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Energie & Management > Wasserstoff - DVGW sieht „Planungsdurcheinander“ beim Hochlauf
DVGW-Chef Gerhard Linke bei der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Verbandes. Quelle: E&M
Wasserstoff

DVGW sieht „Planungsdurcheinander“ beim Hochlauf

Die Ampelkoalition muss „enorm an Tempo zulegen“ beim Wasserstoff-Hochlauf. Diese Halbzeitbilanz stellte ihr der Branchenverband DVGW zur Mitte der Legislaturperiode aus.
„Wenn SPD, Grüne und FDP ihr erklärtes Ziel, Deutschland bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien zu entwickeln, erreichen möchten, müssen sie enorm an Tempo zulegen“, erklärte Vorstandsvorsitzender Gerald Linke auf der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am 19. Februar.

Zwar führe die Bundesregierung diesen klimaneutral zu gestaltenden Transformationsprozess in ihrem Koalitionsvertrag als „eines ihrer wesentlichen Ziele“ auf, Optimierungspotenzial gebe es jedoch nach wie vor, so der DVGW in seiner Bilanz zur Arbeit der Ampelregierung. Positiv bewertete der Branchenverband, dass besonders mit der Nationalen Wasserstoffstrategie die Basis für den Einsatz klimaneutraler Gase gelegt worden seien. „Daran gilt es jetzt anzuknüpfen“, so Linke.

Unzufrieden blickt der Verband auf den aktuellen gesetzlichen Rahmen. Dessen Lücken gelte es jetzt zeitnah zu schließen. Nach Linkes Auffassung fehlt es etwa an Klarheit bei der Regulatorik: „Es sind die Unternehmen und damit viele unserer Mitglieder, die eine Wasserstoff-Wirtschaft errichten und die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Investiert wird nur, wenn Prozesse beschleunigt werden und Verbindlichkeit besteht. Dies wird besonders beim Blick auf den schleppenden Fortschritt bei Planung und Ausbau der Verteilnetze deutlich.“

Verteilnetze stärker einbeziehen

Der Verband bekräftigte einmal mehr die Bedeutung eines beschleunigten Infrastrukturausbaus für die Verteilung des Wasserstoffs. Hierbei sei die Ausdehnung auf die Verteilnetz-Ebene ebenso wichtig wie das von der Bundesregierung vorangetriebene Wasserstoff-Kernnetz. Beides habe das gleiche Ziel: den Zukunfts-Energieträger in die Fläche zu bringen und für Industrie, privaten Wärmemarkt und Mittelständler nutzbar zu machen. Die Verteilnetzbetreiber (VNB) als künftige Wasserstoff-Netzbetreiber müssten daher „stärker als bisher“ in formalisierter Form in die Planungen einbezogen werden, so Linke. 

Der DVGW verwies in diesem Zusammenhang auf den zusammen mit Partnern in der Initiative „H2 vor Ort“ entwickelten Gasnetzgebietstransformationsplan − kurz GTP. Dieser biete das lokale Pendant für die zentrale Kernnetzplanung, für die Umsetzung der Transformation lokalen Wärmeplänen sowie für die Infrastruktur der Industrie. „H2 vor Ort“ hatte kürzlich den Planungsleitfaden für den GTP 2024 vorgelegt und zur Teilnahme aufgerufen (wir berichteten). Bis zum 30. Juni können die Betreiber von Gas-Verteilnetzen eine Rückmeldung zu ihren Netzplanungen geben.

Die Bundesregierung solle das Potenzial der jährlichen GTP in der zweiten Hälfte der Legislatur nutzen, so der DVGW. Der Verband stehe als Partner bereit, um die Transformation des Energiesystems voranzubringen und Wasserstoff auch über die Gas-Verteilnetze für alle nutzbar zu machen.

Linke attestierte Deutschland in Bezug auf seine Wasserstoff-Infrastruktur ein „völliges Planungsdurcheinander“. Er zählte auf: die Plandatenabfrage der Fernnetzbetreiber zur Szenarioplanung und ein vom Bundeswirtschaftsministerium angekündigtes, KI-gestütztes Digital-Tool zur Netzplanung. Zudem: „Von der Bundesnetzagentur wissen wir, dass sie an Transformationsplänen arbeitet, die aber erst in 2025 vorliegen sollen.“ Gleichzeitig seien die Kommunen selbst dazu verpflichtet, kommunale Wärmepläne zu erstellen.

Lob für Kraftwerksstrategie und Liefersondierungen

Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertet Verbandschef Linke die in der Einigung zur Kraftwerksstrategie von der Bundesregierung vorgesehenen Ausschreibungen von H2-ready-Gaskraftwerken. Linke: „Die Kapazität von viermal 2.500 MW sollte aber auch voll ausgeschöpft werden. Damit ausreichend Wasserstoff dafür zur Verfügung steht, muss die Bundesregierung den H2-Hochlauf deutlich beschleunigen“, betonte Linke. Es gelte nach wie vor, die Hemmnisse zur Errichtung und Betrieb der zeitweise betriebenen Elektrolyseure, wie angekündigt, zügig abzubauen.

Gleichzeitig würden jedoch weitere wasserstofffähige Gaskraftwerke benötigt. Linke: „Andernfalls wären der Ausstieg aus der Kohleverstromung sowie die Versorgungssicherheit gefährdet.“

Lobende Worte sprach der DVGW den Aktivitäten von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den vergangenen Monaten aus: Regelmäßig Bezugsquellen und Partner für den Import von Wasserstoff zu sondieren und sich mit relevanten Lieferländern auszutauschen, sei äußerst wichtig. Der Verband verweist auf Studien, laut denen die europäischen Erzeugungspotenziale 2030 zwar den Wasserstoff-Bedarf noch übersteigen werden, langfristig aber Importe aus anderen Weltregionen notwendig sein werden.

Montag, 19.02.2024, 13:38 Uhr
Davina Spohn
Energie & Management > Wasserstoff - DVGW sieht „Planungsdurcheinander“ beim Hochlauf
DVGW-Chef Gerhard Linke bei der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Verbandes. Quelle: E&M
Wasserstoff
DVGW sieht „Planungsdurcheinander“ beim Hochlauf
Die Ampelkoalition muss „enorm an Tempo zulegen“ beim Wasserstoff-Hochlauf. Diese Halbzeitbilanz stellte ihr der Branchenverband DVGW zur Mitte der Legislaturperiode aus.
„Wenn SPD, Grüne und FDP ihr erklärtes Ziel, Deutschland bis 2030 zum Leitmarkt für Wasserstofftechnologien zu entwickeln, erreichen möchten, müssen sie enorm an Tempo zulegen“, erklärte Vorstandsvorsitzender Gerald Linke auf der Jahresauftakt-Pressekonferenz des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) am 19. Februar.

Zwar führe die Bundesregierung diesen klimaneutral zu gestaltenden Transformationsprozess in ihrem Koalitionsvertrag als „eines ihrer wesentlichen Ziele“ auf, Optimierungspotenzial gebe es jedoch nach wie vor, so der DVGW in seiner Bilanz zur Arbeit der Ampelregierung. Positiv bewertete der Branchenverband, dass besonders mit der Nationalen Wasserstoffstrategie die Basis für den Einsatz klimaneutraler Gase gelegt worden seien. „Daran gilt es jetzt anzuknüpfen“, so Linke.

Unzufrieden blickt der Verband auf den aktuellen gesetzlichen Rahmen. Dessen Lücken gelte es jetzt zeitnah zu schließen. Nach Linkes Auffassung fehlt es etwa an Klarheit bei der Regulatorik: „Es sind die Unternehmen und damit viele unserer Mitglieder, die eine Wasserstoff-Wirtschaft errichten und die notwendige Infrastruktur zur Verfügung stellen. Investiert wird nur, wenn Prozesse beschleunigt werden und Verbindlichkeit besteht. Dies wird besonders beim Blick auf den schleppenden Fortschritt bei Planung und Ausbau der Verteilnetze deutlich.“

Verteilnetze stärker einbeziehen

Der Verband bekräftigte einmal mehr die Bedeutung eines beschleunigten Infrastrukturausbaus für die Verteilung des Wasserstoffs. Hierbei sei die Ausdehnung auf die Verteilnetz-Ebene ebenso wichtig wie das von der Bundesregierung vorangetriebene Wasserstoff-Kernnetz. Beides habe das gleiche Ziel: den Zukunfts-Energieträger in die Fläche zu bringen und für Industrie, privaten Wärmemarkt und Mittelständler nutzbar zu machen. Die Verteilnetzbetreiber (VNB) als künftige Wasserstoff-Netzbetreiber müssten daher „stärker als bisher“ in formalisierter Form in die Planungen einbezogen werden, so Linke. 

Der DVGW verwies in diesem Zusammenhang auf den zusammen mit Partnern in der Initiative „H2 vor Ort“ entwickelten Gasnetzgebietstransformationsplan − kurz GTP. Dieser biete das lokale Pendant für die zentrale Kernnetzplanung, für die Umsetzung der Transformation lokalen Wärmeplänen sowie für die Infrastruktur der Industrie. „H2 vor Ort“ hatte kürzlich den Planungsleitfaden für den GTP 2024 vorgelegt und zur Teilnahme aufgerufen (wir berichteten). Bis zum 30. Juni können die Betreiber von Gas-Verteilnetzen eine Rückmeldung zu ihren Netzplanungen geben.

Die Bundesregierung solle das Potenzial der jährlichen GTP in der zweiten Hälfte der Legislatur nutzen, so der DVGW. Der Verband stehe als Partner bereit, um die Transformation des Energiesystems voranzubringen und Wasserstoff auch über die Gas-Verteilnetze für alle nutzbar zu machen.

Linke attestierte Deutschland in Bezug auf seine Wasserstoff-Infrastruktur ein „völliges Planungsdurcheinander“. Er zählte auf: die Plandatenabfrage der Fernnetzbetreiber zur Szenarioplanung und ein vom Bundeswirtschaftsministerium angekündigtes, KI-gestütztes Digital-Tool zur Netzplanung. Zudem: „Von der Bundesnetzagentur wissen wir, dass sie an Transformationsplänen arbeitet, die aber erst in 2025 vorliegen sollen.“ Gleichzeitig seien die Kommunen selbst dazu verpflichtet, kommunale Wärmepläne zu erstellen.

Lob für Kraftwerksstrategie und Liefersondierungen

Als ersten Schritt in die richtige Richtung bewertet Verbandschef Linke die in der Einigung zur Kraftwerksstrategie von der Bundesregierung vorgesehenen Ausschreibungen von H2-ready-Gaskraftwerken. Linke: „Die Kapazität von viermal 2.500 MW sollte aber auch voll ausgeschöpft werden. Damit ausreichend Wasserstoff dafür zur Verfügung steht, muss die Bundesregierung den H2-Hochlauf deutlich beschleunigen“, betonte Linke. Es gelte nach wie vor, die Hemmnisse zur Errichtung und Betrieb der zeitweise betriebenen Elektrolyseure, wie angekündigt, zügig abzubauen.

Gleichzeitig würden jedoch weitere wasserstofffähige Gaskraftwerke benötigt. Linke: „Andernfalls wären der Ausstieg aus der Kohleverstromung sowie die Versorgungssicherheit gefährdet.“

Lobende Worte sprach der DVGW den Aktivitäten von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den vergangenen Monaten aus: Regelmäßig Bezugsquellen und Partner für den Import von Wasserstoff zu sondieren und sich mit relevanten Lieferländern auszutauschen, sei äußerst wichtig. Der Verband verweist auf Studien, laut denen die europäischen Erzeugungspotenziale 2030 zwar den Wasserstoff-Bedarf noch übersteigen werden, langfristig aber Importe aus anderen Weltregionen notwendig sein werden.

Montag, 19.02.2024, 13:38 Uhr
Davina Spohn

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