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Energie & Management > Wärme - Fernwärme-Preise sehen ohne Eon etwas hübscher aus
Quelle: Fotolia / Detlef
Wärme

Fernwärme-Preise sehen ohne Eon etwas hübscher aus

In Preisübersichten des Fernwärme-Branchenverbandes AGFW fehlten zuletzt Ausreißer von Eon. Der Konzern will aber die Transparenzplattform des Verbandes „aktiv unterstützen“.
Würde es sich um Benzin handeln, wäre ein Vergleich zwischen Deutschland und Ägypten ein Maß für die Bandbreite der Preise. Rund 25 Cent, 630 Prozent weniger als hierzulande, kostet dort zurzeit laut Portal Global Petrol Prices der Liter Sprit. Auf dem deutschen Fernwärmemarkt liegen nach Berechnungen von Werner Siepe aktuell 609 Prozent zwischen dem höchsten und tiefsten Preis für Haushalte.

Der Finanzmathematiker Siepe aus Erkrath vergleicht, wie er selber sagt, „stichprobenartig“ die Preisangaben von Versorgern. Für das erste Quartal dieses Jahres hat er am Beispiel eines Muster-Einfamilienhauses mit einem Jahresverbrauch von 18.000 kWh und einer Anschlussleistung von 10 kW die Arbeitspreise von 120 Anbietern berechnet. Die Spanne reicht von 4,3 bis 30,5 Ct/kWh netto.

Das obere Ende markiert Hansewerk Natur im Versorgungsgebiet Bad Malente (Schleswig-Holstein). An zweiter Stelle tauchen die Stadtwerke Hanau (Hessen) mit 28 Cent und die Stadtwerke Straubing (Bayern) mit 25,2 Cent auf. Am anderen Ende der Tabelle stehen die Stadtwerke Eisenhüttenstadt (Brandenburg).

2022: Mehr als 1.000 Prozent

Noch größer ist der Unterschied, den Siepes Zahlen für das Jahr 2022 zeigen. Das untere Ende in diesem Vergleich markieren 3,7 Cent, ganz oben stehen 42,2 Cent – 1.040 Prozent Differenz. Seine Stichproben enthalten Ausreißer. Und diese fehlen in der Fernwärme-Preisübersicht des Effizienzverbandes für Wärme, Kälte und KWK (AGFW). Letztere Übersicht, die die Wirtschaftsberatung Wibera im Auftrag des AGFW erstellt hat und die dieser Redaktion vorliegt, bildet eine Preisspanne von „nur“ 635 Prozent ab. Zugrunde gelegt ist ein Jahresverbrauch von 28.800 kWh und eine Anschlussleistung von 15 kW.

Mehr als 380 „ordentliche Mitglieder“ zählt die AGFW. 149 haben an der Erhebung teilgenommen. Den geringsten Arbeitspreis mit jeweils 3,7 Cent weisen die FW-Energiewerke Bad Dürrenberg (Sachsen-Anhalt), die Stadtwerke Eisenhüttenstadt und die Stadtwerke Kiel auf. Spitzenreiter in der AGFW-Übersicht sind die Stadtwerke Greifswald mit 27,2 Cent.

Siepes Tabelle hebt das Eon-Tochterunternehmen Avacon Natur im Versorgungsgebiet Gommern bei Magdeburg hervor – mit 42,2 Cent. Und die Stadtwerke Weimar mit 39,6 Cent. Nicht in der AGFW-Liste aufgeführt ist auch Eon selbst.

Wünschenswerte Initiative

Eon, Avacon Natur, Hansewerk Natur – Fehlanzeige in den AGFW-Übersichten der vergangenen drei Jahre. Aus unterschiedlichen Gründen. Die Tochter Energy Solutions GmbH „ging erst im Jahr 2020 aus einer Fusion hervor. Durch die laufende Transformation und Systemmigrationen war eine Teilnahme aus Kapazitätsgründen heraus nicht möglich“, erklärt ein Konzernsprecher. Allen anderen Eon-Wärmegesellschaften seien „seit Mitte 2023 Mitglied des AGFW und waren bei den bisherigen Preisabfragen noch nicht eingebunden“.

Die Initiative des AGFW für mehr Preistransparenz auf dem Markt nennt der Konzern „wünschenswert. Seitens Eon werden wir uns an der Erstellung einer Preistransparenzplattform beteiligen und diese (...) aktiv unterstützen“, so der Sprecher.

Viermal so teuer in zwei Jahren

Siepe hat in einer anderen Studie die Arbeitspreise von 21 Fernheizwerken von Eon Energy Solutions verglichen. Diese fielen im Vergleich zu Wettbewerbspreisen „deutlich zu hoch aus“, resümiert Siepe. Ausgerechnet hat er auch, wie sie sich von 2020 bis 2022 entwickelten. Ergebnis: Die Arbeitspreise haben sich „innerhalb von zwei Jahren im Durchschnitt vervierfacht in 21 typischen von Eon mit Fernwärme versorgten Stadtteilen“.

Dass die Preise vergleichsweise hoch sind, erklärt Siepe mit der Auswahl der Indizes für die Berechnungsformel. Er kritisiert, dass Eon „bei den Erzeugerpreisindizes auf die börsennotierten Erdgaspreise (G) und die Erdgaspreise GI bei Abgabe an Handel und Gewerbe (Statistisches Bundesamt, Fachserie 17, Reihe 2, laufende Nummern 641 und 633) zurückgreift, nicht auf den Erzeugerpreisindex für Erdgas bei Abgabe an Haushalte (laufende Nummer 632)“. Das sei willkürlich, schreibt er.

Eon weist die Kritik zurück: „Ein auf einen kurzen Zeitraum beschränkter Vergleich von Indizes zeigt kein vollständiges Bild. Eine preisdämpfende Wirkung bei steigenden Preisen (wie in 2021/2022) bedeutet auch (...) eine verlangsamte Weitergabe von sinkenden Preisen der Großhandelsmärkte (wie in 2023/2024) und damit ein höheres Preisniveau.“

Was den GI-Index betrifft, weist Eon darauf hin, dass dieser sich auch auf die Wohnungswirtschaft bezieht. „Er spiegelt somit einerseits die Marktkonditionen wider, wenn unsere großen Kunden der Wohnungswirtschaft selbst beschaffen würden“, sagt der Konzernsprecher. Überdies enthalte der Index die Gasnetzentgelte.

Montag, 25.03.2024, 17:28 Uhr
Manfred Fischer
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Fernwärme-Preise sehen ohne Eon etwas hübscher aus
In Preisübersichten des Fernwärme-Branchenverbandes AGFW fehlten zuletzt Ausreißer von Eon. Der Konzern will aber die Transparenzplattform des Verbandes „aktiv unterstützen“.
Würde es sich um Benzin handeln, wäre ein Vergleich zwischen Deutschland und Ägypten ein Maß für die Bandbreite der Preise. Rund 25 Cent, 630 Prozent weniger als hierzulande, kostet dort zurzeit laut Portal Global Petrol Prices der Liter Sprit. Auf dem deutschen Fernwärmemarkt liegen nach Berechnungen von Werner Siepe aktuell 609 Prozent zwischen dem höchsten und tiefsten Preis für Haushalte.

Der Finanzmathematiker Siepe aus Erkrath vergleicht, wie er selber sagt, „stichprobenartig“ die Preisangaben von Versorgern. Für das erste Quartal dieses Jahres hat er am Beispiel eines Muster-Einfamilienhauses mit einem Jahresverbrauch von 18.000 kWh und einer Anschlussleistung von 10 kW die Arbeitspreise von 120 Anbietern berechnet. Die Spanne reicht von 4,3 bis 30,5 Ct/kWh netto.

Das obere Ende markiert Hansewerk Natur im Versorgungsgebiet Bad Malente (Schleswig-Holstein). An zweiter Stelle tauchen die Stadtwerke Hanau (Hessen) mit 28 Cent und die Stadtwerke Straubing (Bayern) mit 25,2 Cent auf. Am anderen Ende der Tabelle stehen die Stadtwerke Eisenhüttenstadt (Brandenburg).

2022: Mehr als 1.000 Prozent

Noch größer ist der Unterschied, den Siepes Zahlen für das Jahr 2022 zeigen. Das untere Ende in diesem Vergleich markieren 3,7 Cent, ganz oben stehen 42,2 Cent – 1.040 Prozent Differenz. Seine Stichproben enthalten Ausreißer. Und diese fehlen in der Fernwärme-Preisübersicht des Effizienzverbandes für Wärme, Kälte und KWK (AGFW). Letztere Übersicht, die die Wirtschaftsberatung Wibera im Auftrag des AGFW erstellt hat und die dieser Redaktion vorliegt, bildet eine Preisspanne von „nur“ 635 Prozent ab. Zugrunde gelegt ist ein Jahresverbrauch von 28.800 kWh und eine Anschlussleistung von 15 kW.

Mehr als 380 „ordentliche Mitglieder“ zählt die AGFW. 149 haben an der Erhebung teilgenommen. Den geringsten Arbeitspreis mit jeweils 3,7 Cent weisen die FW-Energiewerke Bad Dürrenberg (Sachsen-Anhalt), die Stadtwerke Eisenhüttenstadt und die Stadtwerke Kiel auf. Spitzenreiter in der AGFW-Übersicht sind die Stadtwerke Greifswald mit 27,2 Cent.

Siepes Tabelle hebt das Eon-Tochterunternehmen Avacon Natur im Versorgungsgebiet Gommern bei Magdeburg hervor – mit 42,2 Cent. Und die Stadtwerke Weimar mit 39,6 Cent. Nicht in der AGFW-Liste aufgeführt ist auch Eon selbst.

Wünschenswerte Initiative

Eon, Avacon Natur, Hansewerk Natur – Fehlanzeige in den AGFW-Übersichten der vergangenen drei Jahre. Aus unterschiedlichen Gründen. Die Tochter Energy Solutions GmbH „ging erst im Jahr 2020 aus einer Fusion hervor. Durch die laufende Transformation und Systemmigrationen war eine Teilnahme aus Kapazitätsgründen heraus nicht möglich“, erklärt ein Konzernsprecher. Allen anderen Eon-Wärmegesellschaften seien „seit Mitte 2023 Mitglied des AGFW und waren bei den bisherigen Preisabfragen noch nicht eingebunden“.

Die Initiative des AGFW für mehr Preistransparenz auf dem Markt nennt der Konzern „wünschenswert. Seitens Eon werden wir uns an der Erstellung einer Preistransparenzplattform beteiligen und diese (...) aktiv unterstützen“, so der Sprecher.

Viermal so teuer in zwei Jahren

Siepe hat in einer anderen Studie die Arbeitspreise von 21 Fernheizwerken von Eon Energy Solutions verglichen. Diese fielen im Vergleich zu Wettbewerbspreisen „deutlich zu hoch aus“, resümiert Siepe. Ausgerechnet hat er auch, wie sie sich von 2020 bis 2022 entwickelten. Ergebnis: Die Arbeitspreise haben sich „innerhalb von zwei Jahren im Durchschnitt vervierfacht in 21 typischen von Eon mit Fernwärme versorgten Stadtteilen“.

Dass die Preise vergleichsweise hoch sind, erklärt Siepe mit der Auswahl der Indizes für die Berechnungsformel. Er kritisiert, dass Eon „bei den Erzeugerpreisindizes auf die börsennotierten Erdgaspreise (G) und die Erdgaspreise GI bei Abgabe an Handel und Gewerbe (Statistisches Bundesamt, Fachserie 17, Reihe 2, laufende Nummern 641 und 633) zurückgreift, nicht auf den Erzeugerpreisindex für Erdgas bei Abgabe an Haushalte (laufende Nummer 632)“. Das sei willkürlich, schreibt er.

Eon weist die Kritik zurück: „Ein auf einen kurzen Zeitraum beschränkter Vergleich von Indizes zeigt kein vollständiges Bild. Eine preisdämpfende Wirkung bei steigenden Preisen (wie in 2021/2022) bedeutet auch (...) eine verlangsamte Weitergabe von sinkenden Preisen der Großhandelsmärkte (wie in 2023/2024) und damit ein höheres Preisniveau.“

Was den GI-Index betrifft, weist Eon darauf hin, dass dieser sich auch auf die Wohnungswirtschaft bezieht. „Er spiegelt somit einerseits die Marktkonditionen wider, wenn unsere großen Kunden der Wohnungswirtschaft selbst beschaffen würden“, sagt der Konzernsprecher. Überdies enthalte der Index die Gasnetzentgelte.

Montag, 25.03.2024, 17:28 Uhr
Manfred Fischer

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