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Energie & Management > Politik - Kein Geld fürs Klimageld?
Quelle: Fotolia / Tom-Hanisch
Politik

Kein Geld fürs Klimageld?

Ökonomen und Verbraucherschützer fordern eine baldige Auszahlung des Klimageldes an Bürger. Die Bundesregierung hat es damit nicht eilig.
Strompreisbremse, Heizungsgesetz, Wärmeplanungsgesetz – bei vielen Vorhaben hat die Bundesregierung aufs Tempo gedrückt. Doch den „sozialen Kompensationsmechanismus“, wie es im Koalitionsvertrag heißt, zum Ausgleich höherer CO2-Preise umzusetzen, wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen – und eine neue Regierung. Das Klimageld, so die landläufige Bezeichnung, soll nach Überlegungen der Ampel „bis spätestens 2027“ eingeführt werden. Das hat ein Regierungssprecher jetzt durchblicken lassen.

Zuvor hatte bereits Christian Lindner Forderungen nach einer baldigen Auszahlung des Klimageldes zurückgewiesen. Der Bundesfinanzminister aus den Reihen der Liberalen sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass es bis 2025 dauere, um die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Obendrein wüsste Lindner offenbar nicht, woher er das Geld für die Kompensationszahlungen nehmen sollte.

Nach der Bundestagswahl

Die Idee der Regierung ist es, die Einnahmen aus dem CO2-Preis umgerechnet pro Kopf an Bürgerinnen und Bürger zurückzuzahlen. „Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter“, erklärte Lindner. Weil man „Geld nicht zweimal ausgeben kann“, so der Finanzminister in der NOZ, würde durch das Klimageld die Förderung wegfallen. Ein solcher „Systemwechsel“ kommt nach Auffassung des FDP-Politikers aber erst nach der nächsten Bundestagswahl in Betracht.

Der Regierungssprecher nannte als Begründung für den neuen Zeithorizont Änderungen im europäischen Emissionshandel, die ab 2027 greifen. Die Preise für den CO2-Ausstoß von Gebäuden und Verkehr sollen sich künftig dort bilden. Und für die CO2-Zertifikate, mit denen gehandelt werden kann, sollen Obergrenzen gelten. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet ab 2026 oder 2027 mit einer deutlichen Steigerung des CO2-Preises und entsprechend höheren Preisen für fossile Energien und Kraftstoffe, wie die Deutsche Presseagentur erfahren hat.

DIW: Lindners Aussagen sind „falsch und widersprüchlich“

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) teilt Lindners Sicht nicht. „Das Argument des Bundesfinanzministers, die CO2-Einnahmen, die als Klimageld an die Menschen zurückgegeben werden sollten, würden für andere Förderprogramme genutzt, ist falsch und widersprüchlich“, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

„Die Bundesregierung gibt viel Geld für die Förderung der energieintensiven Industrie aus und hat zudem die Spitzenverdienenden entlastet.„ Ein wichtiges Ziel des Klimagelds sei es, vor allem Menschen mit mittleren und geringen Einkommen finanziell zu entlasten. „Die vom Bundesfinanzminister genannten Maßnahmen tun das Gegenteil“, so Fratzscher. Er hält die zügige Umsetzung des Klimagelds für wichtig, um die soziale Akzeptanz für die Transformation in Deutschland zu stärken und wieder mehr Vertrauen in das Handeln der Bundesregierung zu schaffen.

BEE für Entlastung von Geringverdienern

Kritik an Lindner übt auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). „Die Bundesregierung sollte nicht den Eindruck erwecken, sie ginge bei Belastungen entschlossener vor als bei Entlastungen“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. „Die aus Klimaschutzgründen notwendige Erhöhung des CO2-Preises von 30 auf 45 Euro sollte von einem finanziellen Ausgleich begleitet werden, um Preissteigerungen besonders für Menschen mit niedrigem Einkommen abzumildern.“

Das Umweltinstitut München kann nicht nachvollziehen, warum Lindner allein noch zwei Jahre veranschlagt, bis allein der Auszahlungsmechanismus eingerichtet ist. Die Organisation verweist auf die Praxis im Nachbarland Österreich. Dort „wurde der so genannte Klimabonus bereits ein gutes halbes Jahr nach Einführung der CO₂-Bepreisung eingeführt“, sagt Leonard Burtscher, Referent für Energie- und Klimapolitik des Umweltinstituts.

Der Verbraucherzentrale Bundesverbands hat im Dezember ausgerechnet, dass die Bürger eine Klimageld-Einmalzahlung in Höhe von 139 Euro pro Kopf erhalten könnten. Die Einnahmen der Bundesregierung durch die CO2-Bepreisung bezifferten die Verbraucherschützer auf 11,4 Milliarden Euro. „Etwa drei Viertel der Zahlungen für die im Jahr 2021 eingeführte CO2-Bepreisung leisteten private Haushalte“, so der Verband.

Die Einnahmen aus dem europäischen und dem nationalen Emissionshandelssystem erreichten im vergangenen Jahr einen neuen Höchstwert. Laut Deutscher Emissionshandelsstelle des Umweltbundesamts betrugen sie mehr als 18 Milliarden Euro – ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zu 2022. Dieses Geld fließt vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF).

Montag, 15.01.2024, 16:17 Uhr
Manfred Fischer
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Kein Geld fürs Klimageld?
Ökonomen und Verbraucherschützer fordern eine baldige Auszahlung des Klimageldes an Bürger. Die Bundesregierung hat es damit nicht eilig.
Strompreisbremse, Heizungsgesetz, Wärmeplanungsgesetz – bei vielen Vorhaben hat die Bundesregierung aufs Tempo gedrückt. Doch den „sozialen Kompensationsmechanismus“, wie es im Koalitionsvertrag heißt, zum Ausgleich höherer CO2-Preise umzusetzen, wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen – und eine neue Regierung. Das Klimageld, so die landläufige Bezeichnung, soll nach Überlegungen der Ampel „bis spätestens 2027“ eingeführt werden. Das hat ein Regierungssprecher jetzt durchblicken lassen.

Zuvor hatte bereits Christian Lindner Forderungen nach einer baldigen Auszahlung des Klimageldes zurückgewiesen. Der Bundesfinanzminister aus den Reihen der Liberalen sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass es bis 2025 dauere, um die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Obendrein wüsste Lindner offenbar nicht, woher er das Geld für die Kompensationszahlungen nehmen sollte.

Nach der Bundestagswahl

Die Idee der Regierung ist es, die Einnahmen aus dem CO2-Preis umgerechnet pro Kopf an Bürgerinnen und Bürger zurückzuzahlen. „Gegenwärtig werden die Einnahmen aber genutzt für die Förderung von Heizungen, Gebäudesanierung, grüner Stahlproduktion, Ladesäulen für E-Autos und so weiter“, erklärte Lindner. Weil man „Geld nicht zweimal ausgeben kann“, so der Finanzminister in der NOZ, würde durch das Klimageld die Förderung wegfallen. Ein solcher „Systemwechsel“ kommt nach Auffassung des FDP-Politikers aber erst nach der nächsten Bundestagswahl in Betracht.

Der Regierungssprecher nannte als Begründung für den neuen Zeithorizont Änderungen im europäischen Emissionshandel, die ab 2027 greifen. Die Preise für den CO2-Ausstoß von Gebäuden und Verkehr sollen sich künftig dort bilden. Und für die CO2-Zertifikate, mit denen gehandelt werden kann, sollen Obergrenzen gelten. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet ab 2026 oder 2027 mit einer deutlichen Steigerung des CO2-Preises und entsprechend höheren Preisen für fossile Energien und Kraftstoffe, wie die Deutsche Presseagentur erfahren hat.

DIW: Lindners Aussagen sind „falsch und widersprüchlich“

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) teilt Lindners Sicht nicht. „Das Argument des Bundesfinanzministers, die CO2-Einnahmen, die als Klimageld an die Menschen zurückgegeben werden sollten, würden für andere Förderprogramme genutzt, ist falsch und widersprüchlich“, sagt DIW-Präsident Marcel Fratzscher.

„Die Bundesregierung gibt viel Geld für die Förderung der energieintensiven Industrie aus und hat zudem die Spitzenverdienenden entlastet.„ Ein wichtiges Ziel des Klimagelds sei es, vor allem Menschen mit mittleren und geringen Einkommen finanziell zu entlasten. „Die vom Bundesfinanzminister genannten Maßnahmen tun das Gegenteil“, so Fratzscher. Er hält die zügige Umsetzung des Klimagelds für wichtig, um die soziale Akzeptanz für die Transformation in Deutschland zu stärken und wieder mehr Vertrauen in das Handeln der Bundesregierung zu schaffen.

BEE für Entlastung von Geringverdienern

Kritik an Lindner übt auch der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). „Die Bundesregierung sollte nicht den Eindruck erwecken, sie ginge bei Belastungen entschlossener vor als bei Entlastungen“, sagt BEE-Präsidentin Simone Peter. „Die aus Klimaschutzgründen notwendige Erhöhung des CO2-Preises von 30 auf 45 Euro sollte von einem finanziellen Ausgleich begleitet werden, um Preissteigerungen besonders für Menschen mit niedrigem Einkommen abzumildern.“

Das Umweltinstitut München kann nicht nachvollziehen, warum Lindner allein noch zwei Jahre veranschlagt, bis allein der Auszahlungsmechanismus eingerichtet ist. Die Organisation verweist auf die Praxis im Nachbarland Österreich. Dort „wurde der so genannte Klimabonus bereits ein gutes halbes Jahr nach Einführung der CO₂-Bepreisung eingeführt“, sagt Leonard Burtscher, Referent für Energie- und Klimapolitik des Umweltinstituts.

Der Verbraucherzentrale Bundesverbands hat im Dezember ausgerechnet, dass die Bürger eine Klimageld-Einmalzahlung in Höhe von 139 Euro pro Kopf erhalten könnten. Die Einnahmen der Bundesregierung durch die CO2-Bepreisung bezifferten die Verbraucherschützer auf 11,4 Milliarden Euro. „Etwa drei Viertel der Zahlungen für die im Jahr 2021 eingeführte CO2-Bepreisung leisteten private Haushalte“, so der Verband.

Die Einnahmen aus dem europäischen und dem nationalen Emissionshandelssystem erreichten im vergangenen Jahr einen neuen Höchstwert. Laut Deutscher Emissionshandelsstelle des Umweltbundesamts betrugen sie mehr als 18 Milliarden Euro – ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zu 2022. Dieses Geld fließt vollständig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF).

Montag, 15.01.2024, 16:17 Uhr
Manfred Fischer

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