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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Horizontale Kooperationen als Königsweg
Quelle: Fotolia / nmann77
E&M Vor 20 Jahren

Horizontale Kooperationen als Königsweg

Vor 20 Jahren wurde in der Stadtwerke-Szene darüber diskutiert, ob es den kommunalen Versorgern zu gut geht. Trotzdem herrschte Sorge, ob sie im Wettbewerb bestehen können.
Nach der Liberalisierung der Energiemärkte 1998 sahen Berater, Bankanalysten, Verbandsvertreter und auch der eine oder andere Marktbeobachter ein massenhaftes Stadtwerke-Sterben voraus. Bis in die ersten 2000-er Jahre hielten sich die Prognosen, die meisten kommunalen Versorger würden nicht dem zunehmenden Wettbewerb gewachsen sein.
 
Bei der Eröffnung des VKU-Verbandstags 2003 in Mannheim war zwar davon nichts zu hören, doch die regulatorischen Entwicklungen, das Unbundling und die drohende Ausweitung des Wettbewerbs auf Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung durch die EU versetzte die Branche mächtig in Aufruhr, wie E&M-Redakteur Peter Focht damals beobachten konnte.
 
Vor „fundamentalen Veränderungen“ stehen die deutschen Stadtwerke auf jeden Fall, darüber war man sich in Mannheim einig. Ob und für wen diese Veränderungen vor allem Chancen oder in erster Linie Gefahren bedeuten, darüber gingen die Meinungen auseinander. Gerhard Widder, Oberbürgermeister der gastgebenden Stadt Mannheim und Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen, wies bei der Bestandsaufnahme auf Erfolge der VKU-Mitglieder in den letzten Jahren hin. Durch Kundenorientierung, Kostensenkung und Kooperation hätten sie ihren Anteil an der Stromversorgung (43 %) und an der Gasversorgung (70 %) sogar noch ausbauen können, führte er stolz aus. Nur 2 % der Stadtwerkekunden hätten seit Beginn des Wettbewerbs in der Energiewirtschaft ihren Versorger gewechselt.

Auf entschiedenen Widerspruch Widders traf eine provozierende Bemerkung von Dieter Attig, Vorstandschef der Stadtwerke Aachen AG, der meinte: „Im Moment geht es uns allen zu gut“. Viele Unternehmen der Branche hätten es in den vergangenen guten Jahren versäumt, sich auf die Anforderungen der Zukunft einzustellen. Und die sieht nach Attigs Einschätzung nicht rosig aus: „Ein Stand-alone für kleine Stadtwerke wird auf Dauer nicht möglich sein“, erklärte er und schlug horizontale Kooperationen als „Königsweg“ für diese Unternehmen vor. Ziel sei nämlich nicht nur zu überleben, sondern Geld zu verdienen, und dazu müssten viele Stadtwerke neue Wertschöpfungsfelder entwickeln und ausbauen.

„Im Moment geht es uns allen zu gut“

Durch klare Feststellungen Zuversicht verbreiten wollten die Vertreter der Bundesregierung und der EU. Georg Wilhelm Adamowitsch, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, versuchte in gewohnt forscher Art klarzustellen, was die Branche in Sachen Regulierung, Unbundling und Emissionshandel zu erwarten hat. Über bekannte Feststellungen aus dem Anfang September vorgelegten Monitoring-Bericht gingen seine Ausführungen jedoch nicht hinaus. Wie er sich die angekündigte „Methodenregulierung“, die grundsätzlich auch bei Widder und beim VKU Beifall findet, vorstellt, darüber konnte er konkret noch keine Angaben machen. „Zentrale Ziele sind ein diskriminierungsfreier Netzzugang und der Erhalt des hohen Niveaus von Versorgungsqualität und -sicherheit“, bekräftigte Adamowitsch den Standpunkt des Ministeriums.

Das übergeordnete Ziel der EU sei, „die Dienstleistungsmärkte so schnell wie möglich zu öffnen“, stellte der deutsche EU-Parlamentarier Bernhard Rapkay klar. Es sei in Übereinstimmung mit den Regierungen aller Mitgliedstaaten unumstößlich festgelegt worden. Wenn die Stadtwerke einen Beitrag dazu leisten wollten, könnten sie eine wichtige Rolle spielen, so Rapkay weiter. Die Fragestellung des Verbandstages, ob Europa im Interesse der Stadtwerke sei, bezeichnete der Parlamentarier als ziemlich uninteressant. Stefan Gewaltig von der Generaldirektion Energie und Verkehr der EU-Kommission zog betont sachlich Bilanz: Mehr als zwei Drittel des Strommarktes der EU und 80 Prozent des Gasmarktes seien bereits für Wettbewerb zugänglich. Zu der im Sommer als für alle Mitgliedstaaten verbindlich beschlossenen Einführung von Regulierungsbehörden stellte er klar: „Es geht nicht um die Regulierung des Marktes generell, es geht um die Regulierung des natürlichen Monopols der Netze.“

Auch wenn in den nächsten Jahren einige Stadtwerke und VKU-Mitglieder aufgeben müssen – mit dem Verbandstag in Mannheim ist der VKU erst einmal erheblich gewachsen und wird künftig über 1.400 Unternehmen vertreten. Gestern wurden nämlich auch die Verträge zur Fusion mit dem Verband Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung unterzeichnet. Der VKS bringt etwa 400 kommunale Unternehmen und Regiebetriebe unter das Dach des VKU.

Freitag, 22.09.2023, 14:24 Uhr
Peter Focht
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E&M Vor 20 Jahren
Horizontale Kooperationen als Königsweg
Vor 20 Jahren wurde in der Stadtwerke-Szene darüber diskutiert, ob es den kommunalen Versorgern zu gut geht. Trotzdem herrschte Sorge, ob sie im Wettbewerb bestehen können.
Nach der Liberalisierung der Energiemärkte 1998 sahen Berater, Bankanalysten, Verbandsvertreter und auch der eine oder andere Marktbeobachter ein massenhaftes Stadtwerke-Sterben voraus. Bis in die ersten 2000-er Jahre hielten sich die Prognosen, die meisten kommunalen Versorger würden nicht dem zunehmenden Wettbewerb gewachsen sein.
 
Bei der Eröffnung des VKU-Verbandstags 2003 in Mannheim war zwar davon nichts zu hören, doch die regulatorischen Entwicklungen, das Unbundling und die drohende Ausweitung des Wettbewerbs auf Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung durch die EU versetzte die Branche mächtig in Aufruhr, wie E&M-Redakteur Peter Focht damals beobachten konnte.
 
Vor „fundamentalen Veränderungen“ stehen die deutschen Stadtwerke auf jeden Fall, darüber war man sich in Mannheim einig. Ob und für wen diese Veränderungen vor allem Chancen oder in erster Linie Gefahren bedeuten, darüber gingen die Meinungen auseinander. Gerhard Widder, Oberbürgermeister der gastgebenden Stadt Mannheim und Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen, wies bei der Bestandsaufnahme auf Erfolge der VKU-Mitglieder in den letzten Jahren hin. Durch Kundenorientierung, Kostensenkung und Kooperation hätten sie ihren Anteil an der Stromversorgung (43 %) und an der Gasversorgung (70 %) sogar noch ausbauen können, führte er stolz aus. Nur 2 % der Stadtwerkekunden hätten seit Beginn des Wettbewerbs in der Energiewirtschaft ihren Versorger gewechselt.

Auf entschiedenen Widerspruch Widders traf eine provozierende Bemerkung von Dieter Attig, Vorstandschef der Stadtwerke Aachen AG, der meinte: „Im Moment geht es uns allen zu gut“. Viele Unternehmen der Branche hätten es in den vergangenen guten Jahren versäumt, sich auf die Anforderungen der Zukunft einzustellen. Und die sieht nach Attigs Einschätzung nicht rosig aus: „Ein Stand-alone für kleine Stadtwerke wird auf Dauer nicht möglich sein“, erklärte er und schlug horizontale Kooperationen als „Königsweg“ für diese Unternehmen vor. Ziel sei nämlich nicht nur zu überleben, sondern Geld zu verdienen, und dazu müssten viele Stadtwerke neue Wertschöpfungsfelder entwickeln und ausbauen.

„Im Moment geht es uns allen zu gut“

Durch klare Feststellungen Zuversicht verbreiten wollten die Vertreter der Bundesregierung und der EU. Georg Wilhelm Adamowitsch, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, versuchte in gewohnt forscher Art klarzustellen, was die Branche in Sachen Regulierung, Unbundling und Emissionshandel zu erwarten hat. Über bekannte Feststellungen aus dem Anfang September vorgelegten Monitoring-Bericht gingen seine Ausführungen jedoch nicht hinaus. Wie er sich die angekündigte „Methodenregulierung“, die grundsätzlich auch bei Widder und beim VKU Beifall findet, vorstellt, darüber konnte er konkret noch keine Angaben machen. „Zentrale Ziele sind ein diskriminierungsfreier Netzzugang und der Erhalt des hohen Niveaus von Versorgungsqualität und -sicherheit“, bekräftigte Adamowitsch den Standpunkt des Ministeriums.

Das übergeordnete Ziel der EU sei, „die Dienstleistungsmärkte so schnell wie möglich zu öffnen“, stellte der deutsche EU-Parlamentarier Bernhard Rapkay klar. Es sei in Übereinstimmung mit den Regierungen aller Mitgliedstaaten unumstößlich festgelegt worden. Wenn die Stadtwerke einen Beitrag dazu leisten wollten, könnten sie eine wichtige Rolle spielen, so Rapkay weiter. Die Fragestellung des Verbandstages, ob Europa im Interesse der Stadtwerke sei, bezeichnete der Parlamentarier als ziemlich uninteressant. Stefan Gewaltig von der Generaldirektion Energie und Verkehr der EU-Kommission zog betont sachlich Bilanz: Mehr als zwei Drittel des Strommarktes der EU und 80 Prozent des Gasmarktes seien bereits für Wettbewerb zugänglich. Zu der im Sommer als für alle Mitgliedstaaten verbindlich beschlossenen Einführung von Regulierungsbehörden stellte er klar: „Es geht nicht um die Regulierung des Marktes generell, es geht um die Regulierung des natürlichen Monopols der Netze.“

Auch wenn in den nächsten Jahren einige Stadtwerke und VKU-Mitglieder aufgeben müssen – mit dem Verbandstag in Mannheim ist der VKU erst einmal erheblich gewachsen und wird künftig über 1.400 Unternehmen vertreten. Gestern wurden nämlich auch die Verträge zur Fusion mit dem Verband Kommunale Abfallwirtschaft und Stadtreinigung unterzeichnet. Der VKS bringt etwa 400 kommunale Unternehmen und Regiebetriebe unter das Dach des VKU.

Freitag, 22.09.2023, 14:24 Uhr
Peter Focht

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