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Energie & Management > Regenerative - EU-Kommission plant Rückenwind für die Windkraft
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Regenerative

EU-Kommission plant Rückenwind für die Windkraft

Die Windkraft ist eine europäische Erfolgsgeschichte aber nicht erfolgreich genug, um die anspruchsvollen Klimaziele der EU zu erreichen.
Die EU-Kommission hat deswegen einen Aktionsplan vorgelegt, mit dem der Bau von Windrädern an Land und vor den Küsten der EU beschleunigt werden soll. 2022 seien in der EU Windkraftanlagen mit einer Kapazität von 16.000 MW ans Netz gegangen, sagte Energiekommissarin Kadri Simson am Dienstag in Brüssel, 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Um die Klimaziele der EU für 2030 und 2050 zu erreichen müssten allerdings mehr als doppelt soviel Windkraftanlagen pro Jahr in Betrieb gehen.

Damit der Ausbau mehr Fahrt aufnimmt, empfiehlt die Kommission den Mitgliedsstaaten eine Reihe von Maßnahmen. An erster Stelle müssten die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Ministerrat und Parlament beraten gegenwärtig darüber, die Behörden zu verpflichten, über Anträge für Wind- und Solaranlagen innerhalb von 12 Monaten zu entscheiden. Um diese Vorschrift zügig umzusetzen, will die Kommission den Mitgliedsstaaten technische Hilfe anbieten. Dabei gehe es nicht nur um europäische sondern auch um nationale und regionale Vorschriften.

Brüssel will noch 2023 einen Netz-Aktionsplan vorlegen, aus dem hervorgeht, wo die Leitungsnetze besonders dringend verstärkt werden müssen. Die Mitgliedsstaaten werden darüber hinaus aufgefordert, mehr Transparenz über die geplanten Windkraftprojekte herzustellen, damit auch das Umfeld für die Windkraft besser geplant werden könne.

Ausschreibungen nicht allein nach Preis entscheiden

Für besonders dringend hält man in Brüssel, dass bei der Ausschreibung von Windkraftprojekten nicht alleine nach dem Preis entschieden wird. Nachhaltigkeit, eine hohe europäische Wertschöpfung oder eine pünktliche Durchführung der Projekte sollten ebenfalls berücksichtigt werden. In der Kommission hegt man die Hoffnung, dass dies möglich ist, ohne den Zuschussbedarf erhöhen zu müssen. Die Kommission will für die Euro-Auktionen einheitliche Standards entwickeln und hofft, dass sich daraus globale Standards entwickeln. Das würde den Vergleich zwischen unterschiedlichen Windkraftprojekten erleichtern.

Um mehr Windräder aufzustellen, wird auch mehr Geld gebraucht. Die Kommission will dafür den Zugang zum Innovationsfonds der EU erleichtern und weist die Mitgliedsstaaten darauf hin, dass die europäische Beihilfenkontrolle für den guten Zweck gelockert wurde. Die Europäische Investitionsbank soll die Projekte durch mehr Kreditbürgschaften absichern und dafür mehr Risiken übernehmen.
Schließlich will man sich in Brüssel dafür einsetzen, dass auf dem Markt für Windräder faire Wettbewerbsbedingungen herrschen, was nicht ganz einfach ist. Die Kommission sei aber entschlossen, gegen unfaire Praktiken vorzugehen, zum Beispiel gegen hoch subventionierte Produkte aus der Volksrepublik China. Gleichzeitig will sie sich dafür einsetzen, dass andere Staaten ihre Grenzen weiter als bisher für Windräder made in EU öffnen.

Der Europaabgeordnete Christian Ehler (CDU) begrüßt die Unterstützung der europäischen Windindustrie: „Europa muss attraktiver für die industrielle Fertigung werden. Je attraktiver Europa ist, desto schwieriger wird es für China, unsere Industrie zu untergraben.“ Sein Fraktionskollege Markus Pieper ergänzt: „Entscheidend für die europäische Souveränität ist es, die Lieferketten im Hinblick auf benötigte kritische Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt zu sichern.“ Der Aktionsplan der Kommission gehe in die richtige Richtung. Dagegen kritisieren ihn die Grünen als unzureichend. Das reiche nicht, um die Abwanderung der Windindustrie aufzuhalten, sagt ihr energiepolitischer Sprecher, Michael Bloss: "Die Europäische Union benötigt dringend ein umfassendes Windenergie-Gesetz. Der Vorschlag der Kommission ist gut, aber ein halbherzig zusammengestrickter Flickenteppich.“

Der Interessenverband Wind Europe betrachte den Aktionsplan dagegen als Durchbruch für die Branche. Sein Direktor Giles Dickson sagt: „Die Maßnahmen zur Finanzierung, zur Verbesserung der Auktionen und der Genehmigfungsverfahren werden die Windfarm-Projekte beschleunigen. Und sie werden dazu beitragen, dass in Europa eine vollständige Lieferkette entsteht.“ Das sei gut für das Wachstum, die Arbeitsplätze und die Versorgungssicherheit.

Positive Reaktionen aus Deutschland

Auch in Deutschland fallen die Reaktionen überwiegend positiv aus. Europa brauche beim Windkraftausbau schon lange einen „Turbo-Booster“, sagt der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing. Die Maßnahmen der Kommission leisteten dazu einen Beitrag. Besonders viel verspricht sich Liebing von den angekündigten Standards für Ausschreibungen: “Das fördert die Effizienz im Markt. Wenn die verschiedenen Anlagen weiter standardisiert werden, vereinfacht dies auch die Zulassungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland.“

BDEW-Chefin Kerstin Andreae unterstreicht die Bedeutung der Auktionen: „Angesichts der enorm ambitionierten Ausbauziele und des erforderlichen sehr hohen Ausbau-Tempos braucht es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Industriepolitik und Energiepolitik. Klar ist: Versorgungssicherheit und Resilienz haben ihren Preis. Im Sinne einer möglichst kosteneffizienten Energiewende sollte der Preis neben Nachhaltigkeit und Resilienz weiterhin das bestimmende Kriterium in Ausschreibungen für Erneuerbare Energien bleiben.“ Um die Genehmigungsverfahren weiter zu beschleunigen, müsse die EU die Aahrhus-Konvention überarbeiten, die den Naturschutzverbänden weitreichende Klagemöglichkeiten gebe.

Der Bundesverband Windenergie (BEW) erkennt in dem Aktionsplan „eine Vielzahl an guten Vorschlägen zur Stärkung der europäischen Windindustrie“, macht seine abschließende Bewertung aber „von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen“ abhängig. Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen meldet der WWF an. Die Kommission erkenne damit zwar die überragende Bedeutung der Windkraft an, den Vorschlägen mangele es aber an Durchsetzungsvermögen. Dabei komme es auf das Engagement der Mitgliedsstaaten an.

Dienstag, 24.10.2023, 16:07 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Regenerative - EU-Kommission plant Rückenwind für die Windkraft
Quelle: E&M / Jonas Rosenberger
Regenerative
EU-Kommission plant Rückenwind für die Windkraft
Die Windkraft ist eine europäische Erfolgsgeschichte aber nicht erfolgreich genug, um die anspruchsvollen Klimaziele der EU zu erreichen.
Die EU-Kommission hat deswegen einen Aktionsplan vorgelegt, mit dem der Bau von Windrädern an Land und vor den Küsten der EU beschleunigt werden soll. 2022 seien in der EU Windkraftanlagen mit einer Kapazität von 16.000 MW ans Netz gegangen, sagte Energiekommissarin Kadri Simson am Dienstag in Brüssel, 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Um die Klimaziele der EU für 2030 und 2050 zu erreichen müssten allerdings mehr als doppelt soviel Windkraftanlagen pro Jahr in Betrieb gehen.

Damit der Ausbau mehr Fahrt aufnimmt, empfiehlt die Kommission den Mitgliedsstaaten eine Reihe von Maßnahmen. An erster Stelle müssten die Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Ministerrat und Parlament beraten gegenwärtig darüber, die Behörden zu verpflichten, über Anträge für Wind- und Solaranlagen innerhalb von 12 Monaten zu entscheiden. Um diese Vorschrift zügig umzusetzen, will die Kommission den Mitgliedsstaaten technische Hilfe anbieten. Dabei gehe es nicht nur um europäische sondern auch um nationale und regionale Vorschriften.

Brüssel will noch 2023 einen Netz-Aktionsplan vorlegen, aus dem hervorgeht, wo die Leitungsnetze besonders dringend verstärkt werden müssen. Die Mitgliedsstaaten werden darüber hinaus aufgefordert, mehr Transparenz über die geplanten Windkraftprojekte herzustellen, damit auch das Umfeld für die Windkraft besser geplant werden könne.

Ausschreibungen nicht allein nach Preis entscheiden

Für besonders dringend hält man in Brüssel, dass bei der Ausschreibung von Windkraftprojekten nicht alleine nach dem Preis entschieden wird. Nachhaltigkeit, eine hohe europäische Wertschöpfung oder eine pünktliche Durchführung der Projekte sollten ebenfalls berücksichtigt werden. In der Kommission hegt man die Hoffnung, dass dies möglich ist, ohne den Zuschussbedarf erhöhen zu müssen. Die Kommission will für die Euro-Auktionen einheitliche Standards entwickeln und hofft, dass sich daraus globale Standards entwickeln. Das würde den Vergleich zwischen unterschiedlichen Windkraftprojekten erleichtern.

Um mehr Windräder aufzustellen, wird auch mehr Geld gebraucht. Die Kommission will dafür den Zugang zum Innovationsfonds der EU erleichtern und weist die Mitgliedsstaaten darauf hin, dass die europäische Beihilfenkontrolle für den guten Zweck gelockert wurde. Die Europäische Investitionsbank soll die Projekte durch mehr Kreditbürgschaften absichern und dafür mehr Risiken übernehmen.
Schließlich will man sich in Brüssel dafür einsetzen, dass auf dem Markt für Windräder faire Wettbewerbsbedingungen herrschen, was nicht ganz einfach ist. Die Kommission sei aber entschlossen, gegen unfaire Praktiken vorzugehen, zum Beispiel gegen hoch subventionierte Produkte aus der Volksrepublik China. Gleichzeitig will sie sich dafür einsetzen, dass andere Staaten ihre Grenzen weiter als bisher für Windräder made in EU öffnen.

Der Europaabgeordnete Christian Ehler (CDU) begrüßt die Unterstützung der europäischen Windindustrie: „Europa muss attraktiver für die industrielle Fertigung werden. Je attraktiver Europa ist, desto schwieriger wird es für China, unsere Industrie zu untergraben.“ Sein Fraktionskollege Markus Pieper ergänzt: „Entscheidend für die europäische Souveränität ist es, die Lieferketten im Hinblick auf benötigte kritische Rohstoffe wie Lithium oder Kobalt zu sichern.“ Der Aktionsplan der Kommission gehe in die richtige Richtung. Dagegen kritisieren ihn die Grünen als unzureichend. Das reiche nicht, um die Abwanderung der Windindustrie aufzuhalten, sagt ihr energiepolitischer Sprecher, Michael Bloss: "Die Europäische Union benötigt dringend ein umfassendes Windenergie-Gesetz. Der Vorschlag der Kommission ist gut, aber ein halbherzig zusammengestrickter Flickenteppich.“

Der Interessenverband Wind Europe betrachte den Aktionsplan dagegen als Durchbruch für die Branche. Sein Direktor Giles Dickson sagt: „Die Maßnahmen zur Finanzierung, zur Verbesserung der Auktionen und der Genehmigfungsverfahren werden die Windfarm-Projekte beschleunigen. Und sie werden dazu beitragen, dass in Europa eine vollständige Lieferkette entsteht.“ Das sei gut für das Wachstum, die Arbeitsplätze und die Versorgungssicherheit.

Positive Reaktionen aus Deutschland

Auch in Deutschland fallen die Reaktionen überwiegend positiv aus. Europa brauche beim Windkraftausbau schon lange einen „Turbo-Booster“, sagt der Hauptgeschäftsführer des VKU, Ingbert Liebing. Die Maßnahmen der Kommission leisteten dazu einen Beitrag. Besonders viel verspricht sich Liebing von den angekündigten Standards für Ausschreibungen: “Das fördert die Effizienz im Markt. Wenn die verschiedenen Anlagen weiter standardisiert werden, vereinfacht dies auch die Zulassungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland.“

BDEW-Chefin Kerstin Andreae unterstreicht die Bedeutung der Auktionen: „Angesichts der enorm ambitionierten Ausbauziele und des erforderlichen sehr hohen Ausbau-Tempos braucht es ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Industriepolitik und Energiepolitik. Klar ist: Versorgungssicherheit und Resilienz haben ihren Preis. Im Sinne einer möglichst kosteneffizienten Energiewende sollte der Preis neben Nachhaltigkeit und Resilienz weiterhin das bestimmende Kriterium in Ausschreibungen für Erneuerbare Energien bleiben.“ Um die Genehmigungsverfahren weiter zu beschleunigen, müsse die EU die Aahrhus-Konvention überarbeiten, die den Naturschutzverbänden weitreichende Klagemöglichkeiten gebe.

Der Bundesverband Windenergie (BEW) erkennt in dem Aktionsplan „eine Vielzahl an guten Vorschlägen zur Stärkung der europäischen Windindustrie“, macht seine abschließende Bewertung aber „von der konkreten Ausgestaltung der Maßnahmen“ abhängig. Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen meldet der WWF an. Die Kommission erkenne damit zwar die überragende Bedeutung der Windkraft an, den Vorschlägen mangele es aber an Durchsetzungsvermögen. Dabei komme es auf das Engagement der Mitgliedsstaaten an.

Dienstag, 24.10.2023, 16:07 Uhr
Tom Weingärtner

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