E&M exklusiv Newsletter:
E&M gratis testen:
Energie & Management > Gasnetz - Grüngasquoten sollen Gasnetze sichern
Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Gasnetz

Grüngasquoten sollen Gasnetze sichern

In der SPD-Bundestagsfraktion wird darüber nachgedacht, die Gas-Versorger zu verpflichten, ihren Lieferungen eine zunehmende Menge an grünen Gasen beizumischen.
Mit dem Ansatz einer verbindlichen Beimischungsquote will der Wasserstoffbeauftragte der SPD-Fraktion, Andreas Rimkus, einen zusätzlichen Anreiz schaffen, in die Produktion emissionsfreier und emissionsarmer Gase zu investieren. Unter "grüne Gase" sind gasförmige Energieträger aus nachhaltiger Produktion zu verstehen − wie Biomethan, synthetisches Methan oder Wasserstoff, der mithilfe von Grünstrom erzeugt wird.

In der Übergangsphase bis 2045 könnten laut Rimkus auch "emissionsarme" Gase eingesetzt werden, die weniger CO2 freisetzen als normales Erdgas. Rimkus und sein Fraktionskollege Bengt Bergt haben dazu ein Papier vorgelegt, das der Redaktion vorliegt und das nach der Sommerpause in der Fraktion diskutiert werden soll.

Danach müssten alle Versorgungsunternehmen, die Endkunden beliefern, ihrem Produkt ab 2025 einen prozentual ansteigenden Teil emissionsfreie Gase beimischen. 2025 sollen es zunächst 0,67 Prozent sein, 2030 wären es 7,6 Prozent und 2044 wären es 98,2 Prozent. Werden emissionsarme Gase eingesetzt, bei deren Verwendung etwa nur halb so viel CO2 entsteht wie beim Einsatz von Erdgas, müsste die Beimischung doppelt so hoch sein. Allerdings wäre der Einsatz "emissionsarmer" Gase nach 2045 nicht mehr möglich.

Sollte ein Versorger die vorgeschriebene Beimischungsquote nicht erreichen, müsste er eine Ausgleichszahlung von mindestens 1.200 Euro/Tonne CO2 bezahlen. Die genaue Höhe richtet sich in diesem Ansatz nach den Emissionen des fossilen Anteils am Gasmix des Vorjahres. Mit den Ausgleichszahlungen, die in die Millionen gehen können, wollen die Autoren des Papiers Investitionssicherheit für den Aufbau der notwendigen Kapazitäten zur Produktion grüner Gase schaffen.

Die Quotenlösung sei außerdem eine Garantie für den Fortbestand des Gasleitungsnetzes, heißt es in der SPD. Der inzwischen zurückgetretene Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hatte den Versorgern Anfang des Jahres noch empfohlen, das Gasleitungsnetz zurückzubauen. Gleichzeitig werde der Import von Erdgas auf das absolut erforderliche Maß reduziert. Die Importe könnten nur längerfristig ersetzt werden. Die Quoten reduzierten das Risiko, dass die LNG-Terminals auf Jahre hinaus durch Flüssigerdgas-Lieferungen blockiert würden. Über die Terminals könnten später auch steigende Mengen grüner Gase eingeführt werden.

Erste Reaktionen laut SPD positiv

In der SPD-Fraktion heißt es, erste Reaktionen aus der Wirtschaft seien positiv. Das Papier sei allerdings weder mit der Fraktion noch mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt. Eine Stellungnahme des Ministeriums lag bei Redaktionsschluss nicht vor. Der Lobbyverband der Branche, Zukunft Gas, wollte den Vorschlag nicht kommentieren. Man habe darüber noch nicht mit den Mitgliedsunternehmen gesprochen, sagte Verbandssprecher Charlie Grüneberg.

Grundsätzlich dürften dem Erdgas bislang 20 Prozent Wasserstoff beigemengt werden, technisch seien auch 30 Prozent unbedenklich. Um höhere Quoten zu erreichen, müsse das Netz wahrscheinlich nachgerüstet werden.

Die Umweltorganisation Agora Energiewende wollte den Vorschlag in der vorliegenden Form nicht bewerten. Die Experten weisen jedoch darauf hin, dass der Hochlauf des Wasserstoffgeschäftes in den Branchen, wo Wasserstoff voraussichtlich unverzichtbar ist, wie in der Stahlindustrie oder in Kraftwerken, durch den Einsatz in der Fläche behindert werden könnte. Für diese Branchen hätte die Beimischung eine preistreibende Wirkung, unter Umständen wäre nicht genug Wasserstoff für sie verfügbar.

Hinzu komme, dass eine 20-prozentige Beimischung von Wasserstoff mit Blick auf den Energiegehalt nur 7 Prozent des Erdgases ersetze und damit auch nur zu einem Rückgang der Treibhausgase um 7 Prozent führe. Viele Haushalte und viele Industriebetriebe könnten einen Energieträger, dem 20 Prozent oder mehr Wasserstoff beigemengt wären, aus technischen Gründen auch nicht einsetzen. Eine Untersuchung der Agora kam deswegen zu dem Ergebnis, dass rund 90 Prozent der Gasverteilnetze in Zukunft nicht mehr benötigt würden (wir berichteten).

Mittwoch, 2.08.2023, 17:05 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Gasnetz - Grüngasquoten sollen Gasnetze sichern
Quelle: Shutterstock / petrmalinak
Gasnetz
Grüngasquoten sollen Gasnetze sichern
In der SPD-Bundestagsfraktion wird darüber nachgedacht, die Gas-Versorger zu verpflichten, ihren Lieferungen eine zunehmende Menge an grünen Gasen beizumischen.
Mit dem Ansatz einer verbindlichen Beimischungsquote will der Wasserstoffbeauftragte der SPD-Fraktion, Andreas Rimkus, einen zusätzlichen Anreiz schaffen, in die Produktion emissionsfreier und emissionsarmer Gase zu investieren. Unter "grüne Gase" sind gasförmige Energieträger aus nachhaltiger Produktion zu verstehen − wie Biomethan, synthetisches Methan oder Wasserstoff, der mithilfe von Grünstrom erzeugt wird.

In der Übergangsphase bis 2045 könnten laut Rimkus auch "emissionsarme" Gase eingesetzt werden, die weniger CO2 freisetzen als normales Erdgas. Rimkus und sein Fraktionskollege Bengt Bergt haben dazu ein Papier vorgelegt, das der Redaktion vorliegt und das nach der Sommerpause in der Fraktion diskutiert werden soll.

Danach müssten alle Versorgungsunternehmen, die Endkunden beliefern, ihrem Produkt ab 2025 einen prozentual ansteigenden Teil emissionsfreie Gase beimischen. 2025 sollen es zunächst 0,67 Prozent sein, 2030 wären es 7,6 Prozent und 2044 wären es 98,2 Prozent. Werden emissionsarme Gase eingesetzt, bei deren Verwendung etwa nur halb so viel CO2 entsteht wie beim Einsatz von Erdgas, müsste die Beimischung doppelt so hoch sein. Allerdings wäre der Einsatz "emissionsarmer" Gase nach 2045 nicht mehr möglich.

Sollte ein Versorger die vorgeschriebene Beimischungsquote nicht erreichen, müsste er eine Ausgleichszahlung von mindestens 1.200 Euro/Tonne CO2 bezahlen. Die genaue Höhe richtet sich in diesem Ansatz nach den Emissionen des fossilen Anteils am Gasmix des Vorjahres. Mit den Ausgleichszahlungen, die in die Millionen gehen können, wollen die Autoren des Papiers Investitionssicherheit für den Aufbau der notwendigen Kapazitäten zur Produktion grüner Gase schaffen.

Die Quotenlösung sei außerdem eine Garantie für den Fortbestand des Gasleitungsnetzes, heißt es in der SPD. Der inzwischen zurückgetretene Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen hatte den Versorgern Anfang des Jahres noch empfohlen, das Gasleitungsnetz zurückzubauen. Gleichzeitig werde der Import von Erdgas auf das absolut erforderliche Maß reduziert. Die Importe könnten nur längerfristig ersetzt werden. Die Quoten reduzierten das Risiko, dass die LNG-Terminals auf Jahre hinaus durch Flüssigerdgas-Lieferungen blockiert würden. Über die Terminals könnten später auch steigende Mengen grüner Gase eingeführt werden.

Erste Reaktionen laut SPD positiv

In der SPD-Fraktion heißt es, erste Reaktionen aus der Wirtschaft seien positiv. Das Papier sei allerdings weder mit der Fraktion noch mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt. Eine Stellungnahme des Ministeriums lag bei Redaktionsschluss nicht vor. Der Lobbyverband der Branche, Zukunft Gas, wollte den Vorschlag nicht kommentieren. Man habe darüber noch nicht mit den Mitgliedsunternehmen gesprochen, sagte Verbandssprecher Charlie Grüneberg.

Grundsätzlich dürften dem Erdgas bislang 20 Prozent Wasserstoff beigemengt werden, technisch seien auch 30 Prozent unbedenklich. Um höhere Quoten zu erreichen, müsse das Netz wahrscheinlich nachgerüstet werden.

Die Umweltorganisation Agora Energiewende wollte den Vorschlag in der vorliegenden Form nicht bewerten. Die Experten weisen jedoch darauf hin, dass der Hochlauf des Wasserstoffgeschäftes in den Branchen, wo Wasserstoff voraussichtlich unverzichtbar ist, wie in der Stahlindustrie oder in Kraftwerken, durch den Einsatz in der Fläche behindert werden könnte. Für diese Branchen hätte die Beimischung eine preistreibende Wirkung, unter Umständen wäre nicht genug Wasserstoff für sie verfügbar.

Hinzu komme, dass eine 20-prozentige Beimischung von Wasserstoff mit Blick auf den Energiegehalt nur 7 Prozent des Erdgases ersetze und damit auch nur zu einem Rückgang der Treibhausgase um 7 Prozent führe. Viele Haushalte und viele Industriebetriebe könnten einen Energieträger, dem 20 Prozent oder mehr Wasserstoff beigemengt wären, aus technischen Gründen auch nicht einsetzen. Eine Untersuchung der Agora kam deswegen zu dem Ergebnis, dass rund 90 Prozent der Gasverteilnetze in Zukunft nicht mehr benötigt würden (wir berichteten).

Mittwoch, 2.08.2023, 17:05 Uhr
Tom Weingärtner

Haben Sie Interesse an Content oder Mehrfachzugängen für Ihr Unternehmen?

Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zur Nutzung von E&M-Inhalten oder den verschiedenen Abonnement-Paketen haben.
Das E&M-Vertriebsteam freut sich unter Tel. 08152 / 93 11-77 oder unter vertrieb@energie-und-management.de über Ihre Anfrage.