Quelle: Pixabay / Sebastian Ganso
E&M-Redakteur Armin Müller besuchte Hugo Denker vor 20 Jahren und zeichnete seinen Weg nach vom Bank-Filialleiter zum Windanlagen-Pionier.
Im Jahr 2005 hatte der Windkraftanlagenbauer Vensys noch den Zusatz „Energiesysteme“ im Namen. Drei Jahre zuvor war Hugo Denker ins Unternehmen eingestiegen. Umgeben von einem persönlichen Freundeskreis hatte er sich mit dem damaligen Newcomer Vensys Energiesysteme auf die Fahne geschrieben, die Entwicklung der Windenergie voranzutreiben und ihre zunehmende Globalisierung zum Geschäft zu machen. Hier der Beitrag vom Herbst 2005.
„Windgesichter“ hat der sächsische Fotograf Jan Oelker seinen opulenten Text-Bild-Band genannt, mit dem er den Pionieren der Windkraft-Nutzung hier zu Lande eine Art publizistisches Denkmal setzen will: Über 100 Männer und Frauen der ersten Windmüller-Generation, die jeder auf seine Art zu den Wegbereitern der heutigen Windindustrie zählen. No Names überwiegen, viele von ihnen sind selbst in Fachkreisen nicht bekannt. Das lässt sich von Hugo Denker nicht sagen. In der Windbranche ist der heute 60-jährige Dithmarscher eine „Nummer“. Den Weg in mediale Schlagzeilen hat er dagegen selten gesucht.
Auch wenn Denker als Sohn eines Landwirts im Kaiser-Wilhelm-Koog quasi mit dem Wind aufgewachsen ist, kam er beruflich erst Ende der achtziger Jahre zum ersten Mal in Kontakt mit der Windenergie. Ob Denker auch Windturbinen finanziere, wollte damals ein Bauer von ihm wissen, der nach 18 Dienstjahren kurz zuvor zum Leiter der Commerzbank-Filiale in Brunsbüttel befördert worden war.
Von da an hatte Denker eine Art Wind-Virus gepackt. Der Banker von der Westküste avancierte zu der Anlaufstelle, wenn es galt, neue Propeller zu finanzieren. „Wenn wir mit unseren Kunden einig waren, riefen wir in der Regel Hugo“, erzählt schmunzelnd Volker König, der Anfang der neunziger Jahre für die damals neue dänische Nordex A/S das Deutschland-Geschäft ankurbelte. Denker, so König, habe immer einen Grundsatz gehabt: „Die Investition darf eine Mark pro Kilowattstunde Jahresertrag nicht überschreiten.“
Mit dieser internen Messlatte fuhr Denker nach eigenem Bekunden „bestens“. Er verstand nicht nur das Einmaleins des Kreditgeschäftes, sondern sprach auch die Sprache der Landwirte, die Hauptklientel der Windbranche vor gut anderthalb Jahrzehnten – ein unbezahlbarer Vertrauensvorschuss.
Im Ranking aller Commerzbank-Filialen in Deutschland auf Platz 2
Der geschäftliche Erfolg von Denker, so haben die Recherchen für das Oelker-Buch ergeben, waren beeindruckend: Bis Ende 1990 wuchs das Kreditvolumen der kleinen Commerzbank-Filiale in Brunsbüttel auf 50 Mio. DM an. Was sich weiter fortsetzte: Als Denker 1995 bei dem Bankhaus ausschied, war die Dithmarscher Außenstelle im firmeninternen Ranking aller Commerzbank-Filialen in Deutschland von Platz 486 im Jahre 1989 auf den zweiten Platz im Dezember 1995 geklettert.
In diesem Tagen war Denker aber schon nicht mehr Gehaltsempfänger der Bank, sondern Teilhaber der von ihm und dem Aachener Radiologen Dr. Klaus-Detlef Wulf gegründeten Regenerative Energien Denker & Dr. Wulf KG, ein Unternehmen, das Windprojekte planen und finanzieren sollte. Beide Seiteneinsteiger hatten zudem im September 1995 genau 80 Prozent von dem kleinen Windturbinen-Hersteller Jacobs Energie GmbH mit Sitz in Heide übernommen.
Dabei blieb es nicht: Im Januar 1996 gründeten Denker & Wulf mit drei weiteren Gesellschaftern die BWU, die Brandenburgischen Wind- und Umwelttechnologien GmbH, um im brandenburgischen Trampe die 600-kW-Anlage von Jacobs in Lizenz herzustellen. Als weiteren Hersteller übernahm das Duo vier Jahre später auch noch die Windsparte der in Konkurs gegangenen Husumer Schiffswerft (HSW). Keine Selbstverständlichkeit, wie Windexperte Oelker vermerkt: „Dass Jacobs den Zuschlag für HSW bekam, ist umso bemerkenswerter, da mit der Vestas Deutschland GmbH damals ein weitaus potenterer Wettbewerber an der Übernahme interessiert war.“
Zwischenzeitlich hatten Denker & Wulf auch bei der Gründung der pro+pro Energiesysteme GmbH ihre Finger im Spiel. Ziel dieses zusammen mit dem Rendsburger Ingenieurbüro aerodyn GmbH gegründeten Joint-Ventures war es, eine herstellerunabhängige Maschine mit 1,5 MW Leistung zu entwickeln.
Wie all die lose miteinander verwobenen Denker & Wulf-Firmen Anfang 2001 in der REpower Systems AG mündeten, ist eine Geschichte, die Seiten füllt. Den Verkauf an den Babcock-Konzern hatte damals unter anderem der frühere Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt verhindert, den Denker & Wulf für die Verhandlungen mit dem Oberhausener Maschinenbau-Konzern als Berater engagiert hat. Dass sich in den Folgejahren insbesondere Denker und Vahrenholt, der heutige REpower-Chef, zunehmend entfremdeten, ist auch eine seitenfüllende Geschichte und eher für Biographien bestimmt.
Produktion in Prag
Zu dem wachsenden Zerwürfnis zwischen den beiden Matadoren hatte auch Denkers zunehmende Begeisterung für eine neue getriebelose Windturbine mit dem Modellnamen Vensys beigetragen, die auf ein ähnliches Antriebskonzept setzt wie der deutsche Marktführer Enercon. In der vom Saarländer Professor Friedrich Klinger entwickelten Maschine, die als weitere Besonderheit auf einen permanenterregten Vielpol-Synchrongenerator setzt, sah Denker nach seinem Ausscheiden bei REpower Ende 2003 eine ideale Plattform für sein weiteres Engagement im Windsektor.
Ein Neustart, der allerdings holprig begann. Im Herbst 2003 brannte die Gondel der Vensys 62-Pilotanlage aus. Kein gutes Entree für Gespräche mit Banken, um eine noch auf der HUSUMwind 2003 angekündigte Produktionsstätte in Mecklenburg-Vorpommern finanziert zu bekommen. Die Pläne, hier zu Lande eine Produktion hochzuziehen, hat Denker mittlerweile fallen gelassen. Dass die Vensys-Macher mit ihrer Maschine zu spät dran sind, um auf dem deutschen Markt ein Wörtchen mitreden zu können, weiß der gewiefte Windexperte. Er will von der zunehmenden Globalisierung der Windkraft profitieren.
Deshalb setzt Denker zum einen auf den Lizenzverkauf der Vensys-Technik. Erste Vereinbarungen mit Partnern aus China, Spanien oder Kanada sind bereits unterzeichnet. Außerdem lässt Denker die Anlagen mittlerweile kostengünstig beim Joint-Venture Partner ÈKD („Das einstige Siemens Osteuropas“) in Tschechiens Hauptstadt Prag fertigen.
Bei Vensys ÈKD ist nicht kleckern, sondern klotzen angesagt. Im kommenden Jahr sollen 50 Vensys-Maschinen aus Prag geliefert werden, für das Jahr 2007 sind dann „300 bis 400 Maschinen“ vorgesehen. Für Hugo Denker dürfte sich die Zusammenarbeit mit den Tschechen nicht nur wegen der niedrigen Lohnkosten lohnen. Über Vensys ÈKD hat er die Möglichkeit, die Maschinen über die Tschechische Außenhandelsbank zu finanzieren – ein nicht zu unterschätzender Vorteil, da sich deutsche Banken mit Krediten für Windparks meist schwertun.
„Hugos Freundeskreis“ installiert
Noch einen Vorteil gibt es für Denker bei seinem Vensys-Engagement. Zwar hat der Banker selbst kein offizielles Amt in dem Unternehmen, dass alles nach seinen Vorstellungen läuft, dafür sorgt „Hugos Freundeskreis“. Denker hat eine Reihe alter Mitstreiter um sich geschart, die er aus früheren Tagen kennt. Dazu zählt beispielsweise Hans-Henning Jacobs, der einstige Jacobs-Eigentümer, Uwe Hinz, zuständig für alle technischen Neuentwicklungen bei Jacobs, Hans Jürgen Knaak, einst BWU-Geschäftsführer, oder Jürgen Millhoff, einst Vertriebsleiter bei REpower.
Dass viele Mitglieder des Freundeskreises mehr oder weniger lang auf der Gehaltsliste von REpower gestanden haben, ist sicherlich kein Zufall.
Einen Kreuzzug gegen das von ihm mitgegründete Unternehmen will Denker keineswegs führen, stellt aber fest: „Alle Kontakte, die ich während meiner Tätigkeiten für die Commerzbank oder REpower geknüpft habe, hatte ich beiden Unternehmen nur zeitweilig überlassen. Jetzt will ich sie für Vensys nutzen.“
Samstag, 25.10.2025, 20:03 Uhr
Fritz Wilhelm
© 2025 Energie & Management GmbH