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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Grüne Kraftwerke: Seeluft oder Landduft
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung

Grüne Kraftwerke: Seeluft oder Landduft

Wo soll der grüne Wasserstoff entstehen? Der Verein Aqua Ventus trommelt politisch für die See, Niedersachsen bringt Argumente für die Küste ein. Über einen scheinbaren Gegensatz.
Die zukünftige Wasserstoffproduktion in der deutschen Nordsee nimmt (langsam) Gestalt an. Parallel dazu darf ein Ausbau von Elektrolyseuren an Land nicht vernachlässigt werden, worauf eine aktuelle Kurzstudie der Stiftung Offshore-Windenergie hinweist. Die Standortwahl der kommenden Wasserstofferzeugung braucht einen ganzheitlichen Blick.

Hamburger Hafen, Anfang Mai, morgens um acht Uhr. Wenig Wind, kaum Welle. Der Highspeed-Katamaran HCS Halunder Jet liegt an den Landungsbrücken, bereit zur Abfahrt nach Helgoland. Die letzte Stunde vorm Ablegen − wie im symbolträchtigen Countdown-Modus − nutzt der 2020 gegründete Förderverein Aqua Ventus, um an Deck der Schnellfähre sein Konzept „Grünes Kraftwerk Nordsee“ vorzustellen. „Wir wollen mit voller Kraft voraus“, mit diesen Worten bekräftigt Vorsitzender Jörg Singer die Ambition, bis 2035 eine Erzeugungsleistung von 10.000 MW grünem Wasserstoff erreicht zu haben.

Der ehemalige Bürgermeister von Helgoland skizziert im Beisein von Kirsten Westphal vom Branchenverband BDEW nicht zum ersten Mal die Forderungen des rund 100 Mitglieder starken Vereins. In Aqua Ventus ist das Who's who der Energiewirtschaft, Logistik und Wissenschaft wiederzufinden: von BP über Eon, EnBW, Hitachi, EDF Renewables und Shell Deutschland bis zu Siemens Energy − um nur einige zu nennen. Deren Botschaft an die Politik kolportiert Singer: „Wir setzen darauf, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) bis Ende dieses Jahres die Ausschreibungen inklusive einer definierten Förderkulisse vornimmt.“
 
Pinker Wasserstoff: in Pink der „Sonstige Energiegewinnungsbereich 1“ (SEN1) der Nordsee im Flächenentwicklungsplan des Bundesamts für Seeschifffahrt vom Januar 2023. Er liegt zwischen drei bestehenden Windparks (schraffiert als „voraussichtlich 2025 in Betrieb“) und den Flächen N-10.1 sowie N-10.2, die 2025 ausgeschrieben werden sollen (orange)
Quelle: BSH

Beim geplanten Vorhaben gehe es um mehrere Milliarden Euro, die im sogenannten „Sonstigen Energiegewinnungsbereich 1“ (SEN1) auf 100 Quadratkilometern in Windenergie, Elektrolyseuren, Wasserentsalzungsanlagen und Pipelines verbaut werden sollen. Der SEN1 befindet sich etwa 100 Kilometer westlich von Helgoland. Es wäre rund 15 Jahre nach dem Start des ersten deutschen Offshore-Windparks „Alpha Ventus“ − angelehnt daran auch die Namensgebung „AquaVentus“ − der Start in eine maritime Wasserstoffära. Denn noch erzeugt kein Elektrolyseur in der deutschen See Wasserstoff für eine nichtfossile Wirtschaft der Zukunft.

Große Rückendeckung findet Aqua Ventus derweil bei der SPD: Der Wasserstoffbeauftragte der Sozialdemokraten im Bundestag, Andreas Rimkus, begrüßt in Hamburg die wichtigen Impulse von Aqua Ventus. Er unterstreicht die immense Bedeutung des grünen Energieträgers beim Aufbau einer bis zum Jahr 2045 defossilisierten Wirtschaft. „Da haben wir einiges vor der Brust“, betont Rimkus im Schulterschluss mit Jörg Singer. „Elektronen sind zwar schön, aber Moleküle schöner“, sagt der SPD-Abgeordnete süffisant. Er verweist darauf, dass die Erzeugung von Wasserstoff an Offshore-Windparks direkt die Stromverluste vermindert, die bei der Übertragung übers Meer entstehen.

Bengt Bergt, Vize-Sprecher für Klimaschutz und Energie der SPD-Bundestagsfraktion aus Schleswig-Holstein, pflichtet seinem Kollegen bei: Es gelte jetzt, „Gas zu geben, um die multilaterale Deklaration zwischen Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und UK in Ostende realisieren zu können, bei der man sich das Ziel setzte, gemeinsam 30 Gigawatt bis 2030 zu erzeugen.“
 
Aqua-Ventus-Vorsitzender Jörg Singer
Quelle: Dierk Jensen

Klar ist: Die Zeitachse für den Aufbau ist noch nicht genau definiert. Da gibt es eine Reihe großer Unwägbarkeiten, auch die Ausweisung von neuen SEN steht im Raum − weil, so Aqua Ventus, „Offshore-Wasserstoff groß gedacht werden muss“.
Sicher ist schon jetzt, dass das Wasser für die Elektrolyse mithilfe von Entsalzungsanlagen direkt aus der Nordsee gewonnen wird. Die Lauge wollen die Projektierer umweltschonend ins Meer zurückleiten. Genauso sicher ist darüber hinaus, dass der Wasserstoff per Pipeline ans Festland anlangt, wohin genau, wisse man allerdings noch nicht. Ob die Elektrolyseure zukünftig in die Windenergieanlagen integriert werden oder auf einer Extraplattform stehen, sei auch noch offen. Aber: „Aus Visionen sind schon Konzepte entstanden“, erinnert Singer.
 
Offshore-Stiftung: Bedarfsdeckung nur mit dem Meer

Einen Tag später veröffentlicht die Stiftung Offshore-Windenergie, die ja maßgeblichen Anteil an der Realisierung des ersten deutschen Offshore-Windparks „Alpha Ventus“ hatte, eine Kurzstudie unter dem Titel „Grüner Wasserstoff aus Offshore-Windenergie“. Sie lotet aus, wie am besten die effizienteste Struktur für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu erreichen ist. Auftraggeber: das Land Niedersachsen.

Um es vorwegzunehmen: Der Fokus ist aus Sicht der von der Deutschen Windguard erarbeiteten Kurzstudie noch mehr als bisher auf den sektorkoppelnden Charakter des Wasserstoffs zu richten. So sei die bisherige Konzentration auf Einzelprojekte nicht zielführend. Diese Haltung spricht nicht gegen die Anstrengungen, die beispielsweise die Akteure von Aqua Ventus aufbringen. Doch wird aus politischer und gesamtökonomischer Perspektive ein Gesamtlayout angemahnt.

Kurzum: Die Einzelstandortsuche für Elektrolyseure sollte immer auch in eine nationale beziehungsweise europäische Strategie eingebunden sein. Dabei stellt die Studie der Stiftung Offshore-Windenergie klar: Der hohe Bedarf an Grünstrom sei für die angestrebten Elektrolyseure mit einer Leistung 10.000 MW bis 2035 letztlich nur mit Offshore-Windenergie zu decken. „Dafür braucht es eine strategisch gedachte Industriepolitik, die eng verzahnt ist mit der Energiepolitik“, und einen „strategischen Blick auf die Kombinationsmöglichkeiten zwischen Offshore-Wind und Elektrolyse“, heißt es weiter.
 
Pro Offshore-Wasserstoff: die SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus (l.) und Bengt Bergt
Quelle: Dierk Jensen

Entfernung, Sauerstoff, Abwärme

Verschiedene Aspekte sind bei der Standortanalyse zu berücksichtigen. Je weiter die Küste entfernt liegt, desto günstiger der Strompreis, desto länger aber auch die Transportdistanzen, um den Wasserstoff an Land zu bringen. Auch die Nutzung des bei der Elektrolyse anfallenden Sauerstoffs sowie die erheblichen Mengen an Abwärme gilt es zu berücksichtigen. Und da hätten Standorte in den Küstenländern hinter dem Deich sicherlich Vorteile, weil dort ansässige Industrien sowohl Sauerstoff als auch Abwärme auf kurzen Wegen verwerten könnten.

Der bei der Elektrolyse abgespaltene Sauerstoff ist besonders in der Metallurgie, Glas- und Keramikindustrie sowie der Zement- und Kalkindustrie gefragt. Als medizinischer Sauerstoff kommt er außerdem in der Notfallversorgung, bei Sauerstofftherapien und zur Behandlung von Atemwegs- oder Lungenerkrankungen zum Einsatz. In der Oxyfuel-Verbrennung hilft er energieintensiven Branchen, Emissionen zu senken.

Eine halbe Milliarde Liter Wasser

Allerdings spricht für Meeresstandorte die Wasserverfügbarkeit, denn um 1 Kilo Wasserstoff herzustellen, sind 9 Kilo Wasser nötig. Für einen Elektrolyseprozess, der auf 1.000 MW Windenergieleistung beruht, werden jährlich etwa 530 Millionen Liter Frischwasser benötigt. Das könne, so die Kurzstudie, an Land zu Verteilungsdebatten führen. Dagegen biete das Meer ein nahezu grenzenloses Reservoir an Wasser, das in abwärmegespeisten Entsalzungsanlagen aufbereitet werden könne. Jedoch werfe das Einleiten der Sole, der überschüssigen Salzlösung, ins Meer je nach gewählter Entsalzungsart neue Probleme auf.
 
„Zumal wir alles brauchen“: Andre Steinau, Geschäftsführer der GP Joule Hydrogen GmbH
Quelle: GP Joule

Fazit: Ein nationales beziehungsweise europäisches Layout der Standorte wäre hilfreich, um effiziente Strukturen zu errichten. „Zumal wir alles brauchen“, wie es Andre Steinau, Geschäftsführer der mittelständischen GP Joule Hydrogen GmbH, kurz und bündig formuliert.

Derweil hat der Run auf die begrenzten Kapazitäten von Elektrolyseuren schon begonnen. Die Nachfrage ist enorm, das Angebot hingegen rar. Auch dafür braucht es eine Strategie, um nicht in die falsche Richtung zu geraten. Das gilt sowohl off- als auch onshore.

Donnerstag, 15.06.2023, 09:01 Uhr
Dierk Jensen und Volker Stephan
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Grüne Kraftwerke: Seeluft oder Landduft
Quelle: E&M
Aus Der Aktuellen Zeitung
Grüne Kraftwerke: Seeluft oder Landduft
Wo soll der grüne Wasserstoff entstehen? Der Verein Aqua Ventus trommelt politisch für die See, Niedersachsen bringt Argumente für die Küste ein. Über einen scheinbaren Gegensatz.
Die zukünftige Wasserstoffproduktion in der deutschen Nordsee nimmt (langsam) Gestalt an. Parallel dazu darf ein Ausbau von Elektrolyseuren an Land nicht vernachlässigt werden, worauf eine aktuelle Kurzstudie der Stiftung Offshore-Windenergie hinweist. Die Standortwahl der kommenden Wasserstofferzeugung braucht einen ganzheitlichen Blick.

Hamburger Hafen, Anfang Mai, morgens um acht Uhr. Wenig Wind, kaum Welle. Der Highspeed-Katamaran HCS Halunder Jet liegt an den Landungsbrücken, bereit zur Abfahrt nach Helgoland. Die letzte Stunde vorm Ablegen − wie im symbolträchtigen Countdown-Modus − nutzt der 2020 gegründete Förderverein Aqua Ventus, um an Deck der Schnellfähre sein Konzept „Grünes Kraftwerk Nordsee“ vorzustellen. „Wir wollen mit voller Kraft voraus“, mit diesen Worten bekräftigt Vorsitzender Jörg Singer die Ambition, bis 2035 eine Erzeugungsleistung von 10.000 MW grünem Wasserstoff erreicht zu haben.

Der ehemalige Bürgermeister von Helgoland skizziert im Beisein von Kirsten Westphal vom Branchenverband BDEW nicht zum ersten Mal die Forderungen des rund 100 Mitglieder starken Vereins. In Aqua Ventus ist das Who's who der Energiewirtschaft, Logistik und Wissenschaft wiederzufinden: von BP über Eon, EnBW, Hitachi, EDF Renewables und Shell Deutschland bis zu Siemens Energy − um nur einige zu nennen. Deren Botschaft an die Politik kolportiert Singer: „Wir setzen darauf, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) bis Ende dieses Jahres die Ausschreibungen inklusive einer definierten Förderkulisse vornimmt.“
 
Pinker Wasserstoff: in Pink der „Sonstige Energiegewinnungsbereich 1“ (SEN1) der Nordsee im Flächenentwicklungsplan des Bundesamts für Seeschifffahrt vom Januar 2023. Er liegt zwischen drei bestehenden Windparks (schraffiert als „voraussichtlich 2025 in Betrieb“) und den Flächen N-10.1 sowie N-10.2, die 2025 ausgeschrieben werden sollen (orange)
Quelle: BSH

Beim geplanten Vorhaben gehe es um mehrere Milliarden Euro, die im sogenannten „Sonstigen Energiegewinnungsbereich 1“ (SEN1) auf 100 Quadratkilometern in Windenergie, Elektrolyseuren, Wasserentsalzungsanlagen und Pipelines verbaut werden sollen. Der SEN1 befindet sich etwa 100 Kilometer westlich von Helgoland. Es wäre rund 15 Jahre nach dem Start des ersten deutschen Offshore-Windparks „Alpha Ventus“ − angelehnt daran auch die Namensgebung „AquaVentus“ − der Start in eine maritime Wasserstoffära. Denn noch erzeugt kein Elektrolyseur in der deutschen See Wasserstoff für eine nichtfossile Wirtschaft der Zukunft.

Große Rückendeckung findet Aqua Ventus derweil bei der SPD: Der Wasserstoffbeauftragte der Sozialdemokraten im Bundestag, Andreas Rimkus, begrüßt in Hamburg die wichtigen Impulse von Aqua Ventus. Er unterstreicht die immense Bedeutung des grünen Energieträgers beim Aufbau einer bis zum Jahr 2045 defossilisierten Wirtschaft. „Da haben wir einiges vor der Brust“, betont Rimkus im Schulterschluss mit Jörg Singer. „Elektronen sind zwar schön, aber Moleküle schöner“, sagt der SPD-Abgeordnete süffisant. Er verweist darauf, dass die Erzeugung von Wasserstoff an Offshore-Windparks direkt die Stromverluste vermindert, die bei der Übertragung übers Meer entstehen.

Bengt Bergt, Vize-Sprecher für Klimaschutz und Energie der SPD-Bundestagsfraktion aus Schleswig-Holstein, pflichtet seinem Kollegen bei: Es gelte jetzt, „Gas zu geben, um die multilaterale Deklaration zwischen Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und UK in Ostende realisieren zu können, bei der man sich das Ziel setzte, gemeinsam 30 Gigawatt bis 2030 zu erzeugen.“
 
Aqua-Ventus-Vorsitzender Jörg Singer
Quelle: Dierk Jensen

Klar ist: Die Zeitachse für den Aufbau ist noch nicht genau definiert. Da gibt es eine Reihe großer Unwägbarkeiten, auch die Ausweisung von neuen SEN steht im Raum − weil, so Aqua Ventus, „Offshore-Wasserstoff groß gedacht werden muss“.
Sicher ist schon jetzt, dass das Wasser für die Elektrolyse mithilfe von Entsalzungsanlagen direkt aus der Nordsee gewonnen wird. Die Lauge wollen die Projektierer umweltschonend ins Meer zurückleiten. Genauso sicher ist darüber hinaus, dass der Wasserstoff per Pipeline ans Festland anlangt, wohin genau, wisse man allerdings noch nicht. Ob die Elektrolyseure zukünftig in die Windenergieanlagen integriert werden oder auf einer Extraplattform stehen, sei auch noch offen. Aber: „Aus Visionen sind schon Konzepte entstanden“, erinnert Singer.
 
Offshore-Stiftung: Bedarfsdeckung nur mit dem Meer

Einen Tag später veröffentlicht die Stiftung Offshore-Windenergie, die ja maßgeblichen Anteil an der Realisierung des ersten deutschen Offshore-Windparks „Alpha Ventus“ hatte, eine Kurzstudie unter dem Titel „Grüner Wasserstoff aus Offshore-Windenergie“. Sie lotet aus, wie am besten die effizienteste Struktur für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu erreichen ist. Auftraggeber: das Land Niedersachsen.

Um es vorwegzunehmen: Der Fokus ist aus Sicht der von der Deutschen Windguard erarbeiteten Kurzstudie noch mehr als bisher auf den sektorkoppelnden Charakter des Wasserstoffs zu richten. So sei die bisherige Konzentration auf Einzelprojekte nicht zielführend. Diese Haltung spricht nicht gegen die Anstrengungen, die beispielsweise die Akteure von Aqua Ventus aufbringen. Doch wird aus politischer und gesamtökonomischer Perspektive ein Gesamtlayout angemahnt.

Kurzum: Die Einzelstandortsuche für Elektrolyseure sollte immer auch in eine nationale beziehungsweise europäische Strategie eingebunden sein. Dabei stellt die Studie der Stiftung Offshore-Windenergie klar: Der hohe Bedarf an Grünstrom sei für die angestrebten Elektrolyseure mit einer Leistung 10.000 MW bis 2035 letztlich nur mit Offshore-Windenergie zu decken. „Dafür braucht es eine strategisch gedachte Industriepolitik, die eng verzahnt ist mit der Energiepolitik“, und einen „strategischen Blick auf die Kombinationsmöglichkeiten zwischen Offshore-Wind und Elektrolyse“, heißt es weiter.
 
Pro Offshore-Wasserstoff: die SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus (l.) und Bengt Bergt
Quelle: Dierk Jensen

Entfernung, Sauerstoff, Abwärme

Verschiedene Aspekte sind bei der Standortanalyse zu berücksichtigen. Je weiter die Küste entfernt liegt, desto günstiger der Strompreis, desto länger aber auch die Transportdistanzen, um den Wasserstoff an Land zu bringen. Auch die Nutzung des bei der Elektrolyse anfallenden Sauerstoffs sowie die erheblichen Mengen an Abwärme gilt es zu berücksichtigen. Und da hätten Standorte in den Küstenländern hinter dem Deich sicherlich Vorteile, weil dort ansässige Industrien sowohl Sauerstoff als auch Abwärme auf kurzen Wegen verwerten könnten.

Der bei der Elektrolyse abgespaltene Sauerstoff ist besonders in der Metallurgie, Glas- und Keramikindustrie sowie der Zement- und Kalkindustrie gefragt. Als medizinischer Sauerstoff kommt er außerdem in der Notfallversorgung, bei Sauerstofftherapien und zur Behandlung von Atemwegs- oder Lungenerkrankungen zum Einsatz. In der Oxyfuel-Verbrennung hilft er energieintensiven Branchen, Emissionen zu senken.

Eine halbe Milliarde Liter Wasser

Allerdings spricht für Meeresstandorte die Wasserverfügbarkeit, denn um 1 Kilo Wasserstoff herzustellen, sind 9 Kilo Wasser nötig. Für einen Elektrolyseprozess, der auf 1.000 MW Windenergieleistung beruht, werden jährlich etwa 530 Millionen Liter Frischwasser benötigt. Das könne, so die Kurzstudie, an Land zu Verteilungsdebatten führen. Dagegen biete das Meer ein nahezu grenzenloses Reservoir an Wasser, das in abwärmegespeisten Entsalzungsanlagen aufbereitet werden könne. Jedoch werfe das Einleiten der Sole, der überschüssigen Salzlösung, ins Meer je nach gewählter Entsalzungsart neue Probleme auf.
 
„Zumal wir alles brauchen“: Andre Steinau, Geschäftsführer der GP Joule Hydrogen GmbH
Quelle: GP Joule

Fazit: Ein nationales beziehungsweise europäisches Layout der Standorte wäre hilfreich, um effiziente Strukturen zu errichten. „Zumal wir alles brauchen“, wie es Andre Steinau, Geschäftsführer der mittelständischen GP Joule Hydrogen GmbH, kurz und bündig formuliert.

Derweil hat der Run auf die begrenzten Kapazitäten von Elektrolyseuren schon begonnen. Die Nachfrage ist enorm, das Angebot hingegen rar. Auch dafür braucht es eine Strategie, um nicht in die falsche Richtung zu geraten. Das gilt sowohl off- als auch onshore.

Donnerstag, 15.06.2023, 09:01 Uhr
Dierk Jensen und Volker Stephan

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