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Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Finanzieller Handel wenig attraktiv
Quelle: Energiehandel_Trading_2002_Quelle_EuM
E&M Vor 20 Jahren

Finanzieller Handel wenig attraktiv

Welche Handelsgeschäfte fallen unter die Finanzaufsicht? Vor 20 Jahren hat sich die Energiewirtschaft intensiv mit der Frage beschäftigt.
In den frühen 2000-er Jahren schlug die Diskussion um die Erlaubnispflichtigkeit bestimmter Energiehandelsgeschäfte hohe Wellen. Der Austausch mit der noch jungen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und ihrem Vorgänger, dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Bakred) war eng. Dennoch herrschte bei Handelstöchtern der Versorger und den unabhängigen Energiehändlern lange Zeit große Unsicherheit, ob es tatsächlich notwendig ist, eine Finanzdienstleister-Lizenz oder gar eine Banklizenz zu erwerben. Im Laufe der Zeit stellte sich dann immer mehr heraus, dass der Markt zu jener Zeit für erlaubnispflichtige Geschäfte noch gar nicht reif war. E&M-Redakteur Fritz Wilhelm berichtet damals.
 
Nordic Powermanagement, eine Tochtergesellschaft von Vattenfall Europe Trading, besitzt eine Banklizenz. Keine Sensation mehr für ein Energieunternehmen. Sensationell ist eher, dass Nordic Powermanagement auch tatsächlich Geschäfte abwickelt, für die eine Banklizenz notwendig ist.

Den mühsamen Weg zur Zulassung hatte auch RWE Trading erfolgreich hinter sich gebracht. Die Essener konnten oder wollten dann allerdings nicht der Verpflichtung zur Unterlegung der Marktpreis- und Adressausfallrisiken mit Eigenmitteln nachkommen.

Es herrscht noch Unklarheit, ob auch tatsächlich so viele Eigenmittel vorzuhalten sind, wie aus dem so genannten Grundsatz 1 herauszulesen ist. Ein sehnlich erwartetes Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu diesem Thema liegt schon seit etwa einem Jahr zur Verabschiedung bereit und könnte zu einem Aufatmen in der Branche führen. Doch noch ist davon auszugehen, dass die Verwaltungspraxis den Unternehmen, die erlaubnispflichtige Geschäfte, sei es mit Bank- oder Finanzdienstleisterlizenz, erbringen, einen dicken Brocken aufbürdet. Denn wer lizenzpflichtige Geschäfte durchführt, muss nicht nur die daraus erwachsenden Marktpreis- und Adressausfallrisiken anteilig mit Eigenmitteln unterlegen, sondern gleich alle Geschäfte des jeweiligen Unternehmens, auch die physischen Lieferungen. Für Newcomer im Finanzdienstleistungsgeschäft – und das sind nun einmal alle Energieversorger – setzt die Bafin zurzeit zwölf Prozent an.

Unternehmen lassen die Lizenzen ungenutzt auslaufen

Michael Cieslarczyk, Rechtsanwalt in der Kanzlei White & Case in Düsseldorf, sieht darin einen der Hauptgründe, warum das Interesse, ein Antragsverfahren durchzuführen, etwas abgeebbt ist und nur wenige Lizenzinhaber ihre Genehmigung auch nutzen. Sofern sie nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung genutzt wird, erlischt sie automatisch.

Vor dem Hintergrund einer fairen Verwaltungspraxis sei es einigen Unternehmen aber durchaus möglich, den Anforderungen an erlaubnispflichtige Transaktionen Rechnung zu tragen, ohne die Geschäfte beispielsweise in eine eigene Gesellschaft ausgliedern zu müssen, so Ines Zenke von der Kanzlei Becker Büttner Held in Berlin.

Gabriele Rahn, Sprecherin von Vattenfall Europe Trading, sagt zwar nichts zum Thema Eigenmittel – die dürften bei Nordic Powermanagement relativ überschaubar sein, nachdem die Gesellschaft ausschließlich das Drittkundengeschäft betreibt. Zum Geschäftsvolumen macht sie allerdings nähere Angaben: „Nordic Powermanagement betreut zurzeit 34 Kunden und verwaltet insgesamt neun TWh. Etwa ein Fünftel davon entfällt auf lizenzpflichtige Geschäfte.“ Keine Zahl, die eine tragende Säule des Gesamtumsatzes vermuten lässt. Die Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen halte sich noch in Grenzen. Aber sie hält es durchaus für realistisch, dass der finanzielle Handel für Dritte deutlich zunehmen wird. „Dann haben wir schon Erfahrung gesammelt und können Referenzen vorweisen“, so Rahn.

Marc Roggenbau von Trianel in Aachen sieht es ähnlich: „Im Moment ist es noch eine Prestigeangelegenheit, aber auch ein Gütesiegel. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich mittelfristig ein Markt für finanzielle Produkte entwickeln wird.“ Vereinzelt hätten auch schon Gesellschafter nach entsprechenden Kontrakten gefragt. Trianel werde auf jeden Fall Anfang Februar das erste entsprechende Geschäft abschließen. Weitere sollen folgen.

Citiworks in München befindet sich dagegen noch im Antragsverfahren, habe es aber nicht besonders eilig, dieses abzuschließen. „Wir forcieren den Prozess nicht“, so Pressesprecher Norbert Rathe. Im Moment sei der Markt noch nicht so weit. Citiworks komme deshalb noch ganz gut ohne Erlaubnis aus. Das Thema bleibe allerdings auf der Agenda.

Bei der Energieunion AG war das Thema einmal ganz oben auf der Agenda. Schließlich haben die Schweriner als erstes Energieunternehmen am 4. Dezember 2000 eine Finanzdienstleister-Lizenz erhalten, sie dann aber auslaufen lassen. Vorstand Wulf Lammers sieht heute veränderte Vorzeichen: „Wir wollten damals allen möglichen Hürden aus dem Weg gehen. Heute sehen wir keine Notwendigkeit mehr für eine Lizenz.“ Sollte das Volumen des finanziellen Marktes allerdings einmal attraktiv werden, werde die Energieunion sicher nicht mehr als Gesamtunternehmen ins Antragsverfahren gehen, sondern möglicherweise mit einer speziell für den finanziellen Handel gegründeten Tochter.

Bei der BP Energie Marketing GmbH liegen die Dinge ähnlich. Auch sie war Inhaber einer Bafin-Genehmigung, die jedoch erloschen ist. „Wir haben keine erlaubnispflichtigen Geschäfte getätigt“, so Geschäftsführer Sven Hruby. „Wir haben extra noch einmal unsere Verträge von der Bafin überprüfen lassen.“ Der Bescheid sei negativ gewesen.

Anwalt Cieslarczyk kann sich vorstellen, dass die Zahl der Anträge dann wieder etwas zunimmt, wenn die Marktteilnehmer ihre gesellschaftsrechtlichen Strukturen im Hinblick auf die Anforderungen der Finanzaufsicht überdacht und sich Gedanken über die Form ihres Engagements im Emissionshandel gemacht haben. Doch auf lange Sicht dürften die Kunden mit ihrer Nachfrage nach Energiehandelsprodukten und -leistungen bestimmen, wie intensiv sich die Bafin mit dem Energiemarkt beschäftigen muss.
 

Samstag, 13.01.2024, 15:07 Uhr
Fritz Wilhelm
Energie & Management > E&M Vor 20 Jahren - Finanzieller Handel wenig attraktiv
Quelle: Energiehandel_Trading_2002_Quelle_EuM
E&M Vor 20 Jahren
Finanzieller Handel wenig attraktiv
Welche Handelsgeschäfte fallen unter die Finanzaufsicht? Vor 20 Jahren hat sich die Energiewirtschaft intensiv mit der Frage beschäftigt.
In den frühen 2000-er Jahren schlug die Diskussion um die Erlaubnispflichtigkeit bestimmter Energiehandelsgeschäfte hohe Wellen. Der Austausch mit der noch jungen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und ihrem Vorgänger, dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (Bakred) war eng. Dennoch herrschte bei Handelstöchtern der Versorger und den unabhängigen Energiehändlern lange Zeit große Unsicherheit, ob es tatsächlich notwendig ist, eine Finanzdienstleister-Lizenz oder gar eine Banklizenz zu erwerben. Im Laufe der Zeit stellte sich dann immer mehr heraus, dass der Markt zu jener Zeit für erlaubnispflichtige Geschäfte noch gar nicht reif war. E&M-Redakteur Fritz Wilhelm berichtet damals.
 
Nordic Powermanagement, eine Tochtergesellschaft von Vattenfall Europe Trading, besitzt eine Banklizenz. Keine Sensation mehr für ein Energieunternehmen. Sensationell ist eher, dass Nordic Powermanagement auch tatsächlich Geschäfte abwickelt, für die eine Banklizenz notwendig ist.

Den mühsamen Weg zur Zulassung hatte auch RWE Trading erfolgreich hinter sich gebracht. Die Essener konnten oder wollten dann allerdings nicht der Verpflichtung zur Unterlegung der Marktpreis- und Adressausfallrisiken mit Eigenmitteln nachkommen.

Es herrscht noch Unklarheit, ob auch tatsächlich so viele Eigenmittel vorzuhalten sind, wie aus dem so genannten Grundsatz 1 herauszulesen ist. Ein sehnlich erwartetes Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) zu diesem Thema liegt schon seit etwa einem Jahr zur Verabschiedung bereit und könnte zu einem Aufatmen in der Branche führen. Doch noch ist davon auszugehen, dass die Verwaltungspraxis den Unternehmen, die erlaubnispflichtige Geschäfte, sei es mit Bank- oder Finanzdienstleisterlizenz, erbringen, einen dicken Brocken aufbürdet. Denn wer lizenzpflichtige Geschäfte durchführt, muss nicht nur die daraus erwachsenden Marktpreis- und Adressausfallrisiken anteilig mit Eigenmitteln unterlegen, sondern gleich alle Geschäfte des jeweiligen Unternehmens, auch die physischen Lieferungen. Für Newcomer im Finanzdienstleistungsgeschäft – und das sind nun einmal alle Energieversorger – setzt die Bafin zurzeit zwölf Prozent an.

Unternehmen lassen die Lizenzen ungenutzt auslaufen

Michael Cieslarczyk, Rechtsanwalt in der Kanzlei White & Case in Düsseldorf, sieht darin einen der Hauptgründe, warum das Interesse, ein Antragsverfahren durchzuführen, etwas abgeebbt ist und nur wenige Lizenzinhaber ihre Genehmigung auch nutzen. Sofern sie nicht innerhalb eines Jahres nach Erteilung genutzt wird, erlischt sie automatisch.

Vor dem Hintergrund einer fairen Verwaltungspraxis sei es einigen Unternehmen aber durchaus möglich, den Anforderungen an erlaubnispflichtige Transaktionen Rechnung zu tragen, ohne die Geschäfte beispielsweise in eine eigene Gesellschaft ausgliedern zu müssen, so Ines Zenke von der Kanzlei Becker Büttner Held in Berlin.

Gabriele Rahn, Sprecherin von Vattenfall Europe Trading, sagt zwar nichts zum Thema Eigenmittel – die dürften bei Nordic Powermanagement relativ überschaubar sein, nachdem die Gesellschaft ausschließlich das Drittkundengeschäft betreibt. Zum Geschäftsvolumen macht sie allerdings nähere Angaben: „Nordic Powermanagement betreut zurzeit 34 Kunden und verwaltet insgesamt neun TWh. Etwa ein Fünftel davon entfällt auf lizenzpflichtige Geschäfte.“ Keine Zahl, die eine tragende Säule des Gesamtumsatzes vermuten lässt. Die Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen halte sich noch in Grenzen. Aber sie hält es durchaus für realistisch, dass der finanzielle Handel für Dritte deutlich zunehmen wird. „Dann haben wir schon Erfahrung gesammelt und können Referenzen vorweisen“, so Rahn.

Marc Roggenbau von Trianel in Aachen sieht es ähnlich: „Im Moment ist es noch eine Prestigeangelegenheit, aber auch ein Gütesiegel. Wir gehen jedoch davon aus, dass sich mittelfristig ein Markt für finanzielle Produkte entwickeln wird.“ Vereinzelt hätten auch schon Gesellschafter nach entsprechenden Kontrakten gefragt. Trianel werde auf jeden Fall Anfang Februar das erste entsprechende Geschäft abschließen. Weitere sollen folgen.

Citiworks in München befindet sich dagegen noch im Antragsverfahren, habe es aber nicht besonders eilig, dieses abzuschließen. „Wir forcieren den Prozess nicht“, so Pressesprecher Norbert Rathe. Im Moment sei der Markt noch nicht so weit. Citiworks komme deshalb noch ganz gut ohne Erlaubnis aus. Das Thema bleibe allerdings auf der Agenda.

Bei der Energieunion AG war das Thema einmal ganz oben auf der Agenda. Schließlich haben die Schweriner als erstes Energieunternehmen am 4. Dezember 2000 eine Finanzdienstleister-Lizenz erhalten, sie dann aber auslaufen lassen. Vorstand Wulf Lammers sieht heute veränderte Vorzeichen: „Wir wollten damals allen möglichen Hürden aus dem Weg gehen. Heute sehen wir keine Notwendigkeit mehr für eine Lizenz.“ Sollte das Volumen des finanziellen Marktes allerdings einmal attraktiv werden, werde die Energieunion sicher nicht mehr als Gesamtunternehmen ins Antragsverfahren gehen, sondern möglicherweise mit einer speziell für den finanziellen Handel gegründeten Tochter.

Bei der BP Energie Marketing GmbH liegen die Dinge ähnlich. Auch sie war Inhaber einer Bafin-Genehmigung, die jedoch erloschen ist. „Wir haben keine erlaubnispflichtigen Geschäfte getätigt“, so Geschäftsführer Sven Hruby. „Wir haben extra noch einmal unsere Verträge von der Bafin überprüfen lassen.“ Der Bescheid sei negativ gewesen.

Anwalt Cieslarczyk kann sich vorstellen, dass die Zahl der Anträge dann wieder etwas zunimmt, wenn die Marktteilnehmer ihre gesellschaftsrechtlichen Strukturen im Hinblick auf die Anforderungen der Finanzaufsicht überdacht und sich Gedanken über die Form ihres Engagements im Emissionshandel gemacht haben. Doch auf lange Sicht dürften die Kunden mit ihrer Nachfrage nach Energiehandelsprodukten und -leistungen bestimmen, wie intensiv sich die Bafin mit dem Energiemarkt beschäftigen muss.
 

Samstag, 13.01.2024, 15:07 Uhr
Fritz Wilhelm

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