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Energie & Management > Emissionshandel - Kommission eröffnet Debatte über neues Klimaziel
Quelle: Fotolia / Oliver Boehmer
Emissionshandel

Kommission eröffnet Debatte über neues Klimaziel

Die EU-Kommission will den CO2-Ausstoß in der EU bis 2040 um 90 Prozent senken. Einen Beitrag dazu soll auch die umstrittene Abscheidung und Einlagerung von Kohlendioxid leisten.
 
Die Kommissarinnen und Kommissare wollen sich am 7. Februar auf das nächste Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität verständigen. Sie soll 2050 erreicht werden. Nach einem Strategiepapier, das E&M vorliegt, wollen sie vorschlagen, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu verringern.

Damit will die Kommission eine Diskussion über ein neues Klimaziel anstoßen. Man sei sich der Tatsache bewusst, dass die Energiewende allen viel abverlange, heißt es in dem Papier: „Deswegen ist die Mitteilung der Beginn eines breit angelegten Dialoges mit den Bürgern, den Unternehmen, den NGO's und allen interessierten Parteien über das Klimaziel für 2040 und den richtigen Weg zur Klimaneutralität.“ Den Vorschlag für ein rechtlich verbindliches Reduktionsziel soll dann die nächste Kommission vorlegen. Sie kommt Ende des Jahres ins Amt.

Grundlage der Mitteilung ist der Bericht des Europäischen Klimabeirates vom Juni vergangenen Jahres. Die wissenschaftlichen Berater der EU verlangen darin eine Senkung der Treibhausgase um 90 bis 95 Prozent.
 
 
Untersuchung dreier Optionen

Die Kommission betrachtet das nur als eine unter drei Optionen: eine Reduzierung um 80 Prozent („Option1“) wäre vereinbar mit einer linearen Entwicklung der Emissionen zwischen 2030 (minus 55 Prozent) und 2050 (minus 100 Prozent), eine Reduzierung um 85 bis 90 Prozent („Option2“) würde erreicht, wenn die geltenden Vorschriften bis 2040 beibehalten würden. „Option3“ wäre eine Senkung um 90 bis 95 Prozent. Die Kommission hat diese drei Optionen untersucht und schlägt im Ergebnis eine Reduzierung um 90 Prozent vor.

Der wichtigste Unterschied zwischen den einzelnen Optionen liegt darin, wie schnell emissionsarme Technologien eingeführt werden. Unter Option 1 würden diese Technologien überwiegend erst nach 2040 eingeführt. Die EU würde damit Gefahr laufen, die Klimaneutralität 2050 zu verfehlen, heißt es in der Mitteilung. Unter Option 2 würden „saubere Technologien“ wie die Produktion von Wasserstoff oder der CO2-Abscheidung bereits ab 2030 in größerem Umfang genutzt, unter Option 3 müsste diese Entwicklung weiter beschleunigt werden.

Die Investitionen in der gesamten Periode 2031 bis 2050 wären zwar ungefähr gleich für alle Optionen, unter Option 3 müsste ein Teil jedoch auf den Zeitraum 2030 bis 2040 vorgezogen werden, sodass zwischen 2040 und 2050 weniger investiert werden müsste. Die genauen Kosten der einzelnen Optionen werden in dem (noch unvollständigen) Entwurf nicht beziffert. Klar sei jedoch, dass jede Option mit einer Verbesserung der Luftqualität und der Biodiversität verbunden sei.

Um das Reduktionsziel für 2040 zu erreichen, müssten die Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) der Mitgliedsstaaten fristgerecht bis Juni 2024 nachgebessert und vollständig umgesetzt werden. Für die Energiewirtschaft bedeute es eine „nahezu vollständige Dekarbonisierung“. Ersetzt werden müssten die fossilen Kraftwerke vor allem durch mehr Stromerzeugung aus Wind und Sonne. Allerdings könne man auf andere Lösungen wie die Atomkraft, CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) und -Verwendung (Carbon Capture and Utilization, CCU) sowie andere Technologien nicht verzichten.

Unterstützung für kleine Atomkraftwerke 

Die Kommission unterstütze deswegen die Bildung einer industriellen Allianz zum Bau „kleiner Atomkraftwerke“(Small Modular Reactor, SMR) − mit dem Ziel, eine vollständige Lieferkette, einschließlich qualifizierten Personals aufzubauen. Die Kommission hofft zwar, dass die neuen Technologien und neue Regeln für die Elektrizitätsmärkte zu niedrigeren Energiekosten führen. Das Papier verströmt aber nur eine geringe Zuversicht, dass die Preise in absehbarer Zeit spürbar sinken. Politische Ausgleichsmaßnahmen für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen und für die energieintensive Industrie seien unverzichtbar.

Eine zentrale Säule der Dekarbonisierung sei die Elektrifizierung. Bis 2040 soll der Stromverbrauch, der heute 25 Prozent des Energieverbrauchs ausmache, auf 50 Prozent ansteigen. Mehr als 90 Prozent des Stroms würden dann aus erneuerbaren Energien oder Atomkraft erzeugt. Das erfordere einen beschleunigten Ausbau dieser Energiequellen und der Stromnetze sowie deren Digitalisierung.

Gleichwohl spielten fossile Brennstoffe in der Ãœbergangsperiode noch eine Rolle. Der Einsatz von Kohle werde bis 2040 zwar beendet, Erdgas und „emissionsarme Gase“ würden aber weiter benötigt. Erdöl bleibe im Verkehr, insbesondere im Luft- und Seeverkehr, unverzichtbar. Die Verkehrsträger benötigten 2040 etwa 60 Prozent der fossilen Brennstoffe, die restlichen 40 Prozent entfielen auf die Industrie, Gebäude und Kraftwerke. Die dabei entstehenden Emissionen sollten so weit wie möglich aufgefangen und eingelagert werden.

Alle verfügbaren Technologien wichtig

Das 90-Prozent-Ziel macht es nach Ansicht der Kommission erforderlich, CO2-Emissionen der Industrie bereits vor 2040 durch CCS zu neutralisieren. 2040 müssten es bereits 300 Millionen Tonnen sein, unter der Voraussetzung, dass mindestens 75 Millionen Tonnen durch natürliche Maßnahmen gebunden würden. Dafür müsse man auf alle verfügbaren Technologien wie CCS, CCU, Bio-CCS (Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung) oder CO2-Entnahme aus der Atomosphäre (Direct Air Capture, DAC) zurückgreifen.

Der Emissionshandel (ETS) spiele weiter eine zentrale Rolle in der europäischen Klimapolitik, müsse aber durch andere Preiselemente ergänzt werden. In Brüssel denkt man dabei an eine Reform der Energiesteuern und an einen Abbau der Beihilfen für fossile Energien und den Klimazoll, der ab 2026 an den Grenzen der Union erhoben werden soll.

Mittwoch, 31.01.2024, 15:14 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Emissionshandel - Kommission eröffnet Debatte über neues Klimaziel
Quelle: Fotolia / Oliver Boehmer
Emissionshandel
Kommission eröffnet Debatte über neues Klimaziel
Die EU-Kommission will den CO2-Ausstoß in der EU bis 2040 um 90 Prozent senken. Einen Beitrag dazu soll auch die umstrittene Abscheidung und Einlagerung von Kohlendioxid leisten.
 
Die Kommissarinnen und Kommissare wollen sich am 7. Februar auf das nächste Zwischenziel auf dem Weg zur Klimaneutralität verständigen. Sie soll 2050 erreicht werden. Nach einem Strategiepapier, das E&M vorliegt, wollen sie vorschlagen, den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu verringern.

Damit will die Kommission eine Diskussion über ein neues Klimaziel anstoßen. Man sei sich der Tatsache bewusst, dass die Energiewende allen viel abverlange, heißt es in dem Papier: „Deswegen ist die Mitteilung der Beginn eines breit angelegten Dialoges mit den Bürgern, den Unternehmen, den NGO's und allen interessierten Parteien über das Klimaziel für 2040 und den richtigen Weg zur Klimaneutralität.“ Den Vorschlag für ein rechtlich verbindliches Reduktionsziel soll dann die nächste Kommission vorlegen. Sie kommt Ende des Jahres ins Amt.

Grundlage der Mitteilung ist der Bericht des Europäischen Klimabeirates vom Juni vergangenen Jahres. Die wissenschaftlichen Berater der EU verlangen darin eine Senkung der Treibhausgase um 90 bis 95 Prozent.
 
 
Untersuchung dreier Optionen

Die Kommission betrachtet das nur als eine unter drei Optionen: eine Reduzierung um 80 Prozent („Option1“) wäre vereinbar mit einer linearen Entwicklung der Emissionen zwischen 2030 (minus 55 Prozent) und 2050 (minus 100 Prozent), eine Reduzierung um 85 bis 90 Prozent („Option2“) würde erreicht, wenn die geltenden Vorschriften bis 2040 beibehalten würden. „Option3“ wäre eine Senkung um 90 bis 95 Prozent. Die Kommission hat diese drei Optionen untersucht und schlägt im Ergebnis eine Reduzierung um 90 Prozent vor.

Der wichtigste Unterschied zwischen den einzelnen Optionen liegt darin, wie schnell emissionsarme Technologien eingeführt werden. Unter Option 1 würden diese Technologien überwiegend erst nach 2040 eingeführt. Die EU würde damit Gefahr laufen, die Klimaneutralität 2050 zu verfehlen, heißt es in der Mitteilung. Unter Option 2 würden „saubere Technologien“ wie die Produktion von Wasserstoff oder der CO2-Abscheidung bereits ab 2030 in größerem Umfang genutzt, unter Option 3 müsste diese Entwicklung weiter beschleunigt werden.

Die Investitionen in der gesamten Periode 2031 bis 2050 wären zwar ungefähr gleich für alle Optionen, unter Option 3 müsste ein Teil jedoch auf den Zeitraum 2030 bis 2040 vorgezogen werden, sodass zwischen 2040 und 2050 weniger investiert werden müsste. Die genauen Kosten der einzelnen Optionen werden in dem (noch unvollständigen) Entwurf nicht beziffert. Klar sei jedoch, dass jede Option mit einer Verbesserung der Luftqualität und der Biodiversität verbunden sei.

Um das Reduktionsziel für 2040 zu erreichen, müssten die Nationalen Energie- und Klimapläne (NECP) der Mitgliedsstaaten fristgerecht bis Juni 2024 nachgebessert und vollständig umgesetzt werden. Für die Energiewirtschaft bedeute es eine „nahezu vollständige Dekarbonisierung“. Ersetzt werden müssten die fossilen Kraftwerke vor allem durch mehr Stromerzeugung aus Wind und Sonne. Allerdings könne man auf andere Lösungen wie die Atomkraft, CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) und -Verwendung (Carbon Capture and Utilization, CCU) sowie andere Technologien nicht verzichten.

Unterstützung für kleine Atomkraftwerke 

Die Kommission unterstütze deswegen die Bildung einer industriellen Allianz zum Bau „kleiner Atomkraftwerke“(Small Modular Reactor, SMR) − mit dem Ziel, eine vollständige Lieferkette, einschließlich qualifizierten Personals aufzubauen. Die Kommission hofft zwar, dass die neuen Technologien und neue Regeln für die Elektrizitätsmärkte zu niedrigeren Energiekosten führen. Das Papier verströmt aber nur eine geringe Zuversicht, dass die Preise in absehbarer Zeit spürbar sinken. Politische Ausgleichsmaßnahmen für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen und für die energieintensive Industrie seien unverzichtbar.

Eine zentrale Säule der Dekarbonisierung sei die Elektrifizierung. Bis 2040 soll der Stromverbrauch, der heute 25 Prozent des Energieverbrauchs ausmache, auf 50 Prozent ansteigen. Mehr als 90 Prozent des Stroms würden dann aus erneuerbaren Energien oder Atomkraft erzeugt. Das erfordere einen beschleunigten Ausbau dieser Energiequellen und der Stromnetze sowie deren Digitalisierung.

Gleichwohl spielten fossile Brennstoffe in der Ãœbergangsperiode noch eine Rolle. Der Einsatz von Kohle werde bis 2040 zwar beendet, Erdgas und „emissionsarme Gase“ würden aber weiter benötigt. Erdöl bleibe im Verkehr, insbesondere im Luft- und Seeverkehr, unverzichtbar. Die Verkehrsträger benötigten 2040 etwa 60 Prozent der fossilen Brennstoffe, die restlichen 40 Prozent entfielen auf die Industrie, Gebäude und Kraftwerke. Die dabei entstehenden Emissionen sollten so weit wie möglich aufgefangen und eingelagert werden.

Alle verfügbaren Technologien wichtig

Das 90-Prozent-Ziel macht es nach Ansicht der Kommission erforderlich, CO2-Emissionen der Industrie bereits vor 2040 durch CCS zu neutralisieren. 2040 müssten es bereits 300 Millionen Tonnen sein, unter der Voraussetzung, dass mindestens 75 Millionen Tonnen durch natürliche Maßnahmen gebunden würden. Dafür müsse man auf alle verfügbaren Technologien wie CCS, CCU, Bio-CCS (Bioenergie mit CO2-Abscheidung und -Speicherung) oder CO2-Entnahme aus der Atomosphäre (Direct Air Capture, DAC) zurückgreifen.

Der Emissionshandel (ETS) spiele weiter eine zentrale Rolle in der europäischen Klimapolitik, müsse aber durch andere Preiselemente ergänzt werden. In Brüssel denkt man dabei an eine Reform der Energiesteuern und an einen Abbau der Beihilfen für fossile Energien und den Klimazoll, der ab 2026 an den Grenzen der Union erhoben werden soll.

Mittwoch, 31.01.2024, 15:14 Uhr
Tom Weingärtner

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