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Energie & Management > Effizienz - Bei Energieeffizienz klaffen Erwartung und Realität weit auseinander
Quelle: Fotolia / Kadmy
Effizienz

Bei Energieeffizienz klaffen Erwartung und Realität weit auseinander

Unternehmen haben zunehmend ambitionierte Effizienzziele, allerdings hapert es mit der Umsetzung. Das hat mehrere Gründe, zeigt der aktuelle Energieeffizienz-Index.
Energieeffizienz ist das wichtigste Mittel der Krise zu begegnen. Davon sind viele Unternehmer und Mittelständler laut dem aktuellen Energieeffizienz-Index überzeugt. Allerdings hat die Erhebung auch einen großen Informationsbedarf ergeben. Viele Unternehmer scheinen nicht genau zu wissen, wo sie ansetzen sollen. Zudem liege der „Fokus zu sehr auf der Stromseite“, sagte Alexander Sauer, Leiter des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart, am 14. September bei der Vorstellung des Energieeffizienz-Index.

Das EEP erhebt seit 2013 halbjährlich aktuelle und geplante Aktivitäten der deutschen Industrie zur Energieeffizienz. Der Energieeffizienz-Index (EEI) wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Energie-Agentur (Dena), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Fraunhofer IPA und dem TÜV Rheinland sowie weiteren Partnern erstellt.

Insgesamt 913 Teilnehmer haben sich im aktuellen Erhebungszeitraum vom 4. April bis zum 17.  Mai 2022 zu den drei Teilindizes und insbesondere zu den Themen Krise, Dekarbonisierung und Unterstützungsbedarf im eigenen Unternehmen geäußert.

Der Investitionsindex hat sich laut den aktuellen Zahlen nach starkem Einbruch während der Pandemie nun auf einem deutlich niedrigeren Niveau stabilisiert. Der Produktivitätsindex setzt seinen Anstieg hingegen fort, das heißt, die Unternehmen haben zunehmend ambitionierte Effizienzziele. Effizient zu sein ist längst pure Notwendigkeit. Die Erwartung und die tatsächliche Lage der Energieeffizienz klaffen in den Unternehmen allerdings weit auseinander – auch das ein Ergebnis der Erhebung.

Reaktion auf den Krieg: mehr Effizienzmaßnahmen

Der Großteil der Unternehmen erwartet einen weiteren Anstieg der Bedeutung von Energieeffizienz in den kommenden zwölf Monaten. Das ist hinsichtlich der, insbesondere auch durch den Ukrainekrieg hervorgerufenen, ungewissen Energiesituation im kommenden Winter und den bereits jetzt rapide gestiegenen Energiepreisen wenig überraschend, aber dennoch markant, so die Experten des EEP.

Im Vergleich zur Erhebung vor einem Jahr schätzen mehr als doppelt so viele Unternehmen und damit die absolute Mehrheit die Bedeutung der Energieeffizienz als verhältnismäßig groß ein. Folgerichtig reagieren über die Hälfte der Unternehmen auf die gegenwärtige Krisensituation und Preis- und Versorgungsunsicherheit mit effizienzsteigernden Maßnahmen. Die energieintensiven Unternehmen reagieren dabei allerdings am zögerlichsten.

Es besteht eine insgesamt hohe Bereitschaft, in Maßnahmen zu investieren. Großes Interesse besteht laut Index insbesondere an erneuerbarer Eigenstromerzeugung, Systemoptimierung und Energiespeicherung. Als interessant angesehen, aber selten ausgelotet sind der Einsatz von Gleichstrom und Wasserstoff.

Abwäme und Flexibilisierung der Energienachfrage "uninteressant"

Was die Experten überrascht hat: Als mehrheitlich uninteressant wird die Nutzung von Abwärme und die Flexibilisierung der eigenen Energienachfrage eingestuft. „Dies überrascht, weil es für die Potentiale dieser Instrumente einen hohen wissenschaftlich-ökonomischen Konsens gibt“, erklärte Sauer. Sie werden aber von der Industrie offenbar nicht erschlossen. Das ist insofern tragisch, da diese beiden Maßnahmen bei einer Gasmangellage besonders dabei helfen könnten Gas zu sparen: Mehr als 60 % des industriellen Energieverbrauchs fällt bei (Prozess-)wärme und Kälte an. Erklärung dafür könnten mangelnde Information zu Potentialen, Vorgehen oder ein Mangel an entsprechend qualifiziertem Personal sein.

Unternehmen haben nach eigener Aussage insgesamt einen großen Bedarf für Beratung. Besonders bei Wasserstoff und Gleichstromversorgung besteht eine hohe Nachfrage sowohl nach mehr Informationen als auch nach Beratung und Umsetzungsunterstützung.

„Die produzierende Industrie in Deutschland ist bereit, ihren Teil für eine klimaneutrale Volkswirtschaft beizutragen. Sie braucht hierfür jedoch Weichenstellungen seitens der Politik“, resümiert EEP-Leiter Professor Sauer. „Die aufgrund des Ukrainekonflikts international unsichere Energieversorgung ist kurzfristig unvermeidbar. Sowohl erneuerbare Energien als auch Energieeffizienz sind die Hebel, um Abhängigkeiten zu reduzieren und sukzessive eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen.“

Donnerstag, 15.09.2022, 10:22 Uhr
Heidi Roider
Energie & Management > Effizienz - Bei Energieeffizienz klaffen Erwartung und Realität weit auseinander
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Effizienz
Bei Energieeffizienz klaffen Erwartung und Realität weit auseinander
Unternehmen haben zunehmend ambitionierte Effizienzziele, allerdings hapert es mit der Umsetzung. Das hat mehrere Gründe, zeigt der aktuelle Energieeffizienz-Index.
Energieeffizienz ist das wichtigste Mittel der Krise zu begegnen. Davon sind viele Unternehmer und Mittelständler laut dem aktuellen Energieeffizienz-Index überzeugt. Allerdings hat die Erhebung auch einen großen Informationsbedarf ergeben. Viele Unternehmer scheinen nicht genau zu wissen, wo sie ansetzen sollen. Zudem liege der „Fokus zu sehr auf der Stromseite“, sagte Alexander Sauer, Leiter des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) der Universität Stuttgart, am 14. September bei der Vorstellung des Energieeffizienz-Index.

Das EEP erhebt seit 2013 halbjährlich aktuelle und geplante Aktivitäten der deutschen Industrie zur Energieeffizienz. Der Energieeffizienz-Index (EEI) wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Energie-Agentur (Dena), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Fraunhofer IPA und dem TÜV Rheinland sowie weiteren Partnern erstellt.

Insgesamt 913 Teilnehmer haben sich im aktuellen Erhebungszeitraum vom 4. April bis zum 17.  Mai 2022 zu den drei Teilindizes und insbesondere zu den Themen Krise, Dekarbonisierung und Unterstützungsbedarf im eigenen Unternehmen geäußert.

Der Investitionsindex hat sich laut den aktuellen Zahlen nach starkem Einbruch während der Pandemie nun auf einem deutlich niedrigeren Niveau stabilisiert. Der Produktivitätsindex setzt seinen Anstieg hingegen fort, das heißt, die Unternehmen haben zunehmend ambitionierte Effizienzziele. Effizient zu sein ist längst pure Notwendigkeit. Die Erwartung und die tatsächliche Lage der Energieeffizienz klaffen in den Unternehmen allerdings weit auseinander – auch das ein Ergebnis der Erhebung.

Reaktion auf den Krieg: mehr Effizienzmaßnahmen

Der Großteil der Unternehmen erwartet einen weiteren Anstieg der Bedeutung von Energieeffizienz in den kommenden zwölf Monaten. Das ist hinsichtlich der, insbesondere auch durch den Ukrainekrieg hervorgerufenen, ungewissen Energiesituation im kommenden Winter und den bereits jetzt rapide gestiegenen Energiepreisen wenig überraschend, aber dennoch markant, so die Experten des EEP.

Im Vergleich zur Erhebung vor einem Jahr schätzen mehr als doppelt so viele Unternehmen und damit die absolute Mehrheit die Bedeutung der Energieeffizienz als verhältnismäßig groß ein. Folgerichtig reagieren über die Hälfte der Unternehmen auf die gegenwärtige Krisensituation und Preis- und Versorgungsunsicherheit mit effizienzsteigernden Maßnahmen. Die energieintensiven Unternehmen reagieren dabei allerdings am zögerlichsten.

Es besteht eine insgesamt hohe Bereitschaft, in Maßnahmen zu investieren. Großes Interesse besteht laut Index insbesondere an erneuerbarer Eigenstromerzeugung, Systemoptimierung und Energiespeicherung. Als interessant angesehen, aber selten ausgelotet sind der Einsatz von Gleichstrom und Wasserstoff.

Abwäme und Flexibilisierung der Energienachfrage "uninteressant"

Was die Experten überrascht hat: Als mehrheitlich uninteressant wird die Nutzung von Abwärme und die Flexibilisierung der eigenen Energienachfrage eingestuft. „Dies überrascht, weil es für die Potentiale dieser Instrumente einen hohen wissenschaftlich-ökonomischen Konsens gibt“, erklärte Sauer. Sie werden aber von der Industrie offenbar nicht erschlossen. Das ist insofern tragisch, da diese beiden Maßnahmen bei einer Gasmangellage besonders dabei helfen könnten Gas zu sparen: Mehr als 60 % des industriellen Energieverbrauchs fällt bei (Prozess-)wärme und Kälte an. Erklärung dafür könnten mangelnde Information zu Potentialen, Vorgehen oder ein Mangel an entsprechend qualifiziertem Personal sein.

Unternehmen haben nach eigener Aussage insgesamt einen großen Bedarf für Beratung. Besonders bei Wasserstoff und Gleichstromversorgung besteht eine hohe Nachfrage sowohl nach mehr Informationen als auch nach Beratung und Umsetzungsunterstützung.

„Die produzierende Industrie in Deutschland ist bereit, ihren Teil für eine klimaneutrale Volkswirtschaft beizutragen. Sie braucht hierfür jedoch Weichenstellungen seitens der Politik“, resümiert EEP-Leiter Professor Sauer. „Die aufgrund des Ukrainekonflikts international unsichere Energieversorgung ist kurzfristig unvermeidbar. Sowohl erneuerbare Energien als auch Energieeffizienz sind die Hebel, um Abhängigkeiten zu reduzieren und sukzessive eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen.“

Donnerstag, 15.09.2022, 10:22 Uhr
Heidi Roider

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