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Energie & Management > Polen - Bilanz von Polens Energiemulti Orlen mit Licht und Schatten
Quelle: Fotolia / daboost
Polen

Bilanz von Polens Energiemulti Orlen mit Licht und Schatten

Seit 2023 ist Polen von russischen Öl- und Gaslieferungen unabhängig, so ein aktueller Bericht der Orlen Gruppe. Der Wachstumskurs des Energiemultis über Fusionen aber ist umstritten.
Anfang Februar legte Orlen den Bericht zur Unternehmensentwicklung 2016 bis 2023 vor. Darin verzeichnete der Vorstandsvorsitzende Daniel Obajtek für den Energiemulti ein starkes Wachstum und würdigte den Aufstieg über Fusionen zu einem vollwertigen Mitglied der ersten Liga der größten europäischen Spieler.

Zeitgleich beschloss der Aufsichtsrat des Unternehmens polnischen Medien zufolge, Daniel Obajtek mit Wirkung zum 5. Februar 2024 aus dem Vorstand von Orlen zu entlassen. Außerdem legten vier Vorstandsmitglieder ihr Amt bis dahin nieder, so dass im Vorstand von 11 Mitgliedern sechs Mitglieder verblieben sind.

Als Grund für diese Eruption auf Vorstandsebene steht der Regierungswechsel in Polen im Raum. Obajtek ist offenbar seine Nähe zur PiS-Partei, die er im Wahlkampf unterstützt haben soll, zum Verhängnis geworden. Aber auch sein Fusionskurs steht in der Kritik und hier insbesondere die Fusion mit der Lotos Gruppe.

Kritik an der Fusion mit Lotos

In einem Bericht zur Transaktion habe der Oberste Rechnungshof festgestellt, dass die Vermögenswerte von Lotos zu einem um mindestens 5 Milliarden Polnische Zloti (umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro) unter dem bewerteten Preis verkauft worden seien, berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP am 6. Februar.

Nach Angaben des Obersten Rechnungshofs verursacht die Fusion von Orlen und Lotos „erhebliche Risiken“ für die sichere Kraftstoffversorgung in Polen. Besonders steht dabei der Erwerb der saudischen Ölgesellschaft Saudi Aramco von 30 Prozent der Anteile an der Danziger Raffinerie in der Kritik.

Den Saudis ist laut Rechnungshof außerdem ein Vetorecht bei strategischen Entscheidungen eingeräumt worden. Dadurch habe die Staatskasse die Kontrolle über 20 Prozent der Raffinerieprodukte verloren, die in Polen hergestellt werden. „Das ist eine Verringerung der Energiesicherheit des Landes. Daran besteht kein Zweifel.“ Saudi Aramco habe das Recht, 50 Prozent der Kraftstoffe, die die Danziger Raffinerie produziert, zu erhalten und könne diese außerhalb Polens und auch in Russland verkaufen, monierte dazu Pawel Olechnowicz, ehemaliger Präsident der Lotos Gruppe.

Kein Gas aus Russland mehr

Mit einem Mix aus eigener Produktion, Importen aus Norwegen über die Gasleitung Baltic Pipe und LNG ist es Polen im letzten Jahr gelungen, Gasimporte aus Russland vollständig zu kappen. 2016 kamen laut Bericht zur Unternehmensentwicklung 10,2 Milliarden Kubikmeter Gas und somit fast 90 Prozent der Gasimporte vom russischen Gaskonzern Gazprom.

Der Anteil von LNG an Polens Gasimporten stieg im Jahr 2022 auf 43 Prozent, was etwa 6 Milliarden Kubikmetern entspricht. Im ersten Betriebsjahr des LNG-Terminals in Swinemünde an der Ostsee waren es im Vergleich dazu knapp 9 Prozent der Gasimporte. Im letzten Jahr erhöhten sich die Importe auf 4,66 Millionen Tonnen LNG (rund 6,4 Milliarden Kubikmeter Gas), teilte Polens Öl- und Gasgesellschaft PGNiG, die seit November 2022 zur Orlen Gruppe gehört, im Januar mit. Das meiste LNG kam aus den USA und Katar.

Als weiterer Meilenstein gilt die Inbetriebnahme der Gasleitung Baltic Pipe im September 2022. Sie weist eine Transportkapazität von 10 Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr auf und bindet Polen über die Ostsee und Dänemark an Gasfelder vor Küste Norwegens an. An den Vertragsverhandlungen zu Lieferungen und Produktion von norwegischen Gasfeldern war die PGNiG maßgeblich beteiligt.

Das positive Ergebnis der Verhandlungen führte Orlen auf die Fusion von PGNiG mit ORLEN zu einem robusten Multienergiekonzern mit einer stabilen Finanzlage und einem vielfältigen Geschäftsportfolio zurück. Infolgedessen konnten Verträge abgeschlossen werden, die zusammen mit dem Eigenproduktionsanteil in Norwegen eine Gesamtlieferung von etwa 6,5 Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr 2023 sicherstellten. Die Abkehr von russischen Lieferungen ist damit eingelöst. Polen tritt dazu mit den baltischen Ländern für ein Verbot für LNG-Importe aus Russland im 13. Sanktionspaket der EU ein.

Mittwoch, 7.02.2024, 09:40 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne
Energie & Management > Polen - Bilanz von Polens Energiemulti Orlen mit Licht und Schatten
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Polen
Bilanz von Polens Energiemulti Orlen mit Licht und Schatten
Seit 2023 ist Polen von russischen Öl- und Gaslieferungen unabhängig, so ein aktueller Bericht der Orlen Gruppe. Der Wachstumskurs des Energiemultis über Fusionen aber ist umstritten.
Anfang Februar legte Orlen den Bericht zur Unternehmensentwicklung 2016 bis 2023 vor. Darin verzeichnete der Vorstandsvorsitzende Daniel Obajtek für den Energiemulti ein starkes Wachstum und würdigte den Aufstieg über Fusionen zu einem vollwertigen Mitglied der ersten Liga der größten europäischen Spieler.

Zeitgleich beschloss der Aufsichtsrat des Unternehmens polnischen Medien zufolge, Daniel Obajtek mit Wirkung zum 5. Februar 2024 aus dem Vorstand von Orlen zu entlassen. Außerdem legten vier Vorstandsmitglieder ihr Amt bis dahin nieder, so dass im Vorstand von 11 Mitgliedern sechs Mitglieder verblieben sind.

Als Grund für diese Eruption auf Vorstandsebene steht der Regierungswechsel in Polen im Raum. Obajtek ist offenbar seine Nähe zur PiS-Partei, die er im Wahlkampf unterstützt haben soll, zum Verhängnis geworden. Aber auch sein Fusionskurs steht in der Kritik und hier insbesondere die Fusion mit der Lotos Gruppe.

Kritik an der Fusion mit Lotos

In einem Bericht zur Transaktion habe der Oberste Rechnungshof festgestellt, dass die Vermögenswerte von Lotos zu einem um mindestens 5 Milliarden Polnische Zloti (umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro) unter dem bewerteten Preis verkauft worden seien, berichtete die polnische Nachrichtenagentur PAP am 6. Februar.

Nach Angaben des Obersten Rechnungshofs verursacht die Fusion von Orlen und Lotos „erhebliche Risiken“ für die sichere Kraftstoffversorgung in Polen. Besonders steht dabei der Erwerb der saudischen Ölgesellschaft Saudi Aramco von 30 Prozent der Anteile an der Danziger Raffinerie in der Kritik.

Den Saudis ist laut Rechnungshof außerdem ein Vetorecht bei strategischen Entscheidungen eingeräumt worden. Dadurch habe die Staatskasse die Kontrolle über 20 Prozent der Raffinerieprodukte verloren, die in Polen hergestellt werden. „Das ist eine Verringerung der Energiesicherheit des Landes. Daran besteht kein Zweifel.“ Saudi Aramco habe das Recht, 50 Prozent der Kraftstoffe, die die Danziger Raffinerie produziert, zu erhalten und könne diese außerhalb Polens und auch in Russland verkaufen, monierte dazu Pawel Olechnowicz, ehemaliger Präsident der Lotos Gruppe.

Kein Gas aus Russland mehr

Mit einem Mix aus eigener Produktion, Importen aus Norwegen über die Gasleitung Baltic Pipe und LNG ist es Polen im letzten Jahr gelungen, Gasimporte aus Russland vollständig zu kappen. 2016 kamen laut Bericht zur Unternehmensentwicklung 10,2 Milliarden Kubikmeter Gas und somit fast 90 Prozent der Gasimporte vom russischen Gaskonzern Gazprom.

Der Anteil von LNG an Polens Gasimporten stieg im Jahr 2022 auf 43 Prozent, was etwa 6 Milliarden Kubikmetern entspricht. Im ersten Betriebsjahr des LNG-Terminals in Swinemünde an der Ostsee waren es im Vergleich dazu knapp 9 Prozent der Gasimporte. Im letzten Jahr erhöhten sich die Importe auf 4,66 Millionen Tonnen LNG (rund 6,4 Milliarden Kubikmeter Gas), teilte Polens Öl- und Gasgesellschaft PGNiG, die seit November 2022 zur Orlen Gruppe gehört, im Januar mit. Das meiste LNG kam aus den USA und Katar.

Als weiterer Meilenstein gilt die Inbetriebnahme der Gasleitung Baltic Pipe im September 2022. Sie weist eine Transportkapazität von 10 Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr auf und bindet Polen über die Ostsee und Dänemark an Gasfelder vor Küste Norwegens an. An den Vertragsverhandlungen zu Lieferungen und Produktion von norwegischen Gasfeldern war die PGNiG maßgeblich beteiligt.

Das positive Ergebnis der Verhandlungen führte Orlen auf die Fusion von PGNiG mit ORLEN zu einem robusten Multienergiekonzern mit einer stabilen Finanzlage und einem vielfältigen Geschäftsportfolio zurück. Infolgedessen konnten Verträge abgeschlossen werden, die zusammen mit dem Eigenproduktionsanteil in Norwegen eine Gesamtlieferung von etwa 6,5 Milliarden Kubikmetern Gas im Jahr 2023 sicherstellten. Die Abkehr von russischen Lieferungen ist damit eingelöst. Polen tritt dazu mit den baltischen Ländern für ein Verbot für LNG-Importe aus Russland im 13. Sanktionspaket der EU ein.

Mittwoch, 7.02.2024, 09:40 Uhr
Josephine Bollinger-Kanne

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