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Energie & Management > Österreich - Gasinfrastruktur: AGGM empfiehlt Rechtsanpassungen
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich

Gasinfrastruktur: AGGM empfiehlt Rechtsanpassungen

Um Österreichs Leitungssysteme im Sinne dauerhafter Versorgungssicherheit zu ertüchtigen, sind entsprechende Rahmenbedingungen nötig, konstatiert die Netzmanagementgesellschaft.
Derzeit ist die Erdgasversorgung Österreichs gesichert: Die Speicher sind zu knapp 83 Prozent befüllt, die Importe fließen, die heimische Produktion funktioniert klaglos. Um die zuverlässige Versorgung dauerhaft zu gewährleisten, ist jedoch der Um- und Ausbau der Infrastrukturen für die Diversifizierung der Lieferungen sowie die vermehrte Bereitstellung gasförmiger Energieträger aus österreichischer Produktion notwendig. Das betonten die Vorstände der Netzmanagementgesellschaft Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), Bernhard Painz und Michael Woltran, bei einer Pressekonferenz am 31. Januar in Wien. Zu diesem Zweck gilt es ihnen zufolge, für die Adaptierung der Gasnetze taugliche rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen.

Dies betrifft etwa die „strategische“ Ertüchtigung von Fernleitungen. Gemeint sind damit Kapazitätssteigerungen, für die kein unmittelbarer Bedarf seitens des Marktes besteht, die aber bei einem dauerhaften Ausfall anderer Pipelines, etwa jener durch die Ukraine, benötigt würden. Als Beispiel gilt, wie berichtet, der rund 40 Kilometer lange „WAG Loop 1“ zwischen Oberkappel an der deutsch-österreichischen Grenze und Bad Leonfelden etwa 30 Kilometer nördlich der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz. Der zuständige Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) sieht die Finanzierung mittels Durchleitungserlösen nicht gesichert und verlangt staatliche Förderungen in der Höhe von etwa einem Drittel der Projektkosten, die mit 180 bis 200 Millionen Euro beziffert werden.

Umstrittene Rechtslage

Bis dato lehnt das Energieministerium (BMK) dies jedoch ab. Seiner Argumentation zufolge ist die Finanzierung sehr wohl gesichert: Der Regulator E-Control habe das Vorhaben genehmigt. Aufgrund des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) müsse er daher die Netztarife in einer Höhe festlegen, die dessen Finanzierungskosten deckt.

Von der Redaktion darauf angesprochen, konstatierte Painz: „Das stimmt, aber es stimmt auch wieder nicht.“ Die GCA habe nämlich um Genehmigung des Projekts unter der Voraussetzung ersucht, dass die Finanzierung gewährleistet sei. Und das halte die GCA eben für zweifelhaft. Laut Woltran laufen Gespräche zwischen der GCA, dem BMK und der E-Control. Außerdem bereite die GCA unter anderem die notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung vor.

GWG novellieren

Sinnvoll wäre den AGGM-Vorständen zufolge ferner, die Voraussetzungen für die Nutzung von in Österreich erzeugtem „grünen“ Wasserstoff und von Biomethan aus heimischen Quellen zu verbessern. Unter optimalen Bedingungen ließe sich damit laut Woltran etwa die Hälfte des langfristigen Jahresbedarfs an gasförmigen Energieträgern decken, der auf etwa 80 bis 120 Milliarden Kubikmetern geschätzt wird. Laut Painz müsste dazu das GWG geändert werden. Deutschland etwa habe ein „Amortisationskonto“ für die Finanzierung seines „Wasserstoff-Kernnetzes“ geschaffen: „Das wäre vielleicht auch für Österreich ein Modell. Jedenfalls wird es staatliche Unterstützung für den Aufbau eines österreichischen Wasserstoffnetzes brauchen. Denn eine Finanzierung allein über den Markt ist nicht möglich.“

Painz ergänzte, die Novellierung des GWG müsse mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden, weil die neuen Bestimmungen in die Kompetenzen der österreichischen Bundesländer eingreifen würden. Damit benötigt die Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen die Zustimmung der Sozialdemokraten, weil die rechtsgerichteten Freiheitlichen ihre Energiepolitik aus Prinzip ablehnen und die liberalen Neos keine ausreichende Zahl an Mandaten beisteuern können. Überdies drängt die Zeit: Spätestens im September ist das Parlament neu zu wählen. Immer wieder kochen jedoch Gerüchte über einen früheren Wahltermin hoch.

Rasch errichten

Hilfreich wäre eine rasche GWG-Novellierung nicht zuletzt für die Realisierung des H2-Collectors Ost, einer rund 60 Kilometer langen wasserstofftauglichen Pipeline von den großen Windparks im Nordburgenland in den Raum Wien. Damit ließe sich unter anderem die Raffinerie Schwechat des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV mit „grünem“ Wasserstoff versorgen. Painz zufolge sollte der H2-Collector bis Ende 2026 fertiggestellt werden. Zu dieser Zeit endet die Geltung der zweiten „Erneuerbaren-Richtlinie“ der EU. Und den Collector unter den Bedingungen der dritten „Erneuerbaren-Richtlinie“ zu bauen, wäre laut Painz erheblich komplizierter.

Gasspeicherumlage abschaffen

Überdies sollte laut Painz und Woltran die deutsche Gasspeicherumlage von derzeit 1,86 Euro/MWh abgeschafft werden, die Importe nach Österreich verteuert und von 2022 auf 2023 zu deren Sinken um rund 59 Prozent führte. Die AGGM hält Umlage für EU-rechts-widrig und hat Beschwerde bei der EU-Kommission erhoben. Das Problem: Italien plant, trotz eingestandener Rechtswidrigkeit mit 1. April ebenfalls eine Gasspeicherumlage einzuführen, die 2,19 Euro/MWh betragen soll.

Mittwoch, 31.01.2024, 14:44 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Gasinfrastruktur: AGGM empfiehlt Rechtsanpassungen
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
Österreich
Gasinfrastruktur: AGGM empfiehlt Rechtsanpassungen
Um Österreichs Leitungssysteme im Sinne dauerhafter Versorgungssicherheit zu ertüchtigen, sind entsprechende Rahmenbedingungen nötig, konstatiert die Netzmanagementgesellschaft.
Derzeit ist die Erdgasversorgung Österreichs gesichert: Die Speicher sind zu knapp 83 Prozent befüllt, die Importe fließen, die heimische Produktion funktioniert klaglos. Um die zuverlässige Versorgung dauerhaft zu gewährleisten, ist jedoch der Um- und Ausbau der Infrastrukturen für die Diversifizierung der Lieferungen sowie die vermehrte Bereitstellung gasförmiger Energieträger aus österreichischer Produktion notwendig. Das betonten die Vorstände der Netzmanagementgesellschaft Austrian Gas Grid Management AG (AGGM), Bernhard Painz und Michael Woltran, bei einer Pressekonferenz am 31. Januar in Wien. Zu diesem Zweck gilt es ihnen zufolge, für die Adaptierung der Gasnetze taugliche rechtliche sowie regulatorische Rahmenbedingungen zu schaffen.

Dies betrifft etwa die „strategische“ Ertüchtigung von Fernleitungen. Gemeint sind damit Kapazitätssteigerungen, für die kein unmittelbarer Bedarf seitens des Marktes besteht, die aber bei einem dauerhaften Ausfall anderer Pipelines, etwa jener durch die Ukraine, benötigt würden. Als Beispiel gilt, wie berichtet, der rund 40 Kilometer lange „WAG Loop 1“ zwischen Oberkappel an der deutsch-österreichischen Grenze und Bad Leonfelden etwa 30 Kilometer nördlich der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz. Der zuständige Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) sieht die Finanzierung mittels Durchleitungserlösen nicht gesichert und verlangt staatliche Förderungen in der Höhe von etwa einem Drittel der Projektkosten, die mit 180 bis 200 Millionen Euro beziffert werden.

Umstrittene Rechtslage

Bis dato lehnt das Energieministerium (BMK) dies jedoch ab. Seiner Argumentation zufolge ist die Finanzierung sehr wohl gesichert: Der Regulator E-Control habe das Vorhaben genehmigt. Aufgrund des Gaswirtschaftsgesetzes (GWG) müsse er daher die Netztarife in einer Höhe festlegen, die dessen Finanzierungskosten deckt.

Von der Redaktion darauf angesprochen, konstatierte Painz: „Das stimmt, aber es stimmt auch wieder nicht.“ Die GCA habe nämlich um Genehmigung des Projekts unter der Voraussetzung ersucht, dass die Finanzierung gewährleistet sei. Und das halte die GCA eben für zweifelhaft. Laut Woltran laufen Gespräche zwischen der GCA, dem BMK und der E-Control. Außerdem bereite die GCA unter anderem die notwendige Umweltverträglichkeitsprüfung vor.

GWG novellieren

Sinnvoll wäre den AGGM-Vorständen zufolge ferner, die Voraussetzungen für die Nutzung von in Österreich erzeugtem „grünen“ Wasserstoff und von Biomethan aus heimischen Quellen zu verbessern. Unter optimalen Bedingungen ließe sich damit laut Woltran etwa die Hälfte des langfristigen Jahresbedarfs an gasförmigen Energieträgern decken, der auf etwa 80 bis 120 Milliarden Kubikmetern geschätzt wird. Laut Painz müsste dazu das GWG geändert werden. Deutschland etwa habe ein „Amortisationskonto“ für die Finanzierung seines „Wasserstoff-Kernnetzes“ geschaffen: „Das wäre vielleicht auch für Österreich ein Modell. Jedenfalls wird es staatliche Unterstützung für den Aufbau eines österreichischen Wasserstoffnetzes brauchen. Denn eine Finanzierung allein über den Markt ist nicht möglich.“

Painz ergänzte, die Novellierung des GWG müsse mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden, weil die neuen Bestimmungen in die Kompetenzen der österreichischen Bundesländer eingreifen würden. Damit benötigt die Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen die Zustimmung der Sozialdemokraten, weil die rechtsgerichteten Freiheitlichen ihre Energiepolitik aus Prinzip ablehnen und die liberalen Neos keine ausreichende Zahl an Mandaten beisteuern können. Überdies drängt die Zeit: Spätestens im September ist das Parlament neu zu wählen. Immer wieder kochen jedoch Gerüchte über einen früheren Wahltermin hoch.

Rasch errichten

Hilfreich wäre eine rasche GWG-Novellierung nicht zuletzt für die Realisierung des H2-Collectors Ost, einer rund 60 Kilometer langen wasserstofftauglichen Pipeline von den großen Windparks im Nordburgenland in den Raum Wien. Damit ließe sich unter anderem die Raffinerie Schwechat des Öl-, Gas- und Chemiekonzerns OMV mit „grünem“ Wasserstoff versorgen. Painz zufolge sollte der H2-Collector bis Ende 2026 fertiggestellt werden. Zu dieser Zeit endet die Geltung der zweiten „Erneuerbaren-Richtlinie“ der EU. Und den Collector unter den Bedingungen der dritten „Erneuerbaren-Richtlinie“ zu bauen, wäre laut Painz erheblich komplizierter.

Gasspeicherumlage abschaffen

Überdies sollte laut Painz und Woltran die deutsche Gasspeicherumlage von derzeit 1,86 Euro/MWh abgeschafft werden, die Importe nach Österreich verteuert und von 2022 auf 2023 zu deren Sinken um rund 59 Prozent führte. Die AGGM hält Umlage für EU-rechts-widrig und hat Beschwerde bei der EU-Kommission erhoben. Das Problem: Italien plant, trotz eingestandener Rechtswidrigkeit mit 1. April ebenfalls eine Gasspeicherumlage einzuführen, die 2,19 Euro/MWh betragen soll.

Mittwoch, 31.01.2024, 14:44 Uhr
Klaus Fischer

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