E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Recht - Trotz Feuer oder Dreck keine Wasseranschlusspflicht im PV-Park
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
Recht

Trotz Feuer oder Dreck keine Wasseranschlusspflicht im PV-Park

Ist eine Freiflächensolaranlage dreckig oder in Brand geraten, muss nicht zwingend Wasser aus dem öffentlichen Netz her. Ein wegweisendes Urteil spart dem Anlagenbetreiber 46.000 Euro.
Die Aufregung bei Familie Titzmann war groß. Vier Jahre nachdem die Emsländer einen Solarpark in Hopsten an der Nordspitze Westfalens errichtet hatten, flatterte ihnen ein Gebührenbescheid ins Haus. Fast 50.000 Euro verlangte der Wasserversorgungsverband Tecklenburger Land (WTL) im Jahr 2017. Dies sei die Rechnung für die Möglichkeit, das zwei Hektar große Areal an die Wasserversorgung und eine vorhandene Leitung anzuschließen. Die Titzmanns zahlten, widerwillig.

Sechs Jahre später, am 29. August, kam es in der Sache vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) für Nordrhein-Westfalen zum Showdown. Denn die Anlagenbetreiber − inzwischen haben Tochter und Sohn das 1-MW-Kraftwerk geerbt − führten die Klage des Vaters gegen den Abgabenbescheid fort. Ihnen wollte nicht in den Kopf, warum das Modulfeld überhaupt einen Wasseranschluss benötigen sollte. Für die Brandbekämpfung im Notfall ist ein Löschteich angelegt, das äußerst selten erforderliche Reinigen soll eine Spezialfirma mit aufbereitetem Wasser aus eigenem Tank erledigen.

Bisher kaum Rechtsprechung zu Wasseranschlüssen

Weil die deutsche Rechtsprechung einen solchen Fall nicht kennt und das OVG eine grundsätzliche Bedeutung in der Sache erkannte, hatte der 15. Senat in Münster unter Vorsitz von OVG-Vizepräsident Sebastian Beimesche die Berufung des WTL zugelassen. Denn schon in erster Instanz hatte der in Ibbenbüren ansässige Wasserverband vor dem Verwaltungsgericht im Oktober 2020 mit seiner Position eine Schlappe erlitten.

Der auf Abgabenordnung spezialisierte Senat ließ der Klage auch letztinstanzlich keine Chance. Die Familie bekommt das 2017 gezahlte Geld in Höhe von 46.000 Euro, beim Zweitbescheid war die Löschteich-Fläche herausgerechnet, plus Zinsen in Kürze zurück. Richter Sebastian Beimesche stellte aber den Einzelfall der Entscheidung heraus. Denn in Hopsten liegen Voraussetzungen vor, die nicht auf jede Freiflächenanlage zutreffen. Sie könnte gleichwohl für kommende Solarparks bedeutsam und so etwas wie ein Spartipp für Projektierer sein.

In Hopsten hatte die Gemeinde für die außerorts liegende Fläche, auf der zuvor eine per Brunnen versorgte Zimmerei abgebrannt war, einen eigenen, vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufgestellt. Und der erlaubte dort nichts anderes als eine Freiflächensolaranlage. Hier liegt der springende Punkt: Solarparks entstehen häufig auch in Mischgebieten und damit auf Flächen, auf denen eine unterschiedliche Nutzung in Frage kommt. Dort hätte ein Stadtwerk oder – wie im vorliegenden Fall – ein überörtlicher Wasserverband durchaus die Möglichkeit, Anschlussbeiträge gemäß Flächengröße zu verlangen.

Das OVG in Münster aber legte sich fest: Für das Gelände in Hopsten, auf dem lediglich noch ein unbewohnbares Trafohäuschen steht, ergibt ein Anschluss an die dort entlang laufenden Wasserleitungen keinen Sinn. Laut Kommunalabgabengesetz könne die Familie keinen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Anschluss ziehen. Dies aber ist Voraussetzung für die Beitragszahlung.

Anders gesagt: Die Wasserversorgung über Kommune oder Verband muss vorteilhafter und günstiger sein als eine in Eigenregie. Die Titzmanns jedoch hatten mit ihrem Rechtsbeistand, dem früheren OVG-Bausenatsvorsitzenden Bernd Schulte, die besseren Argumente.
 

Auch zehn Jahre nach Inbetriebnahme stehe die erste Putzaktion in der Anlage noch aus. Damit sei belegt, dass es keinen „regelmäßigen“ Verbrauch von Wasser auf der Fläche gibt und der seltene Auftrag an eine Reinigungsfirma günstiger kommt.

Anschluss- und Benutzungszwang des Netzes nicht sinnvoll

Richter Sebastian Beimesche folgte dieser Argumentation in einem wichtigen Punkt. Der WTL könne sich nicht auf seine Satzung berufen, die ihm grundsätzlich das Recht gibt, einen Anschluss- und Benutzungszwang auch für den Fall durchzusetzen, dass Flächeneigentümer Alternativen besitzen. Laut Gericht handele es sich nicht um regelmäßigen Wasserverbrauch, wenn eine Freiflächensolaranlage im Turnus von einmal pro Jahr bis zu einmal alle zehn Jahre zu putzen sei. Auch greife in Hopsten der denkbare Vorteil nicht, durch Leitungswasser grundsätzlich die Module zu säubern und dadurch langlebiger zu machen. Wegen der selten erforderlichen Reinigung sei dies über Reinigungsfirmen „ökonomisch sinnvoller“ zu regeln.

Auch zum Thema „Solarpark in Flammen“ positionierte der Senat sich eindeutig. Für Brände seien laut Landesgesetzen die Kommunen mit ihren Feuerwehren zuständig. Und damit obliege es der Gemeinde, die Wasserversorgung für Notfälle zu gewährleisten. Da Hydranten in unmittelbarer Nähe des Geländes und letztlich auch ein Löschteich am Solarpark selbst zur Verfügung stünden, sei dem Brandschutz Genüge getan.

Der WTL will laut Geschäftsführer Thomas Meyer vermutlich keine Beschwerde in Leipzig gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen. (Aktenzeichen 15 A 3204/20)

Dienstag, 29.08.2023, 16:50 Uhr
Volker Stephan
Energie & Management > Recht - Trotz Feuer oder Dreck keine Wasseranschlusspflicht im PV-Park
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
Recht
Trotz Feuer oder Dreck keine Wasseranschlusspflicht im PV-Park
Ist eine Freiflächensolaranlage dreckig oder in Brand geraten, muss nicht zwingend Wasser aus dem öffentlichen Netz her. Ein wegweisendes Urteil spart dem Anlagenbetreiber 46.000 Euro.
Die Aufregung bei Familie Titzmann war groß. Vier Jahre nachdem die Emsländer einen Solarpark in Hopsten an der Nordspitze Westfalens errichtet hatten, flatterte ihnen ein Gebührenbescheid ins Haus. Fast 50.000 Euro verlangte der Wasserversorgungsverband Tecklenburger Land (WTL) im Jahr 2017. Dies sei die Rechnung für die Möglichkeit, das zwei Hektar große Areal an die Wasserversorgung und eine vorhandene Leitung anzuschließen. Die Titzmanns zahlten, widerwillig.

Sechs Jahre später, am 29. August, kam es in der Sache vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) für Nordrhein-Westfalen zum Showdown. Denn die Anlagenbetreiber − inzwischen haben Tochter und Sohn das 1-MW-Kraftwerk geerbt − führten die Klage des Vaters gegen den Abgabenbescheid fort. Ihnen wollte nicht in den Kopf, warum das Modulfeld überhaupt einen Wasseranschluss benötigen sollte. Für die Brandbekämpfung im Notfall ist ein Löschteich angelegt, das äußerst selten erforderliche Reinigen soll eine Spezialfirma mit aufbereitetem Wasser aus eigenem Tank erledigen.

Bisher kaum Rechtsprechung zu Wasseranschlüssen

Weil die deutsche Rechtsprechung einen solchen Fall nicht kennt und das OVG eine grundsätzliche Bedeutung in der Sache erkannte, hatte der 15. Senat in Münster unter Vorsitz von OVG-Vizepräsident Sebastian Beimesche die Berufung des WTL zugelassen. Denn schon in erster Instanz hatte der in Ibbenbüren ansässige Wasserverband vor dem Verwaltungsgericht im Oktober 2020 mit seiner Position eine Schlappe erlitten.

Der auf Abgabenordnung spezialisierte Senat ließ der Klage auch letztinstanzlich keine Chance. Die Familie bekommt das 2017 gezahlte Geld in Höhe von 46.000 Euro, beim Zweitbescheid war die Löschteich-Fläche herausgerechnet, plus Zinsen in Kürze zurück. Richter Sebastian Beimesche stellte aber den Einzelfall der Entscheidung heraus. Denn in Hopsten liegen Voraussetzungen vor, die nicht auf jede Freiflächenanlage zutreffen. Sie könnte gleichwohl für kommende Solarparks bedeutsam und so etwas wie ein Spartipp für Projektierer sein.

In Hopsten hatte die Gemeinde für die außerorts liegende Fläche, auf der zuvor eine per Brunnen versorgte Zimmerei abgebrannt war, einen eigenen, vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufgestellt. Und der erlaubte dort nichts anderes als eine Freiflächensolaranlage. Hier liegt der springende Punkt: Solarparks entstehen häufig auch in Mischgebieten und damit auf Flächen, auf denen eine unterschiedliche Nutzung in Frage kommt. Dort hätte ein Stadtwerk oder – wie im vorliegenden Fall – ein überörtlicher Wasserverband durchaus die Möglichkeit, Anschlussbeiträge gemäß Flächengröße zu verlangen.

Das OVG in Münster aber legte sich fest: Für das Gelände in Hopsten, auf dem lediglich noch ein unbewohnbares Trafohäuschen steht, ergibt ein Anschluss an die dort entlang laufenden Wasserleitungen keinen Sinn. Laut Kommunalabgabengesetz könne die Familie keinen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Anschluss ziehen. Dies aber ist Voraussetzung für die Beitragszahlung.

Anders gesagt: Die Wasserversorgung über Kommune oder Verband muss vorteilhafter und günstiger sein als eine in Eigenregie. Die Titzmanns jedoch hatten mit ihrem Rechtsbeistand, dem früheren OVG-Bausenatsvorsitzenden Bernd Schulte, die besseren Argumente.
 

Auch zehn Jahre nach Inbetriebnahme stehe die erste Putzaktion in der Anlage noch aus. Damit sei belegt, dass es keinen „regelmäßigen“ Verbrauch von Wasser auf der Fläche gibt und der seltene Auftrag an eine Reinigungsfirma günstiger kommt.

Anschluss- und Benutzungszwang des Netzes nicht sinnvoll

Richter Sebastian Beimesche folgte dieser Argumentation in einem wichtigen Punkt. Der WTL könne sich nicht auf seine Satzung berufen, die ihm grundsätzlich das Recht gibt, einen Anschluss- und Benutzungszwang auch für den Fall durchzusetzen, dass Flächeneigentümer Alternativen besitzen. Laut Gericht handele es sich nicht um regelmäßigen Wasserverbrauch, wenn eine Freiflächensolaranlage im Turnus von einmal pro Jahr bis zu einmal alle zehn Jahre zu putzen sei. Auch greife in Hopsten der denkbare Vorteil nicht, durch Leitungswasser grundsätzlich die Module zu säubern und dadurch langlebiger zu machen. Wegen der selten erforderlichen Reinigung sei dies über Reinigungsfirmen „ökonomisch sinnvoller“ zu regeln.

Auch zum Thema „Solarpark in Flammen“ positionierte der Senat sich eindeutig. Für Brände seien laut Landesgesetzen die Kommunen mit ihren Feuerwehren zuständig. Und damit obliege es der Gemeinde, die Wasserversorgung für Notfälle zu gewährleisten. Da Hydranten in unmittelbarer Nähe des Geländes und letztlich auch ein Löschteich am Solarpark selbst zur Verfügung stünden, sei dem Brandschutz Genüge getan.

Der WTL will laut Geschäftsführer Thomas Meyer vermutlich keine Beschwerde in Leipzig gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen. (Aktenzeichen 15 A 3204/20)

Dienstag, 29.08.2023, 16:50 Uhr
Volker Stephan

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.