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Energie & Management > Klimaschutz - Gericht verpflichtet Bund zu Klimaschutz-Sofortmaßnahmen
Quelle: Fotolia / bluedesign
Klimaschutz

Gericht verpflichtet Bund zu Klimaschutz-Sofortmaßnahmen

Die Bundesregierung muss zusätzliche schnelle Maßnahmen beschließen, um die Emissionen aus Verkehr und Gebäuden zu reduzieren. Das hat das Oberverwaltungsgericht in Berlin geurteilt.
Nach Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und des Umweltverbands BUND fällte der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg am 30. November sein Urteil. Demnach muss die Bundesregierung Sofortmaßnahmen ergreifen, um auch Treibhausgas-Emissionen aus dem Verkehr und Gebäudebereich schnell zu reduzieren.

Die Verbände waren vor Gericht gezogen, weil aus ihrer Sicht die zuständigen Ministerien nicht ausreichend gehandelt haben, obwohl in den beiden Sektoren seit Jahren die Reduktionsziele nicht erreicht wurden. Sie Verbände beriefen sich auf das Klimaschutzgesetz. Laut Paragraf 8 muss das zuständige Ministerium mit einem Sofortprogramm gegensteuern, wenn die für einen Sektor zulässige Menge von Klimagasen in einem Jahr überschritten wird.

Das Gesetz schreibt eine Senkung der Treibhausgase über alle erfassten Sektoren hinweg bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 vor. Erreicht waren im vergangenen Jahr gut 40 Prozent Minderung. Allerdings hatte die Bundesregierung im Juni 2023 eine Neufassung des Klimaschutzgesetzes entworfen, die die sektorscharfe Abrechnung der Treibhausgasemissionen aufhebt.

Revision wahrscheinlich

Die Vorsitzende Richterin des Senats, Ariane Holle, legte in der mündlichen Begründung dar, dass die Ergänzungen im Klimaschutzprogramm vom Oktober 2023 ein eher mittel- bis langfristiges Instrument seien. Das im Gesetz geforderte Sofortprogramm sei etwas anderes.

Das Argument der Bundesregierung, die Klage sei gar nicht zulässig, wies das Gericht zurück. Die Regierung prüft nun, in Revision zu gehen, was eine aufschiebende Wirkung für das Urteil hätte. Der Klägeranwalt Remo Klinger rechnet mit Rechtsmitteln, erwartet aber auch vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Erfolg.

Kläger fordern Tempolimit

Die Kläger begrüßten das Urteil. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch erklärte: „Die Bundesregierung hat attestiert bekommen, dass sie ihre eigenen Klimaziele nicht einhält.“ Jetzt müssten alle Maßnahmen ergriffen werden, die zumutbar seien und nichts kosteten oder sogar Geld einbrächten. Als Beispiele nannte Resch ein Tempolimit auf Autobahnen und ein sofortiges Sanierungsprogramm für öffentliche Gebäude wie Schulen oder Kitas sowie den Abbau klimaschädlicher Subventionen, der seiner Ansicht nach auch das nötige Geld in die öffentlichen Kassen bringen könnte.

Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte Geschäftsführerin Antje von Broock: „Gebäude- und Verkehrssektor brauchen ein Klimaschutz-Update.“ Das klimapolitische Versagen der Bundesregierung sei gesetzeswidrig. „Von den Ministern Wissing, Geywitz und Habeck erwarten wir jetzt rasch ambitioniertere Maßnahmen, um auf Klimakurs zu kommen“, so von Broock mit Blick auf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Dazu gehöre die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs sowie von Steuervorteilen für Diesel und Kerosin sowie klare Vorgaben für die energetische Modernisierung von Gebäuden.
 
 
Politische Reaktionen: CDU, Union, Deneff

Der Unions-Klimapolitiker Andreas Jung hat die Ampel zu Konsequenzen wegen des Urteils aufgefordert. „Die Strategie, Haushaltstricks und verbale Beteuerungen mit einer Entkernung des Klimaschutzgesetzes zu kombinieren, ist endgültig gescheitert“, sagte Jung. Das Klimaschutzministerium (BMWK) beteuerte, mit den im Klimaschutzprogramm 2023 enthaltenen Maßnahmen die Lücke in den Emissionsminderungen bis zu 80 Prozent schließen zu können. Weitere Anstrengungen seien aber erforderlich.

Spitzenpolitikerinnen der Grünen sehen sich durch das Gerichtsurteil in ihrer Forderung nach mehr Geld für Klimaschutz bestärkt. Die Parteivorsitzende Ricarda Lang kündigte an, „Wege zu finden, um notwendige Investitionen in den Klimaschutz und die Wettbewerbsfähigkeit zu stemmen“. Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge schlug „ein rechtlich neu aufgestelltes Sondervermögen Klimaschutz“ vor.

Auch die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) begrüßt das Urteil. „Die Einhaltung der Klimaschutzziele und die des neuen Energieeffizienzgesetzes gelingen nicht ohne ausreichende, wirkungsvolle Maßnahmen“, erklärte geschäftsführender Vorstand Christian Noll. Die Bundesregierung müsse eine solide Effizienzstrategie vorlegen, die sowohl die Kosten der Energiewende als auch die Kostenbelastungen durch hohe Energiepreise sowie die Versorgungssicherheit in den Blick nimmt, so Noll. So liege bis heute die angekündigte „Roadmap Energieeffizienz 2045“ des BMWK nicht vor.

Weitere Klimaklagen der DUH auf ausreichende Klimaschutz-Maßnahmen bis 2030 werden am 1. Februar 2024 verhandelt, kündigte der Verband an. 

Donnerstag, 30.11.2023, 13:53 Uhr
Susanne Harmsen
Energie & Management > Klimaschutz - Gericht verpflichtet Bund zu Klimaschutz-Sofortmaßnahmen
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Klimaschutz
Gericht verpflichtet Bund zu Klimaschutz-Sofortmaßnahmen
Die Bundesregierung muss zusätzliche schnelle Maßnahmen beschließen, um die Emissionen aus Verkehr und Gebäuden zu reduzieren. Das hat das Oberverwaltungsgericht in Berlin geurteilt.
Nach Klagen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und des Umweltverbands BUND fällte der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg am 30. November sein Urteil. Demnach muss die Bundesregierung Sofortmaßnahmen ergreifen, um auch Treibhausgas-Emissionen aus dem Verkehr und Gebäudebereich schnell zu reduzieren.

Die Verbände waren vor Gericht gezogen, weil aus ihrer Sicht die zuständigen Ministerien nicht ausreichend gehandelt haben, obwohl in den beiden Sektoren seit Jahren die Reduktionsziele nicht erreicht wurden. Sie Verbände beriefen sich auf das Klimaschutzgesetz. Laut Paragraf 8 muss das zuständige Ministerium mit einem Sofortprogramm gegensteuern, wenn die für einen Sektor zulässige Menge von Klimagasen in einem Jahr überschritten wird.

Das Gesetz schreibt eine Senkung der Treibhausgase über alle erfassten Sektoren hinweg bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 vor. Erreicht waren im vergangenen Jahr gut 40 Prozent Minderung. Allerdings hatte die Bundesregierung im Juni 2023 eine Neufassung des Klimaschutzgesetzes entworfen, die die sektorscharfe Abrechnung der Treibhausgasemissionen aufhebt.

Revision wahrscheinlich

Die Vorsitzende Richterin des Senats, Ariane Holle, legte in der mündlichen Begründung dar, dass die Ergänzungen im Klimaschutzprogramm vom Oktober 2023 ein eher mittel- bis langfristiges Instrument seien. Das im Gesetz geforderte Sofortprogramm sei etwas anderes.

Das Argument der Bundesregierung, die Klage sei gar nicht zulässig, wies das Gericht zurück. Die Regierung prüft nun, in Revision zu gehen, was eine aufschiebende Wirkung für das Urteil hätte. Der Klägeranwalt Remo Klinger rechnet mit Rechtsmitteln, erwartet aber auch vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Erfolg.

Kläger fordern Tempolimit

Die Kläger begrüßten das Urteil. DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch erklärte: „Die Bundesregierung hat attestiert bekommen, dass sie ihre eigenen Klimaziele nicht einhält.“ Jetzt müssten alle Maßnahmen ergriffen werden, die zumutbar seien und nichts kosteten oder sogar Geld einbrächten. Als Beispiele nannte Resch ein Tempolimit auf Autobahnen und ein sofortiges Sanierungsprogramm für öffentliche Gebäude wie Schulen oder Kitas sowie den Abbau klimaschädlicher Subventionen, der seiner Ansicht nach auch das nötige Geld in die öffentlichen Kassen bringen könnte.

Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte Geschäftsführerin Antje von Broock: „Gebäude- und Verkehrssektor brauchen ein Klimaschutz-Update.“ Das klimapolitische Versagen der Bundesregierung sei gesetzeswidrig. „Von den Ministern Wissing, Geywitz und Habeck erwarten wir jetzt rasch ambitioniertere Maßnahmen, um auf Klimakurs zu kommen“, so von Broock mit Blick auf Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne). Dazu gehöre die Abschaffung des Dienstwagenprivilegs sowie von Steuervorteilen für Diesel und Kerosin sowie klare Vorgaben für die energetische Modernisierung von Gebäuden.
 
 
Politische Reaktionen: CDU, Union, Deneff

Der Unions-Klimapolitiker Andreas Jung hat die Ampel zu Konsequenzen wegen des Urteils aufgefordert. „Die Strategie, Haushaltstricks und verbale Beteuerungen mit einer Entkernung des Klimaschutzgesetzes zu kombinieren, ist endgültig gescheitert“, sagte Jung. Das Klimaschutzministerium (BMWK) beteuerte, mit den im Klimaschutzprogramm 2023 enthaltenen Maßnahmen die Lücke in den Emissionsminderungen bis zu 80 Prozent schließen zu können. Weitere Anstrengungen seien aber erforderlich.

Spitzenpolitikerinnen der Grünen sehen sich durch das Gerichtsurteil in ihrer Forderung nach mehr Geld für Klimaschutz bestärkt. Die Parteivorsitzende Ricarda Lang kündigte an, „Wege zu finden, um notwendige Investitionen in den Klimaschutz und die Wettbewerbsfähigkeit zu stemmen“. Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge schlug „ein rechtlich neu aufgestelltes Sondervermögen Klimaschutz“ vor.

Auch die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (Deneff) begrüßt das Urteil. „Die Einhaltung der Klimaschutzziele und die des neuen Energieeffizienzgesetzes gelingen nicht ohne ausreichende, wirkungsvolle Maßnahmen“, erklärte geschäftsführender Vorstand Christian Noll. Die Bundesregierung müsse eine solide Effizienzstrategie vorlegen, die sowohl die Kosten der Energiewende als auch die Kostenbelastungen durch hohe Energiepreise sowie die Versorgungssicherheit in den Blick nimmt, so Noll. So liege bis heute die angekündigte „Roadmap Energieeffizienz 2045“ des BMWK nicht vor.

Weitere Klimaklagen der DUH auf ausreichende Klimaschutz-Maßnahmen bis 2030 werden am 1. Februar 2024 verhandelt, kündigte der Verband an. 

Donnerstag, 30.11.2023, 13:53 Uhr
Susanne Harmsen

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