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Energie & Management > Österreich - Netzinfrastrukturplan: Energieministerium präsentiert Endversion
Quelle: Pixabay / slon_pics
Österreich

Netzinfrastrukturplan: Energieministerium präsentiert Endversion

Gegenüber dem Anfang Juli 2023 vorgestellten Entwurf enthält der finale ÖNIP etliche Verbesserungen, konzedieren die Strom- und Gasnetzbetreiber. Nun ist die rasche Umsetzung angesagt.
 
Fast auf den Tag genau neun Monate nach der Präsentation des Entwurfs des Österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) liegt nun dessen endgültige Version vor. Vorgestellt wurde sie am 8. April von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), dem Technischen Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, und dem Vorstand der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), Bernhard Painz. Die AGGM ist für die übergeordnete Planung der Gasnetze in Österreich zuständig. Den ÖNIP-Entwurf hatte Gewessler der Öffentlichkeit am 7. Juli 2023 dargelegt. Gewessler bezeichnete den nun fertigen ÖNIP als „absolutes Novum“: Als erster EU-Mitgliedsstaat verfüge Österreich damit über einen „integrierten Ausbauplan der Energieinfrastruktur.“

Christiner erläuterte der Redaktion am Rande der ÖNIP-Präsentation, jedes EU-Land müsse einen Rahmenplan für den Ausbau seiner Infrastruktur zur Energieversorgung erstellen und einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) unterziehen. Bis dato verfügte Österreich über einen solchen Plan nicht, weshalb die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Sie beendete dieses allerdings 2021 nach dem Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), mit dem sich der Bund zur Erstellung des ÖNIP verpflichtete. Diese Verpflichtung wurde in der Folge auch im Gaswirtschaftsgesetz (GWG) verankert. Festgeschrieben ist in beiden Gesetzen, dass sich die APG und die AGGM bei ihren Netzausbauplänen an den ÖNIP zu halten haben.

Trassenkorridore für Leitungen

Inhaltlich liegt die Bedeutung des ÖNIP laut dem Energieministerium in der Festlegung von Trassenkorridoren für Übertragungsleitungen sowie Gasfernleitungen mit genau definierten Anfangs- sowie Endpunkten, aber auch eines „Kernnetzes“ für den Transport von Wasserstoff. Im Zuge der SUP wiederum wurden manche Themen abgehandelt, die in den Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für konkrete Projekte immer wieder für Debatten sorgen. Dies betrifft etwa die zulässige Stärke elektromagnetischer Felder um die Übertragungsleitungen sowie Fragen der Biodiversität. Zwar sind die APG sowie die Fernleitungsbetreiber damit nicht der Pflicht enthoben, weiterhin UVPs durchzuführen. Sie können in diesen Verfahren aber auf die Ergebnisse der SUP verweisen, konstatierte Christiner.

Überdies billigt der ÖNIP – wenn auch nicht rechtsverbindlich – Vorhaben zur Umsetzung der Energiewende in Österreich ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ zu. Ausdrücklich verweist der ÖNIP in diesem Zusammenhang auf die Ziele Österreichs, die Stromversorgung ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu bewerkstelligen und bis 2040 „klimaneutral“ zu werden. Dies ist mit detaillierten Mengengerüsten für den Ökostromausbau sowie für die Bereitstellung „grüner“ Gase hinterlegt. Auf den entsprechenden Szenarien wiederum beruht die Festlegung der Trassenkorridore.

„Sektorgekoppelte Infrastrukturplanung“

AGGM-Vorstand Painz ergänzte, der ÖNIP stelle erstmals in Österreich eine übergeordnete „sektorgekoppelte Infrastrukturplanung“ dar. Anders als im seinerzeitigen Entwurf hätten die regelmäßig zu erstellenden Netzausbaupläne der APG sowie der AGGM in der Endversion des ÖNIP erfreulicherweise weitestgehende Berücksichtigung gefunden. Dies betreffe auch die „H2-Roadmap“ der AGGM von Anfang 2022 bezüglich des „Startnetzes“ für Wasserstoff. Bestehen soll dieses, wie berichtet, aus rund 1.400 Kilometern an umgewidmeten Gasleitungen sowie etwa 300 Kilometern an neuen Pipelines. Die wichtigsten Umwidmungen betreffen Teilstränge der West-Austria-Gasleitung zwischen dem Netzknoten Baumgarten 40 Kilometer nordöstlich von Wien und Oberkappel an der oberösterreichisch-bayerischen Grenze sowie der Trans-Austria-Gasleitung von Baumgarten nach Arnoldstein an der Grenze zwischen Kärnten und Italien.

Das bedeutendste Neubauvorhaben ist der rund 60 Kilometer lange „H2-Collector Ost“, der in Errichtung befindliche Elektrolyseure bei den leistungsstarken Windparks im Nordburgenland mit dem Großraum Wien verbindet. Über den „H2- Collector“ könnten die Raffinerie Wien-Schwechat sowie die Gaskraftwerke der Wien Energie ab etwa 2026 mit „grünem“ Wasserstoff versorgt werden.

Rascher umsetzen

Einhellig betonten APG-Vorstand Christiner und AGGM-Vorstand Painz die Notwendigkeit, den Ausbau sowie die Adaptierung der Strom- und Gasleitungen rascher umzusetzen. Christiner hofft dabei nicht zuletzt auf das kommende Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) sowie auf das ebenfalls angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG). Im Gassektor könnte sich insbesondere das in Verhandlung befindliche „Erneuerbare-Gase-Gesetz“ (EGG) als hilfreich erweisen. Ob dieses noch vor der Parlamentswahl im September beschlossen werden kann, ist indessen fraglich.

Montag, 8.04.2024, 15:44 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Netzinfrastrukturplan: Energieministerium präsentiert Endversion
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Österreich
Netzinfrastrukturplan: Energieministerium präsentiert Endversion
Gegenüber dem Anfang Juli 2023 vorgestellten Entwurf enthält der finale ÖNIP etliche Verbesserungen, konzedieren die Strom- und Gasnetzbetreiber. Nun ist die rasche Umsetzung angesagt.
 
Fast auf den Tag genau neun Monate nach der Präsentation des Entwurfs des Österreichischen Netzinfrastrukturplans (ÖNIP) liegt nun dessen endgültige Version vor. Vorgestellt wurde sie am 8. April von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), dem Technischen Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian Power Grid (APG), Gerhard Christiner, und dem Vorstand der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), Bernhard Painz. Die AGGM ist für die übergeordnete Planung der Gasnetze in Österreich zuständig. Den ÖNIP-Entwurf hatte Gewessler der Öffentlichkeit am 7. Juli 2023 dargelegt. Gewessler bezeichnete den nun fertigen ÖNIP als „absolutes Novum“: Als erster EU-Mitgliedsstaat verfüge Österreich damit über einen „integrierten Ausbauplan der Energieinfrastruktur.“

Christiner erläuterte der Redaktion am Rande der ÖNIP-Präsentation, jedes EU-Land müsse einen Rahmenplan für den Ausbau seiner Infrastruktur zur Energieversorgung erstellen und einer Strategischen Umweltprüfung (SUP) unterziehen. Bis dato verfügte Österreich über einen solchen Plan nicht, weshalb die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete. Sie beendete dieses allerdings 2021 nach dem Inkrafttreten des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG), mit dem sich der Bund zur Erstellung des ÖNIP verpflichtete. Diese Verpflichtung wurde in der Folge auch im Gaswirtschaftsgesetz (GWG) verankert. Festgeschrieben ist in beiden Gesetzen, dass sich die APG und die AGGM bei ihren Netzausbauplänen an den ÖNIP zu halten haben.

Trassenkorridore für Leitungen

Inhaltlich liegt die Bedeutung des ÖNIP laut dem Energieministerium in der Festlegung von Trassenkorridoren für Übertragungsleitungen sowie Gasfernleitungen mit genau definierten Anfangs- sowie Endpunkten, aber auch eines „Kernnetzes“ für den Transport von Wasserstoff. Im Zuge der SUP wiederum wurden manche Themen abgehandelt, die in den Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für konkrete Projekte immer wieder für Debatten sorgen. Dies betrifft etwa die zulässige Stärke elektromagnetischer Felder um die Übertragungsleitungen sowie Fragen der Biodiversität. Zwar sind die APG sowie die Fernleitungsbetreiber damit nicht der Pflicht enthoben, weiterhin UVPs durchzuführen. Sie können in diesen Verfahren aber auf die Ergebnisse der SUP verweisen, konstatierte Christiner.

Überdies billigt der ÖNIP – wenn auch nicht rechtsverbindlich – Vorhaben zur Umsetzung der Energiewende in Österreich ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ zu. Ausdrücklich verweist der ÖNIP in diesem Zusammenhang auf die Ziele Österreichs, die Stromversorgung ab 2030 bilanziell vollständig mit erneuerbaren Energien zu bewerkstelligen und bis 2040 „klimaneutral“ zu werden. Dies ist mit detaillierten Mengengerüsten für den Ökostromausbau sowie für die Bereitstellung „grüner“ Gase hinterlegt. Auf den entsprechenden Szenarien wiederum beruht die Festlegung der Trassenkorridore.

„Sektorgekoppelte Infrastrukturplanung“

AGGM-Vorstand Painz ergänzte, der ÖNIP stelle erstmals in Österreich eine übergeordnete „sektorgekoppelte Infrastrukturplanung“ dar. Anders als im seinerzeitigen Entwurf hätten die regelmäßig zu erstellenden Netzausbaupläne der APG sowie der AGGM in der Endversion des ÖNIP erfreulicherweise weitestgehende Berücksichtigung gefunden. Dies betreffe auch die „H2-Roadmap“ der AGGM von Anfang 2022 bezüglich des „Startnetzes“ für Wasserstoff. Bestehen soll dieses, wie berichtet, aus rund 1.400 Kilometern an umgewidmeten Gasleitungen sowie etwa 300 Kilometern an neuen Pipelines. Die wichtigsten Umwidmungen betreffen Teilstränge der West-Austria-Gasleitung zwischen dem Netzknoten Baumgarten 40 Kilometer nordöstlich von Wien und Oberkappel an der oberösterreichisch-bayerischen Grenze sowie der Trans-Austria-Gasleitung von Baumgarten nach Arnoldstein an der Grenze zwischen Kärnten und Italien.

Das bedeutendste Neubauvorhaben ist der rund 60 Kilometer lange „H2-Collector Ost“, der in Errichtung befindliche Elektrolyseure bei den leistungsstarken Windparks im Nordburgenland mit dem Großraum Wien verbindet. Über den „H2- Collector“ könnten die Raffinerie Wien-Schwechat sowie die Gaskraftwerke der Wien Energie ab etwa 2026 mit „grünem“ Wasserstoff versorgt werden.

Rascher umsetzen

Einhellig betonten APG-Vorstand Christiner und AGGM-Vorstand Painz die Notwendigkeit, den Ausbau sowie die Adaptierung der Strom- und Gasleitungen rascher umzusetzen. Christiner hofft dabei nicht zuletzt auf das kommende Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) sowie auf das ebenfalls angekündigte Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz (EABG). Im Gassektor könnte sich insbesondere das in Verhandlung befindliche „Erneuerbare-Gase-Gesetz“ (EGG) als hilfreich erweisen. Ob dieses noch vor der Parlamentswahl im September beschlossen werden kann, ist indessen fraglich.

Montag, 8.04.2024, 15:44 Uhr
Klaus Fischer

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