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Energie & Management > Finanzierung - Eigenkapital-Zinssatz soll steigen und jährlich variieren
Quelle: Bundesnetzsagentur
Finanzierung

Eigenkapital-Zinssatz soll steigen und jährlich variieren

Die Netzagentur will den Strom- und Gasnetzbetreibern bei Neuinvestitionen einen höheren Eigenkapitalzins zugestehen. In einem anderen Punkt weicht ihr Entwurf von den Eckpunkten ab.
Die Bundesnetzagentur reagiert darauf, dass die Zinswende von 2022 die Investitionsanreize in die Strom- und Gasnetze vermindert hat. Die Beschlusskammer 4 veröffentlichte am 22. November den Entwurf einer Festlegung zum Eigenkapital-Zinssatz, mit dem Netzbetreiber bei Neuinvestitionen in betriebsnotwendige Anlagen kalkulieren dürfen.

Der Festlegungsentwurf entspricht im Wesentlichen den Eckpunkten, die die Beschlusskammer von Juni bis August konsultiert hatte (wir berichteten). In einem Punkt weicht er nun aber davon ab − „auf Anregung der Branche“, wie es in einer Mitteilung heißt: Der aktuelle Basiszins soll im jeweiligen Anschaffungsjahr herangezogen werden und für die dann in Betrieb genommenen Anlagen bis zum Ende der Regulierungsperiode gelten. Das wäre bei Strom bis Ende 2028, bei Gas bis Ende 2027.

Wie schon in den Eckpunkten formuliert, will die Behörde den kalkulatorischen Eigenkapital-Zinssatz ausschließlich bei Neuinvestitionen, die frühestens 2024 in Betrieb gehen und als solche erstmals in den Aktiva erscheinen, folgendermaßen festlegen: als Summe der durchschnittlichen Umlaufrendite des jeweiligen Anschaffungsjahres (=Basiszins) und des branchenspezifischen Wagniszuschlags von 3 Prozent. Die Umlaufrendite sind die durchschnittlichen Zinsen auf festverzinsliche Wertpapiere (Unternehmensanleihen) inländischer Emittenten.

Bisher gilt die durchschnittliche Umsatzrendite der vergangenen zehn Jahre. Sie schleppt daher niedrigere Zinssätze aus der Nullzinspolitik mit, die bis Mitte 2022 herrschte.

Neuinvestitionen 2023: 8,1 Prozent inklusive Steuer

Würde die neue Berechnungsformel in diesem Jahr schon gelten, wie es die Netzwirtschaft gefordert hatte, betrüge der Eigenkapital-Zinssatz etwa 7,09 Prozent. Rechnet man die kalkulatorische Gewerbesteuer dazu, wären es ungefähr 8,1 Prozent.

Bei Bestandsanlagen will die Bundesnetzagentur unverändert nur 5,07 Prozent zugestehen, wie sie es schon 2021 festgelegt hatte. Mit kalkulatorischer Gewerbesteuer sind das 5,8 Prozent. Im Gegensatz zur Netzwirtschaft meint die Netzagentur, die Netzbetreiber hätten das Zinsniveau in der angebrochenen beziehungsweise nächsten Regulierungsperiode seit damals absichern können. Die seither gestiegenen Zinsen wirkten sich hier also kaum aus.

Dieser Zinssatz ist das Ergebnis einer 25-prozentigen Kürzung. Er war vom Oberlandesgericht Düsseldorf im August verworfen worden. Die Netzagentur zog gegen das Urteil vor den Bundesgerichtshof. Im Grunde kann sie in dem Verfahren auf Zeit spielen, denn die gerade beschlossene Energiewirtschaftsgesetz-(EnWG)-Novelle gibt ihr unter anderem in der Regulierung der Netzentgelte bei Neufestlegungen freie Hand (wir berichteten).
 

Warum der Eigenkapital-Zinssatz wichtig ist

In der wettbewerblichen Wirtschaft legt jedes Unternehmen eigenständig nach seinen Vorstellungen, wie stark sich sein Eigenkapital verzinsen soll, die Verkaufspreise fest. Diese Freiheit würde im natürlichen Monopol der Strom- und Gasnetze zu oft zu missbräuchlich hohen Netzentgelten führen, die praktisch alle Nutzer mangels Ausweichmöglichkeit im Netzgebiet zu zahlen hätten. Daher reguliert der Bund, wie sich die Netzentgelte im jeweiligen Folgejahr zu bilden haben. Die Regulierungsformel addiert im Wesentlichen die voraussichtlichen Kosten in einer Erlösobergrenze (EOS), die wiederum unter Annahme bestimmter Verbräuche als Netzentgelte umgelegt werden. 

Der vom Regulierer vorgegebene Eigenkapital(EK)-Zinssatz auf betriebsnotwendige Anlagengüter ist für die Netzbetreiber praktisch die einzige Gewinnquelle; andernfalls würden sie nur ihre Kosten umlegen können, behielten aber das Betriebsrisiko. Der Regulierer versucht sich bei der Festlegung eines EK-Zinssatzes für eine fünfjährige Regulierungsperiode an einem Kompromiss zwischen den Gewinninteressen der Netzbetreiber und dem Interesse der Energieverbraucher an möglichst niedrigen Netzentgelten. Der EK-Zinssatz darf nur auf 40 Prozent der Neuinvestition beziehungsweise der Abschreibungen auf die Bestandsanlagen angesetzt werden. Die anderen 60 Prozent sind Fremdkapital-Zinsen, die aber mehr oder weniger zum durchlaufenden Posten werden.

Jährlich bis zum 30. Juni können Netzbetreiber die Berücksichtigung von Neuinvestitionen in betriebsnotwendige Anlagengüter in den Netzentgelten des Folgejahres bei ihrem Regulierer beantragen. Bei Bestandsanlagen gelten hingegen nur die fortgeschriebenen Kosten des Vorvorjahres der Regulierungsperiode. Das EK verzinst sich also hier erst nach mehreren Jahren. Die Privilegierung der Neuinvestitionen soll dem Netzausbau-Bedarf Rechnung tragen.
 

Der Festlegungsentwurf zum Eigenkapital-Zinssatz, den die Beschlusskammer 4 am 22. November veröffentlicht hat, steht auf der Internetseite der Bundesnetzagentur zur Einsicht bereit. Der Entwurf wird bis 6. Dezember konsultiert. Die Beschlusskammer will ihn dann unmittelbar nach Inkrafttreten der Energiewirtschaftsgesetz-Novelle ebenfalls in Kraft setzen.

Mittwoch, 22.11.2023, 16:36 Uhr
Georg Eble
Energie & Management > Finanzierung - Eigenkapital-Zinssatz soll steigen und jährlich variieren
Quelle: Bundesnetzsagentur
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Eigenkapital-Zinssatz soll steigen und jährlich variieren
Die Netzagentur will den Strom- und Gasnetzbetreibern bei Neuinvestitionen einen höheren Eigenkapitalzins zugestehen. In einem anderen Punkt weicht ihr Entwurf von den Eckpunkten ab.
Die Bundesnetzagentur reagiert darauf, dass die Zinswende von 2022 die Investitionsanreize in die Strom- und Gasnetze vermindert hat. Die Beschlusskammer 4 veröffentlichte am 22. November den Entwurf einer Festlegung zum Eigenkapital-Zinssatz, mit dem Netzbetreiber bei Neuinvestitionen in betriebsnotwendige Anlagen kalkulieren dürfen.

Der Festlegungsentwurf entspricht im Wesentlichen den Eckpunkten, die die Beschlusskammer von Juni bis August konsultiert hatte (wir berichteten). In einem Punkt weicht er nun aber davon ab − „auf Anregung der Branche“, wie es in einer Mitteilung heißt: Der aktuelle Basiszins soll im jeweiligen Anschaffungsjahr herangezogen werden und für die dann in Betrieb genommenen Anlagen bis zum Ende der Regulierungsperiode gelten. Das wäre bei Strom bis Ende 2028, bei Gas bis Ende 2027.

Wie schon in den Eckpunkten formuliert, will die Behörde den kalkulatorischen Eigenkapital-Zinssatz ausschließlich bei Neuinvestitionen, die frühestens 2024 in Betrieb gehen und als solche erstmals in den Aktiva erscheinen, folgendermaßen festlegen: als Summe der durchschnittlichen Umlaufrendite des jeweiligen Anschaffungsjahres (=Basiszins) und des branchenspezifischen Wagniszuschlags von 3 Prozent. Die Umlaufrendite sind die durchschnittlichen Zinsen auf festverzinsliche Wertpapiere (Unternehmensanleihen) inländischer Emittenten.

Bisher gilt die durchschnittliche Umsatzrendite der vergangenen zehn Jahre. Sie schleppt daher niedrigere Zinssätze aus der Nullzinspolitik mit, die bis Mitte 2022 herrschte.

Neuinvestitionen 2023: 8,1 Prozent inklusive Steuer

Würde die neue Berechnungsformel in diesem Jahr schon gelten, wie es die Netzwirtschaft gefordert hatte, betrüge der Eigenkapital-Zinssatz etwa 7,09 Prozent. Rechnet man die kalkulatorische Gewerbesteuer dazu, wären es ungefähr 8,1 Prozent.

Bei Bestandsanlagen will die Bundesnetzagentur unverändert nur 5,07 Prozent zugestehen, wie sie es schon 2021 festgelegt hatte. Mit kalkulatorischer Gewerbesteuer sind das 5,8 Prozent. Im Gegensatz zur Netzwirtschaft meint die Netzagentur, die Netzbetreiber hätten das Zinsniveau in der angebrochenen beziehungsweise nächsten Regulierungsperiode seit damals absichern können. Die seither gestiegenen Zinsen wirkten sich hier also kaum aus.

Dieser Zinssatz ist das Ergebnis einer 25-prozentigen Kürzung. Er war vom Oberlandesgericht Düsseldorf im August verworfen worden. Die Netzagentur zog gegen das Urteil vor den Bundesgerichtshof. Im Grunde kann sie in dem Verfahren auf Zeit spielen, denn die gerade beschlossene Energiewirtschaftsgesetz-(EnWG)-Novelle gibt ihr unter anderem in der Regulierung der Netzentgelte bei Neufestlegungen freie Hand (wir berichteten).
 

Warum der Eigenkapital-Zinssatz wichtig ist

In der wettbewerblichen Wirtschaft legt jedes Unternehmen eigenständig nach seinen Vorstellungen, wie stark sich sein Eigenkapital verzinsen soll, die Verkaufspreise fest. Diese Freiheit würde im natürlichen Monopol der Strom- und Gasnetze zu oft zu missbräuchlich hohen Netzentgelten führen, die praktisch alle Nutzer mangels Ausweichmöglichkeit im Netzgebiet zu zahlen hätten. Daher reguliert der Bund, wie sich die Netzentgelte im jeweiligen Folgejahr zu bilden haben. Die Regulierungsformel addiert im Wesentlichen die voraussichtlichen Kosten in einer Erlösobergrenze (EOS), die wiederum unter Annahme bestimmter Verbräuche als Netzentgelte umgelegt werden. 

Der vom Regulierer vorgegebene Eigenkapital(EK)-Zinssatz auf betriebsnotwendige Anlagengüter ist für die Netzbetreiber praktisch die einzige Gewinnquelle; andernfalls würden sie nur ihre Kosten umlegen können, behielten aber das Betriebsrisiko. Der Regulierer versucht sich bei der Festlegung eines EK-Zinssatzes für eine fünfjährige Regulierungsperiode an einem Kompromiss zwischen den Gewinninteressen der Netzbetreiber und dem Interesse der Energieverbraucher an möglichst niedrigen Netzentgelten. Der EK-Zinssatz darf nur auf 40 Prozent der Neuinvestition beziehungsweise der Abschreibungen auf die Bestandsanlagen angesetzt werden. Die anderen 60 Prozent sind Fremdkapital-Zinsen, die aber mehr oder weniger zum durchlaufenden Posten werden.

Jährlich bis zum 30. Juni können Netzbetreiber die Berücksichtigung von Neuinvestitionen in betriebsnotwendige Anlagengüter in den Netzentgelten des Folgejahres bei ihrem Regulierer beantragen. Bei Bestandsanlagen gelten hingegen nur die fortgeschriebenen Kosten des Vorvorjahres der Regulierungsperiode. Das EK verzinst sich also hier erst nach mehreren Jahren. Die Privilegierung der Neuinvestitionen soll dem Netzausbau-Bedarf Rechnung tragen.
 

Der Festlegungsentwurf zum Eigenkapital-Zinssatz, den die Beschlusskammer 4 am 22. November veröffentlicht hat, steht auf der Internetseite der Bundesnetzagentur zur Einsicht bereit. Der Entwurf wird bis 6. Dezember konsultiert. Die Beschlusskammer will ihn dann unmittelbar nach Inkrafttreten der Energiewirtschaftsgesetz-Novelle ebenfalls in Kraft setzen.

Mittwoch, 22.11.2023, 16:36 Uhr
Georg Eble

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