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Energie & Management > Österreich - Elektrizitätswirtschaftsgesetz bald zu erwarten
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
Österreich

Elektrizitätswirtschaftsgesetz bald zu erwarten

Die lange angekündigte Nachfolgeregelung zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz bringt Erleichterungen für Netzbetreiber, aber auch neue Pflichten, betonen Fachleute.
 
Die zuständigen Fachleute im Energieministerium (BMK) sind optimistisch, den seit langem erwarteten Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) bald zur Begutachtung aussenden zu können. Das bekräftigte Romana Kollmann, Referentin in der Abteilung Energierecht des BMK, beim Netzserviceforum des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie am 21. November in Wien.

Kollmann konstatierte, der Input der Branche habe die inoffiziell kursierenden Entwürfe des ElWG teils erheblich verbessert. Sie ersuchte die Elektrizitätswirtschaft, sich auch in der Begutachtung einzubringen. „Wir wollen ein möglichst unbürokratisches Gesetz“, stellte Kollmann klar. Wie mehrfach berichtet, wird das ElWG das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ersetzen, das in seinen Grundzügen seit mehr als 20 Jahren gilt. Notwendig ist das ElWG nicht zuletzt, um die Strombinnenmarktrichtlinie der EU in Österreich umzusetzen. Ein diesbezügliches Vertragsverletzungsverfahren befindet sich laut Kollmann „in einem fortgeschrittenen Stadium. Es droht eine Klage, die wir natürlich vermeiden wollen.“

Geplant ist, die Kompetenzen im Elektrizitätsrecht so weit wie möglich dem Bund zu übertragen und damit die bisherige Zersplitterung der Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern zu überwinden. Anders als in der Vergangenheit sind die Länder dem keineswegs abgeneigt, erläuterte Kollmann: Würde Österreich im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens verurteilt, kämen insbesondere die Länder zum Handkuss, weil sie zu den Grundsatzgesetzen des Bundes Ausführungsgesetze zu erlassen haben.

Um die Kompetenzverschiebung beschließen zu können, ist im Parlament eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen braucht daher die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ). Die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) lehnen die Energie- und Klimapolitik der zuständigen Bundesministerin Leonore Gewessler (Grüne) als ideologiegetrieben, wirtschafts- und bürgerfeindlich ab. Den liberalen Neos fehlt die notwendige Zahl an Mandaten.

Erleichterungen und Pflichten

Für die Netzbetreiber soll das ElWG eine wichtige Erleichterung mit sich bringen − den sogenannten „flexiblen Netzzugang“. Gemeint ist damit das Recht, mit Kunden, die eine Erzeugungsanlage – etwa einen Windpark oder ein Photovoltaik-Kraftwerk – ans Stromnetz anschließen möchten, für einen bestimmten Zeitraum eine Begrenzung der Einspeiseleistung zu vereinbaren. Damit würden Kapazitäten für den Anschluss weiterer Anlagen frei.

Allerdings erweitert die Regierung mit dem ElWG auch die Pflichten der Verteilnetzbetreiber. Ebenso wie die Übertragungsnetzgesellschaften müssen sie künftig Netzentwicklungspläne erarbeiten. Darüber hinaus haben sie eine gemeinsame Onlineplattform zu etablieren, auf der die verfügbaren Kapazitäten auf den Leitungen öffentlich ersichtlich sind. Ferner müssen grundsätzlich die Verbrauchswerte sämtlicher Kunden, die über digitale Stromzähler (Smart Meter) verfügen, viertelstundengenau ausgelesen werden. So soll es möglich werden, monatliche Stromrechnungen zu erstellen. Ausnahmen sind nur bei Kunden zulässig, die die viertelstündliche Erfassung ihrer Verbrauchsdaten ablehnen (Opt-out) und auf die monatliche Abrechnung verzichten.

Überschießende Regelungen

Der Spartensprecher Netze von Oesterreichs Energie und Geschäftsführer der Energienetze Steiermark, Franz Strempfl, kritisierte diese Verpflichtung als überschießend und bezweifelte ihre technische Umsetzbarkeit: „Wenn wir mit einem Schlage 16 Millionen Smart Meter auslesen sollen, wird das nicht funktionieren.“ Außerdem stelle sich die Frage nach dem Sinn monatlicher Abrechnungen: „Manche Leute würden sich vermutlich wundern, wenn sie im Winter mehr bezahlen müssen als im Sommer.“

Einmal mehr forderte Strempfl für die Netzbetreiber das Recht ein, netzdienliche Speicher zu betreiben. Dies würde ihm zufolge den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen. „Wir würden eine etwas größere Batterie ins Ortsnetz stellen und könnten dann sofort erheblich mehr Photovoltaikanlagen anschließen. Wenn wir das Netz dort ausreichend ertüchtigt haben, laden wir die Batterie auf einen Lkw, installieren sie anderswo im Netz neu und ermöglichen dann dort den Photovoltaikausbau.“ Kollmann lehnte dies indessen postwendend ab: Im ElWG würden die Bestimmungen der Binnenmarktrichtlinie zu Speichern fast wörtlich übernommen – unter anderem, um der EU-Kommission im Vertragsverletzungsverfahren keine unnötigen Angriffsflächen zu bieten.

Mittwoch, 22.11.2023, 14:24 Uhr
Klaus Fischer
Energie & Management > Österreich - Elektrizitätswirtschaftsgesetz bald zu erwarten
Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
Österreich
Elektrizitätswirtschaftsgesetz bald zu erwarten
Die lange angekündigte Nachfolgeregelung zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz bringt Erleichterungen für Netzbetreiber, aber auch neue Pflichten, betonen Fachleute.
 
Die zuständigen Fachleute im Energieministerium (BMK) sind optimistisch, den seit langem erwarteten Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetzes (ElWG) bald zur Begutachtung aussenden zu können. Das bekräftigte Romana Kollmann, Referentin in der Abteilung Energierecht des BMK, beim Netzserviceforum des Elektrizitätswirtschaftsverbands Oesterreichs Energie am 21. November in Wien.

Kollmann konstatierte, der Input der Branche habe die inoffiziell kursierenden Entwürfe des ElWG teils erheblich verbessert. Sie ersuchte die Elektrizitätswirtschaft, sich auch in der Begutachtung einzubringen. „Wir wollen ein möglichst unbürokratisches Gesetz“, stellte Kollmann klar. Wie mehrfach berichtet, wird das ElWG das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) ersetzen, das in seinen Grundzügen seit mehr als 20 Jahren gilt. Notwendig ist das ElWG nicht zuletzt, um die Strombinnenmarktrichtlinie der EU in Österreich umzusetzen. Ein diesbezügliches Vertragsverletzungsverfahren befindet sich laut Kollmann „in einem fortgeschrittenen Stadium. Es droht eine Klage, die wir natürlich vermeiden wollen.“

Geplant ist, die Kompetenzen im Elektrizitätsrecht so weit wie möglich dem Bund zu übertragen und damit die bisherige Zersplitterung der Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern zu überwinden. Anders als in der Vergangenheit sind die Länder dem keineswegs abgeneigt, erläuterte Kollmann: Würde Österreich im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens verurteilt, kämen insbesondere die Länder zum Handkuss, weil sie zu den Grundsatzgesetzen des Bundes Ausführungsgesetze zu erlassen haben.

Um die Kompetenzverschiebung beschließen zu können, ist im Parlament eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP) und Grünen braucht daher die Zustimmung der Sozialdemokraten (SPÖ). Die rechtsgerichteten Freiheitlichen (FPÖ) lehnen die Energie- und Klimapolitik der zuständigen Bundesministerin Leonore Gewessler (Grüne) als ideologiegetrieben, wirtschafts- und bürgerfeindlich ab. Den liberalen Neos fehlt die notwendige Zahl an Mandaten.

Erleichterungen und Pflichten

Für die Netzbetreiber soll das ElWG eine wichtige Erleichterung mit sich bringen − den sogenannten „flexiblen Netzzugang“. Gemeint ist damit das Recht, mit Kunden, die eine Erzeugungsanlage – etwa einen Windpark oder ein Photovoltaik-Kraftwerk – ans Stromnetz anschließen möchten, für einen bestimmten Zeitraum eine Begrenzung der Einspeiseleistung zu vereinbaren. Damit würden Kapazitäten für den Anschluss weiterer Anlagen frei.

Allerdings erweitert die Regierung mit dem ElWG auch die Pflichten der Verteilnetzbetreiber. Ebenso wie die Übertragungsnetzgesellschaften müssen sie künftig Netzentwicklungspläne erarbeiten. Darüber hinaus haben sie eine gemeinsame Onlineplattform zu etablieren, auf der die verfügbaren Kapazitäten auf den Leitungen öffentlich ersichtlich sind. Ferner müssen grundsätzlich die Verbrauchswerte sämtlicher Kunden, die über digitale Stromzähler (Smart Meter) verfügen, viertelstundengenau ausgelesen werden. So soll es möglich werden, monatliche Stromrechnungen zu erstellen. Ausnahmen sind nur bei Kunden zulässig, die die viertelstündliche Erfassung ihrer Verbrauchsdaten ablehnen (Opt-out) und auf die monatliche Abrechnung verzichten.

Überschießende Regelungen

Der Spartensprecher Netze von Oesterreichs Energie und Geschäftsführer der Energienetze Steiermark, Franz Strempfl, kritisierte diese Verpflichtung als überschießend und bezweifelte ihre technische Umsetzbarkeit: „Wenn wir mit einem Schlage 16 Millionen Smart Meter auslesen sollen, wird das nicht funktionieren.“ Außerdem stelle sich die Frage nach dem Sinn monatlicher Abrechnungen: „Manche Leute würden sich vermutlich wundern, wenn sie im Winter mehr bezahlen müssen als im Sommer.“

Einmal mehr forderte Strempfl für die Netzbetreiber das Recht ein, netzdienliche Speicher zu betreiben. Dies würde ihm zufolge den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen. „Wir würden eine etwas größere Batterie ins Ortsnetz stellen und könnten dann sofort erheblich mehr Photovoltaikanlagen anschließen. Wenn wir das Netz dort ausreichend ertüchtigt haben, laden wir die Batterie auf einen Lkw, installieren sie anderswo im Netz neu und ermöglichen dann dort den Photovoltaikausbau.“ Kollmann lehnte dies indessen postwendend ab: Im ElWG würden die Bestimmungen der Binnenmarktrichtlinie zu Speichern fast wörtlich übernommen – unter anderem, um der EU-Kommission im Vertragsverletzungsverfahren keine unnötigen Angriffsflächen zu bieten.

Mittwoch, 22.11.2023, 14:24 Uhr
Klaus Fischer

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