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Energie & Management > Gasnetz - Zeelink übersteht auch die letzten Klagen vor dem OVG
Quelle: Shutterstock / CDuschinger
Gasnetz

Zeelink übersteht auch die letzten Klagen vor dem OVG

Der letzte Aktendeckel ist geschlossen. Die Erdgasfernleitung Zeelink hat auch den finalen Versuch, sie in NRW vor Gericht auszubremsen, unbeschadet überstanden.
Nach neun Eilverfahren und drei Sprüchen in der Hauptsache schließt das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen die Akte Zeelink. Der 21. Senat hat am 9. August in Münster die beiden letzten anhängigen Klagen gegen die Gas-Fernleitung abgewiesen, eine für den Nachmittag vorgesehene dritte Verhandlung war wegen Rücknahme der Klage nicht mehr zustande gekommen.

Die 700 Millionen Euro teure Pipeline transportiert seit dem 6. Mai 2021 H-Gas aus dem belgischen Seehafen Zeebrugge über Aachen ins münsterländische Legden. Nun war noch zu klären, ob zwei landwirtschaftliche Betriebe aus Westfalen mit ihren Einwänden gegen den Verlauf des Rohrs Erfolg haben würden. Gleich zu Beginn deutete der Vorsitzende Richter des zuständigen Senats für Energiefragen, Ralph Heine, an, dass die Begründungen für die Klagen dünn seien. „Es stellt sich die Frage, warum wir hier noch sitzen“, sagte er.

Trecker-Verkehr eine Gefahr für die Gasleitung im Boden?

Antwort: Weil die Klagenden ein Urteil wünschten. Zwei Verfahren behandelte der Senat dabei in einer mündlichen Verhandlung. Einmal die Klage einer Landwirtin, die für sich reklamierte, in Zukunft bestimmte Stallungen nicht mehr errichten zu können, weil sie zu nah an den Schutzstreifen der Leitung heranragten. Ferner hatte ein anderer Landwirt Bedenken, dass die Leitung nicht tief genug im Boden liegen könne. Dabei hat der Leitungsbetreiber Open Grid Europe (OGE), neben Thyssengas (25 Prozent) zu 75 Prozent an Zeelink beteiligt, die Leitung mit 1,20 Meter sogar 20 Zentimeter tiefer in die Erde gebracht als vorgeschrieben.

Der Landwirt Andreas Heumer aus dem betroffenen Ortsteil Hochmoor im westfälischen Gescher brachte Sicherheitsbedenken vor. Es habe Situationen gegeben, in denen im Bereich der Leitung Hohlräume entstanden seien, durch die Trecker um 50 Zentimeter tief abgesackt seien. Auf einem Nachbarfeld habe ferner ein mit „Straßenreifen“ ausgestatteter Lastwagen Mais abgefahren. Mit diesen Reifen sacke man tiefer ein als Traktoren mit Feldreifen. Insgesamt bestehe eine weitaus höhere Gefahr als angenommen.

Die Anwältin der Klägerseite wollte entsprechend einen neuen Bereich identifiziert haben, der zwischen der technisch überprüfbaren Sicherheit der Leitung und dem zumutbaren Restrisiko liege. Das intensive Überqueren des Bodens über der Trasse durch landwirtschaftliche Fahrzeuge sei zu berücksichtigen. Dies tue der Planfeststellungsbeschluss, quasi die Baugenehmigung, der beklagten Bezirksregierung Münster eben nicht.

Sowohl die Bezirksregierung als auch die beigeladenen Vertreter von OGE sahen keinerlei Defizit am geltenden Planfeststellungsbeschluss. Der OGE-Anwalt zeigte sich auch überrascht davon, dass das Fahrspuren-Argument in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde. „Das hören wir hier zum ersten Mal.“

Unabhängig davon seien möglicherweise dünner werdende Deckschichten über der Gasleitung nichts, was in der Planfeststellung zu regeln sei. Dies seien Angelegenheiten, die in der Praxis auszubessern seien. Konkret: Wenn es Senken gebe, werde dies dem Leitungsbetreiber gemeldet, der dann tätig werde und die geforderte Deckschicht wiederherstelle. Dass das Absacken durch Überfahren des Geländes grundsätzlich eine Gefahr darstelle, wies der Anwalt weit von sich. „Das hat mit der Realität in der Bundesrepublik nichts zu tun.“

Rückbau des Rohrs allenfalls lokal denkbar

Der Senat am OVG wies am Ende beide Klagen ab. Damit wendete sich das Gericht nicht nur gegen die vorgebrachten Sicherheitsbedenken, die vom landwirtschaftlichen Betrieb über der Leitung ausgehen sollten. Zudem seien Expansionspläne für die Landwirtin nicht gefährdet.

Schließlich wies es auch die Forderung nach einer Nebenbestimmung ab, die den Rückbau der Leitung vorschreiben sollte. In der Verhandlung hatten Bezirksregierung und OGE deutlich gemacht, dass nach dem Auslaufen der Gastransporte die Rohrleitung sehr wahrscheinlich für das Durchleiten von Wasserstoff zum Einsatz komme. Falls es einmal überhaupt keine Verwendung für Zeelink geben sollte, könnte OGE lokal aber durchaus ein Stück aus der Erde holen. Dies sei auch signalisiert worden, sagte der Anwalt des Betreibers. Einen kompletter Rückbau der insgesamt 216 Kilometer langen Leitung auf NRW-Gebiet könne man nicht erwarten.

Eine Revision ließ das OVG in Münster nicht zu. Dagegen könnten die Klagenden Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Dies deutete sich zunächst nicht an. Nach vier Jahren, die ersten Eilverfahren hatte es bereits im Jahr der Genehmigung (2019) gegeben, hat Zeelink damit höchstwahrscheinlich in der Erde seine Ruhe gefunden.

Donnerstag, 10.08.2023, 09:01 Uhr
Volker Stephan
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Zeelink übersteht auch die letzten Klagen vor dem OVG
Der letzte Aktendeckel ist geschlossen. Die Erdgasfernleitung Zeelink hat auch den finalen Versuch, sie in NRW vor Gericht auszubremsen, unbeschadet überstanden.
Nach neun Eilverfahren und drei Sprüchen in der Hauptsache schließt das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen die Akte Zeelink. Der 21. Senat hat am 9. August in Münster die beiden letzten anhängigen Klagen gegen die Gas-Fernleitung abgewiesen, eine für den Nachmittag vorgesehene dritte Verhandlung war wegen Rücknahme der Klage nicht mehr zustande gekommen.

Die 700 Millionen Euro teure Pipeline transportiert seit dem 6. Mai 2021 H-Gas aus dem belgischen Seehafen Zeebrugge über Aachen ins münsterländische Legden. Nun war noch zu klären, ob zwei landwirtschaftliche Betriebe aus Westfalen mit ihren Einwänden gegen den Verlauf des Rohrs Erfolg haben würden. Gleich zu Beginn deutete der Vorsitzende Richter des zuständigen Senats für Energiefragen, Ralph Heine, an, dass die Begründungen für die Klagen dünn seien. „Es stellt sich die Frage, warum wir hier noch sitzen“, sagte er.

Trecker-Verkehr eine Gefahr für die Gasleitung im Boden?

Antwort: Weil die Klagenden ein Urteil wünschten. Zwei Verfahren behandelte der Senat dabei in einer mündlichen Verhandlung. Einmal die Klage einer Landwirtin, die für sich reklamierte, in Zukunft bestimmte Stallungen nicht mehr errichten zu können, weil sie zu nah an den Schutzstreifen der Leitung heranragten. Ferner hatte ein anderer Landwirt Bedenken, dass die Leitung nicht tief genug im Boden liegen könne. Dabei hat der Leitungsbetreiber Open Grid Europe (OGE), neben Thyssengas (25 Prozent) zu 75 Prozent an Zeelink beteiligt, die Leitung mit 1,20 Meter sogar 20 Zentimeter tiefer in die Erde gebracht als vorgeschrieben.

Der Landwirt Andreas Heumer aus dem betroffenen Ortsteil Hochmoor im westfälischen Gescher brachte Sicherheitsbedenken vor. Es habe Situationen gegeben, in denen im Bereich der Leitung Hohlräume entstanden seien, durch die Trecker um 50 Zentimeter tief abgesackt seien. Auf einem Nachbarfeld habe ferner ein mit „Straßenreifen“ ausgestatteter Lastwagen Mais abgefahren. Mit diesen Reifen sacke man tiefer ein als Traktoren mit Feldreifen. Insgesamt bestehe eine weitaus höhere Gefahr als angenommen.

Die Anwältin der Klägerseite wollte entsprechend einen neuen Bereich identifiziert haben, der zwischen der technisch überprüfbaren Sicherheit der Leitung und dem zumutbaren Restrisiko liege. Das intensive Überqueren des Bodens über der Trasse durch landwirtschaftliche Fahrzeuge sei zu berücksichtigen. Dies tue der Planfeststellungsbeschluss, quasi die Baugenehmigung, der beklagten Bezirksregierung Münster eben nicht.

Sowohl die Bezirksregierung als auch die beigeladenen Vertreter von OGE sahen keinerlei Defizit am geltenden Planfeststellungsbeschluss. Der OGE-Anwalt zeigte sich auch überrascht davon, dass das Fahrspuren-Argument in der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurde. „Das hören wir hier zum ersten Mal.“

Unabhängig davon seien möglicherweise dünner werdende Deckschichten über der Gasleitung nichts, was in der Planfeststellung zu regeln sei. Dies seien Angelegenheiten, die in der Praxis auszubessern seien. Konkret: Wenn es Senken gebe, werde dies dem Leitungsbetreiber gemeldet, der dann tätig werde und die geforderte Deckschicht wiederherstelle. Dass das Absacken durch Überfahren des Geländes grundsätzlich eine Gefahr darstelle, wies der Anwalt weit von sich. „Das hat mit der Realität in der Bundesrepublik nichts zu tun.“

Rückbau des Rohrs allenfalls lokal denkbar

Der Senat am OVG wies am Ende beide Klagen ab. Damit wendete sich das Gericht nicht nur gegen die vorgebrachten Sicherheitsbedenken, die vom landwirtschaftlichen Betrieb über der Leitung ausgehen sollten. Zudem seien Expansionspläne für die Landwirtin nicht gefährdet.

Schließlich wies es auch die Forderung nach einer Nebenbestimmung ab, die den Rückbau der Leitung vorschreiben sollte. In der Verhandlung hatten Bezirksregierung und OGE deutlich gemacht, dass nach dem Auslaufen der Gastransporte die Rohrleitung sehr wahrscheinlich für das Durchleiten von Wasserstoff zum Einsatz komme. Falls es einmal überhaupt keine Verwendung für Zeelink geben sollte, könnte OGE lokal aber durchaus ein Stück aus der Erde holen. Dies sei auch signalisiert worden, sagte der Anwalt des Betreibers. Einen kompletter Rückbau der insgesamt 216 Kilometer langen Leitung auf NRW-Gebiet könne man nicht erwarten.

Eine Revision ließ das OVG in Münster nicht zu. Dagegen könnten die Klagenden Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen. Dies deutete sich zunächst nicht an. Nach vier Jahren, die ersten Eilverfahren hatte es bereits im Jahr der Genehmigung (2019) gegeben, hat Zeelink damit höchstwahrscheinlich in der Erde seine Ruhe gefunden.

Donnerstag, 10.08.2023, 09:01 Uhr
Volker Stephan

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