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Energie & Management > Politik - Viele Knackpunkte bei der Kraftwerksstrategie
Quelle: Fotolia / Tom-Hanisch
Politik

Viele Knackpunkte bei der Kraftwerksstrategie

Die Regierungsparteien im Bund haben sich auf einen Plan zum Bau neuer Kraftwerke geeinigt. Die Energiebranche erkennt darin Positives – und Schwachstellen.
Nach monatelangen Verhandlungen der Ampelparteien steht die Entscheidung: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten „die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie sowie Festlegungen zu weiteren Vorhaben vereinbart“, teilt die Bundesregierung mit. Danach sollen „die Arbeiten an dem zukünftigen Strommarktdesign umgehend weiter vorangebracht und insbesondere Konzepte für einen marktlichen, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden, die bis spätestens 2028 operativ sein sollen“.

Vorgesehen ist, neue Kraftwerkskapazitäten „im Umfang von bis zu viermal 2.500 MW als H2-ready Gaskraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie kurzfristig“ auszuschreiben. Von einem im Jahr 2032 festzulegenden Umstiegsdatum an sollen die Anlagen zwischen 2035 und 2040 vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden.

Die Fördermittel für den Bau der Kraftwerke sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen, in Koalitionskreisen ist von rund 16 Milliarden Euro in den nächsten 20 Jahren die Rede. Zudem verspricht die Bundesregierung, „bestehende Hemmnisse für die Errichtung und den Betrieb von Elektrolyseuren ohne Einschränkung“ abzubauen.

Die offene F-Frage

Die Energiebranche sieht in der Entscheidung solide Ansätze, aber auch Knackpunkte. „Es ist enorm wichtig, dass die Bundesregierung endlich eine Entscheidung zur Kraftwerksstrategie getroffen hat. Dies ist ein entscheidender Baustein für einen erfolgreichen Weg in Richtung Klimaneutralität bei gleichzeitiger Wahrung der Versorgungs- und Systemsicherheit“, kommentiert Kerstin Andreae die Einigung. Die Hauptgeschäftsführerin des Energieverbandes BDEW verweist darauf, dass aber auch die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im Rahmen der Kraftwerksplanung bedacht werden müsse.

Und Andreae weist auf die offene F-Frage hin. Investoren bräuchten dringend Klarheit: „Die Finanzierungsfrage muss ebenso schnell geklärt werden wie die beihilferechtliche Sicherheit sowie die Standortfrage.“ Auch seien die konkreten Ausschreibungszeiträume für die Kraftwerke heute noch unklar.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), begrüßt, dass es jetzt „eine politische Verständigung über Eckpunkte“ gebe. „Richtig ist, dass die Einigung eine Verzahnung von kurzfristig ausgeschriebenen Kraftwerken mit dem langfristigen Marktdesign vorsieht“, so Liebing. Was die Ausgestaltung der Ausschreibungen angeht, fordert auch er baldige Klarheit. Das gilt überdies für „die Rahmenbedingungen eines zukünftigen Kapazitätsmarktes“.

Kraftwerke „vorwiegend im Süden“

Positive Stimmen kommen auch aus den Unternehmen. „Der gordische Knoten bei der Kraftwerksstrategie wurde jetzt durchschlagen“, so der Chef des Stromnetzbetreibers 50 Hertz, Stefan Kapferer, zur Deutschen Presseagentur. Das sei eine gute Nachricht für die Energiewende.

Uniper-Chef Michael Lewis geht davon aus, dass sein Konzern einen Teil der neuen Kapazitäten errichten wird. „Wir sind sehr erleichtert, dass die Bundesregierung sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hat“, zitiert die dpa den Energiemanager. RWE kündigte ebenfalls an, bei den vorgesehenen Ausschreibungen für Kraftwerks-Neubauten zu bieten.

Zurückhaltender zeigt man sich beim Netzbetreiber Transnet BW. Man begrüße, dass es mit der Strategie vorangeht, doch was da vorgestellt worden ist, lasse „noch viele Fragen offen“, heißt es. Wichtig sei es, dass die angestrebten „vier 2,5-Gigawatt-Kraftwerke schnell an den richtigen Standorten – vorwiegend im Süden – errichtet würden, so erklärte Firmenchef Werner Götz.

Bedauern bei Erneuerbaren-Verband

Wenig abgewinnen kann man der Strategie beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE). „Es ist bedauerlich, dass das Motto der Kraftwerksstrategie lautet: Erdgas first, Wasserstoff second. Mit der Schwerpunktsetzung auf Erdgas wird das Transformationstempo verlangsamt“, erklärt Geschäftsführer Robert Busch. „Die Betreiber von H2-ready-Gaskraftwerken haben viel zu lange Zeit, um ihre Kraftwerke vollständig auf grünen Wasserstoff umzustellen.“ Darüber hinaus sieht Busch den Ansatz von Kapazitätsmärkten kritisch.

Buschs Kollegin vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) betont, dass das Papier der Bundesregierung bisher nur den Rahmen skizziere. „Jetzt müssen zügig und in Zusammenarbeit mit den Verbänden die Detailfragen geklärt werden“, so Präsidentin Simone Peter. „Wir brauchen No-Regret-Maßnahmen, um flexible erneuerbare Kapazitäten zur Verfügung stellen zu können. Die Technologieoffenheit ist in dieser Hinsicht zu begrüßen.“

Der Deutsche Wasserstoff-Verband (DWV) „begrüßt es außerordentlich“, dass sich die Bundesregierung geeinigt hat. Doch Verbandschef Werner Diwald fragt, warum „nur insgesamt 10,5 GW an Kraftwerksleistung“ ausgeschrieben werden sollen. Er fordert die Ausschreibung der bereits „seit langem angekündigten 8,8 GW Hybrid- und Sprinterkraftwerke“. Zudem müssten „weitere 15 GW in den nächsten drei Jahren“ ausgeschrieben werden.
 

Montag, 5.02.2024, 17:58 Uhr
Manfred Fischer
Energie & Management > Politik - Viele Knackpunkte bei der Kraftwerksstrategie
Quelle: Fotolia / Tom-Hanisch
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Viele Knackpunkte bei der Kraftwerksstrategie
Die Regierungsparteien im Bund haben sich auf einen Plan zum Bau neuer Kraftwerke geeinigt. Die Energiebranche erkennt darin Positives – und Schwachstellen.
Nach monatelangen Verhandlungen der Ampelparteien steht die Entscheidung: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) hätten „die wesentlichen Elemente einer Kraftwerksstrategie sowie Festlegungen zu weiteren Vorhaben vereinbart“, teilt die Bundesregierung mit. Danach sollen „die Arbeiten an dem zukünftigen Strommarktdesign umgehend weiter vorangebracht und insbesondere Konzepte für einen marktlichen, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus erarbeitet werden, die bis spätestens 2028 operativ sein sollen“.

Vorgesehen ist, neue Kraftwerkskapazitäten „im Umfang von bis zu viermal 2.500 MW als H2-ready Gaskraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie kurzfristig“ auszuschreiben. Von einem im Jahr 2032 festzulegenden Umstiegsdatum an sollen die Anlagen zwischen 2035 und 2040 vollständig auf Wasserstoff umgestellt werden.

Die Fördermittel für den Bau der Kraftwerke sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) kommen, in Koalitionskreisen ist von rund 16 Milliarden Euro in den nächsten 20 Jahren die Rede. Zudem verspricht die Bundesregierung, „bestehende Hemmnisse für die Errichtung und den Betrieb von Elektrolyseuren ohne Einschränkung“ abzubauen.

Die offene F-Frage

Die Energiebranche sieht in der Entscheidung solide Ansätze, aber auch Knackpunkte. „Es ist enorm wichtig, dass die Bundesregierung endlich eine Entscheidung zur Kraftwerksstrategie getroffen hat. Dies ist ein entscheidender Baustein für einen erfolgreichen Weg in Richtung Klimaneutralität bei gleichzeitiger Wahrung der Versorgungs- und Systemsicherheit“, kommentiert Kerstin Andreae die Einigung. Die Hauptgeschäftsführerin des Energieverbandes BDEW verweist darauf, dass aber auch die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im Rahmen der Kraftwerksplanung bedacht werden müsse.

Und Andreae weist auf die offene F-Frage hin. Investoren bräuchten dringend Klarheit: „Die Finanzierungsfrage muss ebenso schnell geklärt werden wie die beihilferechtliche Sicherheit sowie die Standortfrage.“ Auch seien die konkreten Ausschreibungszeiträume für die Kraftwerke heute noch unklar.

Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), begrüßt, dass es jetzt „eine politische Verständigung über Eckpunkte“ gebe. „Richtig ist, dass die Einigung eine Verzahnung von kurzfristig ausgeschriebenen Kraftwerken mit dem langfristigen Marktdesign vorsieht“, so Liebing. Was die Ausgestaltung der Ausschreibungen angeht, fordert auch er baldige Klarheit. Das gilt überdies für „die Rahmenbedingungen eines zukünftigen Kapazitätsmarktes“.

Kraftwerke „vorwiegend im Süden“

Positive Stimmen kommen auch aus den Unternehmen. „Der gordische Knoten bei der Kraftwerksstrategie wurde jetzt durchschlagen“, so der Chef des Stromnetzbetreibers 50 Hertz, Stefan Kapferer, zur Deutschen Presseagentur. Das sei eine gute Nachricht für die Energiewende.

Uniper-Chef Michael Lewis geht davon aus, dass sein Konzern einen Teil der neuen Kapazitäten errichten wird. „Wir sind sehr erleichtert, dass die Bundesregierung sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hat“, zitiert die dpa den Energiemanager. RWE kündigte ebenfalls an, bei den vorgesehenen Ausschreibungen für Kraftwerks-Neubauten zu bieten.

Zurückhaltender zeigt man sich beim Netzbetreiber Transnet BW. Man begrüße, dass es mit der Strategie vorangeht, doch was da vorgestellt worden ist, lasse „noch viele Fragen offen“, heißt es. Wichtig sei es, dass die angestrebten „vier 2,5-Gigawatt-Kraftwerke schnell an den richtigen Standorten – vorwiegend im Süden – errichtet würden, so erklärte Firmenchef Werner Götz.

Bedauern bei Erneuerbaren-Verband

Wenig abgewinnen kann man der Strategie beim Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE). „Es ist bedauerlich, dass das Motto der Kraftwerksstrategie lautet: Erdgas first, Wasserstoff second. Mit der Schwerpunktsetzung auf Erdgas wird das Transformationstempo verlangsamt“, erklärt Geschäftsführer Robert Busch. „Die Betreiber von H2-ready-Gaskraftwerken haben viel zu lange Zeit, um ihre Kraftwerke vollständig auf grünen Wasserstoff umzustellen.“ Darüber hinaus sieht Busch den Ansatz von Kapazitätsmärkten kritisch.

Buschs Kollegin vom Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) betont, dass das Papier der Bundesregierung bisher nur den Rahmen skizziere. „Jetzt müssen zügig und in Zusammenarbeit mit den Verbänden die Detailfragen geklärt werden“, so Präsidentin Simone Peter. „Wir brauchen No-Regret-Maßnahmen, um flexible erneuerbare Kapazitäten zur Verfügung stellen zu können. Die Technologieoffenheit ist in dieser Hinsicht zu begrüßen.“

Der Deutsche Wasserstoff-Verband (DWV) „begrüßt es außerordentlich“, dass sich die Bundesregierung geeinigt hat. Doch Verbandschef Werner Diwald fragt, warum „nur insgesamt 10,5 GW an Kraftwerksleistung“ ausgeschrieben werden sollen. Er fordert die Ausschreibung der bereits „seit langem angekündigten 8,8 GW Hybrid- und Sprinterkraftwerke“. Zudem müssten „weitere 15 GW in den nächsten drei Jahren“ ausgeschrieben werden.
 

Montag, 5.02.2024, 17:58 Uhr
Manfred Fischer

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