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Energie & Management > Energiegipfel 2024 - Leag-Chef will Kraftwerksstrategie lieber „langsam aber sicher“
Quelle: E&M/S.Harmsen
Energiegipfel 2024

Leag-Chef will Kraftwerksstrategie lieber „langsam aber sicher“

Auf dem Energiegipfel hat der CEO der Leag zur lang erwarteten Kraftwerksstrategie Stellung genommen: Nach der Verzögerung sei eine tragfähige Lösung wichtiger als eine schnelle.
Auf dem Berliner Energiegipfel 2024 hatte der Chef des Energiekonzerns Eon am Vortag die Bundesregierung scharf kritisiert. „Uns fehlt zwei Jahre nach Antritt der Ampel nach wie vor ein Energie-Masterplan, der unsere Industrienation energiewirtschaftlich ins Jahr 2030 führen soll“, sagte Leonhard Birnbaum. Vor allem sieht er ein Kapazitätsproblem beim Strom in Zeiten mit wenig Sonne und Wind. Ohne eine Strategie, die die Errichtung neuer Gaskraftwerke ermögliche, müsse die Bundesrepublik in solchen Zeiten auf Kohlekraft zurückgreifen, warnte er.

Auf diese Forderungen nach einer schnellen Kraftwerksstrategie reagierte am 24. Januar Thorsten Kramer. Der Geschäftsführer des Braunkohleunternehmens Leag plädierte dafür, nicht so viel Zeitdruck auf die Regierung aufzubauen. „Wir warten jetzt seit einem Jahr, da machen ein paar Wochen auch nichts mehr aus“, sagte er an die versammelten Energiekollegen gerichtet. Ihm sei wichtiger, dass die Strategie „durchdacht bis in die letzte Kommastelle“ sei und verlässliche Investitionen für Jahrzehnte ermögliche.

„Sie muss auch mit der EU-Kommission abgestimmt sein, sonst kann es nicht losgehen“, erinnerte Kramer. Besonders die anfängliche Nutzung von Erdgas werde in Brüssel kritisch gesehen. Zudem müssten die neuen Kraftwerksstandorte auch sicher Wasserstoff bekommen können. Noch sei unklar, ab wann genug Wasserstoff zur Verfügung stehen werde und zu welchem Preis. Wenn an alten Kraftwerksstandorten neue Anlagen errichtet werden, liegen die Stromleitungen schon an und die Genehmigungsverfahren sind verkürzbar, erläuterte Kramer die Leag-Strategie.

Leag baut sich für grüne Energie um

„Wir planen, neue Gaskraftwerke kurz vor 2030 fertigzustellen, darauf wird es auch hinauslaufen“, sagte der Leag-Chef. Bis 2038 laufen seine letzten Braunkohlekraftwerke, zum Teil auch als Reserve. Sein Unternehmen habe aber den Wandel zum Energielieferanten aus erneuerbaren Quellen bereits begonnen. Den Ausbau von Wind- und PV-Parks stemme sein Unternehmen ohne staatliche Förderung. Da die neuen Gaskraftwerke aber nur wenige Stunden im Jahr als Backup laufen werden, könnten sie sich nicht über den Strompreis amortisieren und müssten auskömmliche Förderungen erhalten, beharrte er.

Auch Katherina Reiche, CEO der Westenergie, kritisierte die Förderpolitik der Bundesregierung. Sie bedauerte, dass im neu entworfenen Haushalt für 2024 zwar Mittel für Differenzverträge (Contracts for Difference – CfD) vorgesehen seien, aber keine Mittelfristplanung bis 2030. „Dem Haushaltskompromiss fehlt die Hälfte“, beklagte Reiche. Die Ampelkoalition müsse schnell bessere Bedingungen schaffen, damit die Energiewende das reichlich vorhandene private Kapital in Investitionen mit verlässlicher Dividende einwerben könne.

Mehr Biomasse einbeziehen

Eric Stab, CEO von Engie Deutschland, appellierte, die aktuell vernachlässigte naheliegende Energiequelle Biomasse mehr zu nutzen. In Frankreich würden verstärkt Abfallstoffe zu Biomethan verarbeitet. „Mehr Biomethan kann man Treibhausgasemissionen schnell senken und die heutigen Gaskunden weiter zuverlässig versorgen, ohne Umstellungen an den Installationen vorzunehmen“, sagte Stab. Daher sollte man das vorhandenen europäische Potential besser nutzen.

Für den Bundesverband der erneuerbaren Energie (BEE) sagte Präsidentin Simone Peter, Wind und Sonne brauchten ein dezentrales erneuerbares Back-up statt 50 neue Gaskraftwerke. „Das Festhalten an der Systematik zentraler Kraftwerksstrukturen ist völlig kontraproduktiv und könnte in eine Sackgasse führen und erhebliche Redispatchprobleme implizieren“, warnte sie in einer Botschaft auf Social Media. Das neue Strommarktdesign und die Kraftwerksstrategie sollten in einer Flexibilitätsstrategie zusammengebunden werden, forderte sie stattdessen.

Schleppender Netzausbau behindert Flexibilitäten

Allein durch die Flexibilisierung des Biogasanlagenbestands entstehe nach den Szenarien des BEE bis 2030 eine flexible Leistung von rund 12.000 MW, bei Hebung nachhaltiger Substratpotenziale sogar mehr. Bis 2050 seien insgesamt 27.000 MW flexible Biogas-Leistung möglich, für weniger als die Hälfte der ursprünglich von der Bundesregierung vorgesehenen 60 Milliarden Euro für den Gaskraftwerkspark. Das sichere auch Wertschöpfung im ländlichen Raum.
 
Kongresspanel: von links Moderatorin, Constantin Eis (CEO Lichtblick), Thorsten Kramer (CEO Leag), Eric Stab (CEO Engie) und Detlef Neuhaus (CEO Solarwatt), Moderator
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Leag-Chef Kramer sagte, es sei in Zukunft zweifellos nötig, flexible Stromerzeugung, Wandlung zu Wasserstoff, Speicherung und flexiblen Verbrauch miteinander zu vereinen. Er warnte aber davor, die Notwendigkeit wasserstofffähiger Kraftwerke infrage zu stellen, sonst sei ihr Aufbau bis 2030 nicht mehr möglich. Der Digitalisierungsrückstand in Deutschland auch beim Ausrollen der Smart Meter und dem Netzausbau behindere vorerst die Nutzung von Flexibilität, weshalb Backup-Kraftwerke unabdingbar seien für den Kohleausstieg. „Bei niemandem sollen die Lichter ausgehen“, nannte Kramer als Ziel der Energiewende.

Mittwoch, 24.01.2024, 17:03 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Energiegipfel 2024 - Leag-Chef will Kraftwerksstrategie lieber „langsam aber sicher“
Quelle: E&M/S.Harmsen
Energiegipfel 2024
Leag-Chef will Kraftwerksstrategie lieber „langsam aber sicher“
Auf dem Energiegipfel hat der CEO der Leag zur lang erwarteten Kraftwerksstrategie Stellung genommen: Nach der Verzögerung sei eine tragfähige Lösung wichtiger als eine schnelle.
Auf dem Berliner Energiegipfel 2024 hatte der Chef des Energiekonzerns Eon am Vortag die Bundesregierung scharf kritisiert. „Uns fehlt zwei Jahre nach Antritt der Ampel nach wie vor ein Energie-Masterplan, der unsere Industrienation energiewirtschaftlich ins Jahr 2030 führen soll“, sagte Leonhard Birnbaum. Vor allem sieht er ein Kapazitätsproblem beim Strom in Zeiten mit wenig Sonne und Wind. Ohne eine Strategie, die die Errichtung neuer Gaskraftwerke ermögliche, müsse die Bundesrepublik in solchen Zeiten auf Kohlekraft zurückgreifen, warnte er.

Auf diese Forderungen nach einer schnellen Kraftwerksstrategie reagierte am 24. Januar Thorsten Kramer. Der Geschäftsführer des Braunkohleunternehmens Leag plädierte dafür, nicht so viel Zeitdruck auf die Regierung aufzubauen. „Wir warten jetzt seit einem Jahr, da machen ein paar Wochen auch nichts mehr aus“, sagte er an die versammelten Energiekollegen gerichtet. Ihm sei wichtiger, dass die Strategie „durchdacht bis in die letzte Kommastelle“ sei und verlässliche Investitionen für Jahrzehnte ermögliche.

„Sie muss auch mit der EU-Kommission abgestimmt sein, sonst kann es nicht losgehen“, erinnerte Kramer. Besonders die anfängliche Nutzung von Erdgas werde in Brüssel kritisch gesehen. Zudem müssten die neuen Kraftwerksstandorte auch sicher Wasserstoff bekommen können. Noch sei unklar, ab wann genug Wasserstoff zur Verfügung stehen werde und zu welchem Preis. Wenn an alten Kraftwerksstandorten neue Anlagen errichtet werden, liegen die Stromleitungen schon an und die Genehmigungsverfahren sind verkürzbar, erläuterte Kramer die Leag-Strategie.

Leag baut sich für grüne Energie um

„Wir planen, neue Gaskraftwerke kurz vor 2030 fertigzustellen, darauf wird es auch hinauslaufen“, sagte der Leag-Chef. Bis 2038 laufen seine letzten Braunkohlekraftwerke, zum Teil auch als Reserve. Sein Unternehmen habe aber den Wandel zum Energielieferanten aus erneuerbaren Quellen bereits begonnen. Den Ausbau von Wind- und PV-Parks stemme sein Unternehmen ohne staatliche Förderung. Da die neuen Gaskraftwerke aber nur wenige Stunden im Jahr als Backup laufen werden, könnten sie sich nicht über den Strompreis amortisieren und müssten auskömmliche Förderungen erhalten, beharrte er.

Auch Katherina Reiche, CEO der Westenergie, kritisierte die Förderpolitik der Bundesregierung. Sie bedauerte, dass im neu entworfenen Haushalt für 2024 zwar Mittel für Differenzverträge (Contracts for Difference – CfD) vorgesehen seien, aber keine Mittelfristplanung bis 2030. „Dem Haushaltskompromiss fehlt die Hälfte“, beklagte Reiche. Die Ampelkoalition müsse schnell bessere Bedingungen schaffen, damit die Energiewende das reichlich vorhandene private Kapital in Investitionen mit verlässlicher Dividende einwerben könne.

Mehr Biomasse einbeziehen

Eric Stab, CEO von Engie Deutschland, appellierte, die aktuell vernachlässigte naheliegende Energiequelle Biomasse mehr zu nutzen. In Frankreich würden verstärkt Abfallstoffe zu Biomethan verarbeitet. „Mehr Biomethan kann man Treibhausgasemissionen schnell senken und die heutigen Gaskunden weiter zuverlässig versorgen, ohne Umstellungen an den Installationen vorzunehmen“, sagte Stab. Daher sollte man das vorhandenen europäische Potential besser nutzen.

Für den Bundesverband der erneuerbaren Energie (BEE) sagte Präsidentin Simone Peter, Wind und Sonne brauchten ein dezentrales erneuerbares Back-up statt 50 neue Gaskraftwerke. „Das Festhalten an der Systematik zentraler Kraftwerksstrukturen ist völlig kontraproduktiv und könnte in eine Sackgasse führen und erhebliche Redispatchprobleme implizieren“, warnte sie in einer Botschaft auf Social Media. Das neue Strommarktdesign und die Kraftwerksstrategie sollten in einer Flexibilitätsstrategie zusammengebunden werden, forderte sie stattdessen.

Schleppender Netzausbau behindert Flexibilitäten

Allein durch die Flexibilisierung des Biogasanlagenbestands entstehe nach den Szenarien des BEE bis 2030 eine flexible Leistung von rund 12.000 MW, bei Hebung nachhaltiger Substratpotenziale sogar mehr. Bis 2050 seien insgesamt 27.000 MW flexible Biogas-Leistung möglich, für weniger als die Hälfte der ursprünglich von der Bundesregierung vorgesehenen 60 Milliarden Euro für den Gaskraftwerkspark. Das sichere auch Wertschöpfung im ländlichen Raum.
 
Kongresspanel: von links Moderatorin, Constantin Eis (CEO Lichtblick), Thorsten Kramer (CEO Leag), Eric Stab (CEO Engie) und Detlef Neuhaus (CEO Solarwatt), Moderator
Quelle: E&M / Susanne Harmsen

Leag-Chef Kramer sagte, es sei in Zukunft zweifellos nötig, flexible Stromerzeugung, Wandlung zu Wasserstoff, Speicherung und flexiblen Verbrauch miteinander zu vereinen. Er warnte aber davor, die Notwendigkeit wasserstofffähiger Kraftwerke infrage zu stellen, sonst sei ihr Aufbau bis 2030 nicht mehr möglich. Der Digitalisierungsrückstand in Deutschland auch beim Ausrollen der Smart Meter und dem Netzausbau behindere vorerst die Nutzung von Flexibilität, weshalb Backup-Kraftwerke unabdingbar seien für den Kohleausstieg. „Bei niemandem sollen die Lichter ausgehen“, nannte Kramer als Ziel der Energiewende.

Mittwoch, 24.01.2024, 17:03 Uhr
Susanne Harmsen

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