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Energie & Management > Stromnetz - Studie: Preiszonen-Split wäre das richtige Signal
Quelle: Shutterstock / BELL KA PANG
Stromnetz

Studie: Preiszonen-Split wäre das richtige Signal

Eine Trennung des deutschen Elektrizitätsmarktes in zwei Preiszonen würde wesentlich höhere Preise für die Industrieregionen im Süden mit sich bringen. Aurora hat den Spread beziffert.
Die Aufteilung Deutschlands in eine nördliche und eine südliche Preiszone wird unter anderem im Zuge der Debatte über eine Reform des europäischen Strommarktes diskutiert. Die Befürworter wollen damit die hohe Belastung des deutschen Übertragungsnetzes reduzieren, das für den europäischen Strommarkt eine wichtige Rolle spielt.

Ein Problem des deutschen Strommarktes besteht darin, dass die Stromerzeugung in zunehmendem Maße im Norden stattfindet, wo die Voraussetzungen für den Einsatz von Windkraftanlagen besonders günstig sind. Die großen, industriellen Verbraucher befinden sich aber überwiegend im Süden der Republik. „Dieses Ungleichgewicht belastet die Stromnetze und behindert die Energiewende“, heißt es einer nun veröffentlichten Studie des Institutes Aurora Energy Research.

Gleichzeitig fehle es an Preissignalen, die ein neues Gleichgewicht im deutschen Stromgroßhandel herbeiführen könnten. Am wahrscheinlichsten wäre deswegen nach Ansicht des Energiemarkt-Experten von Aurora, Nicolas Leicht, eine Aufteilung des deutschen Marktes in eine Preiszone im Norden und eine im Süden. Sie könne seiner Ansicht nach die notwendigen Preissignale erzeugen und dazu führen, dass sich unterschiedliche Großhandelspreise bilden.

​2030 ginge der Spread bei 5 Euro/MWh los

Aurora geht davon aus, dass die Megawattstunde Strom 2030 im Süden Deutschlands mindestens 5 Euro teurer wäre als im Norden. Die Differenz könnte bis 2045 auf 9 Euro ansteigen. Diese Aussicht könnte mehr Investitionen in den Netzausbau und in neue Erzeugungsanlagen im Süden lenken. Allerdings sei der Netzausbau mit großen Unsicherheiten behaftet. Verzögerungen beim Bau neuer Leitungen könnten dazu führen, dass die Preisunterschiede bis 2030 sogar auf 13 und bis 2045 auf 24 Euro ansteigen.

Elektrolyseure im Norden könnten Differenz dämpfen

Eine Reduzierung des Preisgefälles könnte dadurch herbeigeführt werden, dass Elektrolyseure zur Gewinnung von grünem Wasserstoff überwiegend im Norden gebaut werden. Co-Autor Leicht: „Wenn 4 Gigawatt Elektrolyseleistung im Norden statt im Süden angesiedelt werden, liegen im Jahr 2045 nur noch 6 Euro Preisunterschied zwischen den Großhandelsstrompreisen.“

Ein Anreiz dafür wäre gegeben, denn vom Preiszonen-Split profitierten vor allem flexible Verbraucher wie die Betreiber von Elektrolyseuren. Sie könnten im Norden ihren Strom nicht nur zu niedrigeren Durchschnittspreisen beziehen, sondern kämen auch in den Genuss häufig auftretender Niedrigstpreise in Zeiten mit einem hohen Windstromaufkommen. „Da in der Nordzone zudem der Anteil der Erneuerbaren im Strommix sehr hoch wäre“, ergänzt Leichts Kollegin Claudia Günther, „könnten Elektrolyseure viel früher mit Netzstrom grünen Wasserstoff erzeugen, als es bei einer einheitlichen Stromzone möglich wäre.“ Die Wettbewerbsfähigkeit des grünen Wasserstoffs würde sich dadurch um ein Drittel erhöhen. Die industriellen Verbraucher im Süden könnten davon profitieren, wenn die Wasserstoff-Pipelines schnell genug ausgebaut würden.

Energieintensive Industrie am stärksten betroffen

Die Einrichtung einer nördlichen und einer südlichen Preiszone in Deutschland würde die einzelnen Verbrauchergruppen unterschiedlich treffen. Für die privaten Haushalte wäre der Effekt nach Ansicht von Aurora „vernachlässigbar“. Stärker betroffen wäre die energieintensive Industrie im Süden, die im Vergleich zur einheitlichen Preiszone mit 3 bis 7 Prozent höheren Preisen rechnen müsste. In absoluten Zahlen wäre das eine Belastung von rund 400 Millionen Euro im Jahr. Damit wäre sie im internationalen Wettbewerb schlechter gestellt.

Für Großverbraucher, die sich am Großhandel beteiligen, wäre die Beschaffung in der geteilten Preiszone außerdem schwieriger, weil die Terminmärkte in einer kleineren Preiszone weniger liquide wären. Auch der Abschluss von Lieferverträgen - vor allem PPA über die Preiszonen-Grenze hinweg - wäre in jedem Fall komplexer. Trotzdem sei klar, erklärt Leicht, dass für den Umbau des Energiesystems mehr regionale und lokale Preissignale benötigt würden: „Wie unsere Berechnungen zeigen, würde die Aufteilung der deutschen Preiszone diese Preissignale bewirken.“

Mittwoch, 27.09.2023, 15:28 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Stromnetz - Studie: Preiszonen-Split wäre das richtige Signal
Quelle: Shutterstock / BELL KA PANG
Stromnetz
Studie: Preiszonen-Split wäre das richtige Signal
Eine Trennung des deutschen Elektrizitätsmarktes in zwei Preiszonen würde wesentlich höhere Preise für die Industrieregionen im Süden mit sich bringen. Aurora hat den Spread beziffert.
Die Aufteilung Deutschlands in eine nördliche und eine südliche Preiszone wird unter anderem im Zuge der Debatte über eine Reform des europäischen Strommarktes diskutiert. Die Befürworter wollen damit die hohe Belastung des deutschen Übertragungsnetzes reduzieren, das für den europäischen Strommarkt eine wichtige Rolle spielt.

Ein Problem des deutschen Strommarktes besteht darin, dass die Stromerzeugung in zunehmendem Maße im Norden stattfindet, wo die Voraussetzungen für den Einsatz von Windkraftanlagen besonders günstig sind. Die großen, industriellen Verbraucher befinden sich aber überwiegend im Süden der Republik. „Dieses Ungleichgewicht belastet die Stromnetze und behindert die Energiewende“, heißt es einer nun veröffentlichten Studie des Institutes Aurora Energy Research.

Gleichzeitig fehle es an Preissignalen, die ein neues Gleichgewicht im deutschen Stromgroßhandel herbeiführen könnten. Am wahrscheinlichsten wäre deswegen nach Ansicht des Energiemarkt-Experten von Aurora, Nicolas Leicht, eine Aufteilung des deutschen Marktes in eine Preiszone im Norden und eine im Süden. Sie könne seiner Ansicht nach die notwendigen Preissignale erzeugen und dazu führen, dass sich unterschiedliche Großhandelspreise bilden.

​2030 ginge der Spread bei 5 Euro/MWh los

Aurora geht davon aus, dass die Megawattstunde Strom 2030 im Süden Deutschlands mindestens 5 Euro teurer wäre als im Norden. Die Differenz könnte bis 2045 auf 9 Euro ansteigen. Diese Aussicht könnte mehr Investitionen in den Netzausbau und in neue Erzeugungsanlagen im Süden lenken. Allerdings sei der Netzausbau mit großen Unsicherheiten behaftet. Verzögerungen beim Bau neuer Leitungen könnten dazu führen, dass die Preisunterschiede bis 2030 sogar auf 13 und bis 2045 auf 24 Euro ansteigen.

Elektrolyseure im Norden könnten Differenz dämpfen

Eine Reduzierung des Preisgefälles könnte dadurch herbeigeführt werden, dass Elektrolyseure zur Gewinnung von grünem Wasserstoff überwiegend im Norden gebaut werden. Co-Autor Leicht: „Wenn 4 Gigawatt Elektrolyseleistung im Norden statt im Süden angesiedelt werden, liegen im Jahr 2045 nur noch 6 Euro Preisunterschied zwischen den Großhandelsstrompreisen.“

Ein Anreiz dafür wäre gegeben, denn vom Preiszonen-Split profitierten vor allem flexible Verbraucher wie die Betreiber von Elektrolyseuren. Sie könnten im Norden ihren Strom nicht nur zu niedrigeren Durchschnittspreisen beziehen, sondern kämen auch in den Genuss häufig auftretender Niedrigstpreise in Zeiten mit einem hohen Windstromaufkommen. „Da in der Nordzone zudem der Anteil der Erneuerbaren im Strommix sehr hoch wäre“, ergänzt Leichts Kollegin Claudia Günther, „könnten Elektrolyseure viel früher mit Netzstrom grünen Wasserstoff erzeugen, als es bei einer einheitlichen Stromzone möglich wäre.“ Die Wettbewerbsfähigkeit des grünen Wasserstoffs würde sich dadurch um ein Drittel erhöhen. Die industriellen Verbraucher im Süden könnten davon profitieren, wenn die Wasserstoff-Pipelines schnell genug ausgebaut würden.

Energieintensive Industrie am stärksten betroffen

Die Einrichtung einer nördlichen und einer südlichen Preiszone in Deutschland würde die einzelnen Verbrauchergruppen unterschiedlich treffen. Für die privaten Haushalte wäre der Effekt nach Ansicht von Aurora „vernachlässigbar“. Stärker betroffen wäre die energieintensive Industrie im Süden, die im Vergleich zur einheitlichen Preiszone mit 3 bis 7 Prozent höheren Preisen rechnen müsste. In absoluten Zahlen wäre das eine Belastung von rund 400 Millionen Euro im Jahr. Damit wäre sie im internationalen Wettbewerb schlechter gestellt.

Für Großverbraucher, die sich am Großhandel beteiligen, wäre die Beschaffung in der geteilten Preiszone außerdem schwieriger, weil die Terminmärkte in einer kleineren Preiszone weniger liquide wären. Auch der Abschluss von Lieferverträgen - vor allem PPA über die Preiszonen-Grenze hinweg - wäre in jedem Fall komplexer. Trotzdem sei klar, erklärt Leicht, dass für den Umbau des Energiesystems mehr regionale und lokale Preissignale benötigt würden: „Wie unsere Berechnungen zeigen, würde die Aufteilung der deutschen Preiszone diese Preissignale bewirken.“

Mittwoch, 27.09.2023, 15:28 Uhr
Tom Weingärtner

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