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Energie & Management > Effizienz - Zwei Drittel der Energieberater in ihrer Existenz bedroht
Quelle: E&M
Effizienz

Zwei Drittel der Energieberater in ihrer Existenz bedroht

Bestimmte Bundesprogramme rund um die energetische Sanierung sind wegen der Haushaltslücke derzeit ausgesetzt. Das trifft nicht nur den Berufsstand der Energieberater hart.
Jetzt dringen auch der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und der Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverband (GIH) an den Bundestag, die durch das Verfassungsgerichtsurteil gerissene Lücke von 60 Milliarden Euro für Klima und Energieeffizienz „schnellstmöglich“ zu schließen. Dies hatten zuvor schon der Bundesverband Erneuerbare Energie, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die Länder gefordert (wir berichteten). 

Der Berufsstand der Energieberater steht insgesamt auf dem Spiel, legt eine Umfrage nahe, die der GIH am 29. November in einem Pressegespräch vorlegte.

Nach derzeitigem Stand ist unter anderem der Förderbonus „individueller Sanierungsfahrplan“ (iSFP) wegen der von Finanzminister Christian Lindner (FDP) verfügten Haushaltssperre ausgesetzt, während die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) weiterläuft und ein Bundestagsbeschluss bereits die BEG-Richtlinie für nächstes Jahr beschlossen hat. Jetzt fehlen noch der Nachtragshaushalt 2023 und der Haushalt 2024.

Zwei Drittel von rund 2.000 Energieberatern im GIH, die dem Verband in einer aktuellen Umfrage geantwortet haben, empfinden das Aussetzen verschiedener Energieberatungs-Förderprogramme als „existenzbedrohend“, berichtete Benjamin Weismann vom GIH vor der Presse. Die Hälfte der Antwortenden erhalte keine Aufträge mehr oder leide an Auftragskürzungen.

Zudem warteten einige Energieberater noch auf die Auszahlung bereits beschiedener Fördersummen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im fünfstelligen Bereich und müssten dies zwischenfinanzieren oder könnten deswegen keine neuen Aufträge annehmen. Etliche, vor allem jüngere Spezialisten erwögen bereits ausdrücklich die Berufsaufgabe.
 
Von links oben nach rechts unten vor der Presse: Klaus Ackermann (Wärmepumpen-Hersteller Nibe), Peter Kuscher (Moderator, BWP), Benjamin Weismann (GIH) und Martin Sabel (BWP)
Quelle: E&M / Georg Eble

Besonders misslich findet Weismann, dass derzeit Öl- und Gasheizungen ausverkauft seien. Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die am 1. Januar 2024 in Kraft tritt, wird für den Einbau fossiler Heizungen eine Energieberatung verpflichtend. Das hält Weismann für „sinnvoll“, auch wenn der Umfang der Beratung noch nicht klar sei. „Viele Käufer kennen nicht die fünfstelligen Kosten, die sie über die Lebenszeit einer solchen Heizung durch den CO2-Preis haben, und sie wissen auch nicht, ob ihr Gasnetzanschluss zurückgebaut wird oder wie stark die Gasnetzentgelte steigen.“​

BWP: Verbraucher kennen Kostenrisiken fossiler Heizungen nicht

Sabel vom BWP sekundierte, solche Verbraucher gingen auch das Risiko ein, dass sie die Pflicht, 65 Prozent der Heizenergie aus Erneuerbaren beizumischen, nur mit hohen Kosten oder gar nicht erfüllen können. Diese Herausforderungen gibt es bei einer Wärmepumpe naturgemäß nicht.

Weismann (GIH) und Martin Sabel (BWP) richteten an den Bundestag den Aufruf, die dadurch entstandene „Verunsicherung“ bei Industrie, Handwerk, Energieberatern und Kunden zu beenden. Priorität sei, die Finanzierung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) zu sichern, statt anzufangen, an den Fördersätzen des BEG „herumzuschrauben“.

Wie die 60-Milliarden-Lücke gestopft werden soll, beantwortete Sabel mit dem Beispiel, klimaschädliche Subventionen zu streichen. Die Rücklagen aus dem Klima- und Transformationsfonds seien ja auch nach dem Urteil da, und im Übrigen sei das weniger Aufgabe eines Verbandes als vielmehr der Politik. Umgekehrt fordert der BWP eine Senkung von Umsatz- und Stromsteuer in einer Höhe, die sie an das Abgabenniveau von Erdgas angleicht.

Klaus Ackermann, Chef des Wärmepumpen-Herstellers Nibe, sagte, das Branchenziel, in diesem Jahr 350.000 Wärmepumpen herzustellen, sei erreichbar, wenn die Verunsicherung aufhöre. Jenseits von 2024 sei auch das Ziel 500.000 Einheiten „realistisch“. Derzeit „produzieren wir eher einen Überbestand“. Die Branche habe Investitionen in Werke von 5 Milliarden Euro binnen dreier Jahre begonnen oder ins Auge gefasst.

Mittwoch, 29.11.2023, 17:18 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Effizienz - Zwei Drittel der Energieberater in ihrer Existenz bedroht
Quelle: E&M
Effizienz
Zwei Drittel der Energieberater in ihrer Existenz bedroht
Bestimmte Bundesprogramme rund um die energetische Sanierung sind wegen der Haushaltslücke derzeit ausgesetzt. Das trifft nicht nur den Berufsstand der Energieberater hart.
Jetzt dringen auch der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und der Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverband (GIH) an den Bundestag, die durch das Verfassungsgerichtsurteil gerissene Lücke von 60 Milliarden Euro für Klima und Energieeffizienz „schnellstmöglich“ zu schließen. Dies hatten zuvor schon der Bundesverband Erneuerbare Energie, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und die Länder gefordert (wir berichteten). 

Der Berufsstand der Energieberater steht insgesamt auf dem Spiel, legt eine Umfrage nahe, die der GIH am 29. November in einem Pressegespräch vorlegte.

Nach derzeitigem Stand ist unter anderem der Förderbonus „individueller Sanierungsfahrplan“ (iSFP) wegen der von Finanzminister Christian Lindner (FDP) verfügten Haushaltssperre ausgesetzt, während die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) weiterläuft und ein Bundestagsbeschluss bereits die BEG-Richtlinie für nächstes Jahr beschlossen hat. Jetzt fehlen noch der Nachtragshaushalt 2023 und der Haushalt 2024.

Zwei Drittel von rund 2.000 Energieberatern im GIH, die dem Verband in einer aktuellen Umfrage geantwortet haben, empfinden das Aussetzen verschiedener Energieberatungs-Förderprogramme als „existenzbedrohend“, berichtete Benjamin Weismann vom GIH vor der Presse. Die Hälfte der Antwortenden erhalte keine Aufträge mehr oder leide an Auftragskürzungen.

Zudem warteten einige Energieberater noch auf die Auszahlung bereits beschiedener Fördersummen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) im fünfstelligen Bereich und müssten dies zwischenfinanzieren oder könnten deswegen keine neuen Aufträge annehmen. Etliche, vor allem jüngere Spezialisten erwögen bereits ausdrücklich die Berufsaufgabe.
 
Von links oben nach rechts unten vor der Presse: Klaus Ackermann (Wärmepumpen-Hersteller Nibe), Peter Kuscher (Moderator, BWP), Benjamin Weismann (GIH) und Martin Sabel (BWP)
Quelle: E&M / Georg Eble

Besonders misslich findet Weismann, dass derzeit Öl- und Gasheizungen ausverkauft seien. Mit der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), die am 1. Januar 2024 in Kraft tritt, wird für den Einbau fossiler Heizungen eine Energieberatung verpflichtend. Das hält Weismann für „sinnvoll“, auch wenn der Umfang der Beratung noch nicht klar sei. „Viele Käufer kennen nicht die fünfstelligen Kosten, die sie über die Lebenszeit einer solchen Heizung durch den CO2-Preis haben, und sie wissen auch nicht, ob ihr Gasnetzanschluss zurückgebaut wird oder wie stark die Gasnetzentgelte steigen.“​

BWP: Verbraucher kennen Kostenrisiken fossiler Heizungen nicht

Sabel vom BWP sekundierte, solche Verbraucher gingen auch das Risiko ein, dass sie die Pflicht, 65 Prozent der Heizenergie aus Erneuerbaren beizumischen, nur mit hohen Kosten oder gar nicht erfüllen können. Diese Herausforderungen gibt es bei einer Wärmepumpe naturgemäß nicht.

Weismann (GIH) und Martin Sabel (BWP) richteten an den Bundestag den Aufruf, die dadurch entstandene „Verunsicherung“ bei Industrie, Handwerk, Energieberatern und Kunden zu beenden. Priorität sei, die Finanzierung der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) zu sichern, statt anzufangen, an den Fördersätzen des BEG „herumzuschrauben“.

Wie die 60-Milliarden-Lücke gestopft werden soll, beantwortete Sabel mit dem Beispiel, klimaschädliche Subventionen zu streichen. Die Rücklagen aus dem Klima- und Transformationsfonds seien ja auch nach dem Urteil da, und im Übrigen sei das weniger Aufgabe eines Verbandes als vielmehr der Politik. Umgekehrt fordert der BWP eine Senkung von Umsatz- und Stromsteuer in einer Höhe, die sie an das Abgabenniveau von Erdgas angleicht.

Klaus Ackermann, Chef des Wärmepumpen-Herstellers Nibe, sagte, das Branchenziel, in diesem Jahr 350.000 Wärmepumpen herzustellen, sei erreichbar, wenn die Verunsicherung aufhöre. Jenseits von 2024 sei auch das Ziel 500.000 Einheiten „realistisch“. Derzeit „produzieren wir eher einen Überbestand“. Die Branche habe Investitionen in Werke von 5 Milliarden Euro binnen dreier Jahre begonnen oder ins Auge gefasst.

Mittwoch, 29.11.2023, 17:18 Uhr
Georg Eble

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