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Energie & Management > Gasnetz - Verzicht auf Russland-Gas mit Hindernissen 
Quelle: Fotolia / tomas
Gasnetz

Verzicht auf Russland-Gas mit Hindernissen 

Der Energieminister der Republik Moldau Victor Parlicov kündigte an, von Russland kein Gas mehr zu beziehen. Das gelte für den Landesteil unter Kontrolle der Hauptstadt Chisinau.
Das Gas soll durch Lieferungen aus Europa ersetzt werden. Gerade das Beispiel der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau zeigt, wie verzwickt die Lieferbeziehungen zu Russland sind. Die Enklave Transnistrien steht unter der Regie Russlands. Das dortige Kraftwerk liefert Strom ans ganze Land, der mit Gas aus Russland erzeugt wird.

Insgesamt bezog Moldau bis zum Vorkriegsjahr 2021 jährlich rund 3 Milliarden Kubikmeter Gas von Gazprom. Ende Oktober 2021 erfolgte eine Vertragsverlängerung um 5 Jahre. Zahlungsprobleme und der Krieg in der Ukraine führten zu zeitweiligen Lieferstopps von Gazprom und einer reduzierten Tagesliefermenge über die Ukraine. Zuletzt waren es 5,7 Millionen Kubikmeter Gas am Tag. Dies sind auf ein Jahr gerechnet rund 2 Milliarden Kubikmeter Gas. 

Anschluss ans europäische Gasnetz über Rumänien

Der Gasversorger Moldovagaz leitete das Gas von Gazprom vorzugsweise nach Transistrien durch, während die staatliche Energiegesellschaft Energocom das übrige Land mit Gas aus Speichern der Nachbarn Ukraine und Rumänien versorgte. Im Dezember 2022 starteten die Gastransporte aus Rumänien über die Gaspipeline Iasi-Ungheni-Chisinau, die die Gasnetze der beiden Länder verbindet. Nach letzten Erweiterungsmaßnahmen im Oktober 2021 in Rumänien kann sie 2,2 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr durchleiten. Betreiber der Gasleitung ist Vestmoldtransgaz.

Die Gastransporttochter des rumänischen Fernleitungsnetzbetreibers Transgaz soll dazu alle Geschäftstätigkeiten für das Leitungsnetz von Moldovatransgaz übernehmen, teilte am 19. September Transgaz mit. Dies erfolge nach Vorgabe des Unbundling, der Entflechtung der Eigentumsverhältnisse und auf Grundlage eines Fünfjahresvertrages mit der Energieregulierungsbehörde in Moldau.

Moldovatransgaz ist im Besitz des Gasversorgers Moldovagaz, an dem Gazprom mit 50 Prozent die Mehrheit innehat. Auch wenn die Energieregulierungsbehörde Moldovagaz Anfang Oktober beauftragte, Kunden des Gashändlers Rotalin Gaz Trading mitzuversorgen, weil dieser sich wirtschaftlich dazu nicht in der Lage sah, ist durch die Neuregelung zum Gastransport sichergestellt, dass nicht mehr Gazprom die Gasströme in Moldau kontrolliert. 

Anschluss an europäische Handelsmärkte

 Außerdem läuft der Transitvertrag zum Transport von russischem Gas über die Ukraine Ende 2024 ohnehin aus. Der Anschluss an den europäischen Markt gilt da als die Diversifizierungsoption schlechthin, an der Energocom aktiv arbeitet. Das Registrierungsverfahren bei den Betreibern von Erdgastransportnetzen Eustream in der Slowakei und Gas Connect Austria in Österreich sei abgeschlossen, informierte Energocom Ende September. „Dies ermöglicht den Zugang zu den virtuellen Handelspunkten der Slowakei und Österreichs und bietet die Möglichkeit, Erdgas in die Republik Moldau zu transportieren, wodurch sowohl Versorgungsquellen als auch Transportwege diversifiziert werden.“ Nach Angaben von Energieminister Parlicov Anfang Oktober hat Moldau Medien zufolge eine Alternative zu russischen Energieressourcen auf dem europäischen Markt gefunden. Die Preise seien niedriger als im Vertrag mit Gazprom.

Wenige Tage darauf ließ Energocom wissen, im zurückliegenden Monat rund 3 Millionen MWh Erdgas (etwa 280 Millionen Kubikmeter) von sieben verschiedenen Unternehmen an drei verschiedenen Lieferpunkten erworben zu haben. Der Durchschnittspreis habe 35,77 Euro/MWh (rund 420 US-Dollar je 1.000 Kubikmeter Gas) betragen. Die Käufe erfolgten über Ausschreibungsrunden aus einem Darlehen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).

Die Integration in den europäischen Markt befähigt Moldau zum Verzicht auf russisches Gas. Bei einem Komplettverzicht müsste sich Europa indes nach Rechnung von Sergej Kapitonow vom Zentrum für Energietransition Skoltech bis zu 45 Milliarden Kubikmeter Gas anderen Orts beschaffen, berichteten russische Medien am 6. Oktober. Das ist offenbar neben verzwickten Vertrags- und Unternehmensbeteiligungen ein gewaltiges Hindernis, sofort alle Gasbezüge aus Russland einzustellen.

Dienstag, 10.10.2023, 11:05 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Gasnetz - Verzicht auf Russland-Gas mit Hindernissen 
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Gasnetz
Verzicht auf Russland-Gas mit Hindernissen 
Der Energieminister der Republik Moldau Victor Parlicov kündigte an, von Russland kein Gas mehr zu beziehen. Das gelte für den Landesteil unter Kontrolle der Hauptstadt Chisinau.
Das Gas soll durch Lieferungen aus Europa ersetzt werden. Gerade das Beispiel der ehemaligen Sowjetrepublik Moldau zeigt, wie verzwickt die Lieferbeziehungen zu Russland sind. Die Enklave Transnistrien steht unter der Regie Russlands. Das dortige Kraftwerk liefert Strom ans ganze Land, der mit Gas aus Russland erzeugt wird.

Insgesamt bezog Moldau bis zum Vorkriegsjahr 2021 jährlich rund 3 Milliarden Kubikmeter Gas von Gazprom. Ende Oktober 2021 erfolgte eine Vertragsverlängerung um 5 Jahre. Zahlungsprobleme und der Krieg in der Ukraine führten zu zeitweiligen Lieferstopps von Gazprom und einer reduzierten Tagesliefermenge über die Ukraine. Zuletzt waren es 5,7 Millionen Kubikmeter Gas am Tag. Dies sind auf ein Jahr gerechnet rund 2 Milliarden Kubikmeter Gas. 

Anschluss ans europäische Gasnetz über Rumänien

Der Gasversorger Moldovagaz leitete das Gas von Gazprom vorzugsweise nach Transistrien durch, während die staatliche Energiegesellschaft Energocom das übrige Land mit Gas aus Speichern der Nachbarn Ukraine und Rumänien versorgte. Im Dezember 2022 starteten die Gastransporte aus Rumänien über die Gaspipeline Iasi-Ungheni-Chisinau, die die Gasnetze der beiden Länder verbindet. Nach letzten Erweiterungsmaßnahmen im Oktober 2021 in Rumänien kann sie 2,2 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr durchleiten. Betreiber der Gasleitung ist Vestmoldtransgaz.

Die Gastransporttochter des rumänischen Fernleitungsnetzbetreibers Transgaz soll dazu alle Geschäftstätigkeiten für das Leitungsnetz von Moldovatransgaz übernehmen, teilte am 19. September Transgaz mit. Dies erfolge nach Vorgabe des Unbundling, der Entflechtung der Eigentumsverhältnisse und auf Grundlage eines Fünfjahresvertrages mit der Energieregulierungsbehörde in Moldau.

Moldovatransgaz ist im Besitz des Gasversorgers Moldovagaz, an dem Gazprom mit 50 Prozent die Mehrheit innehat. Auch wenn die Energieregulierungsbehörde Moldovagaz Anfang Oktober beauftragte, Kunden des Gashändlers Rotalin Gaz Trading mitzuversorgen, weil dieser sich wirtschaftlich dazu nicht in der Lage sah, ist durch die Neuregelung zum Gastransport sichergestellt, dass nicht mehr Gazprom die Gasströme in Moldau kontrolliert. 

Anschluss an europäische Handelsmärkte

 Außerdem läuft der Transitvertrag zum Transport von russischem Gas über die Ukraine Ende 2024 ohnehin aus. Der Anschluss an den europäischen Markt gilt da als die Diversifizierungsoption schlechthin, an der Energocom aktiv arbeitet. Das Registrierungsverfahren bei den Betreibern von Erdgastransportnetzen Eustream in der Slowakei und Gas Connect Austria in Österreich sei abgeschlossen, informierte Energocom Ende September. „Dies ermöglicht den Zugang zu den virtuellen Handelspunkten der Slowakei und Österreichs und bietet die Möglichkeit, Erdgas in die Republik Moldau zu transportieren, wodurch sowohl Versorgungsquellen als auch Transportwege diversifiziert werden.“ Nach Angaben von Energieminister Parlicov Anfang Oktober hat Moldau Medien zufolge eine Alternative zu russischen Energieressourcen auf dem europäischen Markt gefunden. Die Preise seien niedriger als im Vertrag mit Gazprom.

Wenige Tage darauf ließ Energocom wissen, im zurückliegenden Monat rund 3 Millionen MWh Erdgas (etwa 280 Millionen Kubikmeter) von sieben verschiedenen Unternehmen an drei verschiedenen Lieferpunkten erworben zu haben. Der Durchschnittspreis habe 35,77 Euro/MWh (rund 420 US-Dollar je 1.000 Kubikmeter Gas) betragen. Die Käufe erfolgten über Ausschreibungsrunden aus einem Darlehen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD).

Die Integration in den europäischen Markt befähigt Moldau zum Verzicht auf russisches Gas. Bei einem Komplettverzicht müsste sich Europa indes nach Rechnung von Sergej Kapitonow vom Zentrum für Energietransition Skoltech bis zu 45 Milliarden Kubikmeter Gas anderen Orts beschaffen, berichteten russische Medien am 6. Oktober. Das ist offenbar neben verzwickten Vertrags- und Unternehmensbeteiligungen ein gewaltiges Hindernis, sofort alle Gasbezüge aus Russland einzustellen.

Dienstag, 10.10.2023, 11:05 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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