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Energie & Management > Windkraft Onshore - Umweltschützer versuchen, Transporte zu verunmöglichen
Quelle: Pixabay / Holger Schuea
Windkraft Onshore

Umweltschützer versuchen, Transporte zu verunmöglichen

Manche Umweltorganisationen gehen gerichtlich gegen die Ertüchtigung von Wegen für Schwerlaster vor, die Windkraft-Komponenten anliefern. Jetzt hat Hessen dem einen Riegel vorgeschoben.
Wirtschaftswege dürfen in Hessen demnächst ohne Genehmigung errichtet und verstärkt werden, wenn sie dem Bau von Energieerzeugern dienen. Der hessische Landtag schloss mit einer entsprechenden Klarstellung in der hessischen Bauordnung am 18. Juli ein Einfallstor für Verhinderungsklagen von Umweltorganisationen gegen Windparks. Die Änderung der hessischen Bauordnung steht in einem Artikelgesetz, das unter anderem die Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung des Bundes vollzieht, und wird demnächst verkündet. Sie tritt einen Tag danach in Kraft.

Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) kommentierte die Gesetzesnovelle als einen "weiteren Beitrag zum schnellen Ausbau der Windenergie in Hessen". Konkret reagierte die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden mit der Klarstellung auf einen juristischen Erfolg der "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" (SDW) im Februar gegen das Windpark-Projekt "Reinhardswald". Mit 18 Windrädern und einer Gesamtleistung von 101 MW ist es das bisher größte in Hessen.

Das Vorhaben wird seit elf Jahren geplant, und die SDW versucht, es zu verhindern. Der Windpark selbst ist seit Februar 2022 genehmigt (wir berichteten). Gegen den immissionsrechtlichen Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel zog die SDW vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel, der seit kurzem einen eigenen Windsenat hat. Und das gleich vierfach: Eil- und Hauptsacheverfahren gegen den Windpark selbst sowie Eil- und Hauptsacheverfahren gegen Ertüchtigung und Neubau von Forstwegen, um die Komponenten für die 18 Vestas-V-150-Turbinen an die Standorte zu bringen. Ein weiterer, separater Kläger ist dem Vernehmen nach eine "Naturschutzinitiative".

Der VGH stoppte nun diesen Februar per Eilbeschluss die Rodungen für die neuen Anlieferungswege. Er übernahm die Ansicht der SDW, wonach die Errichtung von "Zuwegungen" auf 5,50 Meter Breite und 60 Zentimeter Unterbau eine gesonderte Genehmigung brauche. Ein schwerlastfähiger Weg sei kein "privater Weg auf Baugrundstücken", der genehmigungsfrei wäre, so der VGH laut Mitteilung, sondern eine eigene "bauliche Anlage".

Ein genossenschaftlich-kommunales Vorhaben

"Wege waren noch nie ein Problem", beklagt sich Ralf Paschold, Geschäftsführer der Windpark Reinhardswald GmbH & Co KG. Der Windpark hätte Ende dieses Jahres in Betrieb gehen sollen, jetzt werde es 2025, so Paschold, nach 13 Jahren. Im Fall "Reinhardswald" möchte Paschold die "deutlichen" Mehrkosten durch die Verzögerung nicht mehr beziffern; sie seien jedenfalls "deutlich". Im Mai hatte er gegenüber Radio FFH von 60 Millionen Euro gesprochen, der Hälfte der ursprünglich angesetzten Kosten. Geschädigt seien nicht nur die Anteilseigner, eine Energiegenossenschaft sowie die kommunalen Versorger EAM und Städtische Werke Kassel, sondern die künftigen Generationen.

Paschold lobte gegenüber dieser Redaktion Bund und Land für ihr "rasches" Handeln zugunsten der Windkraft. Mit dem Klagegegner SDW verhandelt er seit Längerem über einen Vergleich; Details sind vertraulich. Bis mindestens Oktober geschehe an der Baustelle ohnehin nichts, so der Projektierer, da es von da an überhaupt erlaubt sei, Bäume zu fällen.

Wie die SDW argumentiert

Der Anwalt der SDW, Martin Gellermann, rechtfertigte deren Klagen damit, dass dem Windpark und den Transportwegen, die an einem Natura-2000-Schutzgebiet vorbeiführen, ein großer alter Buchenbestand zum Opfer fiele und die Biodiversität, vor allem die Haselmaus, beeinträchtigt würde. Der Projektierer habe sofort nach der immissionsrechtlichen Genehmigung die Buchen an den Windrad-Standorten fällen lassen, sodass die SDW wenigstens die Buchen an den Forstwegen retten wolle.

So sieht es in zwei anderen Ländern aus

Eine Stichprobe dieser Redaktion ergab, dass auch in anderen Bundesländern die Genehmigung einer Windkraftanlage nicht unbedingt die letzte Meile des Transports umfasst: In Bayern sind sowohl der dortige VGH als auch das Landratsamt Pfaffenhofen der Auffassung, dass zumindest Rodungen zugunsten von Schwerlast-Wegen gesondert waldrechtlich zu beantragen sind.

Hier hatte ebenfalls eine "anerkannte Umweltvereinigung" ihre Klagebefugnis gegen den Bürgerwindpark Pfaffenhofen voll ausgenutzt. Sie ließ sich auch nicht von Hinweisen der Gerichte beirren, dass ihre Erfolgsaussichten in der Hauptsache gering seien.

In Nordrhein-Westfalen hat es bisher genügt, das Anlegen von Schwerlastwegen für Windprojekte und die dafür nötigen Rodungen bei der unteren Naturschutzbehörde anzuzeigen. Das ergibt eine stichprobenartige Umfrage des dortigen Landesverbandes Erneuerbare Energien auf Anfrage. Allerdings verlange eine der Genehmigungsbehörden bereits einen eigenen Antrag. Die Landesregierung solle klarstellend eingreifen, hieß es.

Mittwoch, 19.07.2023, 16:51 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Windkraft Onshore - Umweltschützer versuchen, Transporte zu verunmöglichen
Quelle: Pixabay / Holger Schuea
Windkraft Onshore
Umweltschützer versuchen, Transporte zu verunmöglichen
Manche Umweltorganisationen gehen gerichtlich gegen die Ertüchtigung von Wegen für Schwerlaster vor, die Windkraft-Komponenten anliefern. Jetzt hat Hessen dem einen Riegel vorgeschoben.
Wirtschaftswege dürfen in Hessen demnächst ohne Genehmigung errichtet und verstärkt werden, wenn sie dem Bau von Energieerzeugern dienen. Der hessische Landtag schloss mit einer entsprechenden Klarstellung in der hessischen Bauordnung am 18. Juli ein Einfallstor für Verhinderungsklagen von Umweltorganisationen gegen Windparks. Die Änderung der hessischen Bauordnung steht in einem Artikelgesetz, das unter anderem die Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung des Bundes vollzieht, und wird demnächst verkündet. Sie tritt einen Tag danach in Kraft.

Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) kommentierte die Gesetzesnovelle als einen "weiteren Beitrag zum schnellen Ausbau der Windenergie in Hessen". Konkret reagierte die schwarz-grüne Koalition in Wiesbaden mit der Klarstellung auf einen juristischen Erfolg der "Schutzgemeinschaft Deutscher Wald" (SDW) im Februar gegen das Windpark-Projekt "Reinhardswald". Mit 18 Windrädern und einer Gesamtleistung von 101 MW ist es das bisher größte in Hessen.

Das Vorhaben wird seit elf Jahren geplant, und die SDW versucht, es zu verhindern. Der Windpark selbst ist seit Februar 2022 genehmigt (wir berichteten). Gegen den immissionsrechtlichen Bescheid des Regierungspräsidiums Kassel zog die SDW vor den Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Kassel, der seit kurzem einen eigenen Windsenat hat. Und das gleich vierfach: Eil- und Hauptsacheverfahren gegen den Windpark selbst sowie Eil- und Hauptsacheverfahren gegen Ertüchtigung und Neubau von Forstwegen, um die Komponenten für die 18 Vestas-V-150-Turbinen an die Standorte zu bringen. Ein weiterer, separater Kläger ist dem Vernehmen nach eine "Naturschutzinitiative".

Der VGH stoppte nun diesen Februar per Eilbeschluss die Rodungen für die neuen Anlieferungswege. Er übernahm die Ansicht der SDW, wonach die Errichtung von "Zuwegungen" auf 5,50 Meter Breite und 60 Zentimeter Unterbau eine gesonderte Genehmigung brauche. Ein schwerlastfähiger Weg sei kein "privater Weg auf Baugrundstücken", der genehmigungsfrei wäre, so der VGH laut Mitteilung, sondern eine eigene "bauliche Anlage".

Ein genossenschaftlich-kommunales Vorhaben

"Wege waren noch nie ein Problem", beklagt sich Ralf Paschold, Geschäftsführer der Windpark Reinhardswald GmbH & Co KG. Der Windpark hätte Ende dieses Jahres in Betrieb gehen sollen, jetzt werde es 2025, so Paschold, nach 13 Jahren. Im Fall "Reinhardswald" möchte Paschold die "deutlichen" Mehrkosten durch die Verzögerung nicht mehr beziffern; sie seien jedenfalls "deutlich". Im Mai hatte er gegenüber Radio FFH von 60 Millionen Euro gesprochen, der Hälfte der ursprünglich angesetzten Kosten. Geschädigt seien nicht nur die Anteilseigner, eine Energiegenossenschaft sowie die kommunalen Versorger EAM und Städtische Werke Kassel, sondern die künftigen Generationen.

Paschold lobte gegenüber dieser Redaktion Bund und Land für ihr "rasches" Handeln zugunsten der Windkraft. Mit dem Klagegegner SDW verhandelt er seit Längerem über einen Vergleich; Details sind vertraulich. Bis mindestens Oktober geschehe an der Baustelle ohnehin nichts, so der Projektierer, da es von da an überhaupt erlaubt sei, Bäume zu fällen.

Wie die SDW argumentiert

Der Anwalt der SDW, Martin Gellermann, rechtfertigte deren Klagen damit, dass dem Windpark und den Transportwegen, die an einem Natura-2000-Schutzgebiet vorbeiführen, ein großer alter Buchenbestand zum Opfer fiele und die Biodiversität, vor allem die Haselmaus, beeinträchtigt würde. Der Projektierer habe sofort nach der immissionsrechtlichen Genehmigung die Buchen an den Windrad-Standorten fällen lassen, sodass die SDW wenigstens die Buchen an den Forstwegen retten wolle.

So sieht es in zwei anderen Ländern aus

Eine Stichprobe dieser Redaktion ergab, dass auch in anderen Bundesländern die Genehmigung einer Windkraftanlage nicht unbedingt die letzte Meile des Transports umfasst: In Bayern sind sowohl der dortige VGH als auch das Landratsamt Pfaffenhofen der Auffassung, dass zumindest Rodungen zugunsten von Schwerlast-Wegen gesondert waldrechtlich zu beantragen sind.

Hier hatte ebenfalls eine "anerkannte Umweltvereinigung" ihre Klagebefugnis gegen den Bürgerwindpark Pfaffenhofen voll ausgenutzt. Sie ließ sich auch nicht von Hinweisen der Gerichte beirren, dass ihre Erfolgsaussichten in der Hauptsache gering seien.

In Nordrhein-Westfalen hat es bisher genügt, das Anlegen von Schwerlastwegen für Windprojekte und die dafür nötigen Rodungen bei der unteren Naturschutzbehörde anzuzeigen. Das ergibt eine stichprobenartige Umfrage des dortigen Landesverbandes Erneuerbare Energien auf Anfrage. Allerdings verlange eine der Genehmigungsbehörden bereits einen eigenen Antrag. Die Landesregierung solle klarstellend eingreifen, hieß es.

Mittwoch, 19.07.2023, 16:51 Uhr
Georg Eble

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