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Energie & Management > Regenerative - EU leitet grüne Industriepolitik ein
Quelle: Fotolia / vencav
Regenerative

EU leitet grüne Industriepolitik ein

Klimafreundliche Technologien sollen in der EU systematisch gefördert werden. Darauf haben sich das Europäische Parlament und der Ministerrat verständigt.
Mit der sogenannten „Netto-Null-Industrie-Verordnung“ (Net-Zero Industry Act, NZIA) will die EU dafür sorgen, dass die europäische Industrie Schlüsseltechnologien für die Energiewende über die gesamte Wertschöpfungskette einschließlich der notwendigen Arbeitskräfte anbieten kann. Bis 2030 sollen europäische Unternehmen mindestens 40 Prozent des heimischen Bedarfs an Solarzellen, Wärmepumpen oder Elektrolyseuren decken. Für die Einlagerung von Kohlendioxid (CCS) soll bis dahin eine Kapazität von 50 Millionen Tonnen zur Verfügung stehen. Zu den Schlüsseltechnologien gehören auch Nuklearanlagen in den Ländern, die diese Technik nutzen.

Die Verordnung legt außerdem Kriterien für „strategische Projekte“ fest, die für den industriellen Erfolg der Schlüsseltechnologien von besonderer Bedeutung sind. Ziel der Verordnung ist es, die Investitionsbedingungen für grüne Technologien durchgreifend zu verbessern, insbesondere durch eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Innovative Produkte sollen unter vereinfachten Bedingungen entwickelt, getestet und vermarktet werden können.

NZIA als Reaktion auf den amerikanischen IRA

Zusätzliche Erleichterungen bei der Genehmigung können die Mitgliedsstaaten in Vorranggebieten („Net-Zero Industry Valleys“) gewähren, die sie selber ausweisen dürfen. In den Vorranggebieten sollen Unternehmen bestimmter Wertschöpfungsketten mit strategischer Bedeutung gezielt angesiedelt und gefördert werden. Dadurch sollen sogenannte Cluster für grüne Technologien entstehen, die für Investoren besonders interessant sind. Davon erhofft man sich in Brüssel auch die Reindustrialisierung bestimmter Regionen.
 
 
Mit dem NZIA reagiere die EU auf das amerikanische Förderprogramm Inflation Reduction Act (IRA) für grüne Technologien, sagte der Verhandlungsführer des Parlamentes, Christian Ehler (CDU), am 6. Februar in Straßburg (Frankreich). Es werde dazu beitragen, auch in der EU „grüne Geschäftsmodelle“ zu entwickeln und die Herstellungskapazitäten aufzubauen, die benötigt würden, um die CO2-Emissionen bis 2040, wie geplant, um 90 Prozent zu reduzieren.

„Ich freue mich besonders, dass wir die Mitgliedsstaaten davon überzeugen konnten, die Genehmigungsverfahren in Europa radikal zu ändern. Wir können und müssen schneller werden“, so Ehler. Bund und Länder seien aufgefordert, diese Chance zu nutzen. Der Erfolg werde allerdings auch davon abhängen, ob die Mitgliedsstaaten zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen würden. Ehler verwies in diesem Zusammenhang auf die „Plattform für strategische Technologien (STEP)“, die den Zugang zu europäischen Fördermitteln in Zukunft erleichtern soll.

Besonders umstritten in den Verhandlungen waren die Regeln, nach denen öffentliche Ausschreibungen stattfinden sollen. Dabei geht es um die Beschaffung grüner Produkte oder den Einsatz nachhaltiger Technik durch öffentliche Einrichtungen. Die Ausschreibungsbedingungen müssen so formuliert sein, dass die Angebote einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Geht es um eine grüne Technologie (oder Komponenten dafür), bei der ein Mitgliedsstaat zu mehr als 50 Prozent von Lieferanten in Drittstaaten (etwa China) abhängig ist, dann dürfen europäische Unternehmen bevorzugt werden.

Bei Ausschreibungen von Subventionen für den Ausbau erneuerbarer Energien dürfen die Mitgliedsstaaten Teilnehmer ausschließen, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen. So dürfen sie zum Beispiel nur besonders innovative Angebote berücksichtigen oder solche mit einer europäischen Mindestwertschöpfung. Die Einzelheiten sollen später von der EU-Kommission festgelegt werden. Diese Kriterien müssen von mindestens 30 Prozent des auktionierten Volumens erfüllt werden.

Die Kommission begrüßte die Einigung, die noch vom Parlament und vom Ministerrat bestätigt werden muss. „Damit bringen wir die EU an die Spitze der globalen Energiewende“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Die EU erhalte mit dem NZIA eine starke, industrielle Basis für saubere Technologien. Der SPD-Abgeordnete Timo Wölken sieht in der Verordnung „ein wichtiges Aufbruchsignal an die Industrie: Wir treiben die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft aktiv voran.“ Die industrielle Transformation dürfe allerdings nicht auf Kosten der Bürger oder der Umwelt umgesetzt werden.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss, hält den NZIA dagegen für unzureichend: „Mit diesem Gesetz hat die EU keine Chance gegen die USA und China.“ Insbesondere der akut bedrohten europäischen Solarindustrie sei damit nicht geholfen.

Mittwoch, 7.02.2024, 11:12 Uhr
Tom Weingärtner
Energie & Management > Regenerative - EU leitet grüne Industriepolitik ein
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Regenerative
EU leitet grüne Industriepolitik ein
Klimafreundliche Technologien sollen in der EU systematisch gefördert werden. Darauf haben sich das Europäische Parlament und der Ministerrat verständigt.
Mit der sogenannten „Netto-Null-Industrie-Verordnung“ (Net-Zero Industry Act, NZIA) will die EU dafür sorgen, dass die europäische Industrie Schlüsseltechnologien für die Energiewende über die gesamte Wertschöpfungskette einschließlich der notwendigen Arbeitskräfte anbieten kann. Bis 2030 sollen europäische Unternehmen mindestens 40 Prozent des heimischen Bedarfs an Solarzellen, Wärmepumpen oder Elektrolyseuren decken. Für die Einlagerung von Kohlendioxid (CCS) soll bis dahin eine Kapazität von 50 Millionen Tonnen zur Verfügung stehen. Zu den Schlüsseltechnologien gehören auch Nuklearanlagen in den Ländern, die diese Technik nutzen.

Die Verordnung legt außerdem Kriterien für „strategische Projekte“ fest, die für den industriellen Erfolg der Schlüsseltechnologien von besonderer Bedeutung sind. Ziel der Verordnung ist es, die Investitionsbedingungen für grüne Technologien durchgreifend zu verbessern, insbesondere durch eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Innovative Produkte sollen unter vereinfachten Bedingungen entwickelt, getestet und vermarktet werden können.

NZIA als Reaktion auf den amerikanischen IRA

Zusätzliche Erleichterungen bei der Genehmigung können die Mitgliedsstaaten in Vorranggebieten („Net-Zero Industry Valleys“) gewähren, die sie selber ausweisen dürfen. In den Vorranggebieten sollen Unternehmen bestimmter Wertschöpfungsketten mit strategischer Bedeutung gezielt angesiedelt und gefördert werden. Dadurch sollen sogenannte Cluster für grüne Technologien entstehen, die für Investoren besonders interessant sind. Davon erhofft man sich in Brüssel auch die Reindustrialisierung bestimmter Regionen.
 
 
Mit dem NZIA reagiere die EU auf das amerikanische Förderprogramm Inflation Reduction Act (IRA) für grüne Technologien, sagte der Verhandlungsführer des Parlamentes, Christian Ehler (CDU), am 6. Februar in Straßburg (Frankreich). Es werde dazu beitragen, auch in der EU „grüne Geschäftsmodelle“ zu entwickeln und die Herstellungskapazitäten aufzubauen, die benötigt würden, um die CO2-Emissionen bis 2040, wie geplant, um 90 Prozent zu reduzieren.

„Ich freue mich besonders, dass wir die Mitgliedsstaaten davon überzeugen konnten, die Genehmigungsverfahren in Europa radikal zu ändern. Wir können und müssen schneller werden“, so Ehler. Bund und Länder seien aufgefordert, diese Chance zu nutzen. Der Erfolg werde allerdings auch davon abhängen, ob die Mitgliedsstaaten zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen würden. Ehler verwies in diesem Zusammenhang auf die „Plattform für strategische Technologien (STEP)“, die den Zugang zu europäischen Fördermitteln in Zukunft erleichtern soll.

Besonders umstritten in den Verhandlungen waren die Regeln, nach denen öffentliche Ausschreibungen stattfinden sollen. Dabei geht es um die Beschaffung grüner Produkte oder den Einsatz nachhaltiger Technik durch öffentliche Einrichtungen. Die Ausschreibungsbedingungen müssen so formuliert sein, dass die Angebote einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Geht es um eine grüne Technologie (oder Komponenten dafür), bei der ein Mitgliedsstaat zu mehr als 50 Prozent von Lieferanten in Drittstaaten (etwa China) abhängig ist, dann dürfen europäische Unternehmen bevorzugt werden.

Bei Ausschreibungen von Subventionen für den Ausbau erneuerbarer Energien dürfen die Mitgliedsstaaten Teilnehmer ausschließen, die bestimmte Kriterien nicht erfüllen. So dürfen sie zum Beispiel nur besonders innovative Angebote berücksichtigen oder solche mit einer europäischen Mindestwertschöpfung. Die Einzelheiten sollen später von der EU-Kommission festgelegt werden. Diese Kriterien müssen von mindestens 30 Prozent des auktionierten Volumens erfüllt werden.

Die Kommission begrüßte die Einigung, die noch vom Parlament und vom Ministerrat bestätigt werden muss. „Damit bringen wir die EU an die Spitze der globalen Energiewende“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). Die EU erhalte mit dem NZIA eine starke, industrielle Basis für saubere Technologien. Der SPD-Abgeordnete Timo Wölken sieht in der Verordnung „ein wichtiges Aufbruchsignal an die Industrie: Wir treiben die Dekarbonisierung unserer Wirtschaft aktiv voran.“ Die industrielle Transformation dürfe allerdings nicht auf Kosten der Bürger oder der Umwelt umgesetzt werden.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen, Michael Bloss, hält den NZIA dagegen für unzureichend: „Mit diesem Gesetz hat die EU keine Chance gegen die USA und China.“ Insbesondere der akut bedrohten europäischen Solarindustrie sei damit nicht geholfen.

Mittwoch, 7.02.2024, 11:12 Uhr
Tom Weingärtner

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