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Energie & Management > Recht - Gericht verbietet Grundversorger Split-Tarife
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Recht

Gericht verbietet Grundversorger Split-Tarife

Der Ökostrom-Anbieter Lichtblick hat gegen den Kommunalversorger Mainova eine einstweilige Verfügung wegen dessen Split-Tarifen erwirkt. Das soll erst der Anfang sein.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Split-Tarife des hessischen Regionalversorgers Mainova gestoppt. Per einstweiliger Verfügung untersagte es dem Unternehmen, zum einen Preise festzuschreiben, "deren Höhe je nach Beginn der Grund- oder Ersatzversorgung unterschiedlich ist“. Zum anderen verbot das Gericht die Ungleichbehandlung von Verbrauchenden: Von Kunden dürfen keine Preise verlangt werden, „die je nach Beginn der Grund- oder Ersatzversorgung abweichen von den Arbeitspreisen anderer Kunden“ in dieser Versorgung, heißt es in dem Beschluss des Gerichts, der dieser Redaktion vorliegt. (Aktenzeichen: 03-06 O 6/22)

"Wir haben das Urteil heute bekommen. Wir halten uns selbstverständlich an die Vorgaben“, sagte ein Sprecher von Mainnova am 21. Februar zu E&M. Gegen die Eilentscheidung kann der Versorger freilich Widerspruch einlegen. „Wir prüfen das“, hieß es weiter.

Verband sieht Rechtmäßigkeit nicht infrage gestellt

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hält den Beschluss für juristisch wackelig. „Das Landgericht Frankfurt hat seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne nähere Begründung getroffen“, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing, „Unsere Position, dass gesplittete Grundversorgertarife rechtlich zulässig sind, wird durch diesen Beschluss nicht in Frage gestellt. Mehrere Gerichte und auch Kartellbehörden haben bereits die Rechtmäßigkeit des Preissplittings bestätigt.“ Liebing verweist darauf, dass andernorts Anträge auf einstweilige Verfügungen zurückgewiesen wurden.

Abgewiesen wurden etwa Eilanträge gegen die Stadtwerke Leizig und den Berliner Gas-Grundversorger Gasag. Wie im Fall von Mainova schaltete der Ökostrom-Anbieter Lichtblick die Justiz ein. „Das Landgericht Frankfurt hat der Selbstbedienungsmentalität des Grundversorgers einen Riegel vorgeschoben“, kommentiert Markus Adam den Beschluss.„Die betroffenen Stadtwerke brechen nicht nur deutsches, sondern auch europäisches Recht“, meint der Lichtblick-Jurist.

Lichtblick geht gegen Gasag in Berufung

Man werde weiter gegen einzelne Versorger vorgehen, teilt der Ökostrom-Anbieter mit. Sollte Mainova Widerspruch einlegen, würde man gegebenenfalls auch in zweiter Instanz klagen, heißt es.

In die nächste Runde geht etwa die Auseinandersetzung mit der Gasag. Im Januar hatte das Landgericht Berlin Lichtblick abblitzen lassen. Die Gasag: "Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass es in der Sache nicht ersichtlich ist, dass eine Preisspaltung in der Grundversorgung schlechthin unzulässig sei und das Preismodell der Gasag daher aus energierechtlichen Gründen auf jeden Fall unzulässig wäre."

Auch die Verbraucherzentrale NRW geht weiter gegen Grundversorger mit Split-Tarifen vor. Anfang Februar hatte das Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen Rheinenergie abgelehnt. „Wir haben inzwischen Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt“, sagt VZ-Energiereferent Holger Schneidewindt. Offen sind auch die beiden anderen Fälle, die die Verbraucherschützer verfolgen.

Preise "durch nichts zu rechtfertigen"

Lichtblick nimmt noch mehr Anstoß an Mainova: Es sei auch unverhältnismäßig stark an der Preisschraube gedreht worden, moniert das Hamburger Unternehmen, das selber in einigen Netzgebieten Grundversorger ist. „Solche Preise sind durch nichts zu rechtfertigen“, sagt ein Lichtblick-Sprecher über die 79,99 Cent pro Kilowattstunde, die Mainova für Neukundinnen und -kunden in der Grund- und Ersatzversorgung Anfang des Jahres festsetzte. „Das war ein Aufschlag von 245 Prozent gegenüber den Bestandskunden.“ Auch die 57,70 Cent, auf die Mainova den Tarif im Februar gesenkt wurde, hält man bei Lichtblick für unangemessen.

Grundversorungssystem aus der Zeit gefallen?
 
VKU-Chef Liebing sieht den Ökostrom-Anbieter eine andere Rechnung aufmachen: „Unserer Kenntnis nach argumentiert Lichtblick damit, dass die Preise für Bestandskunden in der Grundversorgung zu niedrig sind.“ Das Unternehmen wolle also, „dass in einer Energiepreiskrise die Kosten für meisten Kunden in der Grundversorgung steigen“. Das würde nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers auch Verbraucher treffen, die „die aus Bonitätsgründen gar nicht wechseln könnten“.

Lichtblick kritisiert das Grundversorgungssystem als „Cashcow der Stadtwerke“. Es liege auf der Hand, warum es mit „Zähnen und Klauen verteidigt wird“, sagt der Lichtblick-Sprecher. Das ganze System der Grund- und Ersatzversorgung sei überholt. Es sei an der Zeit, auch hier Wettbewerb, zum Beispiel über Ausschreibungen, zu ermöglichen.

Montag, 21.02.2022, 16:26 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Recht - Gericht verbietet Grundversorger Split-Tarife
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Gericht verbietet Grundversorger Split-Tarife
Der Ökostrom-Anbieter Lichtblick hat gegen den Kommunalversorger Mainova eine einstweilige Verfügung wegen dessen Split-Tarifen erwirkt. Das soll erst der Anfang sein.
Das Landgericht Frankfurt am Main hat die Split-Tarife des hessischen Regionalversorgers Mainova gestoppt. Per einstweiliger Verfügung untersagte es dem Unternehmen, zum einen Preise festzuschreiben, "deren Höhe je nach Beginn der Grund- oder Ersatzversorgung unterschiedlich ist“. Zum anderen verbot das Gericht die Ungleichbehandlung von Verbrauchenden: Von Kunden dürfen keine Preise verlangt werden, „die je nach Beginn der Grund- oder Ersatzversorgung abweichen von den Arbeitspreisen anderer Kunden“ in dieser Versorgung, heißt es in dem Beschluss des Gerichts, der dieser Redaktion vorliegt. (Aktenzeichen: 03-06 O 6/22)

"Wir haben das Urteil heute bekommen. Wir halten uns selbstverständlich an die Vorgaben“, sagte ein Sprecher von Mainnova am 21. Februar zu E&M. Gegen die Eilentscheidung kann der Versorger freilich Widerspruch einlegen. „Wir prüfen das“, hieß es weiter.

Verband sieht Rechtmäßigkeit nicht infrage gestellt

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hält den Beschluss für juristisch wackelig. „Das Landgericht Frankfurt hat seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und ohne nähere Begründung getroffen“, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing, „Unsere Position, dass gesplittete Grundversorgertarife rechtlich zulässig sind, wird durch diesen Beschluss nicht in Frage gestellt. Mehrere Gerichte und auch Kartellbehörden haben bereits die Rechtmäßigkeit des Preissplittings bestätigt.“ Liebing verweist darauf, dass andernorts Anträge auf einstweilige Verfügungen zurückgewiesen wurden.

Abgewiesen wurden etwa Eilanträge gegen die Stadtwerke Leizig und den Berliner Gas-Grundversorger Gasag. Wie im Fall von Mainova schaltete der Ökostrom-Anbieter Lichtblick die Justiz ein. „Das Landgericht Frankfurt hat der Selbstbedienungsmentalität des Grundversorgers einen Riegel vorgeschoben“, kommentiert Markus Adam den Beschluss.„Die betroffenen Stadtwerke brechen nicht nur deutsches, sondern auch europäisches Recht“, meint der Lichtblick-Jurist.

Lichtblick geht gegen Gasag in Berufung

Man werde weiter gegen einzelne Versorger vorgehen, teilt der Ökostrom-Anbieter mit. Sollte Mainova Widerspruch einlegen, würde man gegebenenfalls auch in zweiter Instanz klagen, heißt es.

In die nächste Runde geht etwa die Auseinandersetzung mit der Gasag. Im Januar hatte das Landgericht Berlin Lichtblick abblitzen lassen. Die Gasag: "Das Landgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass es in der Sache nicht ersichtlich ist, dass eine Preisspaltung in der Grundversorgung schlechthin unzulässig sei und das Preismodell der Gasag daher aus energierechtlichen Gründen auf jeden Fall unzulässig wäre."

Auch die Verbraucherzentrale NRW geht weiter gegen Grundversorger mit Split-Tarifen vor. Anfang Februar hatte das Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen Rheinenergie abgelehnt. „Wir haben inzwischen Beschwerde gegen die Entscheidung eingelegt“, sagt VZ-Energiereferent Holger Schneidewindt. Offen sind auch die beiden anderen Fälle, die die Verbraucherschützer verfolgen.

Preise "durch nichts zu rechtfertigen"

Lichtblick nimmt noch mehr Anstoß an Mainova: Es sei auch unverhältnismäßig stark an der Preisschraube gedreht worden, moniert das Hamburger Unternehmen, das selber in einigen Netzgebieten Grundversorger ist. „Solche Preise sind durch nichts zu rechtfertigen“, sagt ein Lichtblick-Sprecher über die 79,99 Cent pro Kilowattstunde, die Mainova für Neukundinnen und -kunden in der Grund- und Ersatzversorgung Anfang des Jahres festsetzte. „Das war ein Aufschlag von 245 Prozent gegenüber den Bestandskunden.“ Auch die 57,70 Cent, auf die Mainova den Tarif im Februar gesenkt wurde, hält man bei Lichtblick für unangemessen.

Grundversorungssystem aus der Zeit gefallen?
 
VKU-Chef Liebing sieht den Ökostrom-Anbieter eine andere Rechnung aufmachen: „Unserer Kenntnis nach argumentiert Lichtblick damit, dass die Preise für Bestandskunden in der Grundversorgung zu niedrig sind.“ Das Unternehmen wolle also, „dass in einer Energiepreiskrise die Kosten für meisten Kunden in der Grundversorgung steigen“. Das würde nach Ansicht des Hauptgeschäftsführers auch Verbraucher treffen, die „die aus Bonitätsgründen gar nicht wechseln könnten“.

Lichtblick kritisiert das Grundversorgungssystem als „Cashcow der Stadtwerke“. Es liege auf der Hand, warum es mit „Zähnen und Klauen verteidigt wird“, sagt der Lichtblick-Sprecher. Das ganze System der Grund- und Ersatzversorgung sei überholt. Es sei an der Zeit, auch hier Wettbewerb, zum Beispiel über Ausschreibungen, zu ermöglichen.

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Manfred Fischer

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