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Energie & Management > Klimaschutz - Energiewende kommt zu langsam voran
Quelle: Fotolia / PhotographyByMK
Klimaschutz

Energiewende kommt zu langsam voran

Der Bundesrechnungshof fordert mehr Tempo bei der Energiewende. Auch das Energiewendmonitoring der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) bemängelt, dass es zu langsam voran geht.
Der Bundesrechnungshof kritisiert die Fortschritte beim Ausbau von erneuerbarer Stromerzeugung und Netzen. „Die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende sind ungenügend und bergen deshalb gravierende Risiken für die energiepolitischen Ziele“, sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller in Berlin. Grundlage für die Kritik ist ein neuer Sonderbericht seines Hauses zur Stromversorgung. Die Bundesregierung müsse umgehend reagieren, andernfalls droht die Energiewende zu scheitern, so der Bundesrechnungshof.

So entspreche beispielsweise das 2023 nicht vergebene Ausschreibungsvolumen für Windenergieanlagen an Land von 6.460 MW der Leistung von vier bis sechs Braunkohle- oder Kernkraftwerken. Diese nicht vergebene Leistung müsse laut Erneuerbare-Energien-Gesetz im Folgejahr zusätzlich ausgeschrieben und vergeben werden. In dieser Höhe sei das jedoch nicht realistisch. Es sei absehbar, dass die Ausbauziele nicht erreicht werden.

„Aktuell hält der Bundesrechnungshof für den Bereich Strom fest: Die sichere Versorgung ist gefährdet, der Strom teuer, während die Bundesregierung die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten kann“, sagte Scheller.

Klimaschutzziele nur wegen schwacher Konjunktur erreicht

Dass die Energiewende insbesondere in Bayern weit hinter ihre Ziele zurückfällt ist aucht das Resultat des 12. Monitorings der Energiewende, das das Analyseunternehmen Prognos im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) erstellt hat. „Der Umbau verläuft zu träge, zu kraftlos und zu umständlich“, resümierte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am 7. März in München. Bundesweit verfehle der Umbau des Energiesystems die meisten der vorgegebenen Ziele.

„Die wenigen Verbesserungen in der Bewertung sind der schwachen Wirtschaftsleistung geschuldet“, so Brossardt. Im VBW-Monitoring der Energiewende werden Zwischenbilanzen in vier Kategorien – Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Energieeffizienz/Erneuerbare Energien und Umweltverträglichkeit – gezogen. Als Maßstab der Bewertungen dienen die selbstgesteckten Ziele von Bund und Freistaat. Beim Netzausbau habe es Fortschritte gegeben, aber der Rückstand in Deutschland betrage immer noch rund 2.000 Kilometer gegenüber den Planungen.

„Weder bei den großen Übertragungsleitungen noch beim regionalen Verteilnetz darf es weitere Verzögerungen geben“, mahnte Brossardt. Zugleich wandte er sich erneut gegen die Aufspaltung der einheitlichen deutschen Strompreiszone. Sicherheitsmaßnahmen zur Stabilisierung des Stromnetzes (Redispatch) haben 2022 mit rund 5 Milliarden Euro neue Rekordkosten erreicht, kritisierte der VBW.
 
Beim Energiewendebericht der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt (re.) und Studienautorin Almut Kirchner Prognos)
Quelle: E&M / S.Harmsen

Erneuerbarer Strom entscheidet über Industriestandorte

Da so nicht genug erneuerbarer Strom nach Bayern geliefert werden könne, müsse endlich die Erzeugung vor Ort zunehmen. Der Rekordausbau von Photovoltaikanlagen genüge dafür nicht, da diese nur am Tag Strom erzeugen. „In Bayern muss sich die Geschwindigkeit beim Ausbau der Windenergie verzwanzigfachen“, sagte Brossardt. 2023 waren nur sieben Anlagen installiert worden.

Das bedeute rein rechnerisch, pro Woche mindestens zwei große Windkraftanlagen in Betrieb zu nehmen. „Wir müssen den Menschen erklären, dass die Verfügbarkeit von günstigem grünen Strom bereits heute darüber entscheidet, wo investiert wird und wie viele Arbeitsplätze es geben wird“, sagte er.
 
Entwicklung des Industriestrompreises bis 2023 in Deutschland und der EU
Quelle: Prognos

Auch die Energiepreise seien weiter zu hoch, monierte der VBW. Dies führte dazu, dass weniger produziert wurde. So sank zwar der Ausstoß von CO2 gemäß den Klimaschutzzielen, doch De-Industrialisierung könne nicht das Ziel sein. „Für international wettbewerbsfähige Preise ist ein breit angelegter Brückenstrompreis nötig“, forderte Brossardt daher.

Die Absenkung der Stromsteuer solle dauerhaft und für alle Unternehmen erfolgen. Auch die von der Bundesregierung gestrichenen Zuschüsse für die Übertragungsnetzentgelte seien dringend erforderlich.

BMWK: Ausbaudynamik muss erhöht werden

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) habe in einer Stellungnahme für den Bericht des Bundesrechnungshofes zugestimmt, dass die Ausbaudynamik erhöht werden müsse, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Entsprechende Maßnahmenpakete aus dem Jahr 2022 wirkten erst zeitversetzt. Die Installation und Genehmigungen von Windenergieanlagen an Land hätten im Jahresvergleich aber bereits deutlich zugenommen.

Auch der BDEW verwies in einer ersten Stellungnahme auf die bereits deutlich sichtbaren Fortschritte beim Erneuerbaren-Ausbau. „Bei aller berechtigten Kritik in einzelnen Punkten: Der Bundesrechnungshof schießt mit seiner Generalkritik über das Ziel hinaus“, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW Hauptgeschäftsführung.

Der „Sonderbericht zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung“ ist auf den Internetseiten des Bundesrechnungshofes einsehbar.

Das 12. Monitoring der Energiewende der VBW steht als PDF auf den Seiten der VBW zum Download bereit.

Donnerstag, 7.03.2024, 11:13 Uhr
Susanne Harmsen / Katia Meyer-Tien
Energie & Management > Klimaschutz - Energiewende kommt zu langsam voran
Quelle: Fotolia / PhotographyByMK
Klimaschutz
Energiewende kommt zu langsam voran
Der Bundesrechnungshof fordert mehr Tempo bei der Energiewende. Auch das Energiewendmonitoring der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) bemängelt, dass es zu langsam voran geht.
Der Bundesrechnungshof kritisiert die Fortschritte beim Ausbau von erneuerbarer Stromerzeugung und Netzen. „Die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung der Energiewende sind ungenügend und bergen deshalb gravierende Risiken für die energiepolitischen Ziele“, sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller in Berlin. Grundlage für die Kritik ist ein neuer Sonderbericht seines Hauses zur Stromversorgung. Die Bundesregierung müsse umgehend reagieren, andernfalls droht die Energiewende zu scheitern, so der Bundesrechnungshof.

So entspreche beispielsweise das 2023 nicht vergebene Ausschreibungsvolumen für Windenergieanlagen an Land von 6.460 MW der Leistung von vier bis sechs Braunkohle- oder Kernkraftwerken. Diese nicht vergebene Leistung müsse laut Erneuerbare-Energien-Gesetz im Folgejahr zusätzlich ausgeschrieben und vergeben werden. In dieser Höhe sei das jedoch nicht realistisch. Es sei absehbar, dass die Ausbauziele nicht erreicht werden.

„Aktuell hält der Bundesrechnungshof für den Bereich Strom fest: Die sichere Versorgung ist gefährdet, der Strom teuer, während die Bundesregierung die Auswirkungen der Energiewende auf Landschaft, Natur und Umwelt nicht umfassend bewerten kann“, sagte Scheller.

Klimaschutzziele nur wegen schwacher Konjunktur erreicht

Dass die Energiewende insbesondere in Bayern weit hinter ihre Ziele zurückfällt ist aucht das Resultat des 12. Monitorings der Energiewende, das das Analyseunternehmen Prognos im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) erstellt hat. „Der Umbau verläuft zu träge, zu kraftlos und zu umständlich“, resümierte VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt am 7. März in München. Bundesweit verfehle der Umbau des Energiesystems die meisten der vorgegebenen Ziele.

„Die wenigen Verbesserungen in der Bewertung sind der schwachen Wirtschaftsleistung geschuldet“, so Brossardt. Im VBW-Monitoring der Energiewende werden Zwischenbilanzen in vier Kategorien – Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Energieeffizienz/Erneuerbare Energien und Umweltverträglichkeit – gezogen. Als Maßstab der Bewertungen dienen die selbstgesteckten Ziele von Bund und Freistaat. Beim Netzausbau habe es Fortschritte gegeben, aber der Rückstand in Deutschland betrage immer noch rund 2.000 Kilometer gegenüber den Planungen.

„Weder bei den großen Übertragungsleitungen noch beim regionalen Verteilnetz darf es weitere Verzögerungen geben“, mahnte Brossardt. Zugleich wandte er sich erneut gegen die Aufspaltung der einheitlichen deutschen Strompreiszone. Sicherheitsmaßnahmen zur Stabilisierung des Stromnetzes (Redispatch) haben 2022 mit rund 5 Milliarden Euro neue Rekordkosten erreicht, kritisierte der VBW.
 
Beim Energiewendebericht der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt (re.) und Studienautorin Almut Kirchner Prognos)
Quelle: E&M / S.Harmsen

Erneuerbarer Strom entscheidet über Industriestandorte

Da so nicht genug erneuerbarer Strom nach Bayern geliefert werden könne, müsse endlich die Erzeugung vor Ort zunehmen. Der Rekordausbau von Photovoltaikanlagen genüge dafür nicht, da diese nur am Tag Strom erzeugen. „In Bayern muss sich die Geschwindigkeit beim Ausbau der Windenergie verzwanzigfachen“, sagte Brossardt. 2023 waren nur sieben Anlagen installiert worden.

Das bedeute rein rechnerisch, pro Woche mindestens zwei große Windkraftanlagen in Betrieb zu nehmen. „Wir müssen den Menschen erklären, dass die Verfügbarkeit von günstigem grünen Strom bereits heute darüber entscheidet, wo investiert wird und wie viele Arbeitsplätze es geben wird“, sagte er.
 
Entwicklung des Industriestrompreises bis 2023 in Deutschland und der EU
Quelle: Prognos

Auch die Energiepreise seien weiter zu hoch, monierte der VBW. Dies führte dazu, dass weniger produziert wurde. So sank zwar der Ausstoß von CO2 gemäß den Klimaschutzzielen, doch De-Industrialisierung könne nicht das Ziel sein. „Für international wettbewerbsfähige Preise ist ein breit angelegter Brückenstrompreis nötig“, forderte Brossardt daher.

Die Absenkung der Stromsteuer solle dauerhaft und für alle Unternehmen erfolgen. Auch die von der Bundesregierung gestrichenen Zuschüsse für die Übertragungsnetzentgelte seien dringend erforderlich.

BMWK: Ausbaudynamik muss erhöht werden

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) habe in einer Stellungnahme für den Bericht des Bundesrechnungshofes zugestimmt, dass die Ausbaudynamik erhöht werden müsse, berichtete die Deutsche Presse-Agentur. Entsprechende Maßnahmenpakete aus dem Jahr 2022 wirkten erst zeitversetzt. Die Installation und Genehmigungen von Windenergieanlagen an Land hätten im Jahresvergleich aber bereits deutlich zugenommen.

Auch der BDEW verwies in einer ersten Stellungnahme auf die bereits deutlich sichtbaren Fortschritte beim Erneuerbaren-Ausbau. „Bei aller berechtigten Kritik in einzelnen Punkten: Der Bundesrechnungshof schießt mit seiner Generalkritik über das Ziel hinaus“, sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW Hauptgeschäftsführung.

Der „Sonderbericht zur Umsetzung der Energiewende im Hinblick auf die Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit der Stromversorgung“ ist auf den Internetseiten des Bundesrechnungshofes einsehbar.

Das 12. Monitoring der Energiewende der VBW steht als PDF auf den Seiten der VBW zum Download bereit.

Donnerstag, 7.03.2024, 11:13 Uhr
Susanne Harmsen / Katia Meyer-Tien

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