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Energie & Management > Stadtwerke - Belziger Gläubiger bleiben auf 95 Prozent ihrer Forderungen sitzen
Quelle: Fotolia / nmann77
Stadtwerke

Belziger Gläubiger bleiben auf 95 Prozent ihrer Forderungen sitzen

Die Gläubiger der insolventen Stadtwerke Bad Belzig müssen sich mit 5 Prozent ihrer Forderungen zufrieden geben. So sieht es der beim Amtsgericht Potsdam eingereichte Insolvenzplan vor.
Die Rettung der angeschlagenen Stadtwerke Bad Belzig ist auf der Zielgeraden. Der im Insolvenzverfahren befindliche Versorger aus Brandenburg ist nun noch von Entscheidungen des Amtsgerichts Potsdam und einer Gläubigerversammlung abhängig. Noch im Dezember könne das Verfahren erfolgreich beendet sein, erklärte der eingesetzte Sachwalter, Anwalt Jürgen Spliedt aus Berlin, auf Anfrage unserer Redaktion.

Dem Amtsgericht hat Spliedt nun den Insolvenzplan vorgelegt, der die Übernahme der Stadtwerke durch die Bad Belziger Beteiligungsgesellschaft (BBB) vorsieht. In ihr arbeiten die möglichen kommenden Investoren zusammen: 51 Prozent der BBB-Anteile gehören der bisherigen Stadtwerke-Mutter, der Stadt Bad Belzig. Mit 49 Prozent ist der Entsorgungsmulti Remondis über seine Tochter Remondis Aqua beteiligt (wir berichteten). Spliedt hat nach Monaten der Verhandlungen dieses Angebot als das werthaltigste festgelegt.

Millionenbetrag der BBB geht für laufende Kosten drauf

Das Amtsgericht hat nun die Rechtmäßigkeit des Insolvenzplans zu prüfen. Anschließend geht der Plan zurück in eine Gläubigerversammlung beziehungsweise einen Abstimmungstermin. Der Plan beinhaltet einen weitreichenden Verzicht der Gläubiger. Ihren Forderungen wolle die BBB nur im Umfang von jeweils fünf Prozent nachkommen, so Spliedt. Aus Kreisen der Belziger Stadtverordnetenversammlung hatte unsere Redaktion erfahren, dass die BBB mit einem einstelligen Millionenbetrag ins Rennen um die Gunst der Gläubiger gehe. Angesichts aufgelaufener Gesamtforderungen von 30 Millionen bis 40 Millionen Euro, wie Spliedt bestätigte, bleibt nicht mehr viel für die Geschädigten übrig.

5 Prozent von 35 Millionen Euro wären beispielsweise 1,75 Millionen Euro zum Verteilen. Die BBB muss aber erwartbar das Drei- oder Vierfache im vorgelegten Angebot in die Hand nehmen. Spliedt verweist darauf, dass neben den Forderungen der Gläubiger mit dem BBB-Geld auch Massekredite sowie Kosten für das Insolvenzverfahren und den laufenden Betrieb der Stadtwerke bedient werden müssten. Dies verschlinge einen Großteil des Gebots.

Ein Gläubiger noch unzufrieden mit dem Insolvenzplan

Noch ist der Insolvenzplan aber nicht in trockenen Tüchern. Denn alle 500 von insgesamt 2.500 Gläubigern, die seit Eröffnung des Verfahrens Ende März 2022 „erhebliche“ Forderungen bei Spliedt angemeldet hatten, müssen dem Plan final zustimmen. Noch ist laut Spliedt ein Beteiligter bockig. Dem Pensions-Sicherungs-Verein genügen 5 Prozent seiner Forderungen aktuell nicht. Der Zweck des Vereins liegt kurioserweise darin, die Ansprüche von Mitarbeitenden und Ruheständlern aus Betrieben in Insolvenzverfahren zu sichern.

Laut Spliedt hätte die Quote für die Gläubiger problemlos im zweistelligen Bereich liegen können. Dies habe aber der „spezielle Fall“ in Bad Belzig verhindert. Bekanntlich waren die Stadtwerke wegen hoch riskanter Spekulationsgeschäfte des früheren Geschäftsführers in die Knie gegangen. Er hatte Leerverkäufe mit dem Energieriesen Vattenfall vereinbart.

Zum Lieferzeitpunkt hätten die vereinbarten Verkaufspreise erheblich über dem Einkauf gelegen, so die Hoffnung beziehungsweise Wette. Sie ging nach hinten los, Vattenfall wäre nach der Explosion der Energiepreise plötzlich als großer Gewinner aus dem Deal hervorgegangen. Bloß konnten die Stadtwerke das Geld für den Einkauf der großen Strommengen nicht mehr auftreiben.

Neben den Vattenfall-Forderungen aus diesen Leerverkäufen wurde dem Ex-Geschäftsführer und den Stadtwerken auch zum Verhängnis, nicht rechtzeitig Gas für den eigenen, laufenden Vertrieb eingekauft zu haben. All dies, so Spliedt, führe nun dazu, dass ein Großteil des von der BBB angebotenen Geldes für die Deckung laufender Kosten zum Einsatz komme. Und somit nicht an die Gläubiger gehen könne.

Spliedt hofft, auch das Zögern des letzten Gläubigers in Gesprächen überwinden zu können. Andernfalls verschiebe der Abschluss des Insolvenzverfahrens sich noch bis ins kommende Jahr hinein. Dann wollen Remondis Aqua und die Kommune die Stadtwerke eigentlich bereits in bessere Zeiten führen, mit dem Gas- und Wassergeschäft. Von der Stromsparte hatten die Stadtwerke sich nach dem Skandal noch eilig zum Jahreswechsel 2021/22 befreit.

Ob Bürgermeister Roland Leisegang (parteilos) den Neustart noch im Amt miterlebt, ist offen. Wegen seiner wenig überzeugenden Rolle als Aufsichtsrat und Wächter über die Geschäfte des ehemaligen Stadtwerke-Geschäftsführers droht ihm die Abwahl. Der Bürgerentscheid ist auf den 11. Dezember terminiert.

Donnerstag, 10.11.2022, 16:36 Uhr
Volker Stephan
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Belziger Gläubiger bleiben auf 95 Prozent ihrer Forderungen sitzen
Die Gläubiger der insolventen Stadtwerke Bad Belzig müssen sich mit 5 Prozent ihrer Forderungen zufrieden geben. So sieht es der beim Amtsgericht Potsdam eingereichte Insolvenzplan vor.
Die Rettung der angeschlagenen Stadtwerke Bad Belzig ist auf der Zielgeraden. Der im Insolvenzverfahren befindliche Versorger aus Brandenburg ist nun noch von Entscheidungen des Amtsgerichts Potsdam und einer Gläubigerversammlung abhängig. Noch im Dezember könne das Verfahren erfolgreich beendet sein, erklärte der eingesetzte Sachwalter, Anwalt Jürgen Spliedt aus Berlin, auf Anfrage unserer Redaktion.

Dem Amtsgericht hat Spliedt nun den Insolvenzplan vorgelegt, der die Übernahme der Stadtwerke durch die Bad Belziger Beteiligungsgesellschaft (BBB) vorsieht. In ihr arbeiten die möglichen kommenden Investoren zusammen: 51 Prozent der BBB-Anteile gehören der bisherigen Stadtwerke-Mutter, der Stadt Bad Belzig. Mit 49 Prozent ist der Entsorgungsmulti Remondis über seine Tochter Remondis Aqua beteiligt (wir berichteten). Spliedt hat nach Monaten der Verhandlungen dieses Angebot als das werthaltigste festgelegt.

Millionenbetrag der BBB geht für laufende Kosten drauf

Das Amtsgericht hat nun die Rechtmäßigkeit des Insolvenzplans zu prüfen. Anschließend geht der Plan zurück in eine Gläubigerversammlung beziehungsweise einen Abstimmungstermin. Der Plan beinhaltet einen weitreichenden Verzicht der Gläubiger. Ihren Forderungen wolle die BBB nur im Umfang von jeweils fünf Prozent nachkommen, so Spliedt. Aus Kreisen der Belziger Stadtverordnetenversammlung hatte unsere Redaktion erfahren, dass die BBB mit einem einstelligen Millionenbetrag ins Rennen um die Gunst der Gläubiger gehe. Angesichts aufgelaufener Gesamtforderungen von 30 Millionen bis 40 Millionen Euro, wie Spliedt bestätigte, bleibt nicht mehr viel für die Geschädigten übrig.

5 Prozent von 35 Millionen Euro wären beispielsweise 1,75 Millionen Euro zum Verteilen. Die BBB muss aber erwartbar das Drei- oder Vierfache im vorgelegten Angebot in die Hand nehmen. Spliedt verweist darauf, dass neben den Forderungen der Gläubiger mit dem BBB-Geld auch Massekredite sowie Kosten für das Insolvenzverfahren und den laufenden Betrieb der Stadtwerke bedient werden müssten. Dies verschlinge einen Großteil des Gebots.

Ein Gläubiger noch unzufrieden mit dem Insolvenzplan

Noch ist der Insolvenzplan aber nicht in trockenen Tüchern. Denn alle 500 von insgesamt 2.500 Gläubigern, die seit Eröffnung des Verfahrens Ende März 2022 „erhebliche“ Forderungen bei Spliedt angemeldet hatten, müssen dem Plan final zustimmen. Noch ist laut Spliedt ein Beteiligter bockig. Dem Pensions-Sicherungs-Verein genügen 5 Prozent seiner Forderungen aktuell nicht. Der Zweck des Vereins liegt kurioserweise darin, die Ansprüche von Mitarbeitenden und Ruheständlern aus Betrieben in Insolvenzverfahren zu sichern.

Laut Spliedt hätte die Quote für die Gläubiger problemlos im zweistelligen Bereich liegen können. Dies habe aber der „spezielle Fall“ in Bad Belzig verhindert. Bekanntlich waren die Stadtwerke wegen hoch riskanter Spekulationsgeschäfte des früheren Geschäftsführers in die Knie gegangen. Er hatte Leerverkäufe mit dem Energieriesen Vattenfall vereinbart.

Zum Lieferzeitpunkt hätten die vereinbarten Verkaufspreise erheblich über dem Einkauf gelegen, so die Hoffnung beziehungsweise Wette. Sie ging nach hinten los, Vattenfall wäre nach der Explosion der Energiepreise plötzlich als großer Gewinner aus dem Deal hervorgegangen. Bloß konnten die Stadtwerke das Geld für den Einkauf der großen Strommengen nicht mehr auftreiben.

Neben den Vattenfall-Forderungen aus diesen Leerverkäufen wurde dem Ex-Geschäftsführer und den Stadtwerken auch zum Verhängnis, nicht rechtzeitig Gas für den eigenen, laufenden Vertrieb eingekauft zu haben. All dies, so Spliedt, führe nun dazu, dass ein Großteil des von der BBB angebotenen Geldes für die Deckung laufender Kosten zum Einsatz komme. Und somit nicht an die Gläubiger gehen könne.

Spliedt hofft, auch das Zögern des letzten Gläubigers in Gesprächen überwinden zu können. Andernfalls verschiebe der Abschluss des Insolvenzverfahrens sich noch bis ins kommende Jahr hinein. Dann wollen Remondis Aqua und die Kommune die Stadtwerke eigentlich bereits in bessere Zeiten führen, mit dem Gas- und Wassergeschäft. Von der Stromsparte hatten die Stadtwerke sich nach dem Skandal noch eilig zum Jahreswechsel 2021/22 befreit.

Ob Bürgermeister Roland Leisegang (parteilos) den Neustart noch im Amt miterlebt, ist offen. Wegen seiner wenig überzeugenden Rolle als Aufsichtsrat und Wächter über die Geschäfte des ehemaligen Stadtwerke-Geschäftsführers droht ihm die Abwahl. Der Bürgerentscheid ist auf den 11. Dezember terminiert.

Donnerstag, 10.11.2022, 16:36 Uhr
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