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Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - Experten rechnen mit stabilen Energiepreisen
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Aus Der Aktuellen Ausgabe

Experten rechnen mit stabilen Energiepreisen

Die Preise für Erdgas, CO2 und Kohle dürften sich 2024 nicht sonderlich verteuern, so die Botschaft von Analysten.
Wie immer sind Preisaussagen für die Zukunft mit Vorsicht zu betrachten. Das machten auch die drei Analysten bei einem Webinar des norwegischen Analyse- und Softwarehauses Volue zu Energiepreisen deutlich. Die vergangenen Jahre haben die Unwägbarkeiten aufgezeigt. Läuft alles normal, gehen die Analysten von einer weiteren Preisberuhigung an den Commodity-Märkten Erdgas, CO2 und Kohle aus.
Gasexperte Björn Inge Vik sieht für das Jahr 2024 stabile bis sinkende Erdgaspreise. „Unsere Vorhersage: Aufgrund rückläufiger Fundamentaldaten haben wir einen leicht bearishen Blick auf die Preise“, lautete sein Fazit. Seit dem Abbruch der Gaslieferungen aus der Pipeline Nord Stream 1 und Preisen von über 300 Euro pro MWh am niederländischen Gashandelspunkt TTF im Herbst 2022 habe sich die Situation erheblich verändert.

Die Day-Ahead-Preise am TTF sind nach dem schwierigen Winter 2022/23 zu Beginn des Frühjahrs 2023 auf unter 50 Euro/MWh gefallen. Seit Anfang des neuen Jahres 2024 liegen sie bei um die 40 Euro/MWh und damit sogar unter den Preisen vor dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022. Die Gründe dafür sind eindeutig. Die Speicherstände in Europa befinden sich weiter auf Rekordniveau und der Winter ist bislang nicht allzu kalt. Hinzu kommt, dass viel LNG nach Europa strömt und sich zugleich die Nachfrage nach LNG auf den asiatischen Märkten im Rahmen hält.

Doch gab es in jüngster Zeit noch Preisausschläge nach oben. Die Beschädigung der Erdgasleitung Balticconector zwischen Finnland und Estland vergangenen Oktober hat den Day Ahead an der TTF kurzzeitig wieder über die 50 Euro/MWh gehoben. Auch die Unsicherheit im Nahen Osten, ausgelöst durch die Terrorattacke der Hamas auf Israel, sorgte für einen Preisschub. Stichwort Störungen der Schifffahrt im Suezkanal und Persischen Golf, Letzteres durch Huthi-Rebellen.

Grundsätzlich zeigen die Fundamentaldaten aber in eine andere Richtung. Denn die Nachfrage nach Erdgas in Europa ist seit zwei Jahren rückläufig. „Zwar stabilisiert sie sich, aber sie liegt immer noch unter dem Niveau vor der Krise. Auf lange Sicht gehen wir von einem weiteren Rückgang aus“, so Analyst Vik. Mit Zahlen unterlegt, ist die Nachfrage nach Erdgas im Jahr 2022 immerhin um 15 Prozent in Europa zurückgegangen, im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr dann nochmals um 8 Prozent. Das drückt den Preis.

Das meiste LNG kommt aus den USA

Hinzu kommt die gute Versorgung mit LNG. Die USA sind dabei der größte Lieferant. Rund 40 Prozent des verflüssigten Erdgases in Europa kommt laut Vik aktuell aus den Vereinigten Staaten, danach folgt Russland auf Platz 2, an dritter Stelle kommt Norwegen. Europa hat dabei den Vorteil, dass das meiste LNG über den Atlantik transportiert wird und nicht durch den Suezkanal. Vor allem katarisches LNG wäre von Blockaden von Schifffahrtslinien im arabischen Raum betroffen.
Allerdings, so sagte Vik, seien noch kein LNG-Tanker im Persischen Golf Ziel eines Angriffs geworden. Es sei gut möglich, dass die katarische Regierung ihre Verbindungen zu den Huthi spielen lasse. Von daher geht Vik nicht davon aus, dass LNG-Tanker von der Miliz attackiert würden.

Weiterhin werden ordentlich neue LNG-Kapazitäten zugebaut. Es ist „von einer Welle“ von Investitionen in LNG-Infrastruktur nicht nur in Europa, sondern weltweit auszugehen, als Beispiele nannte Vik Russland, Katar, aber auch Länder in Afrika. In Europa investierten Deutschland, Italien, Frankreich und Griechenland in Regasifizierungsterminals. Dabei sei nicht zu sehen, dass die asiatische Nachfrage nach LNG steigen werde, so der Analyst. China beziehe vermehrt Pipelinegas aus Russland, das dämpfe dort die Nachfrage nach LNG. Vik: „Der Ausblick für LNG ist gut für Europa.“

Was den Gasabsatz in Europa etwas befördern könnte, ist der Fuel Switch von Stein- und Braunkohle zu Erdgas im Kraftwerksbereich. Aufgrund der günstigen Gaspreise lohnt sich der Einsatz von Gas zur Stromerzeugung wieder vermehrt. Gleichwohl dürfte das keine Preisrallye bei Erdgas auslösen. Etwas anderes sei es, wenn es zu einem Stopp der noch bestehenden Erdgasflüsse durch die Ukraine kommt. Eine Einstellung dieser Lieferungen hätte erheblich Auswirkungen auf die europäische Gasversorgung.

Lässt man die Worst-Case-Szenarien außer Acht, so sieht es nicht so schlecht aus für den europäischen Gasmarkt − was die Versorgung mit Erdgas angeht, aber auch die preisliche Situation, so die abschließende Bewertung des Analysten.

EU will günstige CO2-Preise

Vergleichbar verhält es sich laut Volue-Analyst Espen Andreassen mit den CO2-Preisen in Europa. Auch er setzte seinen Ausblick auf „bearish“ beim Preis für ein europäisches Emissionszertifikat (EUA), das zum Ausstoß von einer Tonne CO2 berechtigt. Der Preistrend sei fallend, auch weil keine „bullish factors“, also preistreibende Faktoren, absehbar seien. „Wir gehen von einem Preis von 65 Euro die Tonne CO2 aus“, so seine Prognose.

Das ist erheblich unter den Preisen des vergangenen Jahres. Vor einem Jahr lag der Preis für ein EUA noch bei über 90 Euro. Und auch Anfang dieses Jahres bewegte sich der Preis bei über 70 Euro die Tonne. Wie der Analyst sagte, liege der Rückgang zum einen an den schwachen Konjunkturaussichten für die Eurozone; speziell für die größte Wirtschaftsnation Deutschland seien die Aussichten bescheiden für 2024. Die Folge: Wenn weniger produziert wird, werden auch weniger CO2-Zertifikate benötigt.
Ein weiterer Punkt für die bearishen Tendenzen sei auch der Plan der EU, mittels „frontloading“ mehr CO2-Zertifikate als vorgesehen in den Markt zu geben, damit die CO2-Preise sinken. Denn Preise von 100 Euro für ein EUA sind der EU-Kommission und dem EU-Parlament zu hoch. 

Noch ein Punkt ist der schon angesprochene Fuel Switch von Kohle auf Erdgas. Da bei der Verbrennung von Erdgas im Kraftwerk weniger CO2 anfällt als beim Einsatz von Stein- und Braunkohle, würden von den Stromerzeugern weniger EUA benötigt. Auch das habe eine dämpfende Wirkung auf den CO2-Preis. Zudem führen generelle Energieeinsparungen der Industrie zu weniger CO2-Emissionen und somit zu einer sinkenden CO2-Nachfrage.

Kein Einbruch bei der Kohle zu erwarten

Was den Absatz von Kohle betrifft, so sehen erstaunlicherweise die Kohleförderländer trotz der dürftigen Aussichten in Europa durchaus zuversichtlich in die Zukunft, sagte Kohleanalyst Guillaume Perret vom gleichnamigen Beratungshaus. Er sprach sogar von einer „goldenen Dekade für die Kohle“. Vor allem Indien und China setzten auf den fossilen Brennstoff. „Viele Länder im indisch-asiatischen Raum sehen das genauso.“ Erdgas wie auch die erneuerbaren Energien spielten auf absehbare Zeit dort keine größere Rolle, so seine Prognose.

Trotz der guten Aussichten geht der Analyst kurzfristig von sinkenden Preisen für die Tonne Kohle aus. Die Lagerbestände von Steinkohle weltweit seien auf einem Rekordniveau. Wie sich der wichtige chinesische Markt entwickle, lasse sich aktuell nicht prognostizieren. Da Kohleförderländer wie Russland, Kolumbien und Australien ihre Produktion aber zurückfahren, geht Perret geht davon aus, dass sich spätestens im kommenden Jahr die Kohlepreise nach oben bewegen werden.
 
Kohleverladeterminal in Riga, Lettland
Quelle: Shutterstock

 

Dienstag, 6.02.2024, 10:28 Uhr
Stefan Sagmeister
Energie & Management > Aus Der Aktuellen Ausgabe - Experten rechnen mit stabilen Energiepreisen
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Experten rechnen mit stabilen Energiepreisen
Die Preise für Erdgas, CO2 und Kohle dürften sich 2024 nicht sonderlich verteuern, so die Botschaft von Analysten.
Wie immer sind Preisaussagen für die Zukunft mit Vorsicht zu betrachten. Das machten auch die drei Analysten bei einem Webinar des norwegischen Analyse- und Softwarehauses Volue zu Energiepreisen deutlich. Die vergangenen Jahre haben die Unwägbarkeiten aufgezeigt. Läuft alles normal, gehen die Analysten von einer weiteren Preisberuhigung an den Commodity-Märkten Erdgas, CO2 und Kohle aus.
Gasexperte Björn Inge Vik sieht für das Jahr 2024 stabile bis sinkende Erdgaspreise. „Unsere Vorhersage: Aufgrund rückläufiger Fundamentaldaten haben wir einen leicht bearishen Blick auf die Preise“, lautete sein Fazit. Seit dem Abbruch der Gaslieferungen aus der Pipeline Nord Stream 1 und Preisen von über 300 Euro pro MWh am niederländischen Gashandelspunkt TTF im Herbst 2022 habe sich die Situation erheblich verändert.

Die Day-Ahead-Preise am TTF sind nach dem schwierigen Winter 2022/23 zu Beginn des Frühjahrs 2023 auf unter 50 Euro/MWh gefallen. Seit Anfang des neuen Jahres 2024 liegen sie bei um die 40 Euro/MWh und damit sogar unter den Preisen vor dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022. Die Gründe dafür sind eindeutig. Die Speicherstände in Europa befinden sich weiter auf Rekordniveau und der Winter ist bislang nicht allzu kalt. Hinzu kommt, dass viel LNG nach Europa strömt und sich zugleich die Nachfrage nach LNG auf den asiatischen Märkten im Rahmen hält.

Doch gab es in jüngster Zeit noch Preisausschläge nach oben. Die Beschädigung der Erdgasleitung Balticconector zwischen Finnland und Estland vergangenen Oktober hat den Day Ahead an der TTF kurzzeitig wieder über die 50 Euro/MWh gehoben. Auch die Unsicherheit im Nahen Osten, ausgelöst durch die Terrorattacke der Hamas auf Israel, sorgte für einen Preisschub. Stichwort Störungen der Schifffahrt im Suezkanal und Persischen Golf, Letzteres durch Huthi-Rebellen.

Grundsätzlich zeigen die Fundamentaldaten aber in eine andere Richtung. Denn die Nachfrage nach Erdgas in Europa ist seit zwei Jahren rückläufig. „Zwar stabilisiert sie sich, aber sie liegt immer noch unter dem Niveau vor der Krise. Auf lange Sicht gehen wir von einem weiteren Rückgang aus“, so Analyst Vik. Mit Zahlen unterlegt, ist die Nachfrage nach Erdgas im Jahr 2022 immerhin um 15 Prozent in Europa zurückgegangen, im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr dann nochmals um 8 Prozent. Das drückt den Preis.

Das meiste LNG kommt aus den USA

Hinzu kommt die gute Versorgung mit LNG. Die USA sind dabei der größte Lieferant. Rund 40 Prozent des verflüssigten Erdgases in Europa kommt laut Vik aktuell aus den Vereinigten Staaten, danach folgt Russland auf Platz 2, an dritter Stelle kommt Norwegen. Europa hat dabei den Vorteil, dass das meiste LNG über den Atlantik transportiert wird und nicht durch den Suezkanal. Vor allem katarisches LNG wäre von Blockaden von Schifffahrtslinien im arabischen Raum betroffen.
Allerdings, so sagte Vik, seien noch kein LNG-Tanker im Persischen Golf Ziel eines Angriffs geworden. Es sei gut möglich, dass die katarische Regierung ihre Verbindungen zu den Huthi spielen lasse. Von daher geht Vik nicht davon aus, dass LNG-Tanker von der Miliz attackiert würden.

Weiterhin werden ordentlich neue LNG-Kapazitäten zugebaut. Es ist „von einer Welle“ von Investitionen in LNG-Infrastruktur nicht nur in Europa, sondern weltweit auszugehen, als Beispiele nannte Vik Russland, Katar, aber auch Länder in Afrika. In Europa investierten Deutschland, Italien, Frankreich und Griechenland in Regasifizierungsterminals. Dabei sei nicht zu sehen, dass die asiatische Nachfrage nach LNG steigen werde, so der Analyst. China beziehe vermehrt Pipelinegas aus Russland, das dämpfe dort die Nachfrage nach LNG. Vik: „Der Ausblick für LNG ist gut für Europa.“

Was den Gasabsatz in Europa etwas befördern könnte, ist der Fuel Switch von Stein- und Braunkohle zu Erdgas im Kraftwerksbereich. Aufgrund der günstigen Gaspreise lohnt sich der Einsatz von Gas zur Stromerzeugung wieder vermehrt. Gleichwohl dürfte das keine Preisrallye bei Erdgas auslösen. Etwas anderes sei es, wenn es zu einem Stopp der noch bestehenden Erdgasflüsse durch die Ukraine kommt. Eine Einstellung dieser Lieferungen hätte erheblich Auswirkungen auf die europäische Gasversorgung.

Lässt man die Worst-Case-Szenarien außer Acht, so sieht es nicht so schlecht aus für den europäischen Gasmarkt − was die Versorgung mit Erdgas angeht, aber auch die preisliche Situation, so die abschließende Bewertung des Analysten.

EU will günstige CO2-Preise

Vergleichbar verhält es sich laut Volue-Analyst Espen Andreassen mit den CO2-Preisen in Europa. Auch er setzte seinen Ausblick auf „bearish“ beim Preis für ein europäisches Emissionszertifikat (EUA), das zum Ausstoß von einer Tonne CO2 berechtigt. Der Preistrend sei fallend, auch weil keine „bullish factors“, also preistreibende Faktoren, absehbar seien. „Wir gehen von einem Preis von 65 Euro die Tonne CO2 aus“, so seine Prognose.

Das ist erheblich unter den Preisen des vergangenen Jahres. Vor einem Jahr lag der Preis für ein EUA noch bei über 90 Euro. Und auch Anfang dieses Jahres bewegte sich der Preis bei über 70 Euro die Tonne. Wie der Analyst sagte, liege der Rückgang zum einen an den schwachen Konjunkturaussichten für die Eurozone; speziell für die größte Wirtschaftsnation Deutschland seien die Aussichten bescheiden für 2024. Die Folge: Wenn weniger produziert wird, werden auch weniger CO2-Zertifikate benötigt.
Ein weiterer Punkt für die bearishen Tendenzen sei auch der Plan der EU, mittels „frontloading“ mehr CO2-Zertifikate als vorgesehen in den Markt zu geben, damit die CO2-Preise sinken. Denn Preise von 100 Euro für ein EUA sind der EU-Kommission und dem EU-Parlament zu hoch. 

Noch ein Punkt ist der schon angesprochene Fuel Switch von Kohle auf Erdgas. Da bei der Verbrennung von Erdgas im Kraftwerk weniger CO2 anfällt als beim Einsatz von Stein- und Braunkohle, würden von den Stromerzeugern weniger EUA benötigt. Auch das habe eine dämpfende Wirkung auf den CO2-Preis. Zudem führen generelle Energieeinsparungen der Industrie zu weniger CO2-Emissionen und somit zu einer sinkenden CO2-Nachfrage.

Kein Einbruch bei der Kohle zu erwarten

Was den Absatz von Kohle betrifft, so sehen erstaunlicherweise die Kohleförderländer trotz der dürftigen Aussichten in Europa durchaus zuversichtlich in die Zukunft, sagte Kohleanalyst Guillaume Perret vom gleichnamigen Beratungshaus. Er sprach sogar von einer „goldenen Dekade für die Kohle“. Vor allem Indien und China setzten auf den fossilen Brennstoff. „Viele Länder im indisch-asiatischen Raum sehen das genauso.“ Erdgas wie auch die erneuerbaren Energien spielten auf absehbare Zeit dort keine größere Rolle, so seine Prognose.

Trotz der guten Aussichten geht der Analyst kurzfristig von sinkenden Preisen für die Tonne Kohle aus. Die Lagerbestände von Steinkohle weltweit seien auf einem Rekordniveau. Wie sich der wichtige chinesische Markt entwickle, lasse sich aktuell nicht prognostizieren. Da Kohleförderländer wie Russland, Kolumbien und Australien ihre Produktion aber zurückfahren, geht Perret geht davon aus, dass sich spätestens im kommenden Jahr die Kohlepreise nach oben bewegen werden.
 
Kohleverladeterminal in Riga, Lettland
Quelle: Shutterstock

 

Dienstag, 6.02.2024, 10:28 Uhr
Stefan Sagmeister

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