Quelle: Shutterstock / Jacques Tarnero
Der Bundesverband Windenergie warnt vor Defätismus, der aus Schlussfolgerungen aus dem Monitoring zur Energiewende „hervorschimmert“. Und erinnert die Politik an ihr eigenes Ziel.
Wirtschaft hat mit Psychologie zu tun, ist die Stimmung schlecht, geht es eher bergab. Während der Bundeskanzler zu Optimismus aufruft, sorgt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) mit ihren Überlegungen nach dem Monitoringbericht zur Energiewende bei der Erneuerbaren-Branche für Sorgenfalten. „Wir appellieren an die Bundesregierung, keinen Defätismus zuzulassen, der so aus der einen oder anderen Schlussfolgerung hervorschimmert“, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie, Wolfram Axthelm, beim monatlichen Policy Briefing am 17. Oktober der Lobbyorganisation über Reiches 10-Punkte-Plan.
„Die Bundesregierung darf ruhig an ihre eigenen Ziele glauben“, sagte Axthelm und erinnerte Schwarz-Rot an „ihr eigenes wichtigstes Ziel“: den wirtschaftlichen Aufschwung wieder organisieren. „Wirtschaftlicher Aufschwung bedeutet, wir brauchen mehr Strom“, so der Verbandschef weiter.
Axthelm zitierte aus dem nach eigenen Worten „Prosakanon“, in den die zehn Schlussempfehlungen des Bundeswirtschaftsministeriums „eingebettet“ seien. Ziemlich am Anfang heiße es, die Energiewende stünde an einem Scheideweg, am Ende dann plötzlich, eine Neuausrichtung der Energiewende sei erforderlich. „Wir glauben, dass beides nicht stimmt“, betonte der BWE-Chef.
Nicht nachvollziehen kann der Verband etwa auch Reiches Folgerung aus dem Monitoring-Bericht im Hinblick auf die Wasserstoffproduktion. Die Gutachter haben die Bedeutung der heimischen Erzeugung hervorgehoben, so Axthelm. „Sie haben gleichwohl gesagt, dass das gesetzliche Ziel von zehn Gigawatt installierter Leistung Elektrolyseure bis 2030 wohl kaum noch erreichbar ist. Wir sind ein bisschen erstaunt, dass diese Aussage – das Ziel ist nicht mehr erreichbar – dazu geführt hat, dass die Ministerin gesagt hat: Wir streichen dieses Ziel.“ Aus Sicht des BWE wäre es wichtiger, sich zu kümmern, wie man dieses Ziel erreichbar mache.
Überzeichnung „wird die neue Realität
Axthelm nutze die Gelegenheit auch, um die Entwicklung bei Ausschreibungen zu hinterfragen. Bei der jüngsten der Bundesnetzagentur waren Gebote für insgesamt mehr als 5.700 MW abgegeben worden. „Die starke Überzeichnung von Ausschreibungen wird die neue Realität.“ Von 1. Februar bis 2. August zeige sich beim bezuschlagten Höchstwert eine Degression von 7 Prozent, dies bei Inflation von 2,5 Prozent. „Das macht deutlich, dass die Wirtschaftlichkeit der Projekte immer stärker in den Fokus gerät und wir aufpassen müssen, dass es nicht zu Verunsicherungen kommt“, sagte der BWE-Geschäftsführer. Die Preise für Anlagen und Komponenten seien weiter am Steigen.
Kritik übte er einmal mehr an der Veröffentlichungspraxis des Regulierers. „Leider wieder sehr, sehr spät“ habe die Bundesnetzagentur die Ergebnisse der vergangenen Ausschreibung veröffentlicht. „Hier muss wirklich etwas getan werden.“
Positiv sieht der Verband die Genehmigungspraxis. „Die Windenergie an Land ist voll auf Kurs zur Erreichung der Ziele, die die Politik vor drei Jahren gesetzt hat.“ Für die ersten drei Quartale dieses Jahres verzeichnet der BWE Genehmigungen für mehr als 13.000 MW. Das sind 45 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2024.
Die Genehmigungsdauer sei von 23,1 Monaten (2024) auf 17,3 (Q1-Q3 2025) gesunken. Beachtlich gehe die Genehmigungsdauer in Rheinland-Pfalz nach unten und auch in Hessen. In Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg stagnierten die Zahlen gegenwärtig. Den Gesamtbestand an installierter Leistung beziffert der BWE auf 66.300 MW. Die Anlagenzahl liege aufgrund des starken Repowerings relativ stabil bei 29.000.
Mehr Geld für Kommunen
„Wir werden einen deutlichen Anstieg der Installationen im Bereich Wind 2027 und 2028 aus den Zuschlägen, die dieses und vergangenes Jahr erfolgt sind, sehen. Das macht deutlich, dass der Druck für Flexibilität im System wächst“, sagte Axthelm. Der jetzige Rechtsrahmen verbaue Möglichkeiten. BWE und der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) haben am 15. Oktober ein Positionspapier auf den Weg gebracht. Die Verbände sprechen sich unter anderem für eine Kombination von Windenergieanlagen und Stromspeichern als festen Bestandteil der Energiewende aus (wir berichten).
Mit einem deutlichen Anstieg rechnet der Verband für 2025 bei den Zahlungen an Kommunen nach Paragraf 6 des EEG. Im Jahr 2024 erhielten Kommunen durch Windkraft-Anlagen nach Zahlen der Übertragungsnetzbetreiber rund 11 Millionen Euro. Am größten war die Beteiligungssumme im Netzgebiet von 50 Hertz, 4,2 Millionen Euro flossen dort an Kommunen. Das Verhältnis, von PV-Freifläche zu Wind, was den bundesweiten Geldfluss an Kämmerer angeht, taxiert der BWE auf 1 zu 13.
Freitag, 17.10.2025, 16:34 Uhr
Manfred Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH