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Energie & Management > E-World 2024 - Zwang oder freie Wahl bei der Wärmewende
Quelle: Shutterstock / Richard Bradford
E-World 2024

Zwang oder freie Wahl bei der Wärmewende

Wie soll die Wärmewende organisiert werden? Bei einer Podiumsdiskussion plädierte der Chef der Stadtwerke Leipzig für einen zwangsweisen Fernwärme-Anschluss - und bekam Widerspruch.
Für Karsten Rogall, Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Leipzig, gibt es einen simplen Grund, warum es bei der Wärmewände der Bundesregierung stockt. Es werde aktuell im Wärmebereich „alles gefördert“, sagte Rogall am 19. Februar beim „Führungstreffen Energie“ vor der Leitmesse E-world in Essen. Das führe zu einem organisatorischen Wirrwarr. 

Sein Beispiel: In Leipzig gebe es einige Viertel, wo der Ausbau der Fernwärme sehr sinnvoll sei. Viele Leute präferierten aber eine Wärmepumpe in ihrem Haus und bekämen dafür auch eine Förderung. Rogall: „Eine Doppelförderung ist aber Unsinn.“ Er plädierte in diesem Zusammenhang für einen Zwangsanschluss von Kunden. 

Es dürfe im Wärmesektor nicht alle und jede Technik für den Einzelnen zugelassen werden. „Das ist für mich der falsche Weg“, sagte Rogall. Es sei hilfreicher, wenn klar wäre, was für alle Wärmenutzer gelten soll. So lasse sich der Einsatz vor allem der kapitalintensiven Fernwärme sinnvoll koordinieren.
 
Es diskutierten: (von links) Moderator Michael Bauchmüller, Michael Teigeler (Stadtwerke Heidelberg), Karsten Rogall (Stadtwerke Leipzig) und Thomas Engelke (VZBV). Axel Gedaschko (GdW) war zugeschaltet
Quelle: E&M / Stefan Sagmeister
 
 
Weiterhin: In vielen Stadtteilen in Leipzig sei gar kein Platz für Wärmepumpen. Die in der Regel zum Einsatz kommenden Luft-Luft-Wärmepumpen mit allen den benötigten Lüftern würden in den engen Hinterhöfen der Stadt massiv Raum einnehmen.

Hinzu käme das Problem des Stroms für die Wärmepumpen. Das Leipziger Stromnetz sei gar nicht ausgelegt für so viele Wärmepumpen. Die Kosten für die Ertüchtigung des Stromnetzes bezifferte Rogall auf 2 bis 3 Milliarden Euro.

Das sagt der Heidelberger Geschäftsführer

Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg, wollte nicht so weit gehen wie der Kollege aus Leipzig. Er wolle seinen Kunden die Wahl lassen. In einem Neubaugebiet könne es durchaus die Festlegung auf eine Energieform geben, wie zum Beispiel auf eine Fernwärme-Versorgung. Denn auch hier bleibe dem Wärmekunden eine „Alternative“: Er müsse dort ja nicht bauen.

Eine echte Alternative solle der Kunde laut Teigeler dafür im Bestand haben. Hier solle der Kunde selbst entscheiden dürfen, welche Technik er haben wolle. Wenn er keine Fernwärme wolle, sei das in Ordnung. Gleichwohl müsse dem Kunden auch klargemacht werden, dass er sich dann um die Dekarbonisierung im Wärmebereich selbst kümmern muss.

Verbraucherschutz gegen Zwang, Vermieter gegen Benachteiligung

Unterstützung bekam Teigeler von Thomas Engelke, Leiter des Teams „Energie und Bauen“ beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Auch er lehnte einen Zwang bei der Umstellung von Haushalten im Wärmebereich ab. „Einfach abklemmen geht nicht.“ Er und seine Kollegen haben festgestellt, dass die Diskussionen um die Wärmewende die Menschen „komplett verunsichert“ haben. 

Kritik kam auch von Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Mit der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sei eine Aufbruchstimmung „systematisch abgetötet worden“.

Die Wohnungsbau-Gesellschaften würden dabei zudem benachteiligt, weil sie kaum von Förderprogrammen profitierten. Um alles umzusetzen, was sich der Gesetzgeber wünscht, müsste die Miete massiv erhöht werden. Es gebe ein erhebliches Ungleichgewicht bei der Behandlung von selbstgenutztem und vermietetem Wohneigentum. Dieses Ungleichgewicht lähme die Wohnungsbau-Gesellschaften bei der Umsetzung der Wärmewende.

Montag, 19.02.2024, 16:41 Uhr
Stefan Sagmeister
Energie & Management > E-World 2024 - Zwang oder freie Wahl bei der Wärmewende
Quelle: Shutterstock / Richard Bradford
E-World 2024
Zwang oder freie Wahl bei der Wärmewende
Wie soll die Wärmewende organisiert werden? Bei einer Podiumsdiskussion plädierte der Chef der Stadtwerke Leipzig für einen zwangsweisen Fernwärme-Anschluss - und bekam Widerspruch.
Für Karsten Rogall, Sprecher der Geschäftsführung der Stadtwerke Leipzig, gibt es einen simplen Grund, warum es bei der Wärmewände der Bundesregierung stockt. Es werde aktuell im Wärmebereich „alles gefördert“, sagte Rogall am 19. Februar beim „Führungstreffen Energie“ vor der Leitmesse E-world in Essen. Das führe zu einem organisatorischen Wirrwarr. 

Sein Beispiel: In Leipzig gebe es einige Viertel, wo der Ausbau der Fernwärme sehr sinnvoll sei. Viele Leute präferierten aber eine Wärmepumpe in ihrem Haus und bekämen dafür auch eine Förderung. Rogall: „Eine Doppelförderung ist aber Unsinn.“ Er plädierte in diesem Zusammenhang für einen Zwangsanschluss von Kunden. 

Es dürfe im Wärmesektor nicht alle und jede Technik für den Einzelnen zugelassen werden. „Das ist für mich der falsche Weg“, sagte Rogall. Es sei hilfreicher, wenn klar wäre, was für alle Wärmenutzer gelten soll. So lasse sich der Einsatz vor allem der kapitalintensiven Fernwärme sinnvoll koordinieren.
 
Es diskutierten: (von links) Moderator Michael Bauchmüller, Michael Teigeler (Stadtwerke Heidelberg), Karsten Rogall (Stadtwerke Leipzig) und Thomas Engelke (VZBV). Axel Gedaschko (GdW) war zugeschaltet
Quelle: E&M / Stefan Sagmeister
 
 
Weiterhin: In vielen Stadtteilen in Leipzig sei gar kein Platz für Wärmepumpen. Die in der Regel zum Einsatz kommenden Luft-Luft-Wärmepumpen mit allen den benötigten Lüftern würden in den engen Hinterhöfen der Stadt massiv Raum einnehmen.

Hinzu käme das Problem des Stroms für die Wärmepumpen. Das Leipziger Stromnetz sei gar nicht ausgelegt für so viele Wärmepumpen. Die Kosten für die Ertüchtigung des Stromnetzes bezifferte Rogall auf 2 bis 3 Milliarden Euro.

Das sagt der Heidelberger Geschäftsführer

Michael Teigeler, Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg, wollte nicht so weit gehen wie der Kollege aus Leipzig. Er wolle seinen Kunden die Wahl lassen. In einem Neubaugebiet könne es durchaus die Festlegung auf eine Energieform geben, wie zum Beispiel auf eine Fernwärme-Versorgung. Denn auch hier bleibe dem Wärmekunden eine „Alternative“: Er müsse dort ja nicht bauen.

Eine echte Alternative solle der Kunde laut Teigeler dafür im Bestand haben. Hier solle der Kunde selbst entscheiden dürfen, welche Technik er haben wolle. Wenn er keine Fernwärme wolle, sei das in Ordnung. Gleichwohl müsse dem Kunden auch klargemacht werden, dass er sich dann um die Dekarbonisierung im Wärmebereich selbst kümmern muss.

Verbraucherschutz gegen Zwang, Vermieter gegen Benachteiligung

Unterstützung bekam Teigeler von Thomas Engelke, Leiter des Teams „Energie und Bauen“ beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Auch er lehnte einen Zwang bei der Umstellung von Haushalten im Wärmebereich ab. „Einfach abklemmen geht nicht.“ Er und seine Kollegen haben festgestellt, dass die Diskussionen um die Wärmewende die Menschen „komplett verunsichert“ haben. 

Kritik kam auch von Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Mit der Diskussion um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) sei eine Aufbruchstimmung „systematisch abgetötet worden“.

Die Wohnungsbau-Gesellschaften würden dabei zudem benachteiligt, weil sie kaum von Förderprogrammen profitierten. Um alles umzusetzen, was sich der Gesetzgeber wünscht, müsste die Miete massiv erhöht werden. Es gebe ein erhebliches Ungleichgewicht bei der Behandlung von selbstgenutztem und vermietetem Wohneigentum. Dieses Ungleichgewicht lähme die Wohnungsbau-Gesellschaften bei der Umsetzung der Wärmewende.

Montag, 19.02.2024, 16:41 Uhr
Stefan Sagmeister

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