeweils dem „Solarpaket I“ zugeordnet, das noch vor der Sommerpause ins Parlament kommen soll, oder dem „Solarpaket II“. Habeck verfolgt ausdrücklich eine „transformative Angebotspolitik“, um frei nach dem Nationalökonomen John Maynard Keynes ein Angebot zu schaffen, dass sich irgendwann selbst trägt.

Insgesamt steht auch PV künftig im „öffentlichen Interesse“, dient der „öffentlichen Sicherheit“ und rangiert damit in der Regel vor dem Denkmalschutz. In der Freifläche wird Habeck unter anderem die Verfügbarkeit „benachteiligter Gebiete“, ertragsschwacher Standorte und Stilllegungsflächen erhöhen und vereinheitlichen. Außerdem schafft er die neue Klasse „Biodiversitäts-PV“ für extensive Landwirtschaft unter Modulen.

Geplante Ausweitungen auf Industrie- und Gewerbeflächen, an Autobahnen, für Agri- und Floating-PV lobte Armin Willingmann (SPD), Chef der Energieministerkonferenz aus Sachsen-Anhalt, als „besonders segensreich“. PV-Flächenpachten sollen obendrein erbschaftssteuerfrei werden. Auch sollen Strom- und Grundsteuer mit dem neuen Energierecht „verzahnt“ werden. Der PV-Netzanschluss wird beschleunigt durch ein Wegenutzungsrecht. Ohnehin sollten noch im Mai (nach Redaktionsschluss), so Körnig, „überbordende“ Anlagenzertifizierungen, in denen fertige Anlagen hängen, beseitigt sein. Wer nach PV-Bebauungsplan baut, braucht überdies künftig keine Baugenehmigung mehr − so zumindest ein Prüfauftrag des Wirtschaftsministeriums (BMWK). 

Auf dem Dach sollen Bestandsgebäude von Bauern im Außenbereich in der Vergütung gleichgestellt werden. Das PV-Repowering unter Erhalt der Altvergütung soll von der Freifläche aufs Dach ausgeweitet und die Direktvermarktung kleiner Anlagen durch geringere technische Auflagen leichter werden. Eine bundeseinheitliche PV-Pflicht ist nicht Bestandteil des Papiers. 

Im Mieterstrommodell will Habeck die messtechnischen Anforderungen erleichtern. Zusätzlich wird nach österreichischem Vorbild, wie Jörg Sutter von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) hervorhebt, ein Modell „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ geschaffen: Der Stromlieferant muss sich nicht mehr als solcher anmelden und die Vollversorgung garantieren und braucht auch keine neuen Zähler − Hindernisse, an denen Mieterstrom bisher nach Habecks Beobachtung oft scheiterte. 

Die Balkon-PV wird entfesselt, indem die „Steckersolargeräte“​ eine Privilegierung im Wohnrecht bekommen und mit höherer Leistung und einfachem Schukostecker zugelassen werden. Zudem soll es weniger Meldepflichten geben. 

Heimische PV-Erzeugung

Den Landesminister Willingmann, in dessen Land etwa Meyer Burger Solarzellen herstellt, „freut“ auch der „Wiederaufbau der Solarindustrie in Europa“​. Den fördert der Bund mit einer Studie des Verbands VDMA, die seit März läuft, sowie künftig mit mehr Geld aus dem 8. Energieforschungsprogramm. Ein Hybridkapitalinstrument wird „geprüft“​ werden.

Ein Journalist fragte Habeck, ob er nicht von der Trauzeugenaffäre seines Staatssekretärs Patrick Graichen absorbiert sei. Der Schluss seiner längeren Antwort: „Ansonsten, Sie sehen: Wir kommen gut voran.“

Freitag, 16.06.2023, 09:01 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Mit Lichtgeschwindigkeit in alle PV-Segmente
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Mit Lichtgeschwindigkeit in alle PV-Segmente
Mit der finalen PV-Strategie will Robert Habeck den Solarausbau gesetzgeberisch weiter vorantreiben. Der Boom im Eigenheim ist ihm zu wenig. 
Die deutsche PV-Strategie steht seit Mai. Wirtschaftsminister Robert Habeck erläuterte nach seinem zweiten Solargipfel unter anderem mit dem Hauptgeschäftsführer des Fachverbands BSW Solar, Carsten Körnig, worauf es ihm ankommt. Der Grünen-Politiker führte den höchsten PV-Quartalszubau von Januar bis März 2023 darauf zurück, dass die gesetzgeberischen Maßnahmen von 2022 − unter anderem die um 25 Prozent höheren Höchstwerte bei Ausschreibungen − „erfolgreich“ seien. Es kamen 2,7 GW hinzu, ein Drittel mehr als im ersten Quartal 2022. Schreibe man dies linear aufs Gesamtjahr fort, „werden wir erstmals zweistellig“, prognostizierte Habeck stolz. Die diesjährige Ausschreibungskapazität beläuft sich auf 9 GW. 

Entbürokratisierung und mehr Geldanreize

Dazu kommt der PV-Boom im Eigenheim aus Sorge vor der Energiekrise. Der reicht Habeck und Körnig aber nicht, daher müssen Entbürokratisierung und mehr Geldanreize her. Spätestens 2026 wollen sie jährlich 22 GW dazubekommen, halbe-halbe auf Dächern und in der Fläche, damit die deutsche PV bis 2030 von gut 7 GW (2022) auf die gesetzlichen 215 GW kommt und so ihren vorgesehenen Beitrag zur Beinahe-Verdopplung der Erneuerbaren im Strommix auf 80 Prozent leistet. Der PV-Anteil daran würde sich mit 30 Prozent fast verdreifachen. Für Körnig muss der PV-Boom in allen Segmenten nachziehen, vor allem in Gewerbegebieten: „Wir brauchen überall Lichtgeschwindigkeit.“
 
Auch Agri-PV bekommt Erleichterungen. Zudem soll es eine neue Klasse „Biodiversitäts-PV“ geben
Quelle: Forschungszentrum Jülich

Für Habeck ist mit dem 45-seitigen Papier die Solarstrategie abgeschlossen. Jetzt werde die Gesetzgebung „immer kleinteiliger, das heißt, jetzt geht es um Normierung, Regulierung, Zulassungsverfahren“. Elf „Handlungsfelder“ sind jeweils dem „Solarpaket I“ zugeordnet, das noch vor der Sommerpause ins Parlament kommen soll, oder dem „Solarpaket II“. Habeck verfolgt ausdrücklich eine „transformative Angebotspolitik“, um frei nach dem Nationalökonomen John Maynard Keynes ein Angebot zu schaffen, dass sich irgendwann selbst trägt.

Insgesamt steht auch PV künftig im „öffentlichen Interesse“, dient der „öffentlichen Sicherheit“ und rangiert damit in der Regel vor dem Denkmalschutz. In der Freifläche wird Habeck unter anderem die Verfügbarkeit „benachteiligter Gebiete“, ertragsschwacher Standorte und Stilllegungsflächen erhöhen und vereinheitlichen. Außerdem schafft er die neue Klasse „Biodiversitäts-PV“ für extensive Landwirtschaft unter Modulen.

Geplante Ausweitungen auf Industrie- und Gewerbeflächen, an Autobahnen, für Agri- und Floating-PV lobte Armin Willingmann (SPD), Chef der Energieministerkonferenz aus Sachsen-Anhalt, als „besonders segensreich“. PV-Flächenpachten sollen obendrein erbschaftssteuerfrei werden. Auch sollen Strom- und Grundsteuer mit dem neuen Energierecht „verzahnt“ werden. Der PV-Netzanschluss wird beschleunigt durch ein Wegenutzungsrecht. Ohnehin sollten noch im Mai (nach Redaktionsschluss), so Körnig, „überbordende“ Anlagenzertifizierungen, in denen fertige Anlagen hängen, beseitigt sein. Wer nach PV-Bebauungsplan baut, braucht überdies künftig keine Baugenehmigung mehr − so zumindest ein Prüfauftrag des Wirtschaftsministeriums (BMWK). 

Auf dem Dach sollen Bestandsgebäude von Bauern im Außenbereich in der Vergütung gleichgestellt werden. Das PV-Repowering unter Erhalt der Altvergütung soll von der Freifläche aufs Dach ausgeweitet und die Direktvermarktung kleiner Anlagen durch geringere technische Auflagen leichter werden. Eine bundeseinheitliche PV-Pflicht ist nicht Bestandteil des Papiers. 

Im Mieterstrommodell will Habeck die messtechnischen Anforderungen erleichtern. Zusätzlich wird nach österreichischem Vorbild, wie Jörg Sutter von der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) hervorhebt, ein Modell „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ geschaffen: Der Stromlieferant muss sich nicht mehr als solcher anmelden und die Vollversorgung garantieren und braucht auch keine neuen Zähler − Hindernisse, an denen Mieterstrom bisher nach Habecks Beobachtung oft scheiterte. 

Die Balkon-PV wird entfesselt, indem die „Steckersolargeräte“​ eine Privilegierung im Wohnrecht bekommen und mit höherer Leistung und einfachem Schukostecker zugelassen werden. Zudem soll es weniger Meldepflichten geben. 

Heimische PV-Erzeugung

Den Landesminister Willingmann, in dessen Land etwa Meyer Burger Solarzellen herstellt, „freut“ auch der „Wiederaufbau der Solarindustrie in Europa“​. Den fördert der Bund mit einer Studie des Verbands VDMA, die seit März läuft, sowie künftig mit mehr Geld aus dem 8. Energieforschungsprogramm. Ein Hybridkapitalinstrument wird „geprüft“​ werden.

Ein Journalist fragte Habeck, ob er nicht von der Trauzeugenaffäre seines Staatssekretärs Patrick Graichen absorbiert sei. Der Schluss seiner längeren Antwort: „Ansonsten, Sie sehen: Wir kommen gut voran.“

Freitag, 16.06.2023, 09:01 Uhr
Georg Eble

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