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Energie & Management > Wirtschaft - Wie teuer wird die BMP-Pleite für Stadtwerke?
Quelle: Fotolia / caruso13
Wirtschaft

Wie teuer wird die BMP-Pleite für Stadtwerke?

Das Insolvenzverfahren für BMP Greengas läuft. Der VKU spricht von einem finanziellen Desaster für Stadtwerke und sieht die Konzernmutter EnBW in der Pflicht.
Stößt sich BMP Greengas auf Kosten kommunaler Versorger gesund? Jetzt ist das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung für den Biomethan-Vermarkter, ein Ableger der EnBW-Konzerngesellschaft Erdgas Südwest, eingeleitet worden. Bereits im Juni hatte das Münchner Unternehmen das Schutzschirmverfahren beantragt. BMP Greengas will nach eigener Aussage "das gesamte Verfahren im Interesse aller Beteiligten im Oktober 2023" beenden. Danach, so heißt es, wolle man "nachhaltig saniert sein und somit wieder regulär am Markt agieren können".

Doch die Botschaft kommt längst nicht überall gut an, im Gegenteil. "Das ist nicht nur ein Desaster für die Kunden von BMP Greengas, es ist eine Pleite für die Energiewende, weil die Ziele der Wärmewende torpediert werden", sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing. Die Eröffnung des Insolvenzfahren sieht man beim VKU gleichsam als Freibrief für den angeschlagenen Ökogas-Händler, sich "zulasten vieler Stadtwerke" einen schlanken Fuß zu machen.

Schweigen in der Landesregierung

"Sicher ist, dass sich veritable Lieferausfälle realisieren und der gesamte Markt nachhaltig gestört werden", sagt Liebing. Insgesamt taxiert man beim VKU den finanziellen Schaden für Stadtwerke infolge der angekündigten Mengenkürzungen und Preiserhöhungen von BMP auf einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe. Der VKU-Chef zeigt sich irritiert darüber, dass EnBW den Schaden nicht abwendet. "Lieferausfall und Ersatzbeschaffung ziehen in der Regel eine Verteuerung für alle Kunden nach sich, die dann möglicherweise mit noch teureren staatlichen Abfederungen kompensiert werden müssen."
 
 
Liebing sieht die baden-württembergische Landesregierung gefordert, Einfluss auf den Energieriesen zu nehmen. "Wir erwarten, dass die Eigentümer Verantwortung übernehmen: Gerade von einem öffentlichen Unternehmen und seinem Mehrheitseigner kann man dies zu Recht erwarten." Das Land ist seit zehn Jahren an EnBW beteiligt, der Anteil beträgt 46,55 Prozent. Weitere 46,75 Prozent hält der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW). Doch ob die Politik sich einschaltet? Das zuständige Finanzministerium hielt sich bis Redaktionsschluss auf eine Anfrage der Redaktion hin bedeckt.

EnBW verweist auf rechtliche Beschränkungen. "Ab dem Zeitpunkt, ab dem die außergerichtliche Sanierung einer Konzerngesellschaft nicht mehr mit hinreichender Erfolgsaussicht möglich ist, lassen es die rechtlichen Pflichten des Vorstands einer Konzernobergesellschaft nicht mehr zu, einer in Schieflage befindlichen Konzerngesellschaft weiter unbesichert Finanzmittel zur Verfügung zu stellen", erklärt eine Sprecherin des Unternehmens.

Bei den Bemühungen, außergerichtlich eine Sanierung zu erreichen, sei BMP Greengas durch die "Erdgas Südwest GmbH und die EnBW Energie Baden-Württemberg AG stark unterstützt" worden, "insbesondere auch finanziell". Als sich herausgestellt habe, dass die außergerichtlichen Sanierungsbemühungen keinen Erfolg haben würden, seien bei EnBW bereits Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe "in diesem Gesamtkomplex aufgelaufen", so die Sprecherin.

Schlechtes Risikomanagement?

BMP Greengas begründet die Schieflage und den Gang unter den Schutzschirm mit "Marktverschiebungen" und dem Krieg in der Ukraine. Beide hätten es unmöglich gemacht, die vereinbarten Mengen an Biomethan zu liefern. Trotz "sehr großer Bemühungen" sei es nicht gelungen, die Schieflage in der Beschaffungssituation zu beseitigen.

In Stadtwerke-Kreisen ist dagegen von unternehmerischen Versäumnissen die Rede. "Wenn ein Versorger einen so langfristigen Vertrag anbietet, muss er im Rahmen des Risikomanagements auch langfristig Biomethan einkaufen können. Wir haben gegenüber unseren Kunden ebenfalls langfristige Lieferverpflichtungen, die wir einhalten müssen", monierte der Geschäftsführer des Kommunalversorgers Medl in Mülheim an der Ruhr, Hendrik Dönnebrink, im Handelsblatt. Der Vertrag von Medl mit BMP Greengas hätte noch zehn Jahre laufen sollen.

Kommt es im Zuge des Insolvenzverfahrens möglicherweise zu weiteren Vertragsauflösungen mit Stadtwerken? Steigt BMP Greengas unter Umständen auch noch aus kürzlich geschlossenen Änderungsverträgen aus? Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz von der Kanzlei Grub und Brugger war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Mittwoch, 2.08.2023, 17:00 Uhr
Manfred Fischer
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Wie teuer wird die BMP-Pleite für Stadtwerke?
Das Insolvenzverfahren für BMP Greengas läuft. Der VKU spricht von einem finanziellen Desaster für Stadtwerke und sieht die Konzernmutter EnBW in der Pflicht.
Stößt sich BMP Greengas auf Kosten kommunaler Versorger gesund? Jetzt ist das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung für den Biomethan-Vermarkter, ein Ableger der EnBW-Konzerngesellschaft Erdgas Südwest, eingeleitet worden. Bereits im Juni hatte das Münchner Unternehmen das Schutzschirmverfahren beantragt. BMP Greengas will nach eigener Aussage "das gesamte Verfahren im Interesse aller Beteiligten im Oktober 2023" beenden. Danach, so heißt es, wolle man "nachhaltig saniert sein und somit wieder regulär am Markt agieren können".

Doch die Botschaft kommt längst nicht überall gut an, im Gegenteil. "Das ist nicht nur ein Desaster für die Kunden von BMP Greengas, es ist eine Pleite für die Energiewende, weil die Ziele der Wärmewende torpediert werden", sagt der Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing. Die Eröffnung des Insolvenzfahren sieht man beim VKU gleichsam als Freibrief für den angeschlagenen Ökogas-Händler, sich "zulasten vieler Stadtwerke" einen schlanken Fuß zu machen.

Schweigen in der Landesregierung

"Sicher ist, dass sich veritable Lieferausfälle realisieren und der gesamte Markt nachhaltig gestört werden", sagt Liebing. Insgesamt taxiert man beim VKU den finanziellen Schaden für Stadtwerke infolge der angekündigten Mengenkürzungen und Preiserhöhungen von BMP auf einen Betrag in dreistelliger Millionenhöhe. Der VKU-Chef zeigt sich irritiert darüber, dass EnBW den Schaden nicht abwendet. "Lieferausfall und Ersatzbeschaffung ziehen in der Regel eine Verteuerung für alle Kunden nach sich, die dann möglicherweise mit noch teureren staatlichen Abfederungen kompensiert werden müssen."
 
 
Liebing sieht die baden-württembergische Landesregierung gefordert, Einfluss auf den Energieriesen zu nehmen. "Wir erwarten, dass die Eigentümer Verantwortung übernehmen: Gerade von einem öffentlichen Unternehmen und seinem Mehrheitseigner kann man dies zu Recht erwarten." Das Land ist seit zehn Jahren an EnBW beteiligt, der Anteil beträgt 46,55 Prozent. Weitere 46,75 Prozent hält der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW). Doch ob die Politik sich einschaltet? Das zuständige Finanzministerium hielt sich bis Redaktionsschluss auf eine Anfrage der Redaktion hin bedeckt.

EnBW verweist auf rechtliche Beschränkungen. "Ab dem Zeitpunkt, ab dem die außergerichtliche Sanierung einer Konzerngesellschaft nicht mehr mit hinreichender Erfolgsaussicht möglich ist, lassen es die rechtlichen Pflichten des Vorstands einer Konzernobergesellschaft nicht mehr zu, einer in Schieflage befindlichen Konzerngesellschaft weiter unbesichert Finanzmittel zur Verfügung zu stellen", erklärt eine Sprecherin des Unternehmens.

Bei den Bemühungen, außergerichtlich eine Sanierung zu erreichen, sei BMP Greengas durch die "Erdgas Südwest GmbH und die EnBW Energie Baden-Württemberg AG stark unterstützt" worden, "insbesondere auch finanziell". Als sich herausgestellt habe, dass die außergerichtlichen Sanierungsbemühungen keinen Erfolg haben würden, seien bei EnBW bereits Forderungen in dreistelliger Millionenhöhe "in diesem Gesamtkomplex aufgelaufen", so die Sprecherin.

Schlechtes Risikomanagement?

BMP Greengas begründet die Schieflage und den Gang unter den Schutzschirm mit "Marktverschiebungen" und dem Krieg in der Ukraine. Beide hätten es unmöglich gemacht, die vereinbarten Mengen an Biomethan zu liefern. Trotz "sehr großer Bemühungen" sei es nicht gelungen, die Schieflage in der Beschaffungssituation zu beseitigen.

In Stadtwerke-Kreisen ist dagegen von unternehmerischen Versäumnissen die Rede. "Wenn ein Versorger einen so langfristigen Vertrag anbietet, muss er im Rahmen des Risikomanagements auch langfristig Biomethan einkaufen können. Wir haben gegenüber unseren Kunden ebenfalls langfristige Lieferverpflichtungen, die wir einhalten müssen", monierte der Geschäftsführer des Kommunalversorgers Medl in Mülheim an der Ruhr, Hendrik Dönnebrink, im Handelsblatt. Der Vertrag von Medl mit BMP Greengas hätte noch zehn Jahre laufen sollen.

Kommt es im Zuge des Insolvenzverfahrens möglicherweise zu weiteren Vertragsauflösungen mit Stadtwerken? Steigt BMP Greengas unter Umständen auch noch aus kürzlich geschlossenen Änderungsverträgen aus? Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz von der Kanzlei Grub und Brugger war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar.

Mittwoch, 2.08.2023, 17:00 Uhr
Manfred Fischer

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