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Energie & Management > Österreich - Netzausbauplan für Energiewende
Quelle: Fotolia / YuI
Österreich

Netzausbauplan für Energiewende

Der österreichische Netzinfrastrukturplan umreißt übergeordnete Planungskorridore für Strom- und Gasnetze. Laut der Politik ist das für den Umbau des Energiesystems dringend notwendig.
Bis 1. September läuft die Frist für Stellungnahmen zum integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP), dessen Entwurf Energieministerin Leonore Gewessler am 7. Juli in Wien präsentierte. Ihr zufolge handelt es sich um ein „absolutes Novum“, bei dem der Ausbau der Übertragungsnetze für Strom und jener der Fernleitungen für Gas kombiniert betrachtet werden. Für das Gelingen der Energiewende und das Erreichen der „Klimaneutralität“ Österreichs im Jahr 2040 sei dies „extrem wichtig und dringend notwendig“, betonte die Ministerin. Der ÖNIP werde in den kommenden Jahrzehnten die „Richtschnur für den Netzausbau“ bilden.

Konkrete Projekte beschreibt der ÖNIP nicht. Vielmehr umreißt er übergeordnete „Planungskorridore“, erläuterte Thomas Kienberger, Professor am Institut für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben in der Steiermark. Er modellierte die voraussichtliche Entwicklung des Energiebedarfs sowie des Ausbaus der erneuerbaren Energien und leitete daraus die genannten „Korridore“ ab. Diese decken sich weitgehend mit den langfristigen Netzausbauplänen der österreichischen Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) und Vorarlberger Übertragungsnetze (VÜN) sowie der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), die für die Koordination des Gasleitungsbaus zuständig ist und die Netze steuert.

Transitionsszenario

Eine wesentliche Rolle bei den Arbeiten Kienbergers spielte das „Transition-Szenario“ des Umweltbundesamts (UBA). Ausgehend von den klima- und energiepolitischen Zielsetzungen Österreichs beschreibt dieses den „Übergang“ des Energiesystems zur Klimaneutralität. In dem Szenario sinkt der Endenergieverbrauch bis 2040 gegenüber 2020 um rund 30 Prozent. Gleichzeitig steigt der Bedarf an (Öko-)Strom um etwa 55 Prozent. Das UBA erwartet, dass Windkraft und Photovoltaik „bis zu 70 Milliarden kWh zur heimischen Stromerzeugung beitragen“ können. Die Stromerzeugung mittels Windparks müsste sich zu diesem Zweck vervierfachen, jene der PV-Anlagen verzwanzigfachen.

Entsprechend ansteigen würden die installierten Leistungen: Jene der PV-Anlagen würde bis 2030 von derzeit rund 3 GW auf 20 GW anwachsen, bis 2040 auf 40 GW. Für die Windkraft errechnete das UBA einen Ausbaupfad von derzeit rund 3,6 GW auf 8 GW im Jahr 2030 sowie 12 GW im Jahr 2040. Dem gegenüber sollte die Nutzung von Erdgas dem UBA zufolge schrittweise zurückgehen. „Bis 2040 wird Erdgas im Transition-Szenario vollständig durch andere Energieträger ersetzt“, heißt es im ÖNIP-Entwurf.

Ost-West-Verbindungen stärken

Ausgehend von der räumlichen Verteilung der Erzeugungsanlagen für Strom müssen laut Kienberger vor allem die Ost-West-Verbindungen verstärkt werden. Auf diese Weise würde es möglich, die witterungsbedingt schwankende Stromproduktion mittels Wind und Photovoltaik im Osten Österreichs mithilfe der Pumpspeicher im Westen des Bundesgebiets auszugleichen. Entsprechende Vorhaben sind seitens der APG bereits seit langem geplant. In wenigen Wochen publiziert diese die neueste Version ihres Netzentwicklungsplans für die kommenden zehn Jahre, berichtete der Kommunikationschef des Unternehmens, Christoph Schuh, bei der Präsentation des ÖNIP. Hinsichtlich der Gasinfrastruktur geht es laut Kienberger insbesondere um die Schaffung von Korridoren zum Import von Wasserstoff sowie um „regionale Gasnetze zum Einsammeln von Biogas“. Diesbezügliche Vorhaben finden sich in den Netzausbauplänen der AGGM.

Mehr Rechtssicherheit

Um die Rechtssicherheit der Netzgesellschaften beim Ausbau und der Ertüchtigung ihrer Anlagen zu erhöhen, läuft zurzeit eine „Strategische Umweltprüfung“ (SUP) für den ÖNIP-Entwurf, berichtete Ministerin Gewessler auf Anfrage der Redaktion. Nicht zuletzt geht es darum, zu verhindern, dass in „Planungskorridoren“ seitens Bundesländer und der Kommunen Flächenwidmungen erfolgen, die Leitungsprojekte behindern oder sogar verhindern. Schuh zufolge kommt es beispielsweise vor, dass Gemeinden Baugründe unterhalb bestehender Starkstromleitungen vergeben. Soll die Leitung ertüchtigt oder erweitert werden, fordern die Bewohner der dort errichteten Häuser die Verlegung der Trasse. Mittels der SUP für den ÖNIP würde es laut Schuh erleichtert, „Energieräume“ festzulegen und gegen derartige Vorkommnisse zu sichern.

„Unerlässlicher Schritt“

Der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie begrüßte den ÖNIP-Entwurf. Generalsekretärin Barbara Schmidt konstatierte, ein gesamthafter Plan wie dieser sei „ein unerlässlicher Schritt in Richtung Energiezukunft.“ Die Netzinfrastruktur ist laut Schmidt das „Rückgrat der Energiewende.“ Ihr Verband werde den ÖNIP-Entwurf genau analysieren und gerne dazu Stellung nehmen.

Der Entwurf des ÖNIP ist auf der Website des Energieministeriums verfügbar.

Freitag, 7.07.2023, 15:01 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Netzausbauplan für Energiewende
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Österreich
Netzausbauplan für Energiewende
Der österreichische Netzinfrastrukturplan umreißt übergeordnete Planungskorridore für Strom- und Gasnetze. Laut der Politik ist das für den Umbau des Energiesystems dringend notwendig.
Bis 1. September läuft die Frist für Stellungnahmen zum integrierten österreichischen Netzinfrastrukturplan (ÖNIP), dessen Entwurf Energieministerin Leonore Gewessler am 7. Juli in Wien präsentierte. Ihr zufolge handelt es sich um ein „absolutes Novum“, bei dem der Ausbau der Übertragungsnetze für Strom und jener der Fernleitungen für Gas kombiniert betrachtet werden. Für das Gelingen der Energiewende und das Erreichen der „Klimaneutralität“ Österreichs im Jahr 2040 sei dies „extrem wichtig und dringend notwendig“, betonte die Ministerin. Der ÖNIP werde in den kommenden Jahrzehnten die „Richtschnur für den Netzausbau“ bilden.

Konkrete Projekte beschreibt der ÖNIP nicht. Vielmehr umreißt er übergeordnete „Planungskorridore“, erläuterte Thomas Kienberger, Professor am Institut für Energieverbundtechnik der Montanuniversität Leoben in der Steiermark. Er modellierte die voraussichtliche Entwicklung des Energiebedarfs sowie des Ausbaus der erneuerbaren Energien und leitete daraus die genannten „Korridore“ ab. Diese decken sich weitgehend mit den langfristigen Netzausbauplänen der österreichischen Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid (APG) und Vorarlberger Übertragungsnetze (VÜN) sowie der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), die für die Koordination des Gasleitungsbaus zuständig ist und die Netze steuert.

Transitionsszenario

Eine wesentliche Rolle bei den Arbeiten Kienbergers spielte das „Transition-Szenario“ des Umweltbundesamts (UBA). Ausgehend von den klima- und energiepolitischen Zielsetzungen Österreichs beschreibt dieses den „Übergang“ des Energiesystems zur Klimaneutralität. In dem Szenario sinkt der Endenergieverbrauch bis 2040 gegenüber 2020 um rund 30 Prozent. Gleichzeitig steigt der Bedarf an (Öko-)Strom um etwa 55 Prozent. Das UBA erwartet, dass Windkraft und Photovoltaik „bis zu 70 Milliarden kWh zur heimischen Stromerzeugung beitragen“ können. Die Stromerzeugung mittels Windparks müsste sich zu diesem Zweck vervierfachen, jene der PV-Anlagen verzwanzigfachen.

Entsprechend ansteigen würden die installierten Leistungen: Jene der PV-Anlagen würde bis 2030 von derzeit rund 3 GW auf 20 GW anwachsen, bis 2040 auf 40 GW. Für die Windkraft errechnete das UBA einen Ausbaupfad von derzeit rund 3,6 GW auf 8 GW im Jahr 2030 sowie 12 GW im Jahr 2040. Dem gegenüber sollte die Nutzung von Erdgas dem UBA zufolge schrittweise zurückgehen. „Bis 2040 wird Erdgas im Transition-Szenario vollständig durch andere Energieträger ersetzt“, heißt es im ÖNIP-Entwurf.

Ost-West-Verbindungen stärken

Ausgehend von der räumlichen Verteilung der Erzeugungsanlagen für Strom müssen laut Kienberger vor allem die Ost-West-Verbindungen verstärkt werden. Auf diese Weise würde es möglich, die witterungsbedingt schwankende Stromproduktion mittels Wind und Photovoltaik im Osten Österreichs mithilfe der Pumpspeicher im Westen des Bundesgebiets auszugleichen. Entsprechende Vorhaben sind seitens der APG bereits seit langem geplant. In wenigen Wochen publiziert diese die neueste Version ihres Netzentwicklungsplans für die kommenden zehn Jahre, berichtete der Kommunikationschef des Unternehmens, Christoph Schuh, bei der Präsentation des ÖNIP. Hinsichtlich der Gasinfrastruktur geht es laut Kienberger insbesondere um die Schaffung von Korridoren zum Import von Wasserstoff sowie um „regionale Gasnetze zum Einsammeln von Biogas“. Diesbezügliche Vorhaben finden sich in den Netzausbauplänen der AGGM.

Mehr Rechtssicherheit

Um die Rechtssicherheit der Netzgesellschaften beim Ausbau und der Ertüchtigung ihrer Anlagen zu erhöhen, läuft zurzeit eine „Strategische Umweltprüfung“ (SUP) für den ÖNIP-Entwurf, berichtete Ministerin Gewessler auf Anfrage der Redaktion. Nicht zuletzt geht es darum, zu verhindern, dass in „Planungskorridoren“ seitens Bundesländer und der Kommunen Flächenwidmungen erfolgen, die Leitungsprojekte behindern oder sogar verhindern. Schuh zufolge kommt es beispielsweise vor, dass Gemeinden Baugründe unterhalb bestehender Starkstromleitungen vergeben. Soll die Leitung ertüchtigt oder erweitert werden, fordern die Bewohner der dort errichteten Häuser die Verlegung der Trasse. Mittels der SUP für den ÖNIP würde es laut Schuh erleichtert, „Energieräume“ festzulegen und gegen derartige Vorkommnisse zu sichern.

„Unerlässlicher Schritt“

Der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie begrüßte den ÖNIP-Entwurf. Generalsekretärin Barbara Schmidt konstatierte, ein gesamthafter Plan wie dieser sei „ein unerlässlicher Schritt in Richtung Energiezukunft.“ Die Netzinfrastruktur ist laut Schmidt das „Rückgrat der Energiewende.“ Ihr Verband werde den ÖNIP-Entwurf genau analysieren und gerne dazu Stellung nehmen.

Der Entwurf des ÖNIP ist auf der Website des Energieministeriums verfügbar.

Freitag, 7.07.2023, 15:01 Uhr
Klaus Fischer

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